Hinterlegungsgrund vorhanden ?

  • Ich habe einen Hinterlegungsantrag einer Mieterin A vorliegen, die Miete seit Januar hinterlegen will.
    Sie hat bisher Miete auf das Konto des Herrn X gezahlt. Dieser war Geschäftsführer einer GmbH, die noch im Grundbuch als Eigentümerin der Eigentumswohnung eingetragen ist.
    Im August 2005 wurde eine Eigentumsübertragungsvormerkung für Eheleute Y eingetragen. Der Rechtsanwalt der Eheleute Y hat die Mieterin im Januar 2008 unter Hinweis auf die notarielle Übertragung aufgefordert, die Miete ab Januar an die Ehel. Y zu überweisen.
    Die Mieterin hat sich damals an den Mieterverein gewandt, der versucht hat, die Angelegenheit zu klären. Er hatte ihr wohl geraten, die Miete zunächst zurückzuhalten. Jetzt wurde ihr am 13.03.2008 ein vorläufiges Zahlungsverbot gem. § 845 ZPO zugestellt von Ihrer WEG Gemeinschaft vertr. d.d.Verwalter.
    Frau A will nun auf Anraten des Mietervereins die Miete seit Januar hinterlegen für
    a)die GmbH
    b) die Ehel. Y
    c) die WEG Gemeinschaft v.d.d. Verwalter.

    Ich habe jedoch Bedenken, ob dies im Hinblick auf das vorl. Zahlungsverbot möglich ist und ich die Miete überhaupt annehmen kann.
    Vielleicht sollte sie nach Ablauf der Monatsfrist, wenn kein PfüB erlassen wird ,hinterlegen oder bei Erlass des Pfübs an den Gläubiger zahlen.

    Wie seht Ihr das ?

  • Ich denke doch mal, hinsichtlich des VZV ist nur eine Partei - also entweder die GmbH oder die Eheleute Y - Schuldner. Damit bleibt es m. E. unklar, an wen die Miete zu zahlen ist. Wenn Schuldner der WEG die GmbH ist, die Miete aber tatsächlich den Eheleuten Y zustehen sollte, würde die Mieterin aufgrund des VZV an den falschen auszahlen. M. E. liegt Gläubigerungewissheit vor.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Im VZV ist die als Eigentümerin eingetragene GmbH aufgeführt.
    Ich sehe zwar auch, dass Gläubigerungewissheit besteht, aber darf die Drittschuldnerin im Hinblick auf das VZV überhaupt hinterlegen bzw. darf ich in diesem speziellen Fall annehmen ? Sie zahlt zwar nicht an den Schuldner aber verfügt über die Forderung .
    Was ist, wenn der PfüB in 2 Wochen der Drittschuldnerin zugestellt wird ?

  • Was ist, wenn die Mieterin an die WEG zahlt und sich hinterher herausstellt, dass die Forderung nicht der GmbH, sondern den Eheleuten Y zustand?
    Die WEG kann doch aufgrund der Pfändung nur so an die Stelle der GmbH treten, wie dieser die Forderung zusteht. Will sagen, ist die Forderung "mängelbehaftet", so ist sie dies in gleichem Maße gegenüber GmbH als auch gegenüber der WEG. Wenn Gläubigerungewissheit besteht, so besteht diese unabhängig davon, ob der GmbH selbst, oder aufgrund Pfändung der WEG die Forderung zusteht.
    Wenn hier kein VZV vorläge, sondern ein Pfüb, würde ich die Hinterlegung allerdings nicht mehr für die GmbH als mögliche Berechtigte neben den Eheleuten Y, sondern nur noch für die WEG als Pfändungsgläubigerin und die Eheleute Y vornehmen. Bei nem VZV weiß ich jetzt aus dem Stehgreif nicht, wie ich es machen würde.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Da ich in Vollstreckungssachen nicht so fit bin, frage ich mich, welche Auswirkungen ein evtl. der Drittschuldnerin zugestellter PfüB haben wird.
    Müßte dann der evtl. Herausgabeanpruch der WEG-Gemeinschaft ggü. der Hinterlegungsstelle nochmals gepfändet werden ?
    Es dürfte unstreitig sein, dass bei dem derzeitigen Vefahrensstand eine Hinterlegung zugunsten der eingetragenen GmbH (Eigentümerin), der Ehel. Y (AB-Berechtigte) und WEG-Gemeinschaft (VZV) richtig ist, aber wie geht das Hinterlegungsverfahren weiter nach Erlaß des PfüB bzw. für den Fall, dass der PfüB nicht innerhalb der Frist erlassen wird ?

