Schuldner wohnt in Deutschland, arbeitet in Dänemark

  • Hallo zusammen, habe eine vollstreckungsrechtliche Frage.

    Vollstreckungstitel ist ein Vollstreckungsbescheid aus dem Jahr 2006.

    Der Schuldner wohnt in Nord-Deutschland und arbeitet in Dänemark. Der Schuldner ist ledig und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind. Den Unterhalt leistet der Schuldner auch.

    Der Schuldner gibt in der eidesstattlichen Versicherung an, 1.800 € netto zu verdienen in Dänemark. Wohnen tut er wie gesagt in Deutschland. Bei einem ledigen Schuldner mit Unterhaltsverpflichtung für 1 Kind ergibt sich ein monatlich pfändbarer Betrag von ca. 130 EUR.

    Hier müsste m.E. ja in Dänemark ein Pfändungs und Überweisungsbeschluss beantragt werden, oder? Da hier ein Vollstreckungsbescheid vorliegt, könnte dieser vom Mahngericht einfach als europäischer Vollstreckungstitel ausgezeichnet werden.

    Richtet sich dann – wenn man einen dänischen Anwalt wegen des PÜ beauftragt, die Pfändungsfreigrenzen und der PÜ nach deutschem Recht oder nach dänischem?

    Woher weiß man, ob es nach dänischem Recht, sofern dies maßgeblich wäre, ein pfändbarer Betrag rauskommt?

    Sind wir uns einig, dass ein dänischer Anwalt hier einen PÜ beauftragen muss? Eine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts sehe ich aufgrund des ausländischen Drittschuldners nicht.

    Gab es nicht einen Hacken beim europäischen Vollstreckungstitel im Bezug auf Dänemark? Waren die da nicht ausgenommen? Ist das inzwischen hinfällig?


    Was meint ihr?

  • Einen Hacken ;) sehe ich hier nicht ...
    Aber der Schuldner wohnt doch in Dtld. - dann muss doch auch der PfÜB hier erwirkt werden. Wo der Drittschuldner sitzt, ist insoweit unbeachtlich.
    Dass Dein DS nu im Ausland ist, ist misslich - aber da kann ich Dir leider nicht weiterhelfen. Vllt unsere Cracks ...

  • Ich würde mich als deutscher Arbeitgeber nicht nach französischen Vollstreckungsgesetzen richten weil der Schuldner in Frankreich wohnt, was hier nicht selten ist.

  • Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Schuldner! Problem ist nur, dass bei einem Drittschuldner im Ausland nur ein Pfändungs- und Überweisungsersuchen ergehen kann. Dass müssen die Drittschuldner so viel ich weiß nicht zwingend beachten. Die meisten Gläubiger nehmen auf den Hinweis hin den Antrag freiwillig zurück.
    Ansonsten denke ich, dass ganz normal die deutsche Pfändungstabelle anwendbar wäre.

  • Einen Hacken ;) sehe ich hier nicht ...
    Aber der Schuldner wohnt doch in Dtld. - dann muss doch auch der PfÜB hier erwirkt werden. Wo der Drittschuldner sitzt, ist insoweit unbeachtlich.
    Dass Dein DS nu im Ausland ist, ist misslich - aber da kann ich Dir leider nicht weiterhelfen. Vllt unsere Cracks ...



    Deutsches Gericht pfändet ist DK??? Ist das nicht Eingriff in die Hoheitsgewalt des dänischen Staates?

  • Einen Hacken ;) sehe ich hier nicht ...
    Aber der Schuldner wohnt doch in Dtld. - dann muss doch auch der PfÜB hier erwirkt werden. Wo der Drittschuldner sitzt, ist insoweit unbeachtlich.
    Dass Dein DS nu im Ausland ist, ist misslich - aber da kann ich Dir leider nicht weiterhelfen. Vllt unsere Cracks ...



    Deutsches Gericht pfändet ist DK??? Ist das nicht Eingriff in die Hoheitsgewalt des dänischen Staates?


    Ich sag doch, dass ich das Problem nicht hatte und deshalb nicht weiterhelfen kann.
    Zuständiges Vollstreckungsgericht ist auf jeden Fall NICHT in Dänemark.



