Schwierige Testamentsauslegung

  • Testamentsauslegung vom Feinsten:

    Im Testament wird verfügt. „Als Besitzerin des Hauses X in Y setzte ich meine beiden Neffen A und B ein. B hat seinen Erbteil schon im Jahre 2006 in Höhe von 40.000 € als Vorauserbe bekommen.
    Das Auto VW Golf im Wert von 3.000 € soll meine treue Putzfrau bekommen, sofern es bei meinem Tod noch vorhanden ist.“

    Zur Zeit der Testamentserrichtung betrug der Nachlasswert 80.000 € (Wert des Hause plus Auto).

    In der Folgezeit kaufte der Erblasser noch einen PKW im Wert von 15.000 € auf Kredit, der zur Zeit des Erbfalles mit 20.000 € valutiert.

    Nach dem Tode des EL beantragt A einen Erbschein, der ihn als Vollerben ausweist. Kann man das Testament so auslegen dass B tatsächlich draußen ist? Wären hier nicht beide als Erben zu sehen und B müsste sich das bereits Erlangte anrechnen lassen.

    Die Putzfrau verlangt nun den neuen PKW als „Sorrogat“ für die Rostlaube, die nicht mehr existiert mit dem Vorwand, sie habe den Erblasser immer zum Arzt gefahren und sie habe im weiteren Zeugen, die bestätigen, dass der Erblasser ihr das Auto habe zukommen lassen wollen. Auch das erscheint mir ungerecht, da der Wert ziwschen dem urpsrünglich zugewendeten Fahrzeug und dem nunmehr vorhandenen um über 10.000 € differiert.

    Sofern A hier Alleinerbe wäre, hätte er nicht einen Ausgleichsanspruch gegen B, bei dessen Auszahlung im Jahre 2006 der Nachlass um einiges werthaltiger war? Kann der ES mit A als Alleinerben erteilt werden?

  • Das Auto VW Golf im Wert von 3.000 € soll meine treue Putzfrau bekommen, sofern es bei meinem Tod noch vorhanden ist.

    Die Putzfrau verlangt nun den neuen PKW als „Sorrogat“ für die Rostlaube



    :wechlach: nix da, testament ist doch wohl so was von eideutig. wenns meinen Golf noch gibt sollst du ihn haben. Golf gibts nicht mehr, also gibts auch nix mehr zu haben.

    Ansonsten, erst mal den Neffen B zum Antrag anhören oder beide einmal vorladen. Wenn die beiden übereinstimmen, dass der eine sich durch die 40k € nicht mehr als Erbe eingesetzt ansieht könnte man den ES durchaus so erteilen.

  • :D Nee, ein Surrogat gibt es für die Gute nicht.
    Vergleichbar ist es doch, wenn geschrieben steht "X bekommt meine Sparbücher und Y mein Haus". Wenn das Haus nun verkauft und die Gelder verprasst wurden, bekommt auch keiner ein Surrogat.
    Und den B würde ich vorliegend anhören.

  • Die Anordung des Erblassers über den PKW ist ganz eindeutig. Die Putzfrau soll ihn als Vermächtnis erhalten, sofern er beim Erbfall noch vorhanden ist. Das ist er nicht mehr, also hat die Putzfrau Pech gehabt. Da helfen auch die Aussagen der angebotenen Zeugen nichts. Diese könnten nur zu einer Testamentsauslegung beitragen. Sie können aber keine fehlende letztwillige Verfügung ersetzen.

    A und B sind wohl hälftige Erben. Der Erblasser hat B bedacht, obwohl er ihm bereits zu Lebzeiten eine Zuwendung gemacht hatte. Hätte der Erblasser nur A zum Erben einsetzen wollen, hätte er ihm das Haus alleine zuwenden können - hat er aber nicht. Ob die Erwähnung der lebzeitigen Zuwendung an B nur als rechtlich bedeutungsloser Hinweis zu verstehen ist oder ob insofern eine verbindliche Anrechnung verfügt werden sollte, lässt sich nicht sagen. Das hängt von der Ermittlung des Testierwillens des Erblassers ab.

