Wohnung: Nachlass-Sicherung und Nachlasspflegschaft

  • ... den Wert des Fahrzeuges mit 350 € beziffert...soll auch der letzte Lohn (?) auf dem Konto des EL eingegangen sein. Die EC-Karte wird beim Nachlassgericht abgeliefert.
    ......Konto per Beschluss auflösen und sich das Guthaben ebenfalls an die Justizkasse überweisen lassen........Der zuständige SB würde sodann den Vermieter und evtl. weitere sich meldende Gläubiger befriedigen.

    Lieber Draco,

    ja, ich bin Vertreter meines Berufsstandes. Ich mache berufsmäßig Nachlasspflegschaften....wie man unschwer meiner Signatur entnehmen kann. Und dennoch denke ich, dass ich stets versuche objektiv an die hier geschilderten Fälle heranzugehen. Wenn ich mir den Sachverhalt nochmals ansehe (siehe oben / gekürzt), dann mag es vielleicht aus deinen Augen eine "optimistische Lesart" sein, aber ich schließe aus dem Geschilderten, dass durchaus trotz ggf. Überschuldung ein Vermögen vorhanden ist...immerhin wollte der Fragesteller ja ggf. sogar selbst dieses Vermögen an die Gläubiger verteilen....und das halte ich für bedenklich und bin daher noch immer/weiterhin für eine Nachlasspflegschaft.

    Fiskuserbrecht hat m.E. lediglich eine absolute "Notfunktion". Vgl. dazu Mayer, ZEV 2010, 445 ff.

    Lass es mich mal so sagen: Das Schöne an der (nicht gewinnbringenden :) Justiz ist ja, dass man durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann und es in Ermessensentscheidungen regelmäßig keine wirklich richtige oder wirklich falsche Lösung gibt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Der Vermieter hat sich bereits gemeldet. Er will die Wohnung nun räumen, evtl. werthaltige Gegenstände beim Gericht abliefern und weitervermieten.

    P.S.

    Leider steht hier nicht genau, was der Vermieter geschrieben hat. Ich denke aber, dass man darin zumindest konkludent einen Antrag nach § 1961 BGB sehen kann....und schon kommt man blitzsauber zum Nachlasspfleger ;)

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  • Also laut OLG Köln, Beschluss vom 10.12.2010, 2 Wx 198/10, müßte ein Nachlasspfleger bestellt werden, wenn man das Schreiben des Vermieters als entsprechenden Antrag werten kann.

    Mich würde aber vorliegend eher interessieren, ob man - wenn die Anfechtung des dritten Kindes als gültig erachtet wird - vor Feststellung des Fiskalerbrechts

    a) noch weitere Erben (also evtl. Geschwister) ermitteln UND eine öffentliche Aufforderung gem. § 1965 BGB macht

    b) nur eine öffentliche Aufforderung macht

    c) gleich das Fiskalerbrecht feststellt aufgrund des hier "überschaubaren" Nachlasses.

    Wie würdet Ihr das handhaben? Die Meinungen hierzu gehen ja ziemlich auseinander, wenn ich z. B. den Beschluss des OLG München vom 05.05.2011, 31 Wx 164/11, so lese.

    Im Fall a) müßte dann der Vermieter noch eine ganze Zeit auf die Wohnungskündigung- und beräumung warten!

  • Ich verfahre in derartigen Fällen wie von Dir unter c) dargestellt.

    Eine Ermittlung eventueller weiterer Erben unterbleibt, wenn diese die Erbschaft voraussichtlich ebenfalls ausschlagen würden (Münchener Kommentar/Leipold, BGB, 4. Aufl., Rn 2 zu § 1964). Vor diesem Hintergrund erfolgt auch keine vorherige öffentliche Aufforderung zur Anmeldung etwaiger Erbrechte, weil eine solche nur unverhältnismäßige Kosten verursachen würde (§ 1965 Abs. 1 Satz 2 BGB).

    Siehe zu diesem Komplex auch BGH, Beschluss vom 23.11.2011 (Rpfleger 2012, 206 f.).

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Es muss jedoch einmal erwähnt werden, dass der Begriff "unverhältnismäßiger Kosten" angesichts der regelmäßigen tatsächlichen Kosten etwas verunglückt ist.

    Zitat von otze75

    Im Fall a) müßte dann der Vermieter noch eine ganze Zeit auf die Wohnungskündigung- und beräumung warten!

    Darauf wartet in solchen Fällen kaum ein Vermieter.

    Zitat von otze75

    Also laut OLG Köln, Beschluss vom 10.12.2010, 2 Wx 198/10, müßte ein Nachlasspfleger bestellt werden, wenn man das Schreiben des Vermieters als entsprechenden Antrag werten kann.