  • Nein, das jeweils zuständige Gericht in Deutschland. Sieh No. 4
    ;)

  • Es ist also so wie ich vermutet habe, dass es kein Beschluss sein kann sondern nur ein "Ersuchen" (sorry, das hatte ich überlesen) wie bei den deutsch Zivilbeschäftigten bei den amerikanischen Streitkräften, die von der Lohnstelle der ausländischen Streitkräften ihre Kohle bekommen. Drittschuldnererklärung dürfte es aber dann nicht geben, weil die Pfändungen auch nicht von von dem GV zugestellt werden.

  • Richtig. Nur ein Ersuchen! Aber wie gesagt, bisher haben alle ihre Anträge dann zurückgenommen. Keiner hat je drauf bestanden, dieses Ersuchen zu fertigen, so dass ich nicht genau weiß wie es dann praktisch abläuft mit den Zustellungen usw...

  • Ich würde mir doch hier nicht den kompliziertesten Weg aussuchen. Das Arbeitseinkommen wäre das letzte, was ich pfänden würde. Praxis in vielen Firmen ist es doch, die Leute, die Lohnpfändungen laufen haben, bei der nächsten Gelegenheit unter irgendeinem Vorwand zu entlassen, damit die Lohnbuchhaltung sich nicht mit diesen Dingen rumschlagen muss. Da grabe ich mir doch als Gläubiger selber das Wasser ab.

  • Ruf doch mal bei einem saarländischen ZV-Rechtspfleger (am besten Saarbrücken und/oder Merzig) an, dort müssten ähnliche Fragen schon häufig aufgetreten sein durch die direkte Angrenzung von Frankreich und Luxembourg.

  • Hier könnte man zunächst irrig meinen, es liefe so: Nach allg. IZPR-Regeln könnte man grundsätzlich auf die sog. lex-fori-Regel abstellen und sagen: nur was die Dänen als prozessual empfinden, richtet sich nach dänischem Recht. Bei diesem Ansatz wäre also zu prüfen, ob Pfändungsfreigrenzen nach dän. Recht prozessual sind oder materiell-rechtlich. Sind sie nur materiell-rechtlich könnte man meinen, durch das prozessual in Dtdl. entstandene Pfändungspfandrecht könnte im Falle einer Drittschuldnerklage vor dem Arbeitsgericht in Dänemark der Drittschuldner die dt. Pfändungsfreigrenzen zugrundelegen.

    Nur wäre dieser Ansatz, der ja evtl. zu deutschem Recht führen würde, m. E. verfehlt, weil schon eine Stufe vorher beachtet werden muss, dass ja nicht nur die Vollstreckung als Vollstreckungsakt in das im PfÜB-Antrag angebenene angebliche Recht den Auslandsbezug aufweist, sondern dieses Recht selbst (Anspruch auf Arbeitslohn) nach IPR (intern. Arbeitsrecht) sich nach dänischem Recht richtet. Und dann wendet der dänische Arbeitgeber auch die dortigen Pfändungsfreigrenzen an.

  • Zu der Thematik gibt es auch ein Urteil: LG Deggendorf, Beschl. v. 28.03.07 - 1 T 53/07 - BeckRS 2007, 129899. Der Fall (Schuldner=deutscher Arbeitnehmer, der im Ausland arbeitet) betraf zwar ein Insolvenzverfahren, es ging aber um die Frage, ob die deutschen oder die ausländischen Pfändungsfreigrenzen anwendbar sind. Das LG Deggendorf entschied sich für die deutschen Pfändungsbestimmungen (aufgrund der Ansicht, dass Art. 10 EuInsVO nicht eingreift).

  • Einen Hacken ;) sehe ich hier nicht ...
    Aber der Schuldner wohnt doch in Dtld. - dann muss doch auch der PfÜB hier erwirkt werden. Wo der Drittschuldner sitzt, ist insoweit unbeachtlich.
    Dass Dein DS nu im Ausland ist, ist misslich - aber da kann ich Dir leider nicht weiterhelfen. Vllt unsere Cracks ...



    Deutsches Gericht pfändet ist DK??? Ist das nicht Eingriff in die Hoheitsgewalt des dänischen Staates?


    Solange keine Freiheits entziehende Maßnahme angedroht wird, hab ich mit ausländischen DrSch kein Problem, nur leider fressen die Übersetzungen den Erlös für lange Zeit auf.