  • Danke.

    Sofern die Putzfrau nun plötzlich Zeugen benennt, die gehört haben sollen, dass der neue PKW noch zu Lebzeiten vom Erblasser an diese geschenkt wurde, ist die Sache wieder anders zu sehen. Dann wäre der PKW nämlich aus dem Nachlass draußen und stünde defintiv im Eigentum der Reinigungskraft.

    Die Schenkung wäre allerdings nur wirksam, sofern sie vollzogen wurde, solange keine Schriftform vorliegt. Ich würde nun die Übereignung bestreiten und behaupten, diese wäre noch nicht erfolgt, weil die Übergabe des KFZ Briefes nicht stattgefunden hat und dieser sich noch immer im Besitz des A bedindet. Sicher ein wackeliges Argument?

    In Bezug auf die Erbeinsetzungen, könnte man nicht den A als Alleinerben ansehen? Diese Möglichkeit hat der Notar in Erwägung gezogen, da der Erbteil an den A ja defintiv ausbezahlt wurde.

  • Der Erblasser hat B bedacht, obwohl er ihm bereits zu Lebzeiten eine Zuwendung gemacht hatte.



    Ich war nach dem Sachverhalt davon ausgegangen, dass das Testament zeitlich vor der Zuwendung abgefasst wurde. Von wann ist denn das Testament? Gibt es über die Zuwendung der 40.000,- € an B etwas Schriftliches, das zur Ermittlung des Erblasserwillens herangezogen werden könnte?

  • Das Testament kann nicht zeitlich vor der Zuwendung an B errichtet worden sein. Sonst hätte der Erblasser die Zuwendung im Testament nicht erwähnen können. Diese Erwähnung spricht aber nicht für, sondern gegen einen Ausschluß der Miterbenstellung des B. Wenn der Erblasser gewollt hätte, daß B nichts mehr erhält, hätte er einfach schreiben können, daß A sein Alleinerbe ist und B schon zu Lebzeiten bedacht wurde. Er hat B aber trotz des Vorempfangs mit der Hälfte des Hauses bedacht. Das macht keinen Sinn, wenn der Erblasser gewollt hätte, daß B nichts mehr erhält.

  • Danke, aber was ist nun mit der Schenkung? So kommt die Gute doch noch billig zum fahrbaren Untersatz, und der arme Erbe/ die Erben kommt für die Schulden auf, die der Erblasser zur Finanzierung des KfZ aufgenommen hat, Kann doch irgendwie nicht sein ,oder ?

  • Ich liebe solche Testamente wie Zahnschmerzen.

    Wenn der Erblasser vor seinem Tode einen PKW mit Bankfinanzierung gekauft hat, befindet sich der KFZ-Brief mit Sicherheit bei der Bank. Die werden den Brief auch nicht rausrücken - egal an wen - , sondern den PKW notfalls selbst verwerten, bevor der Wagen noch mehr Wertverlust erleidet und das Darlehen immer höher wird (wer den Brief hat ist der Eigentümer).

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • (wer den Brief hat ist der Eigentümer).



    Stimmt das?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • (wer den Brief hat ist der Eigentümer).



    Stimmt das?


    Nö, in diesem Fall ist Eigentümer derjenige, der im Brief steht und die Bank lediglich Sicherungsnehmer mit Recht auf zwangsweise Verwertung der sicherungsübereigneten Gegenstände.
    Hast Du Deinen Wagen bar bezahlt oder finanziert? ;) Guck mal in die Unterlagen.

  • Ich liebe solche Testamente wie Zahnschmerzen.

