Beratungshilfe wegen einer Forderungsangelegenheit von 30 Euro?

  • Hallo ich bin Beratungshilfeneuling! :)

    Hab das zwar schonmal vor 8 Jahren bearbeitet, aber ich denke mal zwischenzeitlich hat sich vieles geändert.

    Bei mir war eine Frau, die hatte irgendwelchen Ärger mit der ARGE. Sie sollte 30 Euro zurückzahlen.
    Die Dame bezieht HartzIV und es gab wohl schon bitterböses Blut mit der ARGE. Selber um die Klärung der Angelegenheit hatte sie sich bemüht, Schriftverkehr liegt vor.
    Nun begehrt sie einen Schein. Ablehnen kann ich das nicht, aber wenn nun der Anwalt schriftlich tätig wird (und das wird er bestimmt) sind doch 100 Euros aus der Staatskasse nicht gerechtfertigt um eine 30 Euro Rückzahlungsforderung der AST'in zu klären?

    Oder soll ich besser "Gar nicht weiter darüber nachdenken" ?

    Irgendwie werde ich den Gedanken aber auch nicht los, dass ich selber nicht wegen 30 Euro zum Anwalt gehen würde, wenn ich diesem für seine Tätigkeit dafür 100 Euro bezahlen müßte.

    LG Zarte

  • Aus meiner Sicht ist hier Mutwillen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG zu bejahen, da eine Person, die die Kosten der Beauftragung eines RA selbst tragen müssten, aufgrund der geringen Forderungshöhe einen RA nicht aufsuchen würde.

    Auf der anderen Seite darf man die 30 € nicht im Verhältnis zum Gehalt eines Normalverdieners sehen, sondern muss beachten, dass dies fast 10 % der monatlichen Leistungen des ALG II - Empfängers sind, so dass die Bedeutung durchaus nicht zu unterschätzen ist.

  • Hier, hier und hier

    Ich würde den Antrag unter Hinblick auf die "üblichen" Gründe bzgl. Behördenberatung blablabla ablehnen, und in den Gründen nur am Rande einen Satz dazu fallen lassen, dass auch gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG die Zurückweisung in Betracht kommt/gekommen wäre.

    Die Zurückweisung nur mit Aspekt "Bagatellforderung" zurückzuweisen, wäre mir im Hinblick auf eine evtl. Erinnerung "zu heiß".

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."



  • Bei mir war eine Frau, die hatte irgendwelchen Ärger mit der ARGE. Sie sollte 30 Euro zurückzahlen.



    Ich denke schon, dass Du ablehnen kannst. Die ARGE schreibt ja nicht einfach so, dass sie Geld will, sie erläßt - ggf. nach Anhörung - einen Rückforderungsbescheid. Und gegen den kann die Bürgerin Widerspruch bei der Widerspruchsstelle einlegen.

    Ergänzung: Mit der Bagatellgrenze hat das m.E. nichts zu tun. Eher mit "Bescheid der ARGE".

  • Die Bedeutung will ich auch nicht unterschätzen, aber in Zeiten knapper Kassen, wäre es doch theoretisch angebracht, der Frau die 30 Euro zu zahlen und die RA Kosten der Allgemeinheit zu ersparen!

    Ich weiß, was dagegen machen kann man ja leider nicht!

  • Müsste die Antragstellerin den RA selbst bezahlen, würde sie das mehr als 30 € kosten. Sie würde also selbst bei Erfolg Verlust machen.
    Ein wirtschaftlich denkender Selbstzahler würde also nicht zum RA gehen.
    Daher mutwillig.

  • Wieso würde die Antragstellerin als Selbstzahlerin selbst bei Erfolg Verlust machen? Dann müßte doch die ARGE die RA-Kosten erstatten.

  • Müsste die Antragstellerin den RA selbst bezahlen, würde sie das mehr als 30 € kosten. Sie würde also selbst bei Erfolg Verlust machen.
    Ein wirtschaftlich denkender Selbstzahler würde also nicht zum RA gehen.
    Daher mutwillig.



