Probleme und Feinheiten bei Begründung des Verzuges

  • Verzug ist nicht immer einfach zu bejahen, mir verschafft folgendes Problem Kopfzerbrechen:
    Der Rechtsanwalt fordert den Gegner zur Zahlung des Anspruches innerhalb einer bestimmten Frist auf. Der Gegner hält die Frist nicht ein, er zögert das Ganze wissentlich hinaus, obgleich er erkennen konnte, dass der Anspruch todsicher besteht. Es wird also um Fristverlängerung gebeten zwecks der Möglichkeit weiterer Einsichtnahme und Prüfung etc. Schließlich wird der Hauptsacheanspruch bezahlt. Die Anwaltskosten aber nicht.

    Liegt hier ein Verzug vor, auch ohne Mahnung? Kann eine kalendarisch bestimmte Zeit, die eine Mahnung entbehrlich mache, durch (einseitige) Fristsetzung erfolgen oder ist hierzu ein Rechtsgeschäft nötig, wie es der BGH fordert? Ich sehe hier nach dem Überschreiten der Frist einen Verzugsanspruch, der im Ersatz der RA- Kosten liegt.

    Vielen Dank !

  • Eine nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung ausgesprochene Mahnung begründet den Verzug, vgl. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB.

    War die Forderung zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens noch nicht fällig, sieht's ganz schlecht aus mit der Erstattbarkeit der RA-Kosten als Verzugsschaden; im Erg. dito, wenn zwar fällig, aber noch kein Verzug vorlag, sondern durch RA-Schreiben erst begründet wurde.

  • Die Gebühren sind ja mit dem ersten Aufforderungsschreiben entstanden. Wenn der Schu zu diesem zeitpunkt noch nicht im Verzug war, sind die Kosten nicht durch den Verzug begründet und damit nicht erstattungsfähig. Dass der Schu DURCH das Schreiben in Verzug gesetzt wird, ändert daran nichts. Deshalb der Partei immer anraten, zunächst selbst eine Zahlungsfrist zu setzen und als RA erst nach fruchtlosem Ablauf tätig werden.

  • Danke Euch!

    Ist klar, so ist s mir auch bewusst. Problematisch sind jetzt die Fälle, in denen ein Anspruch beim ersten Anwaltsschreiben bereits fällig war, der Schuldner dies nicht wusste bzw. meinte, ihm stünde eine vermeintliche Einrede/Einwendung zu und deshalb innrhalb der vom Anwalt gesetzten Frist nicht zahlte.

    Erst im weiteren Schriftwechsel dann erkennt der Schuldner, dass der Gegner im Recht ist. Sind die Anwaltskosten dann dennoch zu erstatten als V-Schaden? Der Gegner könnte ja einwenden, er sei zunächst davon ausgegangen, dass der Anspruch so oder in dieser Höhe nicht bestünde? :gruebel:

  • Für den objektiven Teil der Merkmale des Verzuges spielt das, was der Schuldner "meint", keine Rolle. Allerdings gehört zum Verzug auch das subjektive Element des Verschuldens (§ 286 Abs. 4 BGB). Im Palandt unter Rn. 39 und 40 zu § 286 BGB findest Du Beispiele, wann die Rspr. fehlendes Verschulden des Schuldners annahm und Verzug verneinte. Die von Dir geschilderte Fallkonstellation gehört eindeutig nicht dazu.

  • Problematisch sind jetzt die Fälle, in denen ein Anspruch beim ersten Anwaltsschreiben bereits fällig war, der Schuldner dies nicht wusste ... :gruebel:



    nochmal:
    I.
    Ist die Forderung (nur) fällig, aber der Schuldner noch nicht in Verzug, sondern wird erst durch den schon zu diesem Zeitpunkt beauftragten Anwalt in Verzug gesetzt, dann gehören die Anwaltskosten nicht zum erstattungsfähigen Verzugsschaden, denn sie sind ja durch den Gläubiger bereits vor Eintritt des Verzugs veranlasst worden. Nach Eintritt des Verzugs entstehen idR keine weiteren außergerichtlichen (Anwalts)kosten.
    II.
    Hat aber der Gl den Sch selbst gemahnt und beauftragt dann erst einen RA, dann gehören dessen (erstmals nach Verzugseintritt verursachten) Kosten zum Verzugsschaden...
    IIa.
    ...jedenfalls dem Grunde nach. Der Höhe nach kann man lange darüber streiten, ob mehr als ein einfaches außergerichtliches Anwaltsschreiben für erforderlich gehalten werden durfte (mE idR nicht), bevor die Forderung eingeklagt wird.


  • nochmal:

    II.
    Hat aber der Gl den Sch selbst gemahnt und beauftragt dann erst einen RA, dann gehören dessen (erstmals nach Verzugseintritt verursachten) Kosten zum Verzugsschaden...
    .