    Das "kann" sollte durch ein "muss" ersetzt werden. Auch wenn die Berufsnachlasspfleger die Handhabung vielleicht gern anders sähen, werden solche Vermieteranfragen zumindest im weiten Umkreis regelmäßig nicht als antrag ausgelegt.

  • Mir ist zu Ohren gekommen, dass manche Nachlassgerichte die Kündigung gegenüber dem Vermieter selbst aussprechen. Bei diesen Fällen soll es sich um mittellose Nachlässe handeln (nach Aktenlage zum Zeitpunkt des Kündigung).

    Dies erfolgt wohl in Form eines Schreibens mit entsprechender Belehrung über das Vermieterpfandrecht und die Ablieferungspflicht von Wertgegenständen bei dem Nachlassgericht, wenn solche gefunden werden sollten.

    Das Nachlassgericht würde in so einem Fall eine Anfrage an die Bank des Erblassers zwecks Kontoguthaben richten. Das Kreditinstitut des Erblassers würde über eine Anfrage an den Vermieter ermittelt werden. Ergibt sich sodann ein positives Guthaben auf dem Konto des Erblassers, wird die Bank zur Hinterlegung aufgefordert.

    Diese Verfahrensweise soll (angeblich) Zeit und Arbeit sparen, im Vergleich mit einer Nachlasspflegschaft.

    M. E. nach dürfte die Möglichkeit der Kündigung durch das Nachlassgericht rechtlich gegeben sein. Das Nachlassgericht ist ja in der Art und Weise der Nachlasssicherung frei.

    Für mich stellt sich hier jedoch die Frage, ob das Nachlassgericht mit dieser Verfahrensweise seiner Fürsorgepflicht gemäß § 1960 BGB in ausreichender Form nachgekommen ist.:confused:

    Für eine paar Meinungen hierzu bin ich dankbar! Ist euch diese Verfahrensweise auch schon mal zu Gehör gekommen?

  • Also ich weiß nicht, mir sträuben sich bei einer Kündigung der Wohnung durch das Nachlassgericht die Nackenhaare. Ich sehe dafür keine gesetzliche Grundlage, lasse mich aber natürlich eines besseren belehren.
    Wir sind doch nicht der Vertreter der Erben, sondern bestellen einen solchen?

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Lass dir hierzu von TL das Skript zu der sehr schönen Fabel vom letzten Nachlasspflegshcaftstag in München schicken. Dann verstehst du die Probleme, die ein Nachlassgericht mit der von Dir vorgetragenen Lösung bekommen kann, vor allem, wenn dann doch noch werthaltiger Nachlass vorhanden ist und der Vermieter diesen nicht verzeichnet (was er nicht muss).

  • Bitte einfach eine kurze Mail an meine Email (siehe Signatur). Ich schicke dann ein Pdf davon.

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  • Ich habe von der Verfahrensweise nicht nur gehört .... :eek:
    Es wird hartnäckig die Meinung vertreten, dass es in mittellosen Nachlässen unverhältnismäßig sei einen Nachlasspfleger zu bestellen, der die Wohnung kündigt und an den Vermieter übergibt und dafür dann aus der Staatskasse zu vergüten ist.
    Diese Ausgaben sehen ja nicht schön aus im Managementbericht.

    Ich arbeite SO allerdings nicht, nachdem vor Jahren auf einem Lehrgang zum Nachlassrecht die Problematik besprochen wurde. Der Gesetzgeber sieht § 1961BGB auch für den Vermieter vor und wenn der Nachlasspfleger mangels Masse aus der Staatskasse zu vergüten ist, dann ist das eben negativ im Managementbericht NUR dann ist das eben so!

    Ich könnte mir natürlich vorstellen, dass man der Meinung folgen könnte, wenn man die Wohnung selbst in Augenschein genommen hat und sich persönlich davon überzeugt hat, dass sich in der Wohnung keine Wertgegenstände oder Testament befinden. Aber welcher Rechtspfleger hat schon Zeit sich stundenlang durch eine Erblasserwohnung zu wühlen, die Zeiten sind lange vorbei!
    Daher würde ich gerade auch aus haftungsrechtlichen Gründen immer die saubere Variante bevorzugen und einen Nachlasspfleger bestellen.

  • Ich könnte mir natürlich vorstellen, dass man der Meinung folgen könnte, wenn man die Wohnung selbst in Augenschein genommen hat und sich persönlich davon überzeugt hat, dass sich in der Wohnung keine Wertgegenstände oder Testament befinden.

    Lieber Döner,

    eben nicht, bitte diesen Gedanken nicht verfestigen. Mietverträge bleiben mit Tod bestehen und gehen auf die Erben über! Und alleiniger Vertreter für die unbekannten Erben ist der Nachlasspfleger und nicht der Nachlassrechtspfleger. Punkt. Da gibt es keine Luft zur Interpretation. Immer nur die Hoffnung, wo kein Kläger da kein Richter. Liebe Nachlassrechtspfleger es geht immer nur so lange gut, bis es das eine Mal schief geht.