    Ich schon! Wenn ich -unberechtigt- mein Geld nicht zurückbekomme oder 30,00 EUR bei irgendeiner Fa. zuviel zahlen müsste, würde ich auch zum RA gehen.

  • Wieso würde die Antragstellerin als Selbstzahlerin selbst bei Erfolg Verlust machen? Dann müßte doch die ARGE die RA-Kosten erstatten.



    Stimmt, die ARGE ist da ein Sonderfall. Trotzdem halte ich eine mögliche zukünftige Erstattungspflicht nicht für ein Kriterium.


    Ich schon! Wenn ich -unberechtigt- mein Geld nicht zurückbekomme oder 30,00 EUR bei irgendeiner Fa. zuviel zahlen müsste, würde ich auch zum RA gehen.



    Dann ist es aber Deine Entscheidung, insgesamt Verlust zu machen, nur für das Prinzip. Solange Du selbst zahlst, geht das niemanden was an.

  • Dann ist es aber Deine Entscheidung, insgesamt Verlust zu machen, nur für das Prinzip. Solange Du selbst zahlst, geht das niemanden was an.


    Und wenn man nicht selbst zahlen kann, ist diese Entscheidung verstaatlicht und erbsenzählende Rechtspfleger besitzen die Kompetenz darüber zu richten, für wen 30,- € viel Geld ist? Wieso werden diese rechtlichen Klimmzüge bislang eigentlich nicht von Richtern in PKH-Entscheidungen genutzt?

  • Vielleicht sollte man hier nicht nur auf den tatsächlichen Geldbetrag abstellen, sondern mal nach den Gründen fragen WARUM die ARGE hier Geld wieder haben will? Was liegt dem denn zugrunde? Einmalige Überzahlung? Wirft man der A'stellerin vor, irgendwas nicht oder falsch angegeben zu haben? Gibt es vielleicht auch Auswirkungen auf die monatlichen Leistungen?
    Wenn sie nämlich einfach so zahlt und somit der ARGE Recht gibt, könnte sich das je nach Sachlage zukünfig für sie negativ auswirken.
    Wenn Sie also (vielleicht aus gutem Grund) der Ansicht ist, dass die ARGE im Umrecht ist und sie nichts falsch gemacht hat, dann ist das hier keine Frage der Höhe des zur Debatte stehenden Betrages....

    Verliere immer den ganzen Verstand - ein halber verwirrt nur! :grin:

  • Ich werfe noch einmal ein: es handelt sich um einen Rückforderungsbescheid. Warum soll hier jetzt auf das Verhältnis zum Einkommen, Bagatellgrenze (:gruebel:) o.ä. abgestellt werden, bei einem (u.U. fehlerhaften) Leistungsbescheid oder Sanktionsbescheid sage ich dem Bürger: Lege erst mal selbst Widerspruch ein und begründe diesen. :confused: :confused:

    Entweder ich habe einen Bescheid und dann gilt für alle das selbe. Sonst kann ich die Entscheidung auch von meiner Tagesform, dem Wetter etc. abhängig machen.

  • bei einem (u.U. fehlerhaften) Leistungsbescheid oder Sanktionsbescheid sage ich dem Bürger: Lege erst mal selbst Widerspruch ein und begründe diesen.



    Eben. Und allein aus diesem Grund ist BerH schon nicht zu bewilligen. Was der Ast`in nicht passt kann sie im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens ohne RA schriftlich oder zu Protokoll der ARGE erklären.

    Die Frage, ob wegen der geringen Höhe auch BerH zu versagen wäre, stellt sich daher nur, wenn überhaupt, am Rande. Ich würde, s.o., dazu 2 Sätze im Zurückweisungsbeschluss schreiben und gut is` !

