Probleme bei Vertretung durch Betreuer

  • Beantragt ist die Eintragung einer Auflassungsvormerkung und einer Grundschuld der Erwerber. Eine Miteigentümerin steht unter Betreuung.
    Der Aufgabenkreis des Betreuers lautet: Veräußerung des im Grundbuch von ... verzeichneten Grundbesitzes.
    Vormundschaftsgerichtlich genehmigt wurden "die Erklärungen des Betreuers in der UR... (= Kaufvertrag) betreffend Grundstückskaufvertrag bezüglich des Grundbesitzes eingetragen im Grundbuch von ... einschließlich Belastungsvollmacht".

    Ich finde, dass der Aufgabenkreis des Betreuers keine Belastung des Grundbesitzes zulässt. Oder würdet Ihr die Bestellung der Erwerbergrundschuld unter "Veräußerung des Grundbesitzes" packen?
    Außerdem muss m.E. die Grundschuldbestellung selbst vormundschaftsgerichtlich genehmigt werden. Oder kann man dies in dem Zusatz "einschließlich Belastungsvollmacht" sehen?

    Brauche mal ein paar weitere Meinungen zu der Sache. :)

    Life is short... eat dessert first!

  • Ich arbeite nicht im GBA, sondern mache u. a. Betreuungen.

    Mir würde das ausreichen. Die Belastung zu Gunsten der Erwerber ist "Nebengeschäft" der Veräußerung, außerdem ist die gesamte Urkunde nebst Belastungsvollmacht genehmigt.

  • Dem kann ich nicht vollständig zustimmen.

    Ich halte es zwar für zutreffend, dass der Aufgabenkreis der Betreuung ausreichend ist, weil die Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten auf Rechnung des Erwerbers eine Erwerbsmodalität darstellt und daher mit zur "Veräußerung" gehört. Die Grundschuldbestellung muss aber in jedem Fall eigens vormundschafts-gerichtlich genehmigt werden, und zwar unabhängig davon, ob die Belastungsvollmacht bereits genehmigt ist (OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 832).

  • Ich danke Euch.
    Ich war eh nicht abgeneigt, den Aufgabenkreis als ausreichend anzusehen. Das sieht ja von Euch keiner als Problem an.
    Aber an einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung der Grundschuldbestellung führt wohl kein Weg vorbei.

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  • ...Die Grundschuldbestellung muss aber in jedem Fall eigens vormundschafts-gerichtlich genehmigt werden, und zwar unabhängig davon, ob die Belastungsvollmacht bereits genehmigt ist (OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 832)...


    ...und zahlreiche andere, als da wären [FONT='Arial (W1)']LG Saarbrücken Rpfleger 1982, 25; LG Berlin Rpfleger 1994, 355; LG Schwerin MittBayNot 1997, 297; LG Nürnberg-Fürth MittBayNot 2007, 220; KG NJW-RR 1993, 331; BayObLG Rpfleger 1976, 304. OLG Zweibrücken übrigens auch in Rpfleger 2005, 193 = MittBayNot 2005, 313.[/FONT]
    [FONT='Arial (W1)'][/FONT]
    [FONT='Arial (W1)']Wir (Grundbuchamt) haben früher auch die genehmigte Vollmacht für die Eintragung der Grundschuld für ausreichend erachtet, sind dann aber auf den Hinweis hier im Forum und angesichts der erschlagenden Rechtssprechung (zum Leidwesen der Notare) rasch davon abgekommen.[/FONT]

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Dem kann ich nicht vollständig zustimmen.

    Ich halte es zwar für zutreffend, dass der Aufgabenkreis der Betreuung ausreichend ist, weil die Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten auf Rechnung des Erwerbers eine Erwerbsmodalität darstellt und daher mit zur "Veräußerung" gehört. Die Grundschuldbestellung muss aber in jedem Fall eigens vormundschafts-gerichtlich genehmigt werden, und zwar unabhängig davon, ob die Belastungsvollmacht bereits genehmigt ist (OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 832).



    :zustimm:
    Im hiesigen Grundbuchamt ist es einhellige Auffassung, dass auch die Finanzierungsgrundschuld derr Käufer gesondert genehmigt werden muss wenn die Eintragung vor Eigentumsumschreibung erfolgt und auch Verkäuferseite Betreuung angeordnet ist. So auch Schöner/Stöber Rn. 3688 m.w.N.

  • ...bin gerade sehr froh, diesen Thread gefunden zu haben.

    Einen sehr ähnlichen Fall wie ich ihn jetzt habe, hatte ich hier schon mal eingestellt, aber wie gesagt, nur ähnlich: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…auf-ausreichend :

    Die Betreute ist Miteigentümerin einer Eigentumswohnung, die jetzt veräußert wird, zugleich wird eine Finanzierungsgrundschuld eingereicht, die durch die Erwerber bestellt wurde. Der Aufgabenkreis des Betreuers umfasst "Regelung der Haus- und Wohnungsangelenheiten; hier der Verkauf der Wohnung xstraße in ystadt". Kaufvertrag und Grundschuld sind beide vom Betreuungsgericht genehmigt worden.

