Rechtsnachfolgeklausel bei Duldungstitel aufgrund Zuschlagbeschlusses ?

  • Hallo.

    Man erlebt trotz langjähriger Erfahrung ja immer neue Lebens-Sachverhalte :

    Ich bekomme als WEG-Rechtspfleger einen Antrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel nach § 727 ZPO vorgelegt.

    Der zugrunde liegende Titel lautet auf Duldung des Zutritts zur Wohnung zwecks Einbau eines Kaltwassergeräts.

    Mittlerweile wurde die ETW zwangsversteigert (Zuschlagsbeschluss liegt vor).

    Fraglich ist, ob die Verpflichtung zur Duldung des Zutritts nur inter partes wirkt und ist nicht auf den neuen Eigentümer übergegangen ist oder man in Anwendung von §§ 727, 325 ZPO hinsichtlich des Duldungstitels die Klausel erteilen muss.

    Wie seht ihr die Sache ?

    :confused:

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Meines Erachtens kann die Klausel gegen den Ersteher als Rechtsnachfolger des Alteigentümers erteilt werden, wenn der betreffende Titel im Zeitpunkt des Versteigerungstermins bereits rechtskräftig war. Anderenfalls gilt § 325 Abs.3 S.2 ZPO.

  • Gilt § 325 Abs. 3 ZPO nicht insgesamt (also auch hins. Satz 2) ausschließlich bei Reallasten, Hypotheken, Grundschuldner oder Rentenschulden (will sagen : S. 1 = Fallvariante Veräußerung, S. 2 = Fallvariante Zwangsversteigerung) ?

    Hier liegt eine Titel im WEG-Verfahren (Duldung zum Einbau eines Klatwasserzählers) vor.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich meine § 325 III 1 ZPO kann keine Anwendung finden, da der titulierte Anspruch nicht aus einem eingetragenen Grundpfandrecht resultiert (bsp. dafür wäre der Duldungstitel gegen den Voreigentümer aus einer nicht nach § 800 ZPO vollstreckbaren Grundschuld. Dieser gilt unabhängig von der Kenntnis der Rechtshängigkeit gegenüber jedem weiteren Erwerber.)

    Maßgeblich ist hier m.E. § 325 III 2 ZPO: Der Titel gilt gegen den Ersteher nur dann, wenn die Rechtshängigkeit des Verfahrens in der Versteigerung rechtzeitig angemeldet wurde.

  • Stimmt natürlich.

    Aber dann gibt es wohl ohnehin kein Problem, weil § 325 ZPO sowohl den Fall der Rechtsnachfolge in den rechtshängigen Streitgegenstand als auch die Rechtsnachfolge nach bereits rechtskräftig abgeschlossenem Prozess regelt. Der Titel ist gegen den Alteigentümer ergangen, also kann die Klausel nach § 727 ZPO aufgrund des vorliegenden Zuschlagsbeschlusses gegen dessen Sonderrechtsnachfolger erteilt werden. Ein "rechtshängigfreier" gutgläubiger Erwerb nach § 325 Abs.2 ZPO kommt beim Erwerb aufgrund Zuschlags nicht in Betracht.

  • Manchmal hilft wirklich nachlesen. Zöller, Rd.Nr.49 zu § 325 ZPO:

    § 325 III betrifft als Ganzes die Ansprüche gegen den Rechtsnachfolger des Eigentümers aus eingetragenen Grundpfandrechten. III 1 sagt aus, daß das Urteil gegen jeden Rechtsnachfolger des Grundstückseigentümers gilt, egal ob er die Rechtshängigkeit kannte oder nicht. III 2 schränkt dies dann für den Fall ein, daß es sich bei der in in Satz 1 bezeichneten Rechtsnachfolge um eine Rechtsnachfolge auf Eigentümerseite im Rahmen der Zwangsversteigerung handelt. In diesem Fall muß der Ersteher, etwaige die Fälligkeit des Anspruchs auslösenden Tatsachen (Kündigung des Grundpfandrechts gegen den Voreigentümer) nur dann gegen sich gelten lassen, wenn diese Tatsachen im ZVG-Verfahren rechtzeitig angemeldet wurden.
    Wäre das nicht erfolgt würde zwar mit dem Rechtsnachfolgenachweis zunächst die Klausel erteilt werden aber auf Beschwerde des Erstehers wieder aufgeoben werden.
    Selbst positive Kenntnis des Erstehers reicht hier laut Kommentierung nicht aus, abzustellen ist allein auf die Tatsache, ob angemeldet wurde oder nicht. Bei genauerem Nachdenken hatte ich das auch schon oft bei bestehen bleibenden Grundpfandrechten. Durch die Gläubiger wird nicht nur der Anspruch sondern auch die Tatsache angemeldet, daß das Grundpfandrecht durch Kündigung fällig ist. Falls der Ersteher dann nicht ablöst, kann die Urkunde gegen ihn umgeschrieben und widerum aus dem bestehen gebliebenen Recht die ZV betrieben werden.

