§§ 36 InsO, 850c ZPO wenn Partner mit eigenem Einkommen (Naturalunterhalt leistet

  • Der Schuldner ist verheiratet, seine Ehefrau verdient 600 €. Die Kinder der Ehefrau leben bei den Eltern. Es sind aber nicht die leiblichen Kinder des Schuldners er „liebt“ sie aber wie seine eigenen.

    Wir haben hier nun auch den Antrag nach § 850 c V ZPO gestellt, Ehefrau und Kinder nicht zu berücksichtigen.

    Der anwaltliche Schuldnervertreter meint nun, die Ehefrau sei zu berücksichtigen, weil sie gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig wäre. Der Schuldner verdiene mit und erfülle seine gesetzliche UH-Pflicht gegenüber dem Gatten. Die verdienende Ehefrau leiste Barunterhalt an die in der Wohnung lebenden Kinder. Auch auf der Steuerkarte des Schuldners sei ein Freibetrag eingetragen.

    Die Ehefrau habe einen UH-Anspruch gegen den Kindesvater im Ausland, dieser sei tituliert, aber nicht durchsetzbar.

    Mir ist das nicht ganz koscher. Zum einen leistet die Ehefrau wohl keinen Barunterhalt, sondern Naturalunterhalt, wenn die Kinder mit ihr zusammen leben. Zum anderen sehe ich einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, den die Gute geltend machen kann (die Kinder sind erst neun und zehn Jahre alt). Soll das zu Lasten der Masse gehen? Ich sehe dies höchstens dann als gegeben, wenn BARunterhalt geleistet wird, was hier nicht der Fall ist. Die Eintragungen auf der Steuerkarte sind ohnedies ohne Belang.

    Danke allen vorab!

  • M. E. ist die Ehefrau bei der Berechnung des pfandfreien Betrages nicht zu berücksichtigen, § 850c Abs. 4 ZPO.

    Warum die Kinder berücksichtigt werden sollten erschließt sich mir leider nicht. Die Kinder haben keinen Unterhaltsanspruch gegen den Schuldner.

    Du stimmst mir zu, danke.

    Und wenn du das sagst, dann bestärkt mich das umso mehr ! :daumenrau

    Die Kinder sind weniger der Streitpunkt. Es geht um die Ehefrau. Sie verdient genug, um keine Berücksichtigung zu finden. Sie erbringt Naturalunterhalt gegenüber ihren beiden leiblichen Kindern. Weitere Aufwendungen hat sie nicht.

    Eine andere Baustelle wäre es m.E., wenn sie (die Ehefrau) Barunterhaltszahlungen erbringen würde an Kinder, mit denen sie nicht zusammen lebt.

    Vielleicht bekommen wir ja noch andere Meinungen zu hören, Rainer.

    Grüße Ernst

  • Die Unterhaltszahlung der Mutter an die Kinder spielt da wohl kaum eine Rolle

    http://dejure.org/gesetze/BGB/1603.html

    weil die Unterhaltspflicht nur besteht, wenn man auch leistungsfähig ist ohne den eigenen Unterhalt zu gefährden.

    Aber ob die 600,00 € ausreichend sind kommt auf die Umstände des Einzelfalles an. Hier ist u.U. zu berücksichtigen welche Kosten aufgebracht werden müssen um zur Arbeit zu kommen etc.


  • Aber ob die 600,00 € ausreichend sind kommt auf die Umstände des Einzelfalles an. Hier ist u.U. zu berücksichtigen welche Kosten aufgebracht werden müssen um zur Arbeit zu kommen etc.



    Bei mir im LG-Bezirk ist es ausreichend, wenn die Ehefrau ALG II erhält um nicht berücksichtigt zu werden.

  • Ist von Gericht zu Gericht scheins unterschiedlich.

