Probleme bei Vertretung durch Betreuer

  • Es dürfte aber Einigkeit darüber bestehen, dass der Umfang des Wirkungskreises des Betreuers genauso auslegungsfähig ist (s. BayObLG, B. vom 18.07.1986, BReg 2 Z 60/86), wie der Umfang einer Belastungsvollmacht (s. z. B. BayObLG, B. vom 05-03-1987, BReg. 2 Z 18/87). Fraglich erscheint nur, ob die gleiche enge Auslegung, wie bei dem nicht eindeutig feststellbaren Inhalt einer Vollmacht, geboten ist (s. dazu z. B. BayObLG, B. vom 21.03.1996, 2 Z BR 11/96).

    Das scheint mir aus folgenden Gründen jedoch nicht erforderlich:

    Nach meinem Verständnis stellt ein „Verkauf“ ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar, das –wie Atlantik ausführt und auch meiner Beobachtung entspricht- in 95 % der Fälle mit einer Kaufpreisfinanzierung verbunden ist (es sei denn, es handelt sich um Koffer tragende Griechen:D). Derartige offenkundige Tatsachen, die sich aus Vorgängen außerhalb der Eintragungsunterlagen ergeben können, sind aber zu berücksichtigen (OLG München, Beschluss vom 23. 9. 2008, 34 Wx 76/08: „Zweifeln am Erklärungsinhalt kann schon dann nicht nachgegangen werden, wenn zur Behebung solcher Zweifel nicht offenkundige Umstände außerhalb der Eintragungsunterlagen zu berücksichtigen wären …“).

    Zudem ist die betreuungsgerichtliche Genehmigung auch zur Grundschuldbestellung erteilt, was wiederum für eine weite Auslegung des Begriffs „Verkauf“ spricht.

    Ohnehin ist bei der Auslegung auf den Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung darstellt (OLG München, Beschluss vom 05.07.2012 - 34 Wx 459/11 mwN), Und ein unbefangener Betrachter dürfte mE davon ausgehen, dass ein „Verkauf“ nicht stets ohne Finanzierung abläuft.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich bin sehr dafür, dass es angesichts der Bedeutung des Grundbuchs für den Rechtsverkehr die Exaktheit der Arbeitsweise die Regel und die Notwendigkeit einer Auslegung demzufolge die Ausnahme darstellt, anstatt die Dinge auf den Kopf zu stellen und die Schlamperei als regelmäßige Arbeitsweise zu akzeptieren und auf diese Weise auch die Notwendigkeit einer Auslegung zur Regel werden zu lassen.

    Wenn man einem Schlamper zeigt, dass die Dinge aufgrund Auslegung des Geschlampten funktionieren, wird der Schlamper nie mit dem Schlampen aufhören.

  • Also mir würde das reichen, da es ja in 95% aller Fälle eine Finanzierungsgrundschuld gibt, gehört sie daher zum Verkauf mit dazu.

    Früher mal! Es fällt schon auf, dass offenbar immer seltener finanziert werden muß. Und selbst bei Wohnungen mit einem Kaufpreis von knapp 800.000 EUR nicht mehr.

  • Also mir würde das reichen, da es ja in 95% aller Fälle eine Finanzierungsgrundschuld gibt, gehört sie daher zum Verkauf mit dazu.

    Früher mal! Es fällt schon auf, dass offenbar immer seltener finanziert werden muß. Und selbst bei Wohnungen mit einem Kaufpreis von knapp 800.000 EUR nicht mehr.

    Stimmt, derzeit werden nur etwa 90% der Kaufpreise finanziert, der Rest sind aufgelöste Festgelder, die man nicht mehr für 0,1% Zinsen auf der Bank lassen will.

    Und Cromwell hat recht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Also mir würde das reichen, da es ja in 95% aller Fälle eine Finanzierungsgrundschuld gibt, gehört sie daher zum Verkauf mit dazu.

    Früher mal! Es fällt schon auf, dass offenbar immer seltener finanziert werden muß. Und selbst bei Wohnungen mit einem Kaufpreis von knapp 800.000 EUR nicht mehr.

    Stimmt, derzeit werden nur etwa 90% der Kaufpreise finanziert, der Rest sind aufgelöste Festgelder, die man nicht mehr für 0,1% Zinsen auf der Bank lassen will.

    Kapitalflucht und demographischer Wandel. D.h. im letzteren Fall, dass das Reihen-/Siedlungshaus für eine barrierefreie Wohnung verkauft wird. Das Haus wird dann finanziert, die Wohnung nicht (mehr). Gerade wieder: Die Wohnung wurde für 378.000 EUR gekauft und eine "Finanzierungsgrundschuld wird nicht benötigt". Bei weniger als 90 % noch.

  • Also mir würde das reichen, da es ja in 95% aller Fälle eine Finanzierungsgrundschuld gibt, gehört sie daher zum Verkauf mit dazu.

    Früher mal! Es fällt schon auf, dass offenbar immer seltener finanziert werden muß. Und selbst bei Wohnungen mit einem Kaufpreis von knapp 800.000 EUR nicht mehr.

    Stimmt, derzeit werden nur etwa 90% der Kaufpreise finanziert, der Rest sind aufgelöste Festgelder, die man nicht mehr für 0,1% Zinsen auf der Bank lassen will.