    Nach OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.04.2010 - 20 W 90/10 (FamRZ 2010, 1762) hat das Grundbuchamt ebenso wie die Wirksamkeit einer Vollmacht den Umfang der Vertretungsmacht (des Betreuers) selbstständig zu prüfen, auch wenn der Urkundsnotar sie für ausreichend angesehen hat. BeckOK GBO/Reetz GBO Vertretungsmacht Rn. 199 verweist auch auf DNotI-Report 2004,1. Und nach OLG Oldenburg MittBayNot 2003, 291; OLG Frankfurt a. M. Beschl v 7.9.2009 – 20 W 157/08, BeckRS 2011, 25313 - bezogen auf eine rechtsgeschäftliche Vollmacht - reicht eine Veräußerungsvollmacht nicht für eine Finanzierungsgrundschuld aus.

    Nach juris´Einschätzung in #4 dürfte der o.g. Aufgabenkreis aber doch reichen, um auch die Finanzierungsgrundschuld, die ja auf Kosten des Erwerbers bestellt wurde, einzutragen, weil es sich um eine Erwerbsmodalität der Veräußerung handelt. Könnte ich vielleicht doch eintragen ?

  • ...keiner eine Idee ? Sind bei Euch die Aufgabenkreise immer klar ?

    Sagen wir mal so: Sie sollten klar sein.

    Deshalb ist auf die Formulierung der Aufgabenkreise größte Sorgfalt zu verwenden, weil es sonst zu den Problemen kommen kann, die wir hier gerade diskutieren. Wenn - etwa bei einer Ergänzungsbetreuung - nur die "Veräußerung" des (im Übrigen grundbuchrechtlich exakt zu bezeichnenden) Grundbesitzes als Aufgabenkreis festgelegt wird und dann - vorhergesehen oder nicht vorhergesehen - noch die Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld erforderlich wird, braucht man sich nicht zu wundern, dass das Grundbuchamt entsprechend aufmuckt.

  • Wenn ich nach der Rz. 27 des Beschlusses des BayObLG vom 18.07.1986, BReg 2 Z 60/86 = Rpfleger 1986, 471, gehe, dann ist es eine Frage der Auslegung, ob unter dem Wirkungskreis „Verkauf“ eines Grundstücks auch dessen Belastung mit einer Kaufpreisfinanzierungs-GS verstanden werden kann. Wegen der Auslegung des Umfangs des Wirkungskreises durch das Beschwerdegericht verweist das BayObLG auf seine in der DNotZ 1986, 268 veröffentlichte Entscheidung. Die genannte Fundstelle trifft jedoch nicht zu.

    Im Falle des BayObLG ging es allerdings um die (vom Wirkungskreis „Verkauf des Grundstücks“ nicht erfasste) Belastung mit einem Erbbaurecht. Dabei handele es sich (auch wegen der Rechtsbeziehungen nach dem ErbbauRG) um etwas anderes, als bei dem Verkauf des Grundstücks mit den Rechtsbeziehungen lediglich zwischen Verkäufer und Erwerber.

    Zwar werden vorliegend mit der GS-bestellung auch Rechtsbeziehungen zu einem Dritten (Gläubiger) hergestellt. Es ist aber die Frage, ob sich nicht bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung heraus ergibt, dass mit dem Verkauf zumeist auch eine Kaufpreisfinanzierung einhergeht.

    Zu entsprechenden Verkaufsvollmachten führt das LG Köln, MittRheinNotK 1977, 78, aus, dass sich diese Vollmacht nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch auf eine zur Finanzierung des Kaufpreises erforderliche Belastung des Kaufobjektes erstrecke. Zwar ergebe sich diese Auslegung nicht schon aus dem Wortlaut der Vollmachtsurkunde, da diese nur Veräußerung, Kaufpreisempfangnahme, Auflassung sowie Eintragungs- und Löschungsbewilligungen beinhalte, die Vollmacht sei jedoch ergänzend auch aus ihrem Sinn und Zweck heraus zu interpretieren. Es könne daher nicht außer Betracht bleiben, dass heute nach allgemeiner Lebenserfahrung Immobiliengeschäfte nicht mehr ausschließlich auf Barzahlungsbasis abgewickelt würden, sondern normalerweise zumindest ein Teil des Kaufpreises finanziert werde. In Anbetracht dieser Umstände müsse im Normalfall bei einer uneingeschränkten Vollmacht zur Veräußerung von Grundeigentum daher davon ausgegangen werden, dass sich diese auch auf eine zur Finanzierung des Kaufpreises erforderliche Belastung des Kaufobjektes erstrecken solle (s. die Wiedergabe im Gutachten des DNotI, DNotI-Report 4/1995, 29/30). Zur Auslegung in dieser Hinsicht s. auch die Anmerkung von Peter und Roemer zum gegenteiligen Beschluss des LG Oldenburg in der MittBayNot 4/2003, 291 ff http://www.notare.bayern.de/fileadmin/file…yNot_2003_4.pdf

