vergessene deliktanmeldung nachträglich möglich?

  • Immer öfter taucht hier folgender Fall auf:

    Die ursprüngliche Anmeldung einer Gläubigerin (Krankenkasse) (Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Jahre x bis y in Höhe von insgesamt z €) wurde im Prüfungstermin geprüft und vom Insolvenzverwalter festgestellt.
    Mit späterem Schreiben beantragt die Gläubigerin einen nachträglichen Prüfungstermin zur nachträglichen Anmeldung der Delikteigenschaft im Sinne des §174 Abs.2 InsO, da dieses bei derUrsprungsanmeldung vergessen wurde und nimmt separat die ursprüngliche Anmeldung zurück.

    Ich hatte bislang das Glück, dass es mir gleichzeitig vorlag, somit auffiel und habe , nach umfangreicheicher Korrespondenz, die erneute Prüfung zuzrückgewiesen und die "Rücknahme" der Rücknahme anheimgestellt, was meist auch erfolgte.

    Meine Begründung:
    ...
    Eine erneute Prüfung einer Forderung aufgrund des Tatbestandes der unerlaubten Handlung ist mangels Rechtsschutzinteresses nicht mehr zulässig.
    Die Forderung als solche ist bereits geprüft und durch die Festellung des Insolvenzverwalters tituliert, die Delikteigenschaft ist gem. §174 Abs.2 InsO mit der Anmeldung der Forderung anzugeben, eine nachträgliche Ergänzung sieht das Gesetz nicht vor.
    §177 Abs.1 S.3 InsO greift ebenfalls nicht, da es sich nicht um eine Änderung der Forderung als solches handelt.

    Eine Rücknahme der bereits festgestellten Anmeldung 0-1 (mit dem Ziel der Neuanmeldung) ist gleichfalls nicht zulässig, da insofern die Rechtskraftwirkung des §178 Abs.3 InsO entgegegnsteht (s.a. Uhlenbruck, INSO, 12.Auflage, Rdnr.23 zu §174). "

    Eine Kasse hat sich mit sofortiger Erinnerung gewehrt, die Entscheidung des Richters steht leider noch aus.

    In einer anderen Sache reicht der Verwalter nun lediglich eine Rücknahme ein und ich frage nach, weil ich obigen Hintergrund vermutete.
    Tatsächlich ist es genau so, nur dass die Neuanmeldung noch nicht eingereicht ist. Eigentlich hätte es mir also gar nicht auffallen können, mit der Folge, dass ich , bei Beibehaltung meiner Rechtsauffassung, die Rücknahme einegtragen hätte und später die Neuanmeldung zurückweisen würde, ohne dass der Gläubiger die Eintragung der Rücknahme (z.B. wegen Irrtums) noch verhindern kann.
    :confused:
    Da der Verwalter meine Rechtsauffassung auch nicht teilt und ich absolut keine weiteren Quellen zur Meinungsfindung entdecken kann, interessiert mich sehr die allgemeine Meinung dieses Forums.

    Bin für jeden Gedankenanstoß dankbar !!!!

  • Ich hatte den Fall auch schon mehrfach. Es wurde jedoch nicht die Forderung zurückgenommen und neu angemeldet, sondern lediglich der Forderungsgrund nachgemeldet. Ich habe einfach einen nachträglichen Prüfungstermin anberaumt und nur den Forderungsgrund geprüft. Nähere Gedanken, ob dies auch wirklich geht, habe ich mir zugegebenermaßen nicht gemacht. Aber wieso sollte dies nicht zulässig sein?

  • Bei uns wird nachträglich geprüft.

    Im ersten Termin wurde der Forderungsgrund und die Forderungshöhe geprüft. Sollte nachträglich die v.b.u.H. angemeldet werden, wird in einem besonderen Prüftermin lediglich der Rechtsgrund der Forderung geprüft.

    Ich kann zwar nicht mit Literatur od. Rechtssprechung dienen, aber was sollte dem entgegenstehen?
    Der Schuldner kann belehrt werden und der Prüftermin erfolgt dann schriftlich.
    Die Kosten (15,00 EUR) muss natürlich der Gläubiger tragen, soweit er die rechtzeitige Anmeldung versäumt hat (kam aber schon vor, dass der Verwalter die v.b.u.H. vergessen hat).

  • Aber wieso sollte dies nicht zulässig sein?



    s. obige auszugsweise Begründung .....
    mit Prüfung der Forderung ist m.E. das Rechtsschutzbedürfnis verbraucht ( Rechtssicherheit!), die Deliktanmeldung ist keine eigenständige Forderung, sondern lediglich eine Eigenschaft. Da müssen halt auch die Kassen sorgfältig anmelden.....

  • "Rechtssicherheit" halte ich für nicht begründet.

    Was ist wenn die Kasse 3.000,00 EUR anmeldet, es wird geprüft und in voller Höhe festgestellt. Dann merkt die Kasse, dass sie versäumt hat weitere 1.000,00 EUR an offenen Forderungen anzumelden. Da hat sie ja schließlich auch die Möglichkeit, nachträglich den vergessenen Betrag anzumelden und prüfen zu lassen.
    Warum soll dies nicht auch für den Rechtsgrund gehen??? Die Belehrung des Schuldners erfolgt doch trotzdem.