    Aber zurück zum Fall. Da es sich hier nicht um einen Anspruch aus einem Grundpfandrecht handelt sondern um eine (persönliche) Duldung des ET zu einer bestimmten Handlungsweise dürfte wohl allein § 325 I und II heranzuziehen sein. Nach § 325 I ZPO wäre die Klausel wohl zu erteilen. Einwände nach § 325 II ZPO könnten meines Erachtens nur mit Klauselerinnerung erhoben werden, wobei juris ja meint, daß ein rechtshängigfreier" gutgläubiger Erwerb nicht in Betracht käme.

    Ich würde die Klauel daher erteilen.

  • Gutgläubiger "rechtshängigfreier" Erwerb i.S. des § 325 Abs.2 ZPO scheidet im vorliegenden Fall aus, weil es sich beim Zuschlag nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um einen kraft Gesetzes stattfindenden Eigentumserwerb handelt.

  • Zitat von juris2112

    Gutgläubiger "rechtshängigfreier" Erwerb i.S. des § 325 Abs.2 ZPO scheidet im vorliegenden Fall aus, weil es sich beim Zuschlag nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um einen kraft Gesetzes stattfindenden Eigentumserwerb handelt.



    :daumenrau :daumenrau :daumenrau :daumenrau Stimmt, diese Voraussetzung vergißt man immer schnell bei gutgläubigem Erwerb.

  • Ich tendiere nach allem auch zur Klauselerteilung nach Anhörung des neuen ET unter Übersendung der Antrags-Abschrift und einer Ausfertigung des Duldungstitels z.K., (damit dieser nicht allzu sehr überrascht wird).

    Vielen Dank allerseits. Aus dem Zöller allein bin ich nicht so schlau geworden...:oops:

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Zitat von the bishop

    Ich tendiere nach allem auch zur Klauselerteilung nach Anhörung des neuen ET unter Übersendung der Antrags-Abschrift und einer Ausfertigung des Duldungstitels z.K., (damit dieser nicht allzu sehr überrascht wird).





    vielleicht komme ich zu spät, aber einen kurzen Kommentar will ich dennoch abgeben - vielleicht für spätere Fälle:

    meine Recherchen haben auch keine anderen Ergebnisse zutage gebracht, als die hier schon diskutiert wurden. Das oben geschilderte Vorgehen finde ich zweckmäßig und zielführend.

    Hinsichtlich der Klauselerteilung bin ich auf eine Entscheidung des Schl-Holst. OLG gestoßen (vom 30.03.2000 2 W 140/99, DWE 2001, 27 - nicht geprüfte Fundstelle). Danach soll ein Rechtsnachfolger eines WE, der rechtswidrig bauliche Veränderungen vorgenommen hat, nur auf Duldung der Beseitigung haften und nicht selbst beseitigen müssen. Die Entscheidung habe ich nicht gelesen. Vermutlich lag kein rechtskräftiger Titel gegen den WE vor. Wenn es aber einen Eigentümerbeschluss mit der Aufforderung des WE zur Beseitigung gegeben hat, dann wirkt der auch gegen den Sonderrechtsnachfolger und damit wäre doch eigentllich dieselbe Situation wie bei einer gerichtlichen Entscheidung gegeben. Möglicherweise bringt einen die Lektüre der Entscheidung weiter.

    Grüße

  • RA Simon:

    Ich denke, dass der Ausgangsfall nicht mit dem von Ihnen genannten vergleichbar ist. Im Ausgangsfall geht der Titel von vorneherein auf Duldung (Zutritt zur Wohnung), während der von Ihnen mitgeteilte Sachverhalt einen Leistungstitel oder einen nicht titulierten Anspruch im Hinblick auf ein aktives Tun zum Gegenstand hat (Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands). Und in letztgenannter Hinsicht ist doch eigentlich völlig klar, dass die Beseitigung vom Störer und nicht vom Rechtsnachfolger vorzunehmen ist und dass die Kosten der Beseitigung ebenfalls der Störer und nicht dessen Rechtsnachfolger zu tragen hat.

  • juris 2112:

    und da sagt man immer, Anwälte seien Haarspalter.

    Sicherlich haben Sie Recht, dass im einen Fall ein Dulden und im anderen ein Handeln verlangt wird. Aber Ihre Ansage, es sei völlig klar, dass das Handeln im Gegensatz zum Dulden nur vom Störer verlangt werden kann, ist nur eine Behauptung und eigentlich kein Argument. Denn ich könnte dagegen sagen: der Rechtsnachfolger ist auch kein Störer. Er ist noch nicht einmal aufgefordert worden zu dulden. Warum soll er dann wie ein Störer behandelt werden? Wenn mann von dem Grundsatz ausgeht, dass der Rechtsnachfolger eben in alle Rechte und Pflichten des Vorgängers eintritt, kann ich IHre Auffassung nicht recht nachvollziehen.

