Nachträglicher Lohnabtretungsausschluss im ArbeitsV als Pflicht d.Insolvenzverwalters

  • Ich krame mal nen lange zuvor angesprochenen Sachverhalt hervor mit der Bitte um eure Stellungnahme.

    Habe hier einen Schuldner mit einen Nettomonatseinkommen von 2.600 €, eine UHP. Die Ansprüche auf Lohn-Gehalt sind an die C... :teufel: Bank abgetreten, welche die Forderung auch mit abgesonderter Befriedigung zur Tabelle anmeldet,

    Mir kommen nun zwei Gedanken:

    1.) Ich setze mich mit dem Arbeitgeber in Verbindung und ersuche ihn, eine nachträgliche Lohnabtretungsklausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Man könnte durchaus sich auf den Standpunkt stellen, als Verwalter (bzw. Verwalterknecht) ist man sogar dazu verpflichtet, die Masse zu mehren und solches zu tun. Foglich fließen alle pfändbaren Einkünfte voll in die Masse.

    2.) Ich teile der C-Bank zumindest mit, sie möge die Abtretung selbst offen legen und die Sicherheit verwerten, wozu ich im vereinfachten (IK-) Verfahren ohnedies nicht befugt bin. Die Adresse des Drittschuldners gebe ich auch nicht bekannt, sondern verweise die C… Bank auf Akteneinsicht beim IG. Bis die Bank dann schließlich offen legen kann, kassiere ich lustig die weiteren Gehaltszahlungen.

    Zwei gewagte, aber für die Masse ziemlich „lukrative“ Verfahrensweisen? Sind diese rechtlich haltbar und nicht einer Haftung nach § 60 InsO ausgesetzt?



  • Mit freundlichem Gruß
    Studierender

  • Hast schon Recht im Grunde. Nur im Insoverfahren ist der Schuldner nicht mehr befugt zur Verfügung über die pfändbaren Lohn(an)teile, und der Treuhänder/Insoverwalter ist dazu verpflichtet, die Masse zu mehren. Also kein subjektiver Tatbestand des Schuldners. Der ist aussen vor!

    Problematisch ist das Vorgehen des TH/IV. Darf dieser dies bzw. muss er dies? Wir hatten das Themna in ähnlicher Weise schon. Und m.E. ist ein nachträglicher Ausschluss im Arbeitsvertrag immer möglich. Und auch wirksam.

  • Das Thema hatten wir schon mal. Die Problematik ist in Literatur und Rechtsprechung - soweit ersichtlich - noch nicht näher behandelt worden. Meine durch entsprechend interpretierbare BAG-Entscheidungen vage gestützte Ansicht ist, kurz gefasst, folgende (wenn ich mal viel Zeit habe, schreibe ich einen Aufsatz dazu):

    1. Die nachträgliche Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses im Arbeitsvertrag ist wirksam und lässt einen Zessionar abgetretener Lohnforderungen ex nunc in die Röhre schauen, den IV/TH jedoch nicht (im eröffneten Verfahren sowieso nicht, weil da nicht die Abtretung in Frage steht, sondern §§ 35, 36 Abs. 1 InsO, in der WVP gilt § 287 Abs. 3 InsO).

    2. Ein Betrug des Schuldners zu Lasten des Zessionars ist bei Vereinbarung eines nachträglichen Abtretungsausschlusses mit seinem Arbeitgeber allenfalls dann diskutabel, wenn der Schulder den Zessionar im Rahmen der Abtretung zu einer Vermögensverfügung veranlasst und schon geplant hat, die Abtretung anschließend durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf Grund laufen zu lassen. Das wird in der Regel nicht der Fall bzw. kaum beweisbar sein.

    3. Vielmehr kann man sogar über eine Verpflichtung des Schuldners i.R. seiner Mitwirkungspflicht nach § 97 Abs. 2 InsO diskutieren, bei seinem Arbeitgeber wegen der Vereinbarung eines nachträglichen Abtretungsausschlusses nachzufragen, um ggf. einen pfändbaren Lohnanteil für die Gläubigergesamtheit zu erschließen.

  • Ein einzelvertraglicher Ausschluss halte ich schon wegen der Gläubigerbenachteiligungsabsicht für fraglich.

    Ein Eingreifen in das arbeitsvertragliche Gestaltungsrecht des TH halte ich auch nicht für zulässig. Dann würde als nächster Schritt ein TH auf die Idee kommen einen Teilzeitarbeitsvertrag auf Vollzeit aufzustocken.