    Kapitalflucht und demographischer Wandel. D.h. im letzteren Fall, dass das Reihen-/Siedlungshaus für eine barrierefreie Wohnung verkauft wird. Das Haus wird dann finanziert, die Wohnung nicht (mehr). Gerade wieder: Die Wohnung wurde für 378.000 EUR gekauft und eine "Finanzierungsgrundschuld wird nicht benötigt". Bei weniger als 90 % noch.


    Ja, die gibt's auch. Und die Bank verdient sich an der Zwischenfinanzierung (bis der Kaufpreis aus dem Haus geflossen ist) dumm und dämlich, anstatt dass ein Hypothekarkredit mit variablem Zinssatz (= jederzeitige Kündigung ohne Vorfälligkeitsentschädigung möglich) auf die barrierefreie Wohnung aufgenommen wird.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Im Grundbuch stehen 2 Eintragungen in Abt. II. Eine "Rück-AV" und ein Nießbrauch. Der Berechtigte hat einen Rechtsanwalt als Betreuer mit folgendem Aufgabenkreis:

    "Wahrnehmung der Rechte (schuldrechtlich/dinglich) des Betreuten als Berechtigten der AV und des NB, insbesondere aus dem Rechtsverhältnis zum Eigentümer/Übernehmer im Hinblick auf die Veräußerung des Grundbuchs, dessen Vermietung oder Ablösung und Löschung des NB und etwaiger Zustimmung zur Veräußerung."

    Der Betreuer bewilligt und beantragt nun beide Rechte zur Löschung. Die Löschung des NB würde ich vornehmen, da dieser eindeutig von dem Aufgabenkreis gedeckt ist. Für mich ist die Löschung der AV problematisch und bitte daher um eure Einschätzung, ob ihr die Löschung mit dem vorliegenden Aufgabenkreis vornehmen würdet.

    Das der Aufgabenkreis nicht besonders gelungen ist (Verkauf eines Grundbuches???), steht außer Frage.

    Ein Kaufvertrag o.ä. liegt mir zurzeit nicht vor.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Ich hätte jetzt auch Probleme, die Löschung der Vormerkung als Wahrnehmung der Rechte aus ihr zu klassifizieren. Die Aufgabenkreisbeschreibung ist ja wirklich allerliebst.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Es dürfte nach aktuellem Kenntnisstand ein Problem mit dem Verbot der unentgeltlichen Verfügung geben, das auch im Fall der - im Sachverhalt nicht erwähnten - betreuungsgerichtlichen Genehmigung nichts an der Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte ändert.

  • Ich wollte den SV nicht überfrachten, sondern mich nur auf mein erkanntes Problem konzentrieren. Aber Cromwell hat Recht mit seiner Annahme, dass die Genehmigung des Betreuungsgerichts nebst RK-Vermerk etc... alles vorliegt und ordnungsgemäß ist.
    Knackpunkt ist für mich nur der Aufgabenkreis. Eine unentgeltliche Verfügung liegt nicht vor, da ein Ausgleichsbetrag für die Rechte gezahlt wird/wurde.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Verstehe ich nicht.

    "Wahrnehmung der Rechte (schuldrechtlich/dinglich) des Betreuten als Berechtigten der AV und des NB, insbesondere aus dem Rechtsverhältnis zum Eigentümer/Übernehmer im Hinblick auf die Veräußerung des Grundbuchs, dessen Vermietung oder Ablösung und Löschung des NB und etwaiger Zustimmung zur Veräußerung."

    Löschung der AV ist nicht:
    -Wahrnehmung der Rechte als Berechtigter der AV
    -Wahrnehmung der Rechte als Berechtigter des NB
    -auch nicht in Hinblick auf die Veräußerung des Grundbuches, die Vermietung des Grundbuches
    -ebenso nicht Ablösung und Löschung des NB

    Soll es jetzt unter etwaige Zustimmung zu Veräußerung fallen? Wäre für mich eine gewagte These. Und mehr Aufgabenkreis gibt es nicht laut SV.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Moin und danke FED, mehr gibt der Aufgabenkreis auch nicht her. Aber ich habe genauso meine Bedenken und ich finde, das "insbesondere" rettet das Ganze auch nicht.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Zu diesem Thema passend:

    Der einem Betreuer – allein – übertragene Aufgabenkreis “Veräußerung der Eigentumswohnung” kann diesen berechtigen, einen Erwerber zu bevollmächtigen, schon vor Eigentumsumschreibung das Wohnungseigentum mit einer ausschließlich der Finanzierung des Kaufpreises dienenden Grundschuld zu belasten.

    KG, 06.09.2018, 1 W 88/18, NZM 2018, 959


  • Betreuer veräußert Wohnung. Als Aufgabenkreis ist lediglich „ Verkauf der Wohnung „ angegeben. Es fehlt die Angabe des Objekts.
    Genehmigung ist erteilt gegenüber beide Betreuer. Jeder Betreuer kann allein handeln.
    Es handelt nur ein Betreuer und erteilt vollmacht Notar zur Entgegennahme und Mitteilung der Genehmigung.

    Würdet euch die Angabe des Aufgabenkreis genügen und reicht der Zugang an einen Betreuer?

  • Hat der Betreuer auch den Aufgabenkreis der Vermögenssorge inne?
    Mit einer sog. Doppelvollmacht im notariellen Vertrag ergibt sich das Problem mit dem Nachweis des Zugangs an den Betreuer. Wurde eine Doppelvollmacht in der notariellen Urkunde erklärt?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!