§ 133 InsO bei Zahlungen zur Abwendung einer Kontenpfändung

  • Die Renaissance des § 133 InsO! Ein Hoch auf diesen Paragrafen! :teufel:

    Diese Norm beschäftigt mich derzeit sehr. Der Verwalter hat hier ein mächtiges Werkzeug, um die Masse zu mehren.

    Allerdings ist der subjektive Vorsatz hier nicht zu vernachlässigen, der eben auch zu beweisen ist, ebenso die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Benachteilugungsabsicht.

    Kann man § 133 InsO bejahen, wenn der Schuldner auf Druck des Gläubigers, der mit einer Kontenpfändung droht, an diesen in den letzten 24 Monaten vor Antragstellung monatliche Raten zu 200 € bezahlt? Der Gläubiger meint, er habe nichts gewusst von der ZU. Der Schuldner behauptet, er habe nicht vorsätzlich gezahlt, um die Gläubiger zu beanchteiligen, sondern nur, um sein Konto zu "retten", was er zum Leben unbedingt benötige.

    Ist dies hier eine vorsätzliche Benachteiligung der Gläubiger? :gruebel:

  • Auf die Beteuerungen des Schuldners würde ich nicht all zuviel Gewicht legen, da im Rahmen des § 133 InsO Individualvorsatz ausreicht. Deshalb wäre es ausreichend, dass der Schuldner zwar sein Konto retten wollte, aber dabei gleichzeitig die Benachteiligung der Gläubiger mit in Kauf genommen hat.

    Eine andere Frage ist, ob die Bank den Benachteiligungsvorsatz kannte. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn dieser die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt war. Hierfür sind Anhaltspunkte, wie die Höhe der Forderung, Gründe einer evtl. Kreditkündigung, Aussagen des Schuldners gegenüber der Bank etc., zu sammeln.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ratenzahlung ist für den 133 immer gut, weil der Gläubiger sich fragen lassen muss, warum er so etwas zustimmt, anstatt auf Zahlung der Gesamtsumme zu bestehen. Ehrlicherweise wird er meist nur antworten können, dass man lieber 200 Euro sicher mitnimmt als möglicherweise auf alles zu verzichten (weil nämlich ZU vorliegt).

  • @ Kaalstraat:

    So einfach ist es meines Erachtens nicht. In Fällen, in denen der Schuldner mitteilt, er sei gerade etwas klamm (Besserung aber in Sicht) und deshalb auf eine Ratenzahlung angewiesen, kann man aus der Akzeptanz einer Ratenzahlung nicht auf die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit schließen. Die Ratenzahlung ist mittlerweile das tagtägliche Brot der Inkassounternehmen, diese gewähren die Ratenzahlung ohne Reflexion, was seitens des Schuldners vielleicht dahinter steht.

    Und nur weil man eine relative geringe Forderung nicht zahlen kann, ist man nach der Rechtsprechung des BGH ja auch nicht unbedingt zahlungsunfähig.

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  • Ich denke, es kommt auf die Ausgestaltung der Ratenzahlungsvereinbarung an. Wenn das Ganze innerhalb ein paar Wochen über den Tisch ist, kann es unverdächtig sein. Mir begegnen häufig solche Ratenzahlungen, die sich über Monate oder länger hinziehen und im besten Fall vom Schuldner ein, zwei Male nicht eingehalten werden (können). An solche Vereinbarungen hatte ich gedacht, Du hast natürlich Recht, verallgemeinern darf man das nicht.

  • Das eine Ratenzahlungsvereinbarung zwar geschlossen, vom Schuldner aber nicht eingehalten wird, ist lt. Rechtsprechung ein Anzeichen für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners.

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  • Alles ok, wenn ich aber dem Schuldner nahelege, er möge Raten zahlen, sonst geht sein Konto "hopps", dann weiß ich doch auch, dass er klamm ist und dass da noch andere Gläubiger in die Röhre schauen, die nicht am langen Hebel sitzen. Ich habe es doch in der Hand, durch Ruhendstellung der Pfändung die Raten zu kassieren und beim Nichteinhalten das Konto wieder dich zu machen.