    Ich werde mal versuchen, mir die Entscheidung zu beschaffen. Vielleicht gibt die etwas her für diese Diskussion.

    Grüße

  • RA Simon:

    Es steht im Ausgangsfall natürlich völlig außer Frage, dass der Rechtsnachfolger des ehemaligen WEG-Eigentümers zunächst dazu aufzufordern ist, freiwillig den Zugang zu gewähren, bevor man ihm mit dem gegen ihn umgeschriebenen Titel auf den Pelz rückt.

    Außerdem denke ich, dass wir uns im Grundsatz völlig einig sind. Denn auch wenn in dem von Ihnen genannten Fall tatsächlich der Rechtsnachfolger zur aktiven Beseitigung und zur entsprechenden Kostentragung verpflichtet wäre, läge ja auf der Hand, dass er bei seinem Rechtsvorgänger insoweit zivilrechtlichen Rückgriff nehmen könnte. Letztlich sind die Kosten somit immer von eigentlichen Störer zu tragen.

    Können wir uns darauf einigen?

  • Entscheidung gibts bei juris-web

    Nach dieser Entscheidung haftet der Rechtnachfolger eines Wohnungseigentümers, der rechtswidrige bauliche Veränderungen vorgenommen hat, nur auf Duldung ihrer Beseitigung.


    Zusammenfassend:

    Es stehe außer Streit, dass der Rechtsnachfolger den durch die Veränderung des Anbaus 1989 geschaffenen Zustand nicht dulden müsse.

    Rechtsfehlerhaft nehme das Landgericht jedoch an, daß der Rechtsnachfolger zur Beseitigung der dadurch bedingten Störungen verpflichtet sei.

    Der Senat folge der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, nach der die Sonderrechtsnachfolgerin des Störers nur zur Duldung der Beseitigungs- und Wiederherstellungsmaßnahme verpflichtet sei. Diese Duldungsverpflichtung gegenüber den Miteigentümern folge aus § 21 WEG, der gegenseitigen Verpflichtung aller Wohnungseigentümer zu einer der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsgemäßen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung. Zu einer solchen seien die Beseitigung von baulichen Störungen und die Wiederherstellung eines störungsfreien baulichen Zustandes ohne weiteres zu zählen. Dadurch bedingte spezielle Einwirkungen auf das Sondereigentum seien von den davon betroffenen Miteigentümern nach § 14 Nr. 4 WEG zu gestatten.

  • Kai:

    für unsere Frage ist aus dem Urteil, wie Sie es zietieren oder zusammenfassen, eigentlich nur der eine Satz mit der herrschenden Meinung, der sich der Senat anschließt, maßgeblich. Alles andere, nämlich die Duldungspflicht des WE gegenüber den Miteigentümern etc. hat nach meiner Ansicht nichts mit der Rechtsnachfolgefrage zu tun sondern ist allgemeines WE-Recht.

    Die Berufung auf die hM ist, so wie sie in Ihrer Zuschrift steht, auch eigentlich keine Begründung, sondern das übliche Verstecken hinter Autoritäten. Das kannd er BGH auch besonders gut, wenn er sich zur Begründung der Richtigkeit seines Urteils auf seine eigenen früheren Entscheidungen beruft.

    Heute nachmittag bin ich im Bereich eines juris-Anschlusses und kann dann mir mal die Entscheidung ansehen.

    juris 2112:

    ich will als Neuling hier bestimmt nicht rumnerven und zu einer Einigung bin ich auch gerne bereit ... aber: die Idee mit dem zivilrechtlichen Rückgriff ist gut, muss aber nicht unbedingt erfolgreich sein. Wo soll denn die Anspruchsgrundlage herkommen? Evtl. aus Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht, die zum Schadenersatz führt. Aber bei so etwas ist der Kläger natürlich ganz erheblich mit Beweispflichten belastet, die auch mal schief gehen können.

    Aber ich denke auch, dass wir eigentlich in der praktischen Handhabung der Sache gar nicht auseinander liegen. Vermutlich wird der Rechtsnachfolger sofort den Zutritt zur Wohnung dulden, so dass sich der ganze Fall in Juft auflöst.

    Grüße

  • RA Simon:

    Von "rumnerven" kann keine Rede sein. Wir diskutieren doch nur und haben hoffentlich auch Spaß dabei.

    Die Anspruchsgrundlage für einen Rückgriff gegen den Rechtsvorgänger scheint mir relativ klar zu sein. Die Frage, ob ein Titel gegen den Rechtsnachfolger wirkt oder nicht, beeinflusst nicht die Tatsache, dass der Rechtsvorgänger in seiner Eigenschaft als Störer der schuldrechtliche Schuldner des Beseitigungsanspruchs ist. Der Rechtsnachfolger erfüllt insoweit daher eine fremde Schuld und kann daher Ersatz verlangen.

  • juris 2112:

    Ihren Ansatz verstehe ich in Richtung Geschäftsführung ohne Auftrag. Muss ich drüber nachdenken.

    Grüße

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!