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Fraglich ist die Inanspruchnahe der Beratungshilfe bei Kleinforderungen. Erscheint die Rechtsverfolgung für einen wirtschaftlich gefestigten Bürger wegen Kleinsforderungen ( Lapalie ) eindeutig als mutwillig, kann sie für einen mittellosen Bürger jedoch durchaus gerechtfertigt sein. M.E. ist jedoch auch hier auf den Grundsatz der Gleichbehandlung abzustellen. Das AG Charlottenburg[1] hat z.B. entschieden, dass Beratungshilfe wegen Mutwilligkeit zu versagen ist , wenn eine nicht das Armenrecht beanspruchende Partei von einer Verfolgung abgesehen hätte. Eine vernünftige bemittelte dritte Person hätte nach vollständiger Bezahlung wegen einer Restforderung [ des beauftragten Inkassounternehmens ] in Höhe von 6,35 Euro keine RA beauftragt, sondern eine Klärung in Eigenregie versucht. Ähnlich hat es in seiner Entscheidung vom 21.06.2007[2] entschieden, als es die Beratungshilfe wegen Mutwilligkeit zurückwies, da eine vernünftige bemittelte dritte Person einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen wegen eines Betrages in Höhe von 4,22 Euro nicht beauftragt hätte ( Anmerkung: es ging um eine Auseinandersetzung mit einem Mobilfunkanbieter. Diesbezügflich ging es um eine Rechnung der Gegenseite in Höhe von 29,21 €, hinsichtlich derer die Berechnung der Einzelverbidnungen in Höhe von 12,26 € nebst Mwst in Höhe von 1,96 € streitgegenständlich war. Abzüglich der Gebühr RVG VV 2500 , also des Eigenanteils in Höhe von 10 € verblieben 4,22 € ) .
    Die Annahme der Mutwilligkeit kommt in Betracht, wenn ein verständiger Selbstzahler wegen eines Missverhältnisses zwischen dem Wert der Angelegenheit und den Kosten der anwaltlichen Beratung oder Vertretung auf die Konsultation eines Rechtsanwalts verzichten würde. Dies gilt regelmäßig für die Geltendmachung von Forderungen, deren Wert erkennbar unter den Kosten für die Beratung oder Vertretung eines Rechtsanwalts liegt. Etwas anderes dürfte nur gelten, wenn der Rechtsuchende im konkreten Fall sicher annehmen dürfte, die anfallenden Kosten vom Gegner erstattet zu bekommen; hier mag im Einzelfall auch ein Selbstzahler die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Wahrnehmung seiner Rechte in Kauf nehmen.[3]

    [1] AG Charlottenburg , Beschluss vom 20.06.2007 70 aII 2228/06.

    [2] AG Charlottenburg Beschluss vom 21.06.2007 70a II 2680/06

    [3] Enwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beratungshilfegesetz Seite 45.

  • Das Thema wird ja immer mal wieder diskutiert.

    Aktuell habe ich eine Beratungshilfesache wegen Abwehr von 5,50 Euro Mahnkosten auf dem Tisch.

    Da sowohl die Literatur als auch die Rechtsprechung zu diesem Thema ja leider nur sehr spärlich sind, habe ich mir – da die Entscheidungen wohl nicht veröffentlicht sind – die beiden Charlottenburger Akten mal beigezogen.

    Das AG Charlottenburg[1]hat z.B. entschieden, [...] wegen einer Restforderung [ des beauftragten Inkassounternehmens ] in Höhe von 6,35 Euro [...]

    [1] AG Charlottenburg , Beschluss vom 20.06.2007 70 aII 2228/06.


    Dabei habe ich festgestellt, dass in der Beratungshilfesache AG Charlottenburg – 70a II 2228/06 einer gerade volljährig gewordenen Antragstellerin für die "Familiengerichtliche Angelegenheit: Geltendmachung von Volljährigenunterhalt gegen den Vater der Antragstellerin" am 01.09.2006 durch die Rechtspflegerin ein Berechtigungsschein für Beratungshilfe erteilt und ausgehändigt wurde. Diese Quellenangabe stimmt also nicht. Ich werde sie künftig nicht mehr zitieren.