    Wenn der Erblasser vor seinem Tode einen PKW mit Bankfinanzierung gekauft hat, befindet sich der KFZ-Brief mit Sicherheit bei der Bank. Die werden den Brief auch nicht rausrücken - egal an wen - , sondern den PKW notfalls selbst verwerten, bevor der Wagen noch mehr Wertverlust erleidet und das Darlehen immer höher wird (wer den Brief hat ist der Eigentümer).

    Wenn das so einfach wäre. Leider eben nicht. Der PKW wurde durch die Hausbank finanziert, ohne Sicherheit. Der PKW steht im Eigentum des Erblassers. Voll! Und das Darlehen trägt der/die Erbe(n).

    Und nun?

  • @Ancalimon:

    Bar!

    Ich dachte aber gleich, daß da etwas mit dieser generellen Eigentumsaussage nicht stimmen kann.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • @Ancalimon:

    Bar!

    Ich dachte aber gleich, daß da etwas mit dieser generellen Eigentumsaussage nicht stimmen kann.



    Respekt. ;) Vllt sollte ich auch in die freie Wirtschaft wechseln...

  • Der Kraftfahrzeugbrief ist nur Legitimationspapier. Ob ihn der Veräußerer in Besitz hat, ist nur für einen evtl. gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten von Bedeutung. Übereignet wird ein Kraftfahrzeug durch Einigung und Übergabe nach § 929 S.1 BGB. Der Brief spielt beim Erwerb vom Berechtigten keine rechtliche Rolle. Er braucht vor allem nicht übergeben zu werden.

    Damit löst sich auch das Problem der Schenkung. Wenn es sich belegen lässt, dass eine Übereignung des PKW erfolgt ist (nach § 930 BGB, wenn der PKW bis zum Erbfall im Besitz des Erblassers war), dann ist dagegen nichts zu machen. Die Erben müssen in diesem Fall das Autodarlehen tilgen, obwohl der PKW gar nicht zum Nachlass gehört. Lässt sich die vollzogene Schenkung nicht belegen, kommt es darauf an, ob der Vermächtnisanspruch greift. Das hatte ich bereits verneint.

  • Damit löst sich auch das Problem der Schenkung. Wenn es sich belegen lässt, dass eine Übereignung des PKW erfolgt ist (nach § 930 BGB, wenn der PKW bis zum Erbfall im Besitz des Erblassers war), dann ist dagegen nichts zu machen. Die Erben müssen in diesem Fall das Autodarlehen tilgen, obwohl der PKW gar nicht zum Nachlass gehört. Lässt sich die vollzogene Schenkung nicht belegen, kommt es darauf an, ob der Vermächtnisanspruch greift. Das hatte ich bereits verneint.



    Schon klar! Ich dachte, eben die Übereigung zu bestreiten, gerade bei § 930 BGB könnte man anhebeln, da in meinen Augen die Übergabe des Briefes schon auch zur Besitzverschaffung gehört. Sicher auch nur eine Erwägung, die vor Gericht anders bewertet werden kann.

    Ich dachte eine irgendeine Vorschrift, die es ermöglicht, Schenkungen rückgängig zu machen. Aber der Zugehfrau wird wohl keine Boshaftigkeit zu unterstellen sein und dem Erblasser auch kein "vorsätzliches Beiseiteschaffen".

    Die Leidtragenden werden letzendlich dann die Erben A und B gemeinsam sein! Zahlen das Darlehen ohne Gegenwert.

    Der Richter wird die beiden doch sicher zitieren, sofern der beantragte ES zugunsten des A nicht ausgestellt werden kann? Im müdlichen Termin?


    Zur Not ausschlagen?

  • Der Erblasser kann zu Lebzeiten mit seinem Vermögen machen was er will. Wenn die Putzfrau eine vollzogene Schenkung behauptet, ist sie hierfür beweispflichtig. Die Führung dieses Beweises ist nicht einfach, wenn der Kfz-Brief bis zum Erbfall im Besitz des Erblassers war und der Brief den Erblasser als Halter ausweist. Also ist noch gar nicht heraus, daß der PKW nicht zum Nachlaß gehört.

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