Welcher Güterstand ist maßgebend gemäß Art 15, 220 EGBGB

  • Ich benötige zum Wochenende auch nocheinmal einen kleinen Denkanschubs...

    Mir liegt ein Erbscheinsantrag aufgrund gesetzlicher Erbfolge vor.
    Die Verstorbene war verheiratet und hatte einen (ehelichen) Sohn. Der Notar beurkundet "Wir haben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt".
    Aus der mir vorliegenden Übersetzung des Auszugs aus dem italienischen Heiratsregister ergibt sich, dass die Eheleute am 22.04.1946 in Italien die Ehe geschlossen haben. Hierbei war der Ehemann rumänischer Staatsangehöriger und die Ehefrau russische Staatsangehörige. Hinweise darauf, dass es sich um Vertriebene oder Flüchtlinge handelt liegen mir nicht vor.

    Ich habe den beurkundenden Notar um Überprüfung des Güterstands gebeten. Dieser schreibt nun, dass die Ehefrau (zum Zeitpunkt ihres Todes) Deutsche war und der Ehemann 1941 hier eingebürgert wurde, dass ändert aber m.E. am mit Heirat begründetem Güterstand nichts. Eheverträge oder Güterstandsvereinbarungen liegen nicht vor.

    Nach meinen Recherchen sehen sowohl Italien, als auch Rumänien und Russland eine Art Errungenschaftsgemeinschaft vor, weshalb ich davon ausgehe, dass der Ehemann zu 1/4 und der Sohn zu 3/4 erben.

    Gibt es in diesem Fall Spezialvorschriften, Erlasse oder Staatsabkommen die ich noch zu beachten hätte?

    Vielen Dank für Eure Hilfe!

  • Dass das deutsche Erbrecht anwendbar ist, hab ich nun schon erlesen. Ich zweifele aber etwas daran, dass auch der Güterstand so aufgehoben werden kann, wie es das deutsche Recht erlaubt. Ich denke zwar, dass der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung mit dem der Zugewinngemeinschaft vergleichbar ist, aber ich denke nicht, dass deswegen § 1371 I BGB anwendbar ist. Hat jemand eine Idee, ob es im schweizer Recht eine vergleichbare Norm gibt?

    Bei der Ausschlagungsfrist habe ich meine Zweifel, ob die 6-Wochen- oder 6-Monatsfrist gilt. Der Schweizer ist in Deutschland verstorben. Wegen der Sachnormverweisung im schweizer IPR ist deutsches Erbrecht anwendbar. Die Eltern sind vorverstorben und es gibt noch auf beiden Seiten Halbgeschwister zum Erblasser. Diese wohnen sämtlichst in der Schweiz und halten sich auch dort auf und hielten sich auch dort im Zeitpunkt des Todes auf. Gilt nun die Auslandsfrist oder nicht?

    Nachtrag:
    Bin nun auch ein wenig schlauer geworden. Die allgemeinen Wirkungen der Ehe beruhen auf dem letzten gemeinsame Aufenthaltsort vor Beendigung der Ehe (Art. 14 I Nr. 2 EGBGB, weil er Schweizer und sie Deutsche). Da beide zuletzt in Deutschland ihren ständigen Aufenthalt hatten, lebten sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

    Einmal editiert, zuletzt von betreuerwichtel (13. Juni 2015 um 19:42) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Ich denke, in Deinem Fall musst Du prüfen, ob es sich um einen Vertriebenen/Flüchtling oder Spätaussiedler handelt, also welchen Status er hatte und wann er in die BRD kam. Es gibt da einen sehr guten Aufsatz zu diesem Problem aus Sicht des Nachlassgerichts von Wandel "Kuckuckseier nicht nur zur Osterzeit" BWNotZ 1994, 85, der ganz schön beschreibt, worauf Du aufpassen musst. Falls Du an diesen Aufsatz nicht ran kommst, melde Dich, ich müsste ihn haben.


    Ich komme leider nicht an den Aufsatz ran.

    Hat jemand von Euch vielleicht einen Link zu diesem Aufsatz?

  • Hallo, irgendwie stehe ich auf dem Schlauch:
    Mein Erblasser (Deutscher) heiratet 1977 eine Russin in Russland. Beide waren Studenten, Studium fertig, beide gehen nach Deutschland, sie wird späterhin Deutsche und gibt die russische Staatsbürgerschaft ab. Die beiden Kinder werden in Deutschland geboren.
    Erblasser verstirbt 2016- gesetzliche Erbfolge ist testamentarisch angeordnet :(
    Anwendung deutschen Erbrechts ist klar, aber die Quote der Ehefrau .......

    Ich bin jetzt soweit durch, dass das russische Güterrecht gilt und die Ehefrau mit den beiden Töchtern Erbe zu je 1/3 Anteilen wird. Könnt ihr dies bestätigen ?

  • Hallo, irgendwie stehe ich auf dem Schlauch:
    Mein Erblasser (Deutscher) heiratet 1977 eine Russin in Russland. Beide waren Studenten, Studium fertig, beide gehen nach Deutschland, sie wird späterhin Deutsche und gibt die russische Staatsbürgerschaft ab. Die beiden Kinder werden in Deutschland geboren.
    Erblasser verstirbt 2016- gesetzliche Erbfolge ist testamentarisch angeordnet :(
    Anwendung deutschen Erbrechts ist klar, aber die Quote der Ehefrau .......