    In der Beratungshilfesache AG Charlottenburg – 70a II 2680/06 hingegen stimmt die Quellenangabe. Allerdings handelt es sich einerseits nicht um einen richterlichen Zurückweisungsbeschluss, sondern um einen Zurückweisungsbeschluss der Rechtspflegerin. (Ich habe nicht gesagt: "bloß" oder "nur"!) Andererseits war der Vortrag des Rechtsanwalts auf die vorausgegangene Zwischenverfügung der Rechtspflegerin deutlich stichhaltiger und substantiierter als die spätere Zurückweisungsbegründung der Rechtspflegerin.
    Ich wage deshalb die Prognose, dass im Falle einer Erinnerung (– die, warum auch immer, nicht eingelegt wurde –) und ggf. Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin der Erinnerung durch den Richter stattgegeben worden wäre*. Auch diese Quelle werde ich daher künftig nicht mehr zitieren.

    *vgl. z.B. AG Goslar, richterl. Beschl. v. 29.12.2009 – 21 II 1050/08 m.w.N., unveröffentl.:

    Tenor:

    1. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 06.11.2008 wird der Beschluss des Amtsgerichts Goslar vom 22.10.2008 aufgehoben.
    2. Dem Rechtsuchenden wird Beratungshilfe bewilligt.
    3. Die an den Antragsteller aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 99,96 Euro festgesetzt.
    4. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Gründe:

    Der Rechtsuchende hatte Waren zum Gesamtpreis von 16,55 Euro bestellt und den Betrag überwisen. Die Ware wurde nie geliefert. Nachdem der Rechtsuchende die Verkäuferin - zunächst einmal vergeblich - aufgefordert hatte, den Kaufpreis zurückzuerstatten und Strafanzeige gegen die Verkäuferin erstattet hatte, beauftragte er den Antragsteller mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Nachdem der Antragsteller die Verkäuferin zur Rückzahlung aufgefordert hatte, wurde der Betrag gezahlt.

    Der Antragsteller hat unter dem 13.06.2008 beantragt, seinem Mandanten Beratungshilfe zu bewilligen und aus der Staatskasse eine Vergütung in Höhe von insgesamt 99,96 Euro z zahlen.

    Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Goslar hat den Antrag mit Beschluss vom 22.10.2008 zurückgewiesen, da die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für eine Forderung in Höhe von 16,55 Euro als mutwillig im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG anzusehen sei.

    Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 06.11.2008, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

    Die als Erinnerung im Sinne von § 6 Abs. 2 BerHG auszulegende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.

    Nach §§ 1, 2 Abs: 2 Nr: 1 BerHG war dem Rechtsuchenden Beratungshilfe zu bewilligen. Es handelt sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit.

    Die Bewilligung kann nicht mit der Begründung versagt werden, die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts sei mutwillig gewesen. Zwar wird Beratungshilfe nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG nicht gewährt, wenn die Wahrnehmung der Rechte als mutwillig anzusehen ist. Dies kann hier indessen nicht angenommen werden.

    Wegen der Rückzahlung des bereits gezahlten Kaufpreises hatte sich der Rechtsuchende zunächst selbst an die Verkäuferin gewandt, jedoch ohne Erfolg. Ferner hatte er gegen die Verkäuferin Strafanzeige erstattet. Das Ermittlungsverfahren wurde jedoch von der StA Gera am 08.05.2008 eingestellt. Erst danach hat der Rechtsuchende den Antragsteller mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt.

    Die Beratungshilfe darf nicht mit der Begründung verweigert werden, es gehe nur um einen Betrag von 16,55 Euro. Die Tatsache allein, dass die durchzusetzenden Geldforderung relativ gering erscheint, führt noch nicht dazu, die "Wahrnehmung der Rechte" als mutwillig anzusehen.

    Dafür, dass die Geltendmachung der Forderung von vornherein keinen Erfolg versprach - etwa bei offenkundiger Insolvenz des Schuldners - so dass auch eine nicht mittellose Partei von der Geltendmachung der Forderung vernünftigerweise Abstand genommen hätte - bestanden keine Anhaltspunkte.

