Ergänzungspflegschaft nach § 1909 ABs. 3 BGB ?

  • hallo,

    das Standesamt teil mit, dass ledige Kindesmutter mit alleiniger Sorge verstorben sei und das Kind sich beim Vater aufhält.

    Nun hat das Kind ja keinen gesetzlichen Vertreter .

    Nach §1680 Abs. 2 BGB hat das Familiengericht zu prüfen, ob die elterliche Sorge dem Vater zu übertragen ist. Da sich solche Verfahren aber nicht von heute auf morgen durchführen lassen , stellt sich für mich als Vormundschaftsrechtspflegerin die Frage, ob ich bis zur Entscheidung in der Familiensache eine Ergänzungspflegschaft einrichten sollte nach § 1909 III BGB.

    danke für jeden Rat !!
    ;)

  • Laut Lehrbuch : Nach § 1909 III BGB ist die Pflegschaft anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft vorliegen, aber noch kein Vormund bestellt ist. Die Pflegschaft ermöglicht, dass in der Übergangszeit bis zur Bestellung eines Vormundes dringliche Geschäfte des Pflegebefohlenen getätigt werden können.

    Finde im MüKo: III. Ersatzpflegschaft und Entscheidung über die elterliche Sorge


    In den Fällen, in denen bei Ausfall des allein sorgeberechtigten Elternteils darüber entschieden werden muß, ob dem anderen (insoweit) das Sorgerecht anvertraut werden kann (vgl. §§ 1678 Abs. 2, 1680 Abs. 2, 3; 1681), kann sich wegen der Verfahrensdauer die Notwendigkeit ergeben, als Interimslösung einen Pfleger zu bestellen.

  • Warum bestellst Du keinen Vormund nach § 1773 Abs. 1, 1791 b BGB? Wir ordnen hier bis zur Entscheidung des Familiengerichts zunächst einmal Vormundschaft an. Sollte dem Vater die elterliche Sorge übertragen werden, wird die Vormundschaft aufgehoben.

  • Sachverhalt:
    Alleinsorgeberechtigte Mutter stirbt. Hinterlässt 17-jährigen Sohn, der beim langjährigen Lebensgefährten der Mutter wohnt und versorgt wird. Leiblicher Vater hat momentan keinen Kontakt zum Kind und ist nach Auskunft Lebensgefährte unbekannten Aufenthalts.
    Langjähriger Lebensgefährte hat mit Brief an Gericht darum gebeten, ihn als Vormund zu bestellen.

    Verfahren nach § 1680 II BGB ( Richter) ist klar.
    Zum einen habe ich aber den Unterschied zwischen vorläufiger Vormundschaft und Ersatzpflegschaft nicht ganz begriffen.
    Zum anderen muss ich doch in beiden Verfahren das Kind, den Vater, das Jugendamt anhören. Gründe für einen Verfahrensbeistand sehe ich in meinem Fall nicht, § 158 II FamFG.

    Auf jeden Fall ein riesiges Verfahren, obwohl das Kind eilig einer gesetzlichen Vertretung bedarf.
    Deswegen meine Frage:
    Wie handhabt ihr solche Fälle?

    Ich würde am liebsten das KJA als Ersatzpfleger oder vorläufigen Vormund bestellen und von Anhörungen absehen bis Entscheidung nach § 1680 II BGB vorliegt. Entweder ist leiblicher Vater Sorgerechtsinhaber und mein Verfahren erledigt oder Vater ist raus und ich geh in die Auswahl.

    Mir widerstrebt es
    a) wegen der zeitlichen Verzögerung alle anzuhören und
    b) wegen der womöglichen Stellungnahme des KJA, dass Lebensgefährte Pfleger oder vorläufiger Vormund werden könnte.
    Ich hab das Gefühl, dass durch Bestellung Lebensgefährte hier was vorweggenommen wird.

  • Ich bestelle in diesen Fällen - während parallel ein Verfahren nach § 1680 II BGB läuft - das Jugendamt als Vormund auf der Grundlage des § 49 FamFG.
    Wird von der Kollegenschaft oft vergessen , dass auch Rechtspfleger "eA's dürfen".
    Natürlich bei gleichzeitiger Anordnung der Vormundschaft.