  • Im VZV ist die als Eigentümerin eingetragene GmbH aufgeführt.
    Ich sehe zwar auch, dass Gläubigerungewissheit besteht, aber darf die Drittschuldnerin im Hinblick auf das VZV überhaupt hinterlegen bzw. darf ich in diesem speziellen Fall annehmen ? Sie zahlt zwar nicht an den Schuldner aber verfügt über die Forderung .
    Was ist, wenn der PfüB in 2 Wochen der Drittschuldnerin zugestellt wird ?



    Wenn ich das also richtig verstanden habe, dann ist die Schuldnerin in dem VZV die GmbH. Die Eheleute haben die Mieterin aber schon aufgefordert die Miete an diese zu zahlen. Wenn die Miete tatsächlich den Eheleuten zustehen würde, dann ginge die Pfändung ins Leere, weil die GmbH keine Forderung mehr gegen die Mieterin hat. Hat die GmbH aber noch Forderungen, wirkt das VZV und später auch die Pfändung.

    Die Anforderungen, die § 372 BGB an die Ungewissheit über die Person des Gläubigers stellt sind nicht sehr groß und ich denke mir, dass der Mieterin nicht mehr abverlangt werden kann sich Gewissheit über die Person des Gläuibgers zu verschaffen als sie schon getan hat (Rückfrage bei Mieterverein).

    Besteht die Forderung gegen die GmbH, muss die Mieterin zahlen sobald die Pfändung da ist. Bestehen "nicht auf Fahrlässigkeit beruhende" Zweifel über die Person des Gläubigers kann sie hinterlegen und wenn sie auf das Recht der Rücknahme verzichtet ist sie von ihrer Zahlungspflicht allen gegenüber befreit.

  • Die Eingangsfrage lautet, ob ein Hinterlegungsgrund vorhanden ist.
    § 566 BGB sieht vor, dass mit dem Eigentumsübergang die Mietzahlungen den Eheleuten Y zustehen. Der Eigentumsübergang ist allerdings noch nicht erfolgt (die GmbH ist ja noch eingetragen).
    Damit ist diese Frage prinzipiell geklärt. Die Miete steht der GmbH zu.
    Allerdings ist § 566 BGB abdingbar.
    Im Veräußerungsvertrag GmbH - Eheleute Y - ist sicherlich geregelt, wann die Besitzübergabe erfolgt bzw. als erfolgt anzusehen ist. Mit dieser Besitzübergabe stehen die Mieten den Eheleuten Y zu, ansonsten der GmbH. Ob die Eheleute Y die Besitzübergabe der Mieterin A nachgewiesen hat, ergibt sich aus der Sachverhaltsschilderung #1 nicht. Solange der Nachweis nicht geführt ist, leistet A im Verhältnis zu den Eheleuten Y befreiend an die GmbH. Nur weil jemand behauptet, er sei jetzt empfangsberechtigt, wird keine Unsicherheit erzeugt.

    Da eine Vorpfändung zu Lasten der GmbH ausgebracht ist, muss A die Miete zurückhalten. Sie muss abwarten, ob die Pfändung in der Frist des § 845 II ZPO ausgebracht wird oder nicht. Diese Abwartepflicht stellt aber keinen Hinterlegungsgrund dar. Kommt die Pfändung rechtzeitig, hat die Vorpfändung die Wirkung eines Arrestes (reines Sicherungsmittel, nicht Verwertungsmittel), d. h. die Pfändung (Sicherung) ist ex tunc als ausgebracht anzusehen, eine Überweisung (Verwertung § 835 ZPO) aber erst ex nunc gegeben. Findet eine Überweisung noch nicht statt, hat A auch keinen Anlass, vor Ablauf der Frist des § 845 II ZPO zu zahlen. Hat sie keinen Anlass zu zahlen, besteht kein Hinterlegungsrecht.

    Haben die Eheleute Y den Besitzübergang nachgewiesen, geht die (Vor-)Pfändung ins Leere, sie richtet sich ja gegen die GmbH.