    Im Gegenteil: Die Einschaltung des Antragstellers als Rechtsanwalt ist im Ergebnis erfolgreich gewesen, denn die Verkäuferin hat den Betrag zurückgezahlt. Der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verbietet es, ohne Hinzutreten besonderer Umstände (wie z. b. erkennbare Insolvenz des Schuldners) Beratungshilfe für die Geltendmachung relativ geringfügig erscheinender Forderungen pauschal zu versagen. Das Rechtsinstitut der Beratungshilfe dient dem Ziel, sicherzustellen, dass Bürger mit geringem Einkommen und Vermögen nicht durch ihre finanzielle Lage daran gehindert werden, sich außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens sachkundigen Rechtsrat zu verschaffen (Gesetzentwurf der Bundesregierung BT- Drucksache 8/3311 Seite 1)

    Bei der Ausgestaltung der Rechtswahrnehmungsgleichheit hat der Gesetzgeber verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen. So hat das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen den Gleicheitsgrundsatz darin gesehen, dass das Gesetz zwar für den Bereich des Sozialrechts Beratungshilfe vorgesehen hat, jedoch nicht für den Bereich des Steuerrechts, obwohl beide Materien (z. B. bei dem Kindergeld) eng beieinander liegen (Beschluss vom 14.10.2008, NJW 2009, 209 ff.).

    Danach wird man erst recht eine willkürliche Ungleichbehandlung und damit einen Verstoß gegen Art. 3 GG anzunehmen haben, wollte man die Bewilligung von Beratungshilfe von der Höhe der geltend zu machenden Forderung abhängig machen. Abgesehen von extremen Fällen) welche Bedeutung ein Betrag von 16,55 Euro für den einzelnen hat, hängt von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen ab. Es wäre willkürlich, unterhalb eines (welches?) Grenzwertes keine Beratungshilfe zu bewilligen. Dadurch würden Bürger in finanziell beengten Verhältnissen gegenüber denjenigen benachteiligt werden, die eine außergerichtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt als Vorbereitung gerichtlicher Geltendmachung des Anspruchs selbst finanzieren können und ein solcher Befund würde jedoch gerade dem verfassungsrechtlichen Postulat zuwiderlaufen, dass der finanziell unbemittelte Bürger bei der Wahrnehmung seiner Rechte nicht schlechter dastehen soll als der finanziell leistungsfähige.

    Vorliegend kommt noch hinzu, dass die Rechtslage (Rückforderungsanspruch gegenüber der Verkäuferin) eindeutig war.

    Hinsichtlich der Höhe der beantragten Vergütung (99,96 Euro) bestehen keine Bedenken.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 RVG.


    Richter am Amtsgericht


    ________________

    Es bleibt spannend.

    Einmal editiert, zuletzt von z.w.V. (4. Juli 2012 um 16:43)

  • Bei einer Forderung von knapp 5 Euro und einem Eigenanteil von 10 Euro ( der, soweit ich den Kommentar im Kopf hab, nicht zu erstatten ist), mache ich als Antragsteller miese. Wenn das nicht bei einem Selbstzahlervergleich mutwillig is...

  • Was jedoch, wenn der Rechtsanwalt dem Rechtsuchenden von vornherein signalisiert, dass er ihm diese Gebühr erlässt.

    Und: Kann der Rechtsuchende die 10,00 Euro dem Schuldner wirklich nicht als Rechtswahrnehmungskosten in Rechnung stellen? (Falls doch: nach welchen Vorschriften?)

  • Ich muss zugeben, dass ich mich früher echt in solche Fälle reingekniet habe und wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen habe.

    Irgendwann habe ich mir lieber Stellen gesucht, wo die Leute mit solchen Minimalforderungen hinschicken konnte und aus anderen Gründen daher Beratungshilfe versagen konnte.

    Das "Mutwilligkeit"sgedöns ist wie Kaugummi - nicht nur das BVerfG hat damit so seine Problemchen.

    Außerdem muss die Vergleichsrechnung anders aufgestellt werden:
    Denn das BVerfG prüft ja nachgerade, ob ein Selbstzahler einen Anwalt beauftragen würde. Hier müsste man die entstehenden Kosten eines Selbstzahlers in Bezug auf die Forderung setzen. Ein Selbstzahler würde also über 40 € hinblättern für die niedrige Forderung...