    Ein Ausschluss (wenn er denn möglich wäre) hätte natürlich (wie chick schreibt) keine Auswirkung auf die Abtretung an den TH. Aber das war hier auch wohl nicht das Problem, oder???

  • Die Idee ist an und für sich wirklich klasse, vor allem in meinem Fall, wo endlich mal was in die Masse purzelt!
    Der Schuldner wäre auch sofort dazu bereit, lediglich der Arbeitgeber argumentiert wie Hego und Ketchup. Er meint, den TH gingen Arbeitsverträge schlichtweg nichts an.

    Wenn ich das jetzt nicht durchkriege, gehen der Masse die Beträge verloren (und meinem Chef ne dickere Vergütung, die mal über dem Mindesatz liegt ! :teufel:)

    Praktizierst du das tatsächlich so, Chick? Und Schuldner und Arbeitgeber tun da mit? :oops:

  • Es gibt ja einen Grund weshalb die Abtretung noch zwei Jahre gültig sein sollen. Wenn die so einfach umgangen werden könnte hätte die Abtretung von Anfang an nicht mehr die Sicherheit, die der Gesetzgeber ihr zugestehen wollte.

  • @Ernst: Meine obigen Gedanken sind relativ neu und ich hatte leider noch keinen geeigneten Fall für einen Praxistest (und noch keine Zeit für einen Aufsatz).

    @Hego: Der Umstand, dass der Gesetzgeber einen Grund für eine Regelung zu haben meint, gewährleistet noch nicht, dass
    a) dieser Grund berechtigt ist;
    b) die Regelung tatsächlich ihren Zweck erfüllt.
    Nach der BAG-Rechtsprechung ist ganz klar, dass ein Zessionar nicht davor geschützt ist, dass der Zedent z.B. den Arbeitgeber wechselt und einen Arbeitsvertrag mit Abtretungsverbot abschließt, der dann die Zession leerlaufen läßt. Meine oben dargestellten Thesen sind m.E. nur dann falsch, wenn entweder das BAG seine Rechtsprechung zum arbeitsvertraglichen Abtretungsverbot ändert oder § 114 Abs. 1 InsO dem Zessionar eine bessere Rechtsstellung verschaffen soll, als er außerhalb eines Insolvenzverfahrens hätte. Letzteres halte ich für kaum vertretbar: Der Zessionar soll über § 114 Abs. 1 InsO seine vorinsolvenzliche Rechtsstellung - entgegen § 91 Abs. 1 InsO - befristet behalten dürfen, mehr aber nicht. Es ist kein Grund ersichtlich, warum ein einen Tag vor Insolvenzeröffnung mit dem Arbeitgeber vereinbartes Abtretungsverbot eine andere Wirkung haben sollte als ein solches, das einen Tag nach Insolvenzeröffnung vereinbart wird. Wenn der Gesetzgeber bei § 114 Abs. 1 InsO etwas anderes wollte ist dies nicht nur unbeachtlich (der BGH hat genau zu dieser Vorschrift schon mal ganz hübsch ausgeführt, dass die Gesetzesbegründung schon deshalb keinerlei Bindungswirkung entfalten kann, weil sie auf einem Rechtsirrtum des Gesetzgebers basiert), sondern auch nicht im Wortlaut umgesetzt.

  • @Ernst: Meine obigen Gedanken sind relativ neu und ich hatte leider noch keinen geeigneten Fall für einen Praxistest (und noch keine Zeit für einen Aufsatz).



    Meinst du, man sollte es vielleicht tatsächlich nochmals versuchen? Die Ags tun doch meistens, was der IV sagt? :teufel:

  • @ Ernst: Ich fände das auch eine super Idee! :daumenrau

    Also versuch es doch mal und berichte uns! Es würden wahrlich alle am Insolvenzverfahren Beteiligten profitieren (der TH mit mehr Kohle, die Staatskasse mit weniger Stundungsaufwendungen, der Schuldner mit weniger Schulden nach RSB und wir Rechtspfleger mit im Idealfall 4 JAhren gesparter PKH-Überprüfung). Nur der Absonderungsberechtigte steht im Regen - P.w.t.(Pech wen´s trifft.)

