Steuererstattungsanspruch in RSB-Phase

  • Wir haben folgendes Problem:
    Das Verfahren befindet sich in der RSB-Phase. Das Finanzamt teilt mit, dass ein Erstattungsanspruch als Gegenstand der Masse ermittelt worden ist. Nach dem Beschluss des BGH vom 12.01.2006 (IX ZB 239/04) wird der Anspruch auf Erstattung von Einkommenssteuerzahlungen nicht von der Abtretungserklärung gem. § 287 ABs. 2 Satz 1 erfasst. Nach Meinung des BGH ist in solchen Fällen eine Nachtragsverteilung anzuordnen.

    Nun haben wir mehrere Verfahren, in welchen das FA eine Mitteilung über Erstattungsansprüche an das Gericht eingereicht hat und eine Nachtragsverteilung gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3 angeregt hat. Darunter sind vor allem Verfahren in denen dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet wurden. Demnach wäre der Erstattungsanspruch zunächst auf die ausstehenden Kosten gem. § 54 InsO zu verteilen. Die Nachtragsverteilung wurde durch Beschluss angeordnet mit der Maßgabe, den Erstattungsbetrag direkt an die Landesjustizkasse einzuzahlen.

    Nunmehr teilt das Finanzamt mit, dass nach nochmaliger Überprüfung ein Guthaben nicht mehr vorhanden ist. Der Erstattungsbetrag wird demnach nicht ausgezahlt.
    Auf telefonische Nachfrage teilte ein Mitarbeiter mit, dass der Erstattungsbetrag mit anderen Steuerschulden aufgerechnet worden sei.
    (Anmerkung FA ist gleichzeitig Gläubiger im Verfahren)

    Wir sind aber der Meinung, dass eine derartige Aufrechnung nicht möglich ist, sondern der Steuererstattungsanspruch ein Massebestandteil ist und damit auch zur Masse zu zahlen ist.
    Gibt es derartige Problematik auch anderswo?:confused: Wenn ja, Lösungsvorschläge?

  • Diese Problematik hatte ich bislang nicht.

    Konnte das FA denn noch aufrechnen, sprich gab es eine Aufrechnungslage? Wem wurde die Aufrechnung erklärt?

    Wenn eine Nachtragsverteilung angeordnet wurde (btw bei einer natürlichen Person und WVP meiner Ansicht nach nicht unbedingt notwendig) dann ist verfügungsbefugt der Verwalter / Treuhänder. Dieser hat den Betrag zur Masse zu ziehen und zu verteilen. Was sagt der denn dazu?

  • Ob das FA aufrechnen konnte ist die Frage. Die haben nach eigenen Angaben "den Betrag anderweitig verwendet". Auf Nachfrage wurde mitgeteilt, sie haben mit der bereits zum Verfahren angemeldeten eigenen Insolvenzforderung aufgerechnet. Auf den ersten Blick scheint mir das nicht so korrekt. Ich sehe das derzeit so, dass auf der einen Seite die Forderung gem. § 38 InsO steht und auf der anderen Seite ein Massezufluss durch eine Steuererstattung. Meines Erachtens begründet das keine Aufrechnungslage. Der Betrag wäre zur Masse zu zahlen und entsprechend 53 InsO zu verteilen.

    Über den Sinn/Unsinn der Anordnung einer Nachtragsverteilung lässt sich in einem solchen Fall sicherlich streiten. Wir beziehen uns allerdings auf den o.g. BGH Beschluss (andere Verfahrensweisen wurden seid Erlass des BGH-Beschlusses durch die FÄ noch nicht akzeptiert). Allein wegen der erneuten Beschlagnahmewirkung wird diese Verfahrensweise angewandt. Allerdings setzen wir für die Nachtragsverteilung eben gerade keinen Treuhänder/Verwalter ein, da dies bei geringen Erstattungsbeträgen in keinsterweise sinnvoll ist, allein wegen der weiteren Vergütung. Außerdem sind die Beträge so gering, dass sie allein auf die noch offenen Verfahrenskosten entfallen würden, damit eine weitergehende Verteilung nicht notwendig ist.

  • In BGH vom 21.07.2005 Aktenzeichen: IX ZR 115/04 (ZinsO 2005, Seite 873) wird ein ähnlicher Fall behandelt. Demnach kann das Finanzamt in der WHP mit einen Erstattungsanspruch, der dem Sch zusteht, aufrechnen. § 294 InsO verbietet nur die Vollstreckung, nicht die Aufrechnung.
    Unklar ist aber trotzdem, ob hier aufgerechnet werden konnte, weil der Erstattungsanspruch ja nicht dem Sch zusteht, sondern eigentlich noch in die Masse fällt.

  • Irgendwie sträubt sich bei mir was gegen die Aufrechnung.

    Wieviel Steuererstattung wäre es denn gewesen?

    Sollten nur die Kosten des Verfahrens gedeckt gewesen sein, dann könnte es dem Steuerzahler egal sein, wo das Geld wieder reinkommt, bzw. nicht ausgegeben wird.
    Allerdings gehen mir manche FA mit vollkommen aussichtslosen Zwangsversteigerungsverfahren auch auf den Keks. Die Kosten landen beim Justizhaushalt und beim FA manchmal eine Einnahme weil der Schuldner aus Unkenntnis des Verfahrens doch was zahlt, aber an die Verfahrenskosten denkt das FA dann grds. nicht mehr.

    Daher sollte ruhig die Steuererstattung zur Masse geleistet werden.

  • Ich habe im "Uhlenbruck" Inso-Kommentar, 12. Auflage, § 96 RndNr. 10 ff. eine recht gute Erläuterung hinsichtlich der Aufrechnungsbefugnisse gefunden. Davon ausgehend würde ich sagen, dass eine Aufrechnung eines Steuererstattungsanspruches aus Zeiten vor Inso-Eröffnung mit einer Steuerforderung vor InsoEröffnung (Insogläubiger) zulässig ist; nicht jedoch, wenn die Steuerforderung während des InsoVf. entstanden ist und somit eine Masseverbindlichkeit darstellt. Der Steuererstattungsanspruch entsteht m.E. schon mit Zahlung des Steuerabschlages, spätestens mit Ablauf des Steuerjahres, jedoch nicht erst mit Einreichung der Steuererklärung durch den Bürger bzw. erst Steuerbescheid des FA (die gesetzliche Bestimmung weiß ich leider nicht mehr so genau, habe es aber im Münchner Kommentar 2001, § 95 RndNr. 25 gelesen).
    Allerdings müßte das FA dann seine Forderungsanmeldung in der Tabelle entsprechend reduzieren.

    Bei uns rufen häufiger Schuldner an und fragen, ob sie die Steuerrückerstattungen während der WVP nicht behalten dürfen, weil ja das Insoverfahren "erledigt" ist. Ich enthalte mich dann allerdings der Rechtsberatung und sage ihnen nur, dass ihre RSB nicht durch die Aufrechnung gefährdet ist, da sie das Geld ja nicht selbst an das FA zahlen, sondern die aufgrund ihrer eigenen Vorschriften aufrechnen.

    Gruß Anett.

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