  • Habe ich früher noch die Auffassung vertreten, dass zur Verfolgung bzw. Abwehr von Bagatellforderung die Beratungshilfebewilligung nicht abgelehnt werden kann, weise ich heute entsprechende Bewilligungsanträge mit dem nachstehenden Beschlussmuster zurück.

    Ob man 5,00 €, 15,00 € oder 50,00 € unter "Bagatelle" subumiert hängt m. E. vom Einzelfall ab. Manche stellen auch darauf ab, wie die Forderung/Verbindlichkeit in Relation zum (einzusetzenden) Einkommen des Antragstellers steht.

    Klar sein dürfte auch, dass man z. B. dem Ast. die Beratungshilfe nicht verweigern kann, weil die Mieterhöhung des Vermieters gegen die er sich wehren will, nur 5,00 € beträgt, denn da muss man m. E. beachten, dass die Miete mit der neue Höhe nicht nur für einen Monat, sondern ggf. für viele Folgemonate gezahlt werden muss und sich die "Beschwer" des Antragsteller somit summiert.

    Musterbeschluss:

    "wird der An­trag vom [Antrag.Datum.dk] zu­rück­ge­wie­sen.

    Grün­de:
    Es wur­de Be­ra­tungs­hil­fe für die An­ge­le­gen­heit [Eingabe_Angelegenheit_Beratungshilfe] be­an­tragt.

    Pro­zess­kos­ten­hil­fe kann nur be­wil­ligt wer­den, wenn mit Rück­sicht auf die für die Bei­trei­bung des An­spruchs be­stehen­den Aus­sich­ten eine nicht die Pro­zess­kos­ten­hil­fe be­an­spru­chen­de Par­tei von der Pro­zess­füh­rung ab­se­hen oder nur einen Teil des An­spruchs gel­tend ma­chen würde.

    Auf die Be­ra­tungs­hil­fe (BerH) über­tra­gen be­deu­tet diese als selbst­ver­ständ­lich an­zu­se­hen­de De­fi­ni­tion, dass eine Rechts­wahr­neh­mung mut­wil­lig ist, wenn ein be­mit­tel­ter Drit­ter, der die Kos­ten für die an­walt­li­che Tä­tig­keit in jedem Fall (z. B. weil keine Rechts­schutz­ver­si­che­rung be­steht, die Gegen­sei­te nicht zur Kos­ten­er­stat­tung ver­pflich­tet ist usw.) selbst tra­gen müss­te, kei­nen An­walt be­auf­tra­gen würde (sog. "Selbst­zah­ler­ver­gleich" vgl. u. a. BVerfG, Beschl. 30.06.2009, 1 BvR 470/09, NJW 2009, 3420, Rn. 10 in Juris).

    Sinn der BerH ist es, die Chan­cen­gleich­heit bei der Rechts­durch­set­zung für ein­kom­mens­schwa­che Be­völ­ke­rungs­krei­se, die sich Rechts­rat und not­wen­di­gen­falls Rechts­ver­tre­tung auf ei­ge­ne Kos­ten nicht leis­ten kön­nen, zu ver­bes­sern. Die­sen sol­len auch au­ßer­halb ei­nes ge­richt­li­chen Ver­fah­rens die­sel­ben Mög­lich­kei­ten of­fenste­hen, über ihre An­ge­le­gen­hei­ten recht­lich durch An­walts­be­ra­tung auf­ge­klärt und ggf. auch ver­tre­ten zu wer­den. Sie sol­len sich im Er­geb­nis nicht schlech­ter, aber auch nicht bes­ser ste­hen, als eine Per­son, die sich auf­grund ih­rer per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se ei­nen An­walt leis­ten kann. Der Un­be­mit­tel­te braucht nur ei­nem sol­chen Be­mit­tel­ten gleich­ge­stellt zu wer­den, der sei­ne recht­li­che Si­tu­a­ti­on ver­nünf­tig ab­wägt und da­bei auch das Kos­ten­ri­si­ko be­rück­sich­tigt. Als Leis­tung der staat­li­chen Da­seins­für­sor­ge kann die Be­wil­li­gung von BerH da­her al­len­falls dann beansprucht wer­den, wenn ihr Ein­satz sinn­voll ist (BVerfG, Beschl. 12.06.2007, 1 BvR 1014/07, Rpfleger 2007, 552 f.; 13.03.1990, 3 BvR 94/88, NJW 1991, 413 ff, 14.04.1959, 1 BvR 12/58, 1 BvR 291/58, NJW 1959, 1028).