  • Ich frage mich in dieser Sache, inwieweit ich als Hinterlegungsstelle überhaupt verpflichtet bin, den Sachverhalt zu klären. Die Antragstellerin kam unter Zeitdruck mit einem Ordner voller Unterlagen und einem stichwortartig ausgefüllten Antrag zu mir. Ich habe durch Grundbucheinsicht und Registerabfrage erstmal die Eigentumsverhältnisse und Vertretungsberechtigung der GmbH geklärt. Hins. der AV-Berechtigten lag ein auszugsweiser Kaufvertrag vor, den ich aber mangels Zeitdruck nicht mehr gelesen habe. Die Antragstellerin hat die Unterlagen wieder mitgenommen und will sie in den nächsten Tagen kopiert einreichen.

    Kann ich als Hinterlegungsstelle bei Vorlage eines in den nächsten Tagen vollständig ausgefüllten Hinterlegungsantrages die Antragstellerin darauf verweisen, dass sie erst die kommenden 2 Wochen abwarten soll und bei Zustellung eines PfüB innerhalb der Monatsfrist an die WEG-Gesellschaft als Pfändungsgläubiger zahlen soll ?
    Sollte sich jedoch aus dem Kaufvertrag der Ehel. Y ergeben, dass der Anspruch auf Mietzahlung auf diese übergegangen ist, kein Hinterlegungsgrund vorhanden ist und daher die Zahlung an diese erfolgen muß.

  • Sachverhalte muss die HL-Stelle soweit aufklären, als für die Konstruktion des Hinterlegungsgrundes erforderlich ist. Wenn die Hinterlegerin den Vertrag vorgelegt hat und mit diesem die Besitzübergabe an Y nachgewiesen wird, sehe ich keinen Anlass für einen Hinterlegungsgrund. Die Miete steht Y ab dem Tag des Besitzübergangs zu, da gibt es keine Unsicherheit über den Empfangsberechtigten. Die Vorpfändung geht insoweit ins Leere.
    Die den Zeitraum davor betreffende Miete ist für die GmbH und unterliegt der Vorpfändung; insoweit gibt es aber auch keinen Hinterlegungsgrund - s. #7 -.

  • Der Grund für die Hinterlegung wäre ja nicht die Vorpfändung sondern eine sich aus der evtl. nachfolgenden Pfändung ergebende Verpflichtung zur Zahlung an den Pfändungsgläubiger und die Frage, ob dieses Geld überhaupt dem Schuldner zusteht und somit gepfändet werden kann.

  • Wenn ich Mieter bin, zahle ich so lange an den Vermieter A, bis mir B nachweist, mein neuer Vermieter zu sein.
    Behauptet B ohne Nachweis, mein neuer Vermieter zu sein, lässt mich das kalt. Da gibt es überhaupt keine Unsicherheit über den Empfangsberechtigten.

    Mein BGB-Dozent hat mal gesagt "Wenn sie nicht klar kommen, so setzen Sie den Fall ins Extreme, dann wird er klar".
    Getreu diesem Grundsatz gestalte ich den Fall um:

    Meine Bank hat noch 200.000,00 € von mir zu kriegen. Da erscheint X und fordert mich auf, zukünftig an ihn die monatlichen Leistungen zu zahlen. Er sei Abtretungsgläubiger.
    Hego: Was mache ich da? Nichts. Ich lache X aus und zahle weiter an meine Bank. Die reine Behauptung veranlasst mich zu gar nichts.
    Oder soll ich hinterlegen wegen Unsicherheit des Empfangsberechtigten? Das glaubst du doch selbst nicht. Die HL-Stelle wirft mich doch raus.

  • Das siehst Du (zwar mit Recht) so, aber die Mieterin ist doch verunsichert durch:

    "Im August 2005 wurde eine Eigentumsübertragungsvormerkung für Eheleute Y eingetragen. Der Rechtsanwalt der Eheleute Y hat die Mieterin im Januar 2008 unter Hinweis auf die notarielle Übertragung aufgefordert, die Miete ab Januar an die Ehel. Y zu überweisen."

    Sie war sich nicht sicher, ob und ggfs. welche Wirkungen die Aufforderung des RA der Eheleute Y für ihre Mietzahlungen haben soll. Sie will wohnen und die Miete dafür bezahlen, aber an wen?

    Deswegen:

    "Die Mieterin hat sich damals an den Mieterverein gewandt, der versucht hat, die Angelegenheit zu klären. Er hatte ihr wohl geraten, die Miete zunächst zurückzuhalten."