    Auch das GBA Mannheim, BWNotZ 1986, 95, kommt zu dem Ergebnis, dass eine Verkaufsvollmacht zwar nicht ohne weiteres die Ermächtigung zur Belastung beinhalte, dies aber jedenfalls dann der Fall sei, wenn ein Zusammenhang mit dem eigentlichen Zweck der Veräußerungsvollmacht bestehe.

    Und diesen Zusammenhang sehe ich beim Wirkungskreis „Regelung der Haus- und Wohnungsangelegenheiten; hier der Verkauf der Wohnung xstraße in ystadt" auch.

    Der Umstand, dass das Thüringer Oberlandesgericht im Beschluss vom 19. 10. 1993 - 6 W 11/93 davon ausgeht, dass die Auslegung einer Veräußerungsvollmacht in eine Belastungsbefugnis die Rechtsposition des Vollmachtgebers in erheblichem Maße gefährden würde, weil er bei Nichtzahlung des Kaufpreises und Ausübung des Rücktrittsrechts z. B. aus § 326 BGB das Grundstück ggf. mit der Belastung zurückerhalte, kann vorliegend keine Bedeutung erlangen, weil dies im Rahmen der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu prüfen war und die betreuungsgerichtliche Genehmigung bereits erteilt wurde.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)


  • Zwar werden vorliegend mit der GS-bestellung auch Rechtsbeziehungen zu einem Dritten (Gläubiger) hergestellt. Es ist aber die Frage, ob sich nicht bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung heraus ergibt, dass mit dem Verkauf zumeist auch eine Kaufpreisfinanzierung einhergeht.


    Ist Lebenserfahrung beim Grundbuchamt ausreichend ?:gruebel:

  • Zwar werden vorliegend mit der GS-bestellung auch Rechtsbeziehungen zu einem Dritten (Gläubiger) hergestellt. Es ist aber die Frage, ob sich nicht bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung heraus ergibt, dass mit dem Verkauf zumeist auch eine Kaufpreisfinanzierung einhergeht.

    Ist Lebenserfahrung beim Grundbuchamt ausreichend ?:gruebel:


    Grundsätzlich ist Lebenserfahrung beim GBA natürlich nicht ausreichend, hier zählen nur eindeutige Nachweise;)! Und daher würde mir dieser Aufgabenkreis auch nicht reichen, genausowenig wie der Aufgabenkreis "Verkauf" oder "Veräußerung". Es ist zwar richtig, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine Kaufpreisfinanzierung durch Grundpfandrechte zu sichern ist, zwingend ist das aber nicht! Und eine Belastung des Grundbesitzes ist nun mal rechtlich etwas anderes als ein Verkauf oder eine Veräußerung!
    Unser Betreuungsgericht bestellt die Betreuer in solchen Fällen im Regelfall mit dem Aufgabenkreis "Vermögensangelegenheiten". Das reicht auch zur Belastung.

  • Tatsachen, von denen alle lebenserfahrenen Menschen ohne weiteres Kenntnis haben, gelten als offenkundig (s. BayObLGZ 1952, 321/324, zitiert im B. des OLG München vom 12. 12. 2007, 34 Wx 118/07). Und was offenkundig ist, bedarf keines Nachweises (S. OLG Müchen, aaO, unter Zitat: zu allem Demharter, aaO, § 22 Rn. 37 mwN).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Es gibt durchaus Fälle, in denen eine Finanzierung nicht notwendig ist. Daher ist es m.E. nicht zwingend und damit auch nicht offenkundig, dass eine Belastung durch eine Bevollmächtigung oder Betreuerbestellung zum Verkauf gedeckt ist! Ich bleibe daher dabei, dass mir ein solcher Wirkungskreis zur Eintragung eines Grundpfandrechtes nicht reicht!

  • Ich würde das auch so sehen.

    Es muss einen nicht wirklich kümmern, was irgendein Landgericht oder irgendein Grundbuchamt in entfernteren Teilen der Republik entscheidet. Solche Entscheidungen gibt es nur, weil man Fehler, die andere gemacht haben, versucht auszubügeln, indem man im Wege der großzügigen Auslegung annimmt, es seien gar kein Fehler gewesen.

    Der Hund liegt dort begraben, wo die Aufgabenkreise (oder Vollmachten) nicht vernünftig formuliert werden.

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