    Dass die Bestellung des vorgeschlagenen Einzelvormunds als vorläufiger Vomrund nicht möglich ist, ergibt sich m.E. bereits aus der notwendigen Anhörung des Jugendamtes nach § 162 I FamFG.

    Der § 1909 III BGB führt bei mir tatsächlich ein Schattendasein.

  • Hallo,

    ich denke, der Anwendungsbereich des § 1909 Abs. 3 BGB ist denkbar schmal, da -wie Steinkauz schon sagte- i.d.R. eine (vorrangige) vorläufige Vormundschaft mit dem JA als Vormund im Wege der e.A. eingerichtet werden kann.

    Als Anwendungsbereich nennt die Kommentierung auch lediglich Fälle, in denen der Bestellung eines Vormundes Hindernisse entgegenstehen und unmittelbarer Handlungsbedarf in einer einzelnen Angelegenheit besteht (vgl. MünchKomm/Schwab § 1909 BGB Rn. 55; Staudinger/Bienwald § 1909 BGB Rn. 93). Die Judikatur hat sich mit der Abgrenzung zwischen vorläufiger Vormung im Wege der e.A. und der Ersatzpflegschaft -soweit ersichtlich- überhaupt noch nicht beschäftigt.

    Wobei sich mir auch die Frage stellt, warum ein zum Tätigwerden bereiter Pfleger gefunden werden kann, nicht aber ein vorläufiger (!) Vormund. I.Ü. kann das Familiengericht in Notfällen auch selbst tätig werden, § 1846 BGB.

    Gruß
    Peter

  • Ich habe schon öfter mal das JA als Ergänzungspfleger nach § 1909 III für alle Angelegenheiten bestellt, wenn ich den Vormund (natürliche Person) schon ins Auge gefasst hatte, aber auf Grund fehlender Stellungnahmen oder sonstiger Nachweise eine Bestellung als Vormund noch nicht möglich war. Darin sehe ich den Sinn dieser Vorschrift: Warum erst einen anderen (wenn auch vorläufigen) Vormund bestellen, wenn der alsbaldige Vormundwechsel schon absehbar ist.

  • Vielen lieben Dank für die Antworten.
    Ich halte sowohl vorl.Vormund als auch § 1909 III BGB für möglich. In dieser Konstellation (nicht nur einzelner Aufgabenbereich) gehe ich aber auf Vormundschaft.
    Vielen lieben Dank für die Antworten.
    In meinem Fall (für sämtliche Angelegenheiten wird gesetzlicher Vertreter benötigt) werde ich wohl auf Vormundschaft gehen.

    Ich bestelle in diesen Fällen - während parallel ein Verfahren nach § 1680 II BGB läuft - das Jugendamt als Vormund auf der Grundlage des § 49 FamFG.
    Wird von der Kollegenschaft oft vergessen , dass auch Rechtspfleger "eA's dürfen".
    Natürlich bei gleichzeitiger Anordnung der Vormundschaft.

    Dass die Bestellung des vorgeschlagenen Einzelvormunds als vorläufiger Vomrund nicht möglich ist, ergibt sich m.E. bereits aus der notwendigen Anhörung des Jugendamtes nach § 162 I FamFG.

    Der § 1909 III BGB führt bei mir tatsächlich ein Schattendasein.

    Wie hälst du/ haltet ihr es mit den Anhörungen? Gefahr im Verzug und dann Nachholung?
    Kind ist in meinem Fall ja eigentlich versorgt. Es könnte zwar jeden Moment was passieren, aber sieht man sich die genannten Beispiele in MüKo und Musielak an, muss schon mehr als die Befürchtung vorliegen...

  • Es ist dem Wesen der eA immanent , dass diese zunächst ohne die Anhörungen der § 159 ff. FamFG stattfindet.
    Bei gleichzeitigem Verfahren nach § 1680 II BGB warte ich zunächst die Anhörungen des Richters im dortigen Verfahren und dessen Ergebnis ab.
    Hat der andere Elternteil das Sorgerecht erhalten, ist die vorl. Vormundschaft eh hinfällig.
    Hat er es nicht erhalten, ordnet bei mir in der Regel der Richter die Vormundschaft ( endgültig ) selbst an.
    Anhörungen hole ich dann lediglich wegen der Person des Vormundes nach.

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