Aufgebot des Grundstückseigentümers

  • Ich bitte um wegweisende Gedanken zu einem Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Aussschließung des Eigentümers, § 977 ZPO.
    Der eingetragene Eigentümer ist seit 1897 verstorben.
    Eine weitverzweigte Erbengemeinschaft ist Rechtsnachfolger des Verstorbenen geworden.
    Der Antragsteller des Aufgebotsverfahrens hat von 1960 bis 1969 durch Übertragungsverträge verschiedene Erbanteile erworben und war schließlich mit 87/100 am Nachlass beteiligt.
    Von den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft, die ihre Anteile nicht an den Antragsteller verkauft haben, weiß ich nichts.
    1989 hat der Antragsteller seine sämtliche Erbanteile an seine Tochter verkauft und sich ein lebenslanges Nießbrauchrecht an dem Grundstück vorbehalten. Das Nießbrauchrecht sieht vor, dass er die Lasten trägt und die Mieteinnahmen aus dem Grundstück erhält.

    Der Antragsteller trägt vor, dass er seit 1955 das Grundstück alleine nutze und sämtliche Lasten trage, u.a. zahle er die Grundsteuer seit den fünfziger Jahren. Grundsteuerbescheide von 1978 und 2007 hat er vorgelegt.
    Er hat an Eides statt versichert, dass er das Grundstück bis heute in seinem Eigenbesitz habe - ungeachtet der Übertragung seiner 87/100 Gesamthandsanteile an seine Tochter.

    Der Antragsteller beantragt den Ausschluss sämtlicher Gesamthänder.
    Kann er das, ohne selbst noch Gesamthänder zu sein?
    Steht das Nießbrauchrecht dem Eigenbesitz entgegen?

    Vielen Dank für jedes Mitdenken.

  • ketchup, warum hast du Bedenken mit der 30-Jahres-Frist? Der Antragsteller hat an Eides Statt versichert, dass das Grundstück seit 1955 von ihm allein genutzt wird und er seit den fünfziger Jahren die Grundsteuer zahlt. Gehen wir mal davon aus, dass er entsprechende alte Grundsteuerbescheide vorlegen kann.

  • Mein erster Gedanke:
    Bezüglich der Übertragung an die Tochter sind noch keine 30 Jahre vergangen!
    Ist die Tochter wirklich zu 87/100 eingetragen oder nur rechnerisch beteiligt?

  • Die Tochter des Antragstellers ist zu 87/100 am Nachlass des eingetragenen verstorbenen Eigentümers beteiligt.
    Die Erbengemeinschaft ist nicht im Grundbuch eingetragen.
    Die Tochter ist - bisher - am Aufgebotsverfahren nicht beteiligt.
    Der Vater behauptet, seit über 30 Jahren alleiniger Eigenbesitzer zu sein und leitet so seine Antragsberechtigung ab.

  • Ich hatte mal kurz nach der Einheit einen ähnlichen Fall. Da waren die ursprünglichen Eigentümer eines Grundstücks unmittelbar nach Kriegsende geflohen, man nahm an, dass sie tot seien, Sterbeurkunden lagen jedenfalls nicht vor. Der Antragsteller des Aufgebotsverfahrens war ebenfalls ein Flüchtlich, allerdings aus dem Osten bei Kriegsende über die Oder nach Westen geflohen und hatte das leerstehende Haus in Besitz genommen. Dort lebte er mit seiner Familie seitdem ununterbrochen. Als er dann einen Kredit zum Renovieren haben wollte, wollte die Bank wiederum einen GB-Auszug sehen. Erst da war ihm klar, dass er in Wirklichkeit die rechtlichen Dinge nicht geregelt hatte. Er legte mir eine gesiegelte Bescheinigung der Gemeinde vor, in der diese bestätigte, dass der Ast. seit über 40 Jahren dort ununterbrochen gemeldet war und auch seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte.
    In meinem Fall hatte er aber nicht erst vor Kurzem an ein Kind übertragen, so dass ich mir nicht sicher bin, wie man es werten soll. Aber hier müssen doch nur die unbekannten Eigentümer von 13/100 Anteilen ausgeschlossen werden - könnte es daher nicht reichen, dass er bereits vor der Übertragung die 30 Jahre das Gtrundsstück ersessen hat?

  • Durch den Erwerb der Erbanteile dürfte sich schon die Frage stellen, ob tatsächlich Eigenbesitz im Sinne von § 872 BGB vorlag. Mit Übertragung an die Tochter und der Vorbehaltung des Nießbrauches am Grundstück dürfte Fremdbesitz vorliegen.