    Ich bin jetzt soweit durch, dass das russische Güterrecht gilt und die Ehefrau mit den beiden Töchtern Erbe zu je 1/3 Anteilen wird. Könnt ihr dies bestätigen ?

    Ich meine das russische Kollisionsrecht verweist auch bzgl. des Güterrechts zurück auf das deutsche Recht, wenn die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland hatten.

  • Noch einmal § 1371 bei deutsch-russischer Ehe...
    Trotz der zahlreichen Beiträge in ich verunsichert und möchte folgenden Fall schildern:

    Die Erblassern hat deutsche Staatsangehörigkeit und ist im November 2017 mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gestorben. Sie hinterlässt ihren Ehemann und vier Kinder. Eine letztwillige Verfügung liegt nicht vor. Kein Grundbesitz.
    Die Ehe der Eheleute wurde 1982 in Russland geschlossen.
    Staatsangehörigkeit der Eheleute bei Eheschließung: Mutter - deutsch- ; Vater - russisch -.
    Die Eheleute haben dann noch über 10 Jahre in Russland gelebt, wo auch ihre Kinder geboren wurden. Ein Wahlrecht betreffend Güterstand wurde nicht wahrgenommen. Später ist die Familie nach Deutschland gekommen und geblieben.

    Aus Art 220 EGBGB erschließt sich mir nach Ziff. 2 (aber auch nach Ziff.3.) russisches Güterrecht, Errungenschaftsgemeinschaft. Keine andere Einschätzung bei Beachtung von Art. 15 EGBGB. Eine Erhöhung gemäß § 1371 BGB erfolgt nicht. Erbquote für den Ehemann daher 1/4....

    Seht ihr das genauso?

    Danke für eure Meinung!

  • Die Entscheidung kannte ich nicht, aber dass das russische Güterrecht wandelbar ist, war mir bekannt. Daher, wenn beide zuletzt hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Zugewinngemeinschaft.

  • Hätte auch noch zwei Fund-/Lesestellen:

    OLG Düsseldorf vom 01.03.2011 - 25 Wx 8/11 (FamRZ 2011, S 1510)
    und
    Schmellenkamp, RNotZ 2011, S. 530 (über beck-online), Ermittlung des Güterrechtsstatuts nach Staatenzerfall (UdSSR), zugleich auch Anmerkung zu OLG Düsseldorf

  • Hallo,

    ich bearbeite selbst erst zwei Monate Nachlasssachen. Habe bereits recherchiert aber bin noch zu keinem Ergebnis bekommen.

    Mutter und Vater haben 1985 in Nordkasachstan geheiratet.
    Die Mutter ist verstorben. Beide hatten mittlerweile die dt. Staatsangehörigkeit. Es sind 3 gemeinsame Kinder vorhanden.
    Beantragt wird folgende Erbquote: Vater 1/2, Kinder je 1/6.

    Ich bin mir nicht sicher ob dem Vater hier 1/2 zusteht. Welches Güterrecht ist anwendbar?

    Weiß das jemand?
    Vielen Dank.

    2 Mal editiert, zuletzt von Bonany (15. März 2018 um 14:33)

  • Jemand eine Idee? Ich denke ich muss den Vater nochmal laden, da er nur 1/4 erbt ohne Zugewinnausgleich.
    Meine noch vorhandene weitere Nachlassrechtspflegerin war nur ganz irritiert, dass ich mir Gedanken darüber mache, also Zweifel ich. Sie meinte dt. Staatsangehörige-dt. Erb- und Güterrecht, egal wo die Ehe geschlossen wurde.

  • Auch auf die Gefahr zu nerven oder keine Rückmeldung zu bekommen hätte ich gerne dennoch Zustimmung, Widerspruch oder Hinweise zu folgendem Fall:

    Erbfall ist 2018 eingetreten. Erblasser war ausschließlich polnischer Staatsangehöriger mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

    Keine letztwillige Verfügung vorhanden.

    Der Erblasser hinterlässt eine Ehefrau und drei minderjährige Kinder. Die Sterbeurkunde, die Heiratsurkunde und die drei Geburtsurkunden liegen vor.

    Die Ehefrau ist ausschließlich Polin mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Die Hochzeit fand 2016 in Polen statt. Auch zum Zeitpunkt der Eheschließung waren beide Polen. Der Erblasser lebt seit ca. 5 Jahren in Deutschland, die Ehefrau seit gut 2 Jahren, kurz nach der Hochzeit. Keine Vertriebenenproblematik erkennbar.

    Kind 1 ist von einer anderen Frau. Kind 1 und Kindesmutter leben in Polen. Kind 2 und 3 leben bei ihrer Mutter=Ehefrau.

    Das Ergebnis meiner Prüfung:

    1. Deutsches Erbstatut, da Erbfall nach 17.8.15, letzter gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, keine Rechtswahl.

    2. Ausländisches (poln.) Güterrecht, da es (nur) auf die Staatsangehörigkeit der Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ankommt. Danach daran keine Änderung eingetreten. Demnach keine Zugewinngemeinschaft, demnach keine Erhöhung der Erbquoute der Ehefrau um 1/4. Daher Ehefrau Erbin zu 1/4 und die Kinder erben jeweils auch 1/4.

    Korrekt?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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