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    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

    Einmal editiert, zuletzt von ARK (26. Januar 2017 um 11:41)

  • Das Recht des Nachlassgerichts zur eigenständigen Kündigung des Mietverhältnisses wird von der dies vertretenen Meinung wohl aus den §§ 1915, 1846 BGB hergeleitet.

    Ich vertrete diese Ansicht jedoch nicht. Ein Nachlasspfleger ist verlässlicher als die Vermieter und hat per se schon die besseren Möglichkeiten festzustellen, ob der Nachlass werthaltig ist oder nicht.

    Sofern der Nachlass überschuldet ist, hält sich der Tätigkeitsaufwand des Nachlasspflegers in der Regel in Grenzen (und damit auch die ggf. aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung, wobei geringe Kontenguthaben sehr oft festgestellt werden --> daraus könnten jedenfalls teilweise die Kosten bestritten werden).

  • Nachlassgerichtliche Auszahlungsanordnungen (z. B. für Beerdigungskosten) sind das Eine und das rechtsgeschäftliche Handeln im Verhältnis zu einem Vertragspartner des Erblassers ist das Andere. Letzterem stehe ich - von absoluten Ausnahmefällen abgesehen - ebenfalls sehr skeptisch gegenüber, auch wenn es Entscheidungen gibt, welche diese grundsätzliche Möglichkeit - sicher zu Recht - bejahen (zur Ausübung von Gestaltungsrechten durch das Nachlassgericht vgl. OLG Colmar KGJ 51, 319).

  • Wenn die NL-Gerichte diesem Gestaltungsrecht ordnungsgemäß!!! nachkommen sollen, dann müssten sie auch eine gründliche Erstsicherung machen müssen/können und zwar bevor die lieben Nachbarn und Verwandten durch die Buden gekrochen sind.
    Wie soll denn das bitte praktisch gehen. Ich weiß schon das eine ist das Recht, die Möglichkeit und die Praxis ist das Andere.
    Nie nich, bei den Pensen und dann vlt. noch in einem Flächenland und mit eigenem PKW.

  • Ich sagte ja, dass ich diese Verfahrensweise in der genannten Ausprägung sehr skeptisch sehe. Man wird bei älterer (= ganz alter) Rechtsprechung auch zu berücksichtigen haben, dass sie (auch) aus einer Zeit stammt, in welcher von Mobilität und Kommunikationsmitteln im heutigen Sinne noch keine Rede sein konnte. Es konnte also schon durchaus der Fall eintreten, dass das Nachlassgericht selbst handeln musste, bevor es zur "langwierigen" Bestellung und Verpflichtung eines Nachlasspflegers schreitet (kein Fax, keine Kopiergeräte, keine Mails per Internet, gerade mal Telefon und - vielleicht - ein PKW).

  • Nachlassgerichtliche Auszahlungsanordnungen (z. B. für Beerdigungskosten) sind das Eine und das rechtsgeschäftliche Handeln im Verhältnis zu einem Vertragspartner des Erblassers ist das Andere. Letzterem stehe ich - von absoluten Ausnahmefällen abgesehen - ebenfalls sehr skeptisch gegenüber, auch wenn es Entscheidungen gibt, welche diese grundsätzliche Möglichkeit - sicher zu Recht - bejahen (zur Ausübung von Gestaltungsrechten durch das Nachlassgericht vgl. OLG Colmar KGJ 51, 319).

    Ja Cromwell.

    Also ob man sich heute tatsächlich noch auf eine Entscheidung des OLG Colmar (!!!) berufen sollte, wage ich zu bezweifeln. Das alleine macht schon deutlich, wie veraltet diese (Minder-)Meinung ist.

    Meine Meinung:

    Im absoluten Notfall und nur bei ganz begrenzten Gebieten, kann das NLG über § 1846 BGB handeln. Ob darunter aber schon die Anweisung der Beerdigungskosten vom Erblasserkonto fällt, ist strittig.

    Gestaltungen wie die Kündigung einer Wohnung und deren Freigabe etc. halte ich für ein "Unding". Das kann nie und nimmer ein "einfacher" Rechtspfleger verfügen, wenn selbst im Zwangsvollstreckungsrecht die Wohnungsrückgabe an den Eigentümer über den Gerichtsvollzieher etc. laufen muss und man sich vor Augen führt, dass die Wohnung einem besonderen Schutz (Art. 13 GG) unterliegt. Die Lebensgefährtin oder Angehörigen treten in das Mietverhältnis ein. Die vom Mieter eingebrachten persönlichen Sachen (die teilweise ja unpfändbar sind), können nicht einfach so vom Nachlassgericht dem Vermieter überlassen werden.

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