  • Er hat aber nur seine 87/100 Anteile an die Tochter übertragen, die 13/100 hier betroffenen Anteile konnte er gar nicht übertragen. Und da der Ast. nach wie vor das Nießbrauchsrecht am Grundstück hat, liegt ununterbrochener Eigenbesitz bzgl. dieser Anteile vor.

  • Da hier eine Gesamthandsgemeinschaft vorliegt, kann der Vater alleine das Aufgebotsverfahren nicht betreiben.
    § 927 BGB ist nur anwendbar, wenn alle (!) Gesamthandseigentümer ausgeschlossen werden sollen, selbst wenn ein Antragssteller dazugehört. (vgl. NJW 1966,1413)
    Bezüglich eines einzelnen Gesamthandsanteils ist § 927 BGB nicht anwendbar, weil kein sachenrechtlich fassbarer Anteil vorhanden ist, der herrenlos werden könnte.
    (s.a. § 719 BGB)
    Konsequenz ist im vorliegenden Fall, dass Vater und Tochter zusammen das Aufgebotsverfahren beantragen müssen!

  • Die Tochter hat aber keinen Eigenbesitz und ist damit nicht antragsberechtigt.
    Ich würde ihr das Aufgebot zusenden und sie so beteiligen.Die übrigen, mir unbekannten Erben, wollte ich aber nicht beteiligen. Bestehen Bedenken?

    Kann ich davon ausgehen, dass der Antragsteller zumindest hinsichtlich der 13/100 Anteile am Nachlass Eigenbesitzer ist, da sich der Nießbrauch auf diese Anteile nicht erstreckt. Würde das reichen, um die Antragsberechtigung zu bejahen?

    Im Aufgebotsverfahren würden dann alle Gesamthandseigentümer - also auch die Tochter des Antragstellers - ausgeschlossen. Der Antragsteller kann sich nach Abschluss des Verfahrens als Eigentümer im Grundbuch eintragen lassen.

  • Ich denke, das Aufgebot ist möglich wie vorgeschlagen.
    Ich denke nun, die Tochter muss sich dem Antrag nicht anschließen.
    Förmliche Anhörung würde ich vorschlagen. Evtl. sind auf Ihren Antrag ihre Rechte im Ausschlussurteil vorzubehalten.

  • Mit etwas Verspätung danke ich für die Auseinandersetzung mit meinem Fall und eure Beiträge. Ich werde den Antrag zurückweisen mangels Eigenbesitz des Antragstellers.
    Die Übertragung der erworbenen Erbanteile auf die Tochter war ein Fehler - jedenfalls im Hinblick auf die Durchführung eines erfolgreichen Aufgebotsverfahrens.

    Danke.

  • Deine Entscheidung finde ich etwas bedauerlich, weil ich eher praxisgerecht fün hätte grade sein gelassen. Schließlich ist es auch das Ziel des Grundbuchamtes das GB auch mal so zu berichtigen, dass keine Toten mehr drin sind. Siehst du da nicht etwas zu eng?
    Wie sollen diese Leute sonst - außer dem Aufgebotsverfahren - jemals dieses Grundbuch bereinigen?
    Aber es ist deine Entscheidung.

  • Ich denke man muss auseinanderhalten, wer Eigentümer ist und in welchem Maße die Erbquoten nachgewiesen sind. Die Erbengemeinschaft ist Eigentümer, nur an dieser ist der Antragsteller zu 87/100 beteiligt. Eigenbesitzer ist der Antragsteller aber allein, da er das Grundstück sei mehr als 30 Jahren wie ein Eigentümer nutzt (lt. Palandt kann auch der Dieb Eigenbesitzer sein). Unschädlich ist folglich die Übertragung der Erbanteile auf die Tochter, da er den Besitz am Grundstück nicht aufgegeben hat. Er konnte doch nur an seinen Nachlassanteilen einen Nießbrauch bestellen, nicht am Grundstück.
    Die Tochter muss aber als Rechtsnachfolgerin der eingetragenen Eigentümer am Aufgebotsverfahren beteiligt werden und könnte dem Aufgebot widersprechen, daher erscheint es sinnvoll (aber nicht notwendig), wenn sie dem Antrag zustimmt. Er wäre ja auch antragsberechtigt, wenn er von vornherein gar nicht Miterbe der eingetragenen Eigentümer gewesen wäre.

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