Anhören oder nicht?

  • Hallo, mal wieder eine Frage von mir (zur Zeit häufen sich die komischen Fälle bei mir):

    Eingetragen ist eine AV bzgl. Teilflächen aus dem Jahr 1973, lastend an 2 Grundstücken. (zur näheren Erklärung, das neu zu bildende Grundstück teilt Grundstück A etwa in der Hälfte und bzgl. Grundstück B lastet die AV nur auf der Grd-Grenze, genau Lage nicht auszumachen, da Bleistift-Strich dicker als die Grundstücksgrenze, d.h. also bzgl. Grundstück B ist lediglich ein schmaler Streifen , wenn überhaupt, an der gemeinsamen Grundstücksgrenze des neu zu bildenden Grdst. und Grdst. B betroffen, hoffe es íst so verständlich, malen kann man hier leider nicht)

    So und nach Vollzug des FN und Bildung des neuen Grdst. wurde die AV lediglich an Flst. A gelöscht. Lt. Messanerkenntnis und Urkunde wurde Flst. B nicht erwähnt, weder von der AV freigegeben, noch der Anspruch aufrechterhalten, aufgrund evtl. fehlerhafter Vermessung. Es wurde wohl damals vergessen, das nicht mehr betroffene Grdst. B von der AV freizustellen, da das neue Grundstück doch ausschließlích aus einer Teilfläche aus Flst. A besteht.

    Nun legt mir der Grundstückseigt. von Flst. B einen Antrag auf Löschug der AV aufgrund Verjährung des Eigt.-Verschaffungsanspruches vor (30 Jahre kein Prob, lt aktuellem § 196 BGB Verjährung von Eigt.-Verschaffungsansprüchen sogar nur noch 10 Jahre).

    Für mich stellt sich nun die Frage, ob ich den AV-Berechtigten (wohl verstorben und die Erben sind schwer zu ermitteln) vor der Löschung aufgrund Verjährung des Anspruches anhören muss, bzw. liege ich mit der Meinung falsch, das die Löschung aufgrund Verjährung möglich ist?

  • Oje, das ist ja ein Fall...

    Also so spontan würde ich sagen, dass Du nicht ohne Weiteres löschen kannst.

    Zur Löschung brauchst Du bekanntlich Bewilligung oder Unrichtigkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO.

    Die behauptete Verjährung kann zwar eingetreten sein, so dass dann auch Vormerkung mit dem Anspruch nicht mehr bestehen würde, es kann aber auch denkbare Konstellationen geben, wonach die Verjährung (noch) nicht eingetreten ist.

    Daher würde ich - wie sonst auch üblich - Löschungsbewilligung verlangen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ob der Anspruch verjährt ist oder nicht, kann das Grundbuchamt nicht prüfen.
    Bewilligt der Inhaber der AV nicht die Löschung, muß er hierauf verklagt werden. Bei unbekannter Anschrift mit öffentlicher Zustellung.
    Möglich ist aber auch - aber unter bestimmten Bedingungen - ein Aufgebotsverfahren.

  • Auch wenn der Übereignungsanspruch im vorliegenden Fall nach § 195 BGB a.F. bzw. nach § 196 BGB n.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB bereits im Jahr 2003 verjährt sein dürfte, kann die Vormerkung nicht auf Antrag des Eigentümers gelöscht werden. Es gilt vielmehr die Sondervorschrift des § 886 BGB, wonach der Eigentümer aufgrund der bestehenden Verjährungseinrede vom Berechtigten lediglich die Beseitigung der Vormerkung (also die Abgabe der entsprechenden Löschungsbewilligung) verlangen kann. Eine im vorliegenden Fall beantragte Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis kommt nicht Betracht, weil ein verjährter Anspruch nicht erlischt, sondern ihm lediglich die Einrede der Verjährung entgegen gehalten werden kann. Da der Anspruch trotz eingetretener Verjährung somit nicht materiell erloschen ist, besteht auch die Vormerkung materiell fort.