    Hier gelten folgende Richtwerte (Miete 300 €)

    Der sozialhilferechtllich relevante Bedarf errechnet sich wie folgt:
    Grundbedarf des Erwachsenen 311,00 €
    hälftige Kaltmiete (§ 8 WohnGG) 150,00 €
    Pauschbetrag für Nebenkosten (25% v. 150€) 37,50 €

    Zusammen 498,50 €

    Verdient die Frau mehr wie diese Summe ist sie draußen!

    Euch allen mein Dank! :daumenrau

  • Es gibt da eine Grundsatzentscheidung des BGH (z.B. VII ZB 24/05). Danach - wie könnte es richtigerweise sein - kommt es auf den Einzelfall und nicht auf standardisierte Sätze an.
    Nach meiner unmaßgeblichen Meinung wäre die Ehefrau hier zumindest teilweise als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen, da natürlich zwei - auch für die Ehefrau insoweit bestehende - Unterhaltspflichten einen anderen Eigenbedarf darstellen. Ich würde mich hier an die Sozialhilfesätze (bei uns jedenfalls 345.- €) und einem angemessenen Mehrbedarf für berufsbedingte Ausgaben orientieren. Und natürlich ein zumindest teilweisen - wenn auch in Natural geleisteten - Unterhalt für die Kinder. Setzt man da nur die hälftigen Sätze für Unterhaltsberechtigte an, dürfte der Betrag insgesamt das Gehalt übersteigen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Danke Mosser, deine Meinung ist sicher nicht unmaßgeblich ! :daumenrau

    Was ich aber doch noch mal fragen wollte: Ist denn der nicht geltend gemachte UVG Anspruch nicht auch zu berücksichtigen? :gruebel:

    Denn dann würden für beide Kinder ja runde 350 € der Ehefrau zustehen.

  • Danke Mosser, deine Meinung ist sicher nicht unmaßgeblich ! :daumenrau

    Was ich aber doch noch mal fragen wollte: Ist denn der nicht geltend gemachte UVG Anspruch nicht auch zu berücksichtigen? :gruebel:

    Denn dann würden für beide Kinder ja runde 350 € der Ehefrau zustehen.



    Lese ich es im Ausgangsfall richtig, dass der Anspruch zwar besteht, aber nicht durchsetzbar ist? Warum sollte dieser dann in die Berechnung einfließen? :gruebel:


  • Lese ich es im Ausgangsfall richtig, dass der Anspruch zwar besteht, aber nicht durchsetzbar ist? Warum sollte dieser dann in die Berechnung einfließen? :gruebel:



    Der Anspruch gegen den Kindesvater im Ausland ist nicht durchsetzbar, das stimmt! Aber die Frau kann zum Jugendamt gehen und UVG beantragen. Dieses Unterlassen ist ihr m.E. zu Last zu legen. Liege ich damit richtig? :confused:


  • Der Anspruch gegen den Kindesvater im Ausland ist nicht durchsetzbar, das stimmt! Aber die Frau kann zum Jugendamt gehen und UVG beantragen. Dieses Unterlassen ist ihr m.E. zu Last zu legen. Liege ich damit richtig? :confused:



    Schoin richtig, aber ich meine, dass das nichts mit Deinem Insolvenzverfahren zu tun hat. Der Unterhalt steht ja schließlich den Kindern zu und nicht der Ehefrau und die Kinder spielen bei der Berechnung sowieso keine Rolle.

  • Das sehe ich auch so. Der UVG-Anspruch - wenn er denn dann besteht - dürfte keine Rolle spielen, denn die KInder haben ja auch einen Anspruch gegenüber ihrer Mutter. Hier geht es ja letztlich darum, ob die Ehefrau ausreichend eigenes Einkommen hat. Und da würde ich eher dagegen tendieren, da sie nicht nur für sich selbst ihr Einkommen benötigt, sondern hier zusätzlich die KInder zu versorgen hat. Die andere Frage ist natürlich, ob sie voll zu berücksichtigen ist. Oder nur teilweise. Das muß dann wohl der Kollege eruieren.

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  • Schoin richtig, aber ich meine, dass das nichts mit Deinem Insolvenzverfahren zu tun hat. Der Unterhalt steht ja schließlich den Kindern zu und nicht der Ehefrau und die Kinder spielen bei der Berechnung sowieso keine Rolle.