    Scheinbar ist dem Mieterverein keine Klärung gelungen weshalb die Zurückbehaltung der Miete empfohlen wurde.

    Nun ist sie durch das Zahlungsverbot noch mehr verunsichert und will sich in den Streit, der dort scheinbar zwischen GmbH, Eheleuten Y und WEG entstanden ist, nicht hineinziehen lassen, was auch verständlich ist.

    Die Hinterlegung ist also das Allheilmittel wenn sie sich aus der Sache raus halten will. Was will man einem rechtsunkundigen Bürger, der hier vielleicht eine ältere alleinstehende Dame ist, zumuten? Gerade aus dem Grund, dass die Eheleute Y, die anwaltlich vertreten sind und die WEG, die ebenfalls anwaltlich vertreten ist, mit gegensätzlichen Auffassungen dazu auftreten, wem die Miete gehört, ist doch die Ungewissheit vorhanden. Fahrlässigkeit kann man der Dame auch nicht vorwerfen. Ich bin auch nicht der Meinung, dass man der Drittschuldnerin zumuten kann auf ihre Kosten einen Anwalt zu nehmen, der u.U. viel Geld kostet um die Frage zu klären.

    Die Dame war aber wohl vermutlich nicht bei Deinem BGB-Dozenten, oder???

  • Die Vormerkung bewirkt doch mietrechtlich gar nichts. A hat sich ins Bockshorn jagen lassen, mehr nicht. Das ist doch kein Hinterlegungsgrund. Dieser muss objektiv gegeben sein, nicht subjektiv aus irgendwelchen Ängsten konstruiert sein. Erst recht sehe ich keinen Hinterlegungsgrund, wenn man sich "heraushalten" will. Das ist private Panik, mehr nicht.

    Der Mieterverein hat nicht durchgeblickt, das ist klar. Sein Ratschlag war mehr als dubios.

    Warum hat A den Rechtsanwalt denn nicht um die eindeutigen Nachweise gebeten? Das wäre doch der erste Schritt gewesen. Die Miete Januar war doch sowieso schon futsch, sie war im Zweifel im Voraus fällig - 556b BGB -, also vor Eingang des unanständigen Ersuchens des Anwaltes der Eheleute Y. Der halbe Januar stand zur Verfügung für Rückfragen bei der GmbH und bei dem Anwalt.

  • Das dürfte aber meiner Minung nach nicht so eng gesehen werden.

    Es besteht keine Pflicht auf eigene Kosten Rechtsrat einzuholen. Hat ein Rechtskundiger (wozu ich den Mieterverein hier schon zählen würde) die Rechtslage als Zweifelhaft bezeichnet, so darf der Schuldner dieser Auskunft grundsätzlich vertrauen (Palandt Rn 6 zu § 372 BGB).

    Außerdem darf man nicht verkennen, dass hier ein Rechtsanwalt aufgetreten ist und die angeblichen (scheinbar noch nicht vorhandenen) Rechte der Eheleute Y vertritt. Das macht bei dem Normalbürger auch einen gewissen "Eindruck" und vermittelt scheinbar die Richtigkeit der Behauptung. Außerdem scheint nicht klar zu sein, was der RA der Eheleute der Mieterin geschrieben oder vorgelegt hat. Um das besser beurteilen zu können fehlt vielleicht auch die genaue Kenntnis der Sachlage.

    Hier könnte man einen Streit der beiden möglichen Gläubiger der Mietforderungen sehen. Steit über die Forderung rechtfertigt grundsätzlich die Hinterlegung.

  • Hat ein Rechtskundiger (wozu ich den Mieterverein hier schon zählen würde) die Rechtslage als Zweifelhaft bezeichnet, so darf der Schuldner dieser Auskunft grundsätzlich vertrauen (Palandt Rn 6 zu § 372 BGB).

    Was den Mieterverein betrifft, sollte man im Hinblick auf BGH, Urteil vom 25. 10. 2006, VIII ZR 102/06, vorsichtig sein ;)

  • So weitgehende sind die Auswirkungen bei einer Hinterlegung wegen Ungewissheit ja wohl nicht. Schließlich soll doch nur die Ungewissheit untermauert und keine Rechtsansicht vertreten werden.

    Wenn dem Hinterleger nicht zugemutet werden kann auf seine Kosten Rechtsrat einzuholen, dann bleibt ihm nicht viel "Beratungsmöglichkeit"

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