  • Zwar kann der Pfüb dem Drittschuldner in Dänemark mit der Post zugestellt werden unter Beifügung der notwendigen Übersetzungen in die dänische Sprache. Allerdings handelt es sich nur sogenannte informatorische Schreiben. Der Drittschuldner kann es lesen oder auch nicht und in die Tonne werfen. Er ist zu nichts verpflichtet und kann von deutscher Seite zu nichts gezwungen werden. Möglicherweise hat der Gläubiger viel Geld für die Übersetzungen zum Fenster hinausgeworfen. Andererseits hat er eine 50:50 Chance, dass der Drittschuldner unbedarft, unberaten oder entgegenkommend ist und ohne jede Rechtspflicht Beträge in einer vom ihm frei gewählten Höhe überweist. Allerdings kann er die Zustellung des Pfüb für den Drittschuldner auch Anlass sein, den Schuldner zu entlassen. Darauf ist ja oben schon zu Recht hingewiesen worden.

  • Also bei uns gibt es dieses Problem öfter, allerdings mit Österreich. Der Pfüb ist in Dtl. zu erlassen in Beschlussform.
    Es ist jedoch zu beachten, dass die Zustellung im Ausland im Parteibetrieb ohne die Vermittlung des Gerichts erfolgen kann oder im Wege der Rechtshilfe.

    Es ist also ein normaler Pfüb zu erlassen, wobei sich jedoch der DS diesem nicht unterwerfen muss. Da für den DS das dänische Recht maßgebend ist.

  • Mit Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1393/2007 in Dänemark gilt für die Zustellung an die Drittschuldnerpartei in Dänemark nunmehr folgendes:

    Nach dem Länderteil der ZRHO ist eine unmittelbare Zustellung des inl. Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch den dänischen Gerichtsvollzieher nach Art. 15, 16 VO (EG) Nr. 1393/2007 zulässig.

    Die Vorschrift des § 31 c IV ZRHO dürfte in Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25. 06. 2009 (Entscheidung der 3. Kammer des Europäischen Gerichtshofs vom 25. 06. 2009 - Rs C -14/08 Roda Golf), abgedruckt in Heft 17 der FamRZ 2009, S. 1471 ff.) nicht mehr aktuell sein.

    Die vorgenannte Entscheidung betrifft zwar noch die VO (EG) Nr. 1348/2000; dürfte nunmehr nach ihrer Aufhebung jedoch zweifelsfrei ebenfalls auf die VO (EG) Nr. 1393/2007 Anwendung finden.

    Bei einer Zustellung durch den dänischen Gerichtsvollzieher hätte ich daher keine Bedenken.
    Zweckmäßigerweise würde ich die Gläubigerpartei auf die Vorschrift des § 31 c IV ZRHO und die o. g. Entscheidung des EuGH hinweisen.

    Sollte die Gläubigerpartei dennoch auf eine Amtszustellung bestehen, kann die Zustellung u. a. wirksam durch Einschreiben gegen Rückschein - international - erfolgen.

  • Sofern die Gläubigerpartei die Amtszustellung begehrt, gilt folgendes:


    Die Zustellung erfolgt nach der VO (EG) Nr. 1393/2007, vergl. Länderteil der ZRHO.


    Die Zuständigkeit des Amtsgerichts ergibt sich aus §§ 1069 ZPO, 31 d II ZRHO (das die Zustellung veranlassende inl. Gericht; hier: inl. Vollstreckungsgericht).


    Die Zustellung kann erfolgen durch:


    a) unmittelbare Postzustellung mit EgR - international - gem. §§ 183 I, 1068 I, 1069 I Zi. 1 ZPO, Art. 14 VO (EG) Nr. 1393/2007
    oder
    b) Zustellungsantrag des inl. Gerichts an das dänische Justizministerium in Kopenhagen gem. §§ 183 I, 1069 I ZPO, Art. 4 VO (EG) Nr. 1393/2007.



    In beiden Fällen sind beizufügen:
    begl. Abschrift des Antrags,
    begl. Abschrift (Ausf.) des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
    Entwurf der Drittschuldnererklärung.


    Zweckmäßigerweise wird ein Entwurf der Drittschuldnererklärung ebenfalls beigefügt.
    Die Beifügung der Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten ist entbehrlich, zumal in der Regel keine weiteren Zustellungen an die Drittschuldnerpartei erfolgen.