    Um die Löschung der Vormerkung zu erreichen, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

    a) Aufgebot nach § 887 BGB unter den Voraussetzungen des § 1170 BGB. Mit dem Erlass des Ausschlussurteils erlischt die Vormerkung kraft Gesetzes. Sie kann somit anschließend aufgrund Unrichtigkeitsnachweis auf bloßen Antrag des Eigentümers im Wege der Grundbuchberichtigung gelöscht werden (§ 22 GBO).

    b) Falls feststeht, dass der eingetragene Vormerkungsgläubiger verstorben ist und die Erben nicht ermittelt sind (was zu prüfen wäre): Bestellung eines Nachlasspflegers für die unbekannten Erben des Vormerkungsgläubigers auf Antrag des Eigentümers (§ 1961 BGB). Ist der Übereignungsanspruch verjährt, stößt die Erteilung der Löschungsbewilligung und die Erteilung der hierfür erforderlichen Genehmigung des NachlG (§§ 1962, 1915, 1822 Nr.13 BGB) auf keine Schwierigkeiten.

    c) Falls der Vormerkungsgläubiger lediglich unbekannten Aufenthalts ist: Bestellung eines Abwesenheitspflegers nach § 1911 BGB, Bewilligung der Löschung der Vormerkung durch diesen mit Genehmigung des VormG nach den genannten Vorschriften.

    d) Wenn ungewiss ist, wer überhaupt der Gläubiger der Vormerkung ist (hier unwahrscheinlich): Bestellung eines Pflegers für unbekannte Beteiligte nach § 1913 BGB, Bewilligung der Löschung der Vormerkung durch diesen mit Genehmigung des VormG nach den genannten Vorschriften.

    Ergebnis: Die Vormerkung kann auf Antrag des Eigentümers keinesfalls gelöscht werden. Das eingangs genannte Anhörungsproblem stellt sich daher nicht. Vielmehr muss der Vormerkungsberechtigte die Löschung der Vormerkung bewilligen.

  • Zitat von juris2112

    Eine im vorliegenden Fall beantragte Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis kommt nicht Betracht, weil ein verjährter Anspruch nicht erlischt, sondern ihm lediglich die Einrede der Verjährung entgegen gehalten werden kann. Da der Anspruch trotz eingetretener Verjährung somit nicht materiell erloschen ist, besteht auch die Vormerkung materiell fort.

    Ergebnis: Die Vormerkung kann auf Antrag des Eigentümers keinesfalls gelöscht werden. Das eingangs genannte Anhörungsproblem stellt sich daher nicht. Vielmehr muss der Vormerkungsberechtigte die Löschung der Vormerkung bewilligen.



    Das seh ich ebenso wie juris. Verjährung ist eine zu erhebende Einrede und ändert am bestehenden des Anspruchs nichts. Bis zu Erhebung der Einrede der Verjährung und auch wenn diese ggf. nicht erhoben wird ist der Anspruch auch nach Ablauf der Verjährungsfrist durchsetzbar.

  • Das mit der Verjährung, was neuerdings desöfteren vorgetragen wird, ist im Grundbuch wegen § 902 BGB relativ unbedeutend. Hier gehts allerdings um eine Vormerkung. Für diese gelten ja die Bestimmungen nur eingeschränkt.
    @juris
    Ich stimme dir wegen der beantragten Löschung zu. Du sagst, der Anspruch sei verjährt. Ist die Vormerkung damit auch verjährt?
    Trifft 902 also auf die Vormerkung definitiv nicht zu? Ich hab momentan (zu Hause) keinen Kommentar zum BGB zur Hand.

  • § 902 BGB gilt nicht für durch Vormerkung gesicherte Ansprüche (Staudinger/Gursky § 902 RdNr.14; Erman/Lorenz § 902 RdNr.4; Palandt/Bassenge § 902 RdNr.1). Die hiernach mögliche Verjährung des Anspruchs bewirkt jedoch nicht die Verjährung der Vormerkung. Ihre Akzessorietät führt vielmehr dazu, dass sie bei verjährtem Anspruch (wie der Anspruch selbst) zwar materiell weiterbesteht, aber aufgrund der Sondervorschrift des § 886 BGB ihre Beseitigung verlangt werden kann.

    § 216 BGB ist auf durch Vormerkung gesicherte Ansprüche übrigens ebenfalls nicht anwendbar.

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