    :teufel:

  • @ Ernst:
    Vielleicht hat der Schuldner nur keinen Bock zu zahlen. Eine einmalige Vollstreckung ist kein Anzeichen für Zahlungsunfähigkeit, da manche zahlungsunwillige Schuldner einen kleinen Schubs brauchen. Wenn aber mehrfach Vollstreckungen oder sogar die e.V. laufen und dann immer noch nichts kommt, dann sollte der Gläubiger von Zahlungsunfähigkeit ausgehen.

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  • Die Beweise sind's eben, die man nicht immer hat und nicht bekommt. Hier sagt der Schuldner, er habe mit den beteiligten Gläubigern unter Hinweis auf die Insolvenz Zahlungsvereinbarungen getroffen, Pläne über Jahre, wie Kaalstraat sagt. Leider habe er den Schriftverkehr "verloren". Der Gläubiger meint nun, er "wisse von nichts" und gäbe auch keine weiteren Informationen preis. Schriftverkehr läge nicht (mehr) vor.

    Hab ich hier den Schwarzen Peter? 133 I Satz 2 schafft hier zwar eine Beweiserleichterung, aber wie soll ich wieder beweisen, dass das Wissen der drohenden ZU vorhanden war?

    Muss nicht der Anfechtungsgegner solche Beweismittel rausrücken? Oftmals stecken in den bankinternen Unterlagen ja zahlreiche Hinweise auf das Wissen der jeweiligen Gläubiger, z.b. Aktenvermerke. Nur kommt man da eben nicht ran.......

  • Muss nicht der Anfechtungsgegner solche Beweismittel rausrücken? Oftmals stecken in den bankinternen Unterlagen ja zahlreiche Hinweise auf das Wissen der jeweiligen Gläubiger, z.b. Aktenvermerke. Nur kommt man da eben nicht ran.......



    Sofern der Beweis erbracht wird, dass eine anfechtbare Handlung gegeben ist, hat der Anfechtungsgegner Auskunft über den Umfang des Erlangten zu geben ( § 242 BGB).

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  • Sofern der Beweis erbracht wird, dass eine anfechtbare Handlung gegeben ist, hat der Anfechtungsgegner Auskunft über den Umfang des Erlangten zu geben ( § 242 BGB).

    Auch über die ihm mit Sicherheit vorliegenden und bestrittenen Nachweise???

  • Hallo,

    ich möchte dieses Thema noch einmal hochholen.

    Die Bedeutung des § 133 InsO nimmt (auch) bei meiner Tätigkeit (Gläubigervertretung öff. Dienst) immer mehr zu und ich würde mal gerne Eure Meinung in Bezug auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hören. Nach neustem Kommentar sollten wir keine Ratenzahlungen mehr eingehen sondern alles pfänden. :wechlach:
    Aber das kann ja wohl nicht der Sinn dieser Vorschrift sein (auch wenn es gerade schwer danach aussieht.... :()
    Gibt es dazu vielleicht schon Rechtssprechungen, habe dazu noch nichts gefunden....?

    Liebe Grüße
    nina



  • Sinn und Zweck der Übung ist es dem Schuldner keine Dispositionsmaxime über sein pfändbares Vermögen einzuräumen. Ansonsten läufst Du zwangsläufig in den § 133 InsO. Wenn Du so willst, ist es die Verhältnismäßigkeit dadurch gewahrt, dass Du alles nimmst und nichts zurückzahlen musst. Wie ein wohlbekannter Dozent in Fortbildungen immer zu predigen weis: vollstrecken und dann die Dreimonatskerze anzünden. Wenn die niedergebrannt ist, ein Dankesgebet ausstoßen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Liebe nina,

    als jemand, der sich fast ausschließlich mit Insolvenzanfechtungen beschäftigt, ein paar Gedanken.

