Zustellung von Vergleichsbeschlüssen nach § 278 ZPO

  • Guten Morgen!
    Hier kam innerhalb des Hauses die Frage auf, wie die Zustellung eines Vergleichsbeschlusses nach § 278 ZPO zu erfolgen hat.
    Die hier praktizierte Variante, die Ausfertigungen den Parteien zuzusenden und diese im Parteibetrieb zustellen zu lassen, wurde von Kollegen aus einem anderen Haus als falsch bezeichnet. Es sei von Amts wegen zuzustellen.
    Wie ist es denn nun richtig?
    Die Kommentierung spricht nur von Zustellung, aber nicht wie zuzustellen ist. Die „normalen“ Beschlüsse sind ja nur von Amts wegen zuzustellen, wenn sie rechtsmittelfähig sind. Der Vergleichsbeschluss an sich ist ja nicht rechtsmittelfähig, sondern nur berichtigungsfähig nach § 319 ZPO.
    Eine eindeutige Regelung konnten wir also bisher nicht finden.

    Wie wird es in anderen Gerichten gemacht?

  • Nö, sehe ich anders: Nach dem Wortlaut des § 278 IV ZPO kommt ein gerichtlicher Vergleich zustande. Es ist also ein Vergleich und daher zustellung im Parteibetrieb. Der Beschluss ist m.E. auch keine gerichtliche Entscheidung, denn da wird ja nix entschieden.

  • Eine anderslautende Entscheidung stellt auch dar:

    OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.02.2005, Az.: 8 W 10/05; NdsRpfl 2005, 204:

    Der einen Vergleich feststellende Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO ist keine Entscheidung i.S.v. § 329 Abs. 3 ZPO und damit auch kein Vollstreckungstitel, da er lediglich feststellenden Charakter hat. Er ist daher nicht von Amts wegen zuzustellen.

  • Da fühle ich mich doch geschmeichelt, dass sich ein OLG meiner Meinung angeschlossen hat: :daumenrau

    Wir behandeln diesen Beschluss in jeglicher Hinsicht als Vergleich, insofern erschien es mir naheliegend. Ist übrigens auch wieder mal eine zweischneidige Reform:

    1) Die Anwälte nutzen es in der Tat um Streitigkeiten ohne Richter zu regeln, so dass viele Termine entfallen (Und ich nicht mehr als Prozessvertreter in die Sitzungen muss)

    2) Die Servicekräfte müssen mehr Schreiben, da die Dinger in aller Regel umfangreicher sind und die Anwälte teilweise die I-Mehl noch nicht beherrschen.

  • Bei uns ist das auch streitig. Ich denke auch, daß bei den 278ern im Parteienbetrieb zuzustellen ist. Wieso sollte hier eine andere Regelung gelten, wie bei den "normalen" Vergleichen; und 329 spricht ja nur von gerichtlichen Entscheidungen. Ich habs bislang nicht beanstandet, aber wenn ich jetzt die OLG Entscheidung sehe, werde ichs zukünftig tun. Danke DA SILVA!


  • OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.02.2005, Az.: 8 W 10/05; NdsRpfl 2005, 204:

    Der einen Vergleich feststellende Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO ist keine Entscheidung i.S.v. § 329 Abs. 3 ZPO und damit auch kein Vollstreckungstitel, da er lediglich feststellenden Charakter hat. Er ist daher nicht von Amts wegen zuzustellen.



    :confused::confused::confused: Das hieße ja in der Konsequenz, dass auf Grund eines solchen Vergleichs kein KFB erlassen werden könnte, weil kein Titel im Sinne des § 103 ZPO vorliegt? Das mache ich aber alle Tage. Verstehe ich nicht.:gruebel:


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Natürlich kann man das so sehen, dass der Beschluss nach § 278 VI ZPO nur feststellenden Charakter hat. Mir schmeckt das aber nicht, da der Wortlaut dieses Vergleichs erstmals in diesem Beschluss auftaucht und aufgrund dieses Beschlusses auch die Kosten festzusetzen sind - wie denn sonst? Etwas anderes an KGE existiert nicht.

  • Der sogenannte Beschlussvergleich ist ein ganz normaler gerichtlicher Vergleich in einer besonderen Form. Nichts anderes kann man § 278 Abs. 6 ZPO entnehmen ("Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden..."). Daher ist der in Beschlussform vorliegende Vergleich auch Vollstreckungstitel und Kostengrundentscheidung und nicht etwa der Beschluss. M.E. müsste der KFB auch wie folgt formuliert werden: "Aufgrund des rechtswirksamen Vergleichs vom ..."

    Anders verhält es sich jedoch aus ganz pragmatischen Gründen mit der Zustellung. Die Parteien sind darüber in Kenntnis zu setzen, dass der schriftliche Vergleich zustande gekommen ist. Dies geschieht am einfachsten und effektivsten dadurch, dass der Beschluss, der das Zustandekommen feststellt an die Parteien zugestellt wird. Macht man dies nicht, weiß außer dem Richter und der Geschäftsstelle niemand, dass das Verfahren beendet ist - wäre doch doof.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • :zustimm: Anders kann es auch in meinen Augen nicht sein. Allerdings stelle ich den KFB formularmäßig auf die Grundlage des "vollstreckbaren Beschlusses gem. § 278 VI ZPO vom ... ", aber das ist letztlich nur Formulierungssache.