    "Schließ­lich kommt die An­nah­me der Mut­wil­lig­keit in Be­tracht, wenn ein ver­stän­di­ger Selbst­zah­ler wegen eines Miss­ver­hält­nis­ses zwi­schen dem Wert der An­ge­le­gen­heit und den Kos­ten der an­walt­li­chen Be­ra­tung oder Ver­tre­tung auf die Kon­sul­ta­tion eines Rechts­an­walts ver­zich­ten würde. Dies gilt re­gel­mä­ßig für die Gel­tend­ma­chung von For­de­run­gen, deren Wert er­kenn­bar unter den Kos­ten für die Be­ra­tung oder Ver­tre­tung eines Rechts­an­walts liegt. Etwas an­de­res dürf­te nur gel­ten, wenn der Recht­su­chen­de im kon­kre­ten Fall si­cher an­neh­men dürf­te, die an­fal­len­den Kos­ten vom Geg­ner er­stat­tet zu be­kom­men; […]" (s. BR-Drucks. 648/08, vom 10.10.2008, S. 44).

    Bei der Durch­set­zung oder Ab­wehr einer For­de­rung bis zu einem Wert von 300,00 € wür­den vo­raus­sicht­lich gem. Nr. 2300 VV RVG inkl. Aus­la­gen und Um­satz­steuer an­walt­li­che Kos­ten in Höhe von insg. 46,41 € ent­ste­hen.

    Im vor­lie­gen­den Fall ging es kon­kret um die Ab­wehr/Durchsetzung einer For­de­rung in Höhe von [HöheDerForderung] €.

    Ein ver­nünf­ti­ger Selbst­zah­ler, der in jedem Fall für die Kos­ten des vom ihm be­auf­trag­ten An­walts auf­kom­men müss­te, würde daher kei­nen An­walt be­auf­tra­gen, denn da­durch, dass selbst bei voll­stän­di­ger Ab­wehr / Durchsetzung der For­de­rung seine eige­nen An­walts­kos­ten höher wären als die ab­ge­wehr­te For­de­rung, würde er seine (wirt­schaft­li­che) Si­tu­a­tion sogar noch ver­schlech­tern an­statt ver­bes­sern.

    Da auch im vor­lie­gen­den Fall nicht davon aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass die Gegen­sei­te die Kos­ten für den An­walt über­neh­men muss, kann unter Hin­blick auf den auch vom Bun­des­ver­fas­sungsgericht re­gel­mä­ßig be­müh­ten Selbst­zah­ler­ver­gleich (s. o.) keine Be­ra­tungs­hil­fe be­wil­ligt wer­den (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, BerH/PKH/VKH - Ein Handbuch und Nachschlagewerk für die Praxis, 1. A., Rn. 193, m. w. N.), da an­dern­falls der Un­be­mit­tel­te dem ver­nünf­ti­gen Selbst­zah­ler gegen­über bes­ser­ge­stellt würde, was dem Sinn des Ge­set­zes wi­der­spre­chen würde, da der Un­be­mit­tel­te gegen­über dem Selbst­zah­ler nicht bes­ser, son­dern nur an­nä­hernd gleich­ge­stellt wer­den soll (s. o.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH/VKH/BerH, 5. A., Rnd. 957).

    Die hier ver­tre­te­ne An­sicht ent­spricht der stän­di­gen Recht­spre­chung des Amts­ge­richts und ist mehr­fach rechts­mit­tel­er­probt (in der Reinschrift des Beschlusses findet sich eine Aufführung der richterlichen Beschlüsse des hiesigen Amtsgerichts)."

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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