    Danke!

    Lässt der Gläubiger aber eine vom RA gesetzte Frist verstreichen und zahlt erst lange danach, so sind doch die Kosten des Advkaten zu ersetzen.

    BsP: Anspruch fällig am 01.01.

    Anwalt meldet sich am 10.02. uns setzt Zahlungsfrist zum 25.02.

    Der Gläubiger meckert und wendet Gegeneinwendungen ein, schließlich, nachdem der RA nochmals schreibt und mit der Klage droht, zahlt er am 15.03.

    Kann der Gläubiger denn nicht die Kosten seines rechtlichen Vertreters hier erfolgreich geltend machen? Ich meine nach wie vor: ja! Denn er hätte nach dem Fristablauf am 25.02.08 ja ebenso einen RA beauftragen können, wenn er die erste Frist selbst im eigenen Schreiben setzte.

  • ;)



    RA-Kosten sind am 10.02. entstanden - und, da vor Verzugseintritt, kein Verzugsschaden, also nicht vom Sch zu ersetzen.

    Nach Verzugseintritt entstehen nach Deinem Bsp. keine weiteren Kosten, also sehe ich immer noch keinen kausalen Verzugsschaden.

    Fazit:
    :cool:Was der Gl hätte machen können, aber doch nicht gemacht hat, hat zur Folge,
    ;);) dass er Ersatz hätte kriegen können, aber doch nicht kriegt ;);)

  • Abwandlung: Der Herr Rechtsanwalt weist in seinem Erstanschreiben ausdrücklich darauf hin, dass nach Ablauf der anwaltlich gesetzten Frist und der Nichtzahlung innerhalb derer die Kosten des Advokaten nach dem RVG geltend gemacht und vom schuldner eingetrieben werden.

    Dies ist dasselbe, als schreibe der Mandant also selbst und schaltet erst dann den Gesetzeshüter ein. Warum sollen dann die Anwaltskosten kein erstattungsfähiger Schaden sein?

    Wie wäre dieser Vorschlag?

  • Wieso nicht? Der Anwalt setzt sich doch mit den Einwendungen des Gegners auseinander, bespricht diese u. U. mit dem Mandanten und verfasst dann ein weiteres Schreiben mit Klageandrohung.

    Vorausgesetzt, dass diese Tätigkeiten nach Verzugseintritt stattfinden und die "Klageandrohung" noch keinen Klageauftrag darstellt, sondern den Hinweis des RA, dass er im Falle des weiteren Verzuges seinem Mandanten zur Klageerhebung raten werde, sollten doch die RA-Kosten zumindest teilweise als Verzugsschaden begründet sein??:gruebel:

    Zwar ist die Geschäftsgebühr bereits vor Verzug entstanden, es handelt sich aber um eine Rahmengebühr, die bei Berücksichtigung aller Tätigkeiten des RA bis zur Zahlung doch höher zu bestimmen ist, als nur hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit bis zum Verzug .....(Ausnahmen wie bspw. Kappung auf Schwellengebühr unberücksichtigt)

  • @Reno72

    Wenn durch die nach Verugseintritt entwickelte Tätigkeit des Anwalts tatächlich (erstmals) neue/weitere Gebührenansprüche entstanden sind (ob das so ist, dazu traue ich mir keine qualifizierte Meinung zu, weil ich mit dieser Materie nicht hinreichend vertraut bin), dann dürfte es sich dabei tatsächlich um einen Verzugsschaden handeln, der nach allgemeinen Grundsätzen (auch unter Beachtung der Schadensminderungspflicht) zu erstatten ist.

  • Wie würdet Ihr dann diesen Fall einschätzten: Der Insolvenzverwalter macht eine Forderung geltend für die Masse, einen Anfechtungsanspruch. Dieser ist ab Insolvenzeröffnung fällig. Der Verwalter mahnt den Anfechtungsgegner an und fordert ihn zur Zahlung binnen einer Frist von zehn Tagen auf. Gleichzeitig weist der Verwalter darauf hin, dass der Anfechtungsgegner die Kosten der Rechtsverfolgung nach dem RVG zu tragen habe, sofern er nicht binnen der Frist bezahle. Der Gegner zahlt nicht und lässt die Frist verstreichen. Er zahlt dann Wochen später die Hauptforderung, nicht jedoch den vom Verwalter geforderten Verzugsschaden.

    Hier könnte man doch argumentieren, der Verwalter mahnt zuerst verzugsbegründend an, vergleichbar mit dem Mandanten, der das Verzugsschreiben zunächst selbst an den Schuldner sendet und mit dem Anwalt droht. Wenn die Frist verstrichen ist, wird der IV quasi als Rechtsanwalt für die Masse tätig und