    @ rainer : Was hältst du von Mossers Ansicht? Klingt richtig. Die Frau leistet Naturalunterhalt, der auch irgendwie Berücksichtigung finden muss. Ich möchte irgendwie raus aus der Nummer und die Frau nicht als UH- Berechtigte sehen. Wird sich nicht leicht...... :gruebel:

  • Also meiner Meinung nach kann man keine Unterhaltspflicht den Kindern gegenüber annehmen, wenn die Mutter dadurch selbst unterhaltsberechtigt werden könnte oder wird.

    Dass bei einem Einkommen von 600,00 € eine wenn auch nur teilweise Unterhaltspflicht des Ehemannes noch besteht kommt meiner Meinung nach (wie Mosser schon geschrieben hat) auch in Betracht. Dabei spielen besonders auch die tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit eine Rolle, wenn diese höher sein sollten als die Pauschbeträge.

    Ich hatte mal einen Fall, in dem der TH im eröffneten Verfahren alles daran gesetzt hat, dass der Ehemann mit einem Einkommen von ca. 800,00 € unberücksichtigt bleiben sollte.

    Nach der Aufhebung des Verfahrens habe ich einen neuen Beschluss mit der Anordnung nach § 850c Abs. 4 ZPO verlangt, bzw. eine Klarstellung dahingehend, dass der bisherige Beschluss weiter wirksam ist.

    Die Rechtspflegerin war der Auffassung, dass der bisherige Beschluss durch die Aufhebung des Verfahrens unwirksam geworden ist und wollte von dem TH (für die WVP) einen neuen Antrag haben.

    Der TH in der WVP war ein anderer als der im eröffneten Verfahren (aber gleiche Kanzlei, nur andere Stadt). Der neue TH stellte keinen Antrag, weil er der Meinung war, dass das Einkommen des Ehmannes nicht ausreichend ist, dass die Ehefrau keinen Unterhalt mehr schuldet.

    So unterschiedlich sind die Meinungen in einer Kanzlei.....

  • Hier mein Beitrag zur Meinungssammlung:

    Also es geht doch bei § 850 c ZPO ausschliesslich um die Unterhaltsberechtigten des Schuldners. Damit fallen die Kinder der Ehefrau aus der Berechnung heraus und können den unpfändbaren Betrag seines Einkommens nicht direkt erhöhen .

    Bei der Beurteilung des Einkommens der Ehefrau ist ebenfalls die Frage zu stellen, ob sich deren Unterhaltsanspruch gegenüber dem Schuldner unter Hinweis auf ihre beiden anderen Kinder erhöhen würde, falls sie diesen gerichtlich geltend machen würde. Ich meine nein, denn insoweit hätte sie eventuell einen, wenn auch nicht durchsetzbaren Anspruch, gegenüber dem Kindesvater, nicht jedoch gegenüber dem Schuldner.
    Unterhaltsrechtlich betrachtet berühren die Kinder der Ehegattin den "Geldbeutel" des Schuldners nicht und sind somit, auch nicht indirekt durch Erhöhung des Bedarfs der Ehegattin, bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens des Schuldners zu berücksichtigen.

  • Zwei Bemerkungen zum geschilderten Sachverhalt:
    - Die Mutter erhält keinen Unterhaltsvorschuss, da dieser nur Alleinerziehende erhalten.
    -Die Berechnung des sozialrechtlichen Mindestbedarfs halte ich für überprüfenswert. Zum einen fehlt die Berücksichtigung der Berufstätigkeit. In einer AlG II-Berechnung würde der Frau ein Freibetrag von 200,-- € für die Berufstätigkeit zugestanden werden. Zum anderen zweifle ich, ob der Ansatz einer Miete von 300,--€ für eine Familie ausreichend ist. ( Der Vollständigkeit halber: der Grundbedarf eines Erwachsenen in einer Beziehung hat sich inzwischen auf 312,--€ erhöht.)

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