    Die Praxis zeigt immer wieder, dass ein Insolvenzantrag erst gestellt wird, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das heißt, erst wenn das Unternehmen völlig herunter gewirtschaftet und ruiniert ist, erbarmt sich dann das Finanzamt/Krankenkasse oder auch der Geschäftsführer/Inhaber und stellt Insolvenzantrag. Das ist natürlich viel zu spät und eine wirkliche Sanierung ist dann auch durch den besten Insolvenzverwalter der Welt nicht mehr möglich. Von der Insolvenzordnung vorgegebenes Ziel muss es deshalb immer sein, dass möglichst zeitig Insolvenzantrag gestellt wird.

    Das wird aber nicht damit erreicht, dass die öffentliche Hand das insolvente Unternehmen künstlich am Leben erhält, um sich an den vorhandenen Vermögenswerten bis zum letzten Tag zu laben. Um so schlimmer ist es, wenn die mit der Mentalität einhergeht, Insolvenzanfechtungen möglichst zu vermeiden, da damit die Sanierungsmöglichkeiten nochmals verringert werden. Ich halte deshalb von der Strategie, "ab sofort wir nur noch gepfändet" (übrigens aus Gläubigersicht die einzige Möglichkeit, Anfechtungen nach § 133 InsO sicher zu verhindern) schon aus anderen Gründen nichts.

    Ein Unternehmen, bei dem in der von Dir geschilderten Weise bereits absolut nichts mehr geht, gehört ins Insolvenzverfahren. Mit allen anderen Erwägungen tut man allen Beteiligten keinen Gefallen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ein besonders "schönes" Beispiel für § 133 InsO zu Lasten der Staatskasse findet sich in dieser BGH-Entscheidung: IX ZR 17/07



    Hatten wir gerade besprochen:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?t=1147


    aber warum sollte der Gläubiger "Staatskasse" sich besser stellen, als jeder übrige Gläubiger. Die Diskussion kennen wir doch bereits von den Sozialversicherungsträgern.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Aber warum sollte der Gläubiger "Staatskasse" sich besser stellen, als jeder übrige Gläubiger.



    Zu diesem Thema zitiere ich immer gern eine mündliche Aussage von Kreft (VorsRiBGH aD):

    "Finanzämter und Krankenkassen wissen doch genau, wann ein Unternehmen zahlungsunfähig ist. Dennoch werden munter Gelder eingezogen. Und am Ende beschweren sie sich, dass sie im Weg der Anfechtung etwas zurückgeben sollen, was ihnen nie zugestanden hat."

    Und nun genug geschimpft, muss wieder anfechten :D.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Nachdem es hier nun anscheinend allgemein um Anfechtungen geht:
    Der Grundgedanke war wohl die Gläubigergleichbehandlung und dass Vermögensverschiebungen im Vorfeld der Insolvenz unterbunden werden.
    Um es garstig auszudrücken: Das Ziel der Gleichbehandlung wird dadurch sehr gut erreicht, da die angefochtenen Beträge zu einem guten Teil beim Insolvenzverwalter und anderen Massegläubigern hängen bleiben und somit die Insolvenzgläubiger alle das gleiche, nämlich (fast) nichts bekommen.
    Es ist auch interessant, dass eine möglichst hohe Zahl von Insolvenzeröffnungen und Anfechtungen nur von bestimmten Kreisen befürwortet wird, während diejenigen, um deren Interessen es eigentlich gehen sollte, nämlich die Insolvenzgläubiger, das gar nicht wollen...

    Die Aussage von Kreft ist m.E. sehr deplaziert. Die Zahlungen stehen den Gläubigern sehr wohl zu und ich möchte ihn nicht hören, wenn er nur einen Teil einer Forderungen bekommt und den muss er dann auch noch rausrücken...

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