  • Ich kenne aus der Praxis bislang nur Gerichte, die einen Vergleichsbeschluss nach § 278 ZPO zustellen.

    Was bedeutet dies denn nun für die Zwangsvollstreckung, wenn nach dem Gesetz ein Vergleich im Parteibetrieb zuzustellen ist???

    Sollte ich den bereits vom Gericht zugestellten Vergleichsbeschluss nochmals im Parteibetrieb zustellen, damit ich bei der ZV keine böse Überraschung erlebe? Kann die Zustellung vom Gericht wegen der vom Gesetz geforderten Zustellung im Parteibetrieb als Voraussetzung für die ZV als nicht ausreichend erachtet werden?

  • Zumindest die Praxis scheint sich diesbezüglich bislang keine Gedanken gemacht zu haben. Auch bei uns wird der § 278 VI ZPO-Beschluss v.A.w. zugestellt. Von einer doppelten Zustellung habe ich noch nie etwas gehört, ebenso nicht von Schwierigkeiten bei der Vollstreckung. Eine doppelte Zustellung halte ich für völlig überflüssig.

  • Also es gibt ja den Grundsatz Amtszustellung --> Parteienzustellung unwirksam und umgekehrt. Ich werde in Zukunft vor bzw. gleichzeitig mit Beginn der ZV den Vergleich nochmals an den Schu. zustellen, um ggf. Überraschungen zu vermeiden.

  • ??? 750 I bezieht sich doch nur auf Urteile?!?? Oder meinst Du was anderes? Wenn mir z.B. ein Urteil vorliegt, welches auf Betreiben der Parteien zugestellt ist, dann ist dies unwirksam und ich muß es nochmals zustellen. (Eine allg. Voraussetzung der ZV fehlt dann) Siehe obiger Grundsatz - wurde immer so gelehrt, oder verstehe ich was falsch?

  • ??? 750 I bezieht sich doch nur auf Urteile?!?? Oder meinst Du was anderes? Wenn mir z.B. ein Urteil vorliegt, welches auf Betreiben der Parteien zugestellt ist, dann ist dies unwirksam und ich muß es nochmals zustellen. (Eine allg. Voraussetzung der ZV fehlt dann) Siehe obiger Grundsatz - wurde immer so gelehrt, oder verstehe ich was falsch?

    § 750 ZPO bezieht sich über § 794 ZPO auch auf alle anderen Vollstreckungstitel.

    Wenn eine im Parteibetrieb zuzustellende Entscheidung von Amts wegen zugestellt wurde, ist das damit nicht ungültig. Andersherum: siehe meinen obigen Post.
    Ein solcher "Grundsatz" ist mir auch nicht erinnerlich, was nicht viel heißen mag.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Also Zustellungsrecht hab ich eigentlich immer gerne gemacht. Ich würde von diesem Grundsatz jetzt eigentlich so nicht abweichen. Müsste auch irgendwo im Kommentar so stehn... aber entscheiden muss es letztlich jeder selbst.

  • Grundsätze sind ja schön und gut - aber sie sollten halt irgendwie nachvollziehbar und nachlesbar sein.

    Musielak (Kommentar zur Zivilprozessordnung, 5. Auflage 2007, § 189, RN 2) schreibt z.B.: "Heilung kann auch eintreten, wenn eine Partei- statt einer Amtszustellung erfolgte oder umgekehrt." D.h. sollte zugestellt werden und wurde zugestellt (das sind die Voraussetzungen einer Heilung) dann ist wirksam zugestellt.

    Mein Grundsatz bei der Prüfung, ob ein Titel für die Vollstreckung wirksam zugestellt wurde, lehnt sich daher § 750 Abs. 1 S. 2 ZPO an. :teufel:

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • tja nur das mit der Heilung ist eben in der Praxis so ne Sache. Im Übrigen: Zöller Vor § 166 Rn.3 - aber ich denke, das muß jetzt nicht mehr ausgetreten werden. Entscheiden solls jeder selbst.

  • Die Frage ist: Ist es ein Vergleich oder ist es ein Beschluss? Legt man den Schwerpunkt auf ersteres, genügt die Zustellung von Anwalt zu Anwalt. So machen es einige Gerichte. Legt man den Schwerpunkt auf die Eigenschaft als Beschluss, ist von Amts wegen zuzustellen. So machen es andere Gerichte.

    Was ist nun richtig? Nach meiner Meinung liegt der Schwepunkt auf der Eigenschaft als Beschluss. Bei einem herkömmlichen Vergleich wird nämlich die Erklärung der Parteien protokolliert. Bei § 278 ZPO wird - je nach Variante - entweder beschlossen, dass sich die Parteien schon anderweitig geeinigt haben oder aber, dass sie einen Vorschlag des Gerichts annahmen. In beiden Fällen gibt es zwar auch materielle und meinetwegen auch prozessuale Vergleichserklärungen der Parteien. Sie sind aber, anders als beim Vergleich nach § 794 ZPO, nicht konstitutiv für den Beschluss nach § 278 ZPO. Hier werden die Erklärungen der Parteien gerade nicht protokolliert: nicht der Wille der Parteien, der Beschluss des Gerichts schafft den Titel. Das spricht m. E. für die Meinung, von Amts wegen zuzustellen.

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