    Rechtssicherheit hat der Schuldner insoweit erst, wenn die Ausschlussfrist abgelaufen ist und das Schlussverzeichnis "feststeht".

  • [quote='burning sea','RE: vergessene deliktanmeldung nachträglich möglich?" halte ich für nicht begründet.

    Was ist wenn die Kasse 3.000,00 EUR anmeldet, es wird geprüft und in voller Höhe festgestellt. Dann merkt die Kasse, dass sie versäumt hat weitere 1.000,00 EUR an offenen Forderungen anzumelden. Da hat sie ja schließlich auch die Möglichkeit, nachträglich den vergessenen Betrag anzumelden und prüfen zu lassen.

    - das fällt dann für mich aber auch unter §174 I 3 InsO, da es eine Änderung = Erweiterung der Forderung ist... s.a. Kommentar Uhlenbruck zu §174 I 3.... die Delikteigenschaft ist aber für mich keine "Forderung" in diesem Sinne.
    :gruebel:

  • Das mag ja sein.

    Ich kann hier aber auch keinen Nachteil für den Schuldner oder andere Verfahrensbeteiligte erkennen. Belehrung muss erfolgen und der Schuldner sowie andere Verfahrensbeteiligte kann/können, wie sonst beim "ersten" Prüftermin widersprechen.
    Was wird denn in den Fällen, wo der Verwalter die Anmeldung aus v.b.u.H. vergessen hat oder das Gericht hat´s übersehen, geprüft und festgestellt. Soll das dann jedesmal über die Haftung laufen, obwohl die nachträgliche Forderungsprüfung noch möglich ist?

    Wie gesagt, ich kann nicht mit Literatur od. Entscheidungen dienen, aber solange ich keine gegenteilige Entscheidung kenne, gehe ich diesen (einfacheren) Weg.

  • Ich kann mich nur voll und ganz burning sea anschließen, auch wenn ich dir ebenfalls leider keine Fundstellen nennen kann. Am Montag sind bestimmt wieder ein paar mehr Leute im Forum unterwegs und werden noch ihre Meinung kundtun.

  • Wie willst Du denn die Rücknahme und Neuanmeldung verhindern ? Und wie soll das der Insoverwalter verhindern ? Er kann doch die Anmeldung nur bestreiten. Aber aufnehmen muß er sie doch in jedem Fall.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Wir prüfen auch nachträglich ohne Rücknahme/ Neuanmeldung. Das LG Kassel ( Zivilgericht) hat dazu auch am 4.4.07 -4O 16/07 entschieden. Grundlage war ein Fall in dem der Gläubiger erst nach PT/ Feststellung von Umständen erfuhr, die Eingehungsbetrug nahelegten. Verklagt wurde der Verwalter, der die Anmeldung zurückwies, nachdem ein Schreiben an das InsOgericht, den Verwalter hierzu anzuweisen, erfolglos blieb.
    Ganz verkürzt: V.b.u.H. hat mit dem InsOverfahren nichts zu tun. Gl. könnte Schuldner nach InsOverfahren verklagen. Rechtsschutzbedürnis das frühzeitig zu klären ist gegeben. §§ 177II, 175 III, stehen nicht entgegen. Ist als nachträgliche Anmeldung zu behandeln.

  • Die nachträgliche Anmeldung als "v.b.u.H." war hier schon mal Thema. Ergebnis: besonderen Prüfungstermin für die Feststellung der "v.b.u.H." bestimmen mit Belehrung des Schuldners. Ergebnis dann in Tabelle eintragen. Fertig! Eine Rücknahme der ursprünglichen Anmeldung ist nicht notwendig.

  • Hallo! Habe gerade den Fall, dass Schlusstermin bereits stattgefunden hat.
    Nun meldet ein Gläubiger die v.b.u.H. zu einer in der Tabelle festgestellten (und im SV enthaltenen) Forderung nach.
    Kann auch jetzt noch ein besonderer Prüfungstermin bestimmt werden? :gruebel:

  • Woraus ergibt sich das denn? :gruebel:
    Der Gl. ist sehr hartnäckig und erklärt bis zur Aufhebung des Verfahrens hätte er einen Rechtsanspruch auf Nachprüfung des Rechtsgrundes der bereits festgestellten Forderung.



  • Na, Du biegst das aber auch ein bißchen gerne zurecht. Zu der oben zitierten BGH-Entscheidung hast Du doch eben im anderen Thread - wo es um die verspätet angemeldeten Forderungen geht - geschrieben, dass der BGH nicht immer richtig liege. Dann kannst Du die hier doch nicht als Zitat anfügen. Gerade Ihr habt doch gemeint, dass eine verspätete Prüfung noch möglich ist. Dann müßt Ihr doch auch konsequent sein und diese Prüfung noch zulassen.

    Es gibt eine Entscheidung des AG Potsdam Beschl. v. 25. 8. 2006 - 35 IK 440/05 , veröffentlicht in ZInsO 2006, 1343 - 1344 (Ausgabe 24 v. 31.12.2006), die Dir vielleicht weiterhelfen dürfte. Dort sind auch weitere Fundstellen vorhanden.

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