    Die Beifügung eines Belehrungsvordrucks (Vordruck ZRH 6) zum Zustellungsantrag ist nicht mehr erforderlich, da die VO (EG) Nr. 1393/2007 nur noch eine Belehrung durch die ausl. Empfangsstelle vorsieht, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007);
    der Vordruck ZRH 6 ist daher mit Inkrafttreten der vorgenannten VO insoweit ersatzlos weggefallen.


    Nur im Fall der unmittelbaren Postzustellung mit Einschreiben gegen Rückschein ist weiterhin eine Belehrung durch das inl. Gericht erforderlich;
    in diesem Fall ist der EU-einheitliche Belehrungsvordruck (Formblatt in Anhang II der Verordnung ("Belehrung des Empfängers über sein Annahmeverweigerungsrecht")) beizufügen, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007, § 31 q III ZRHO beizufügen.


    Für den Zustellungsantrag ist das EU-einheitliche Formblatt (Formblatt in Anhang I der Verordnung ("Antrag auf Zustellung von Schriftstücken")) zu verwenden;
    im Zustellungantrag ist u. a. anzugeben:
    Zustellungsart (in der Regel ist Ziffer 5.1 anzukreuzen (gemäß den dänischen Rechtsvorschriften),
    Art des zuzustellenden Schriftstücks: ("gerichtlich") ist in Ziffer 6.1.1 anzukreuzen;
    die gerichtlichen Schriftstücke sind nach Ankreuzen des Kästchens in Ziffer 6.1.1.4 anzugeben ("begl. Abschrift des Antrags vom .., Ausfertigung bzw. begl.Abschrift des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom ..., Entwurf der Drittschuldnererklärung");
    Originalsprache der Schriftstücke: ("DE" ist in Ziffer 6.3.1 fett zu markieren),
    ggfs. Übersetzung: (betr. Sprache, z. B. "DA" ist in 6.3.2 fett zu markieren)
    Anzahl der Anlagen (Zi. 6.4 des Formblatts),
    Rücksendung des Zweitstücks der zuzustellenden Schriftstücke zusammen mit der Zustellungsbescheinigung: (in der Regel "Nein" in Ziffer 7.2 ankreuzen).


    Nach dem Länderteil der ZRHO kann der Zustellungsantrag nicht in deutscher Sprache ausgefüllt werden;
    eine Übersetzung der Eintragungen im Zustellungsantrag in die dänische Sprache ist daher erforderlich.


    Die VO (EG) Nr. 1393/2007 verlangt nicht zwingend die Beifügung von Übersetzungen;
    der Zustellungsempfänger hat jedoch u. U. ein Annahmeverweigerungsrecht aufgrund der verwendeten Sprache.
    Vor Ausführung der Zustellung ist daher bei der Gläubigerpartei nachzufragen, ob erwartet werden kann, dass die Drittschuldnerpartei die deutsche Sprache versteht und ob aus Kostengründen auf die Beifügung von Übersetzungen verzichtet wird - ggfs. mit dem Risiko der Annahmeverweigerung aufgrund der verwendeten Sprache.
    Im Falle der Annahmeverweigerung aufgrund der verwendeten Sprache entscheidet der Sachbearbeiter (zuständige Rechtspfleger in Zwangsvollstreckungssachen) über das Annahmeverweigerungsrecht der Drittschuldnerpartei.


    Weitere Einzelheiten hinsichtlich der grenzüberschreiten Zustellung - insbes. zur Frage, ob Übersetzungen beizufügen sind - können der Internetseite des Amtsgerichts Warendorf entnommen werden:
    http://www.ag-warendorf.nrw.de/aufgaben/aufga…ungen/index.php


    PS:
    Informationen über die Zustellung von Schriftstücken in Dänemark können dem Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen (EJN) entnommen werden.
    Der (zuständige) dänische Empfangsstelle (Justizministerium in Kopenhagen (Dänemark)) ist aus dem Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ersichtlich.
    Die vorgenannte Internetseite des Amtsgerichts Warendorf enthält eine direkte Verlinkung auf das EJN, den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen sowie auf die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO).

    Einmal editiert, zuletzt von rolli (17. November 2011 um 21:54)

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