  • :daumenrau Das würde ich auch so sehen, der Gesetzgeber hat es so gewollt und wenn ich an bestimmte Banken denke, die werden sich so leicht nicht in die Suppe spucken lassen.

  • Die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses hat zur Folge, dass die früher vorgenommene Abtretung auch für das neue Arbeitsverhältnis wirksam wird.

    Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können keine Rechte mehr an der Insolvenzmasse begründet werden. Wird ein neues Arbeitsverhältnis nach der Eröffnung des Verfahrens begründet, kann die Abtretungserklärung nicht mehr wirksam werden. Die Abtretungserklärung wird mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, das bei Eröffnung des Verfahrens bestanden hat, auch vor Ablauf der zwei Jahre unwirksam (Nerlich/Römermann, Rdn. 40 zu § 114 InsO).

  • Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können keine Rechte mehr an der Insolvenzmasse begründet werden. Wird ein neues Arbeitsverhältnis nach der Eröffnung des Verfahrens begründet, kann die Abtretungserklärung nicht mehr wirksam werden. Die Abtretungserklärung wird mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, das bei Eröffnung des Verfahrens bestanden hat, auch vor Ablauf der zwei Jahre unwirksam (Nerlich/Römermann, Rdn. 40 zu § 114 InsO).

    Das gleich würde aber doch für ein unverändertes Arbeitsverhältnis gelten, wenn der Zessionar die Abtretung erst nach IE offen legt?

    Wird der Wegfall nach AG-Wechsel in Deinem Kommentar irgendwie weiter begründet?

  • Das würde ich nicht annehmen, es werden viele Abtretungen erst vorgelegt, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Bis kurz vor der Eröffnung werden die monatlichen Raten bezahlt. Die Offenlegung folgt meist erst dann, wenn der Schuldner mit mehreren Raten in Verzug ist.

    Kaum weitere Begründung zu dem neuen AV.

    Die Abtretung künftig entstehender Lohnansprüche auch aus den erst in der Zukunft begründeten Arbeitsverhältnissen ist zulässig, das ist soweit unbestritten. Die Abtretung wird mit der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses wirksam. (s. hierzu auch OLG Rostock Beschluss - 3W05/03 - vom 13.02.2003, in dem es aber nicht um Arbeitseinkommen ging)

    Weil das neue Arbeitsverhältnis aber erst nach Eröffnung des IV begründet worden ist, kann die Abtretung nicht mehr wirksam werden.

  • Hego, das klingt logisch. Da ich nirgends etwas dazu finde, ist erfahrungsgemäß das Vorgehen entweder sowas von klar, dass es mir peinlich sein müsste, dass ich das bislang nicht wusste. Oder es ist strittig oder wird von den Verwaltern nicht so gehandhabt (Handhabung also so, dass dem Verwalter während der zwei Jahre alles egal ist).

    Wie handhaben das denn die anderen Verwalter hier?


    @Ernst: Meine obigen Gedanken sind relativ neu und ich hatte leider noch keinen geeigneten Fall für einen Praxistest (und noch keine Zeit für einen Aufsatz).


    @chick: Beim Recherchieren des von Hego Gesagten habe ich im Stöber Forderungspfändung, 14. Aufl., Rz. 1248 etwas zum Abtretungsausschluss gefunden; dort ist zwar keine Argumentation, Stöber meint aber, dass ein nach Unterzeichnung der Abtretung vereinbarter Abtretungsausschluss diese nicht hinfällig werden lässt (hier Bsp. eines kollektiven Abtretungsausschlusses durch den ArbG). Ich habe auch Zweifel, wie man um § 138 BGB herumkommt (bzgl. der Lastschriften hat der BGH die Sittenwidrigkeit ja verneint, und ein wenig vergleichbar von der Wirkung ist das schon).

  • Wie ich oben schon mal erwähnte: Meine Ansicht stützt sich auf ca zwei BAG-Entscheidungen (ohne Insolvenzbezug, aber mit m.E. hinreichend klaren Worten zur Lohnabtretung), deren Fundstellen ich Euch mal bei Gelegenheit nachliefern werde, wenn ich mehr Zeit habe. Und da das BAG sowas ähnliches ist wie der BFH, nämlich das unfehlbare göttliche Orakel, das alles anderweitige Denken und Unken im jeweiligen Rechtsgebiet ehrfürchtig verstummen läßt, interessieren andere Literaturansichten bei einer vom BAG entschiedenen Frage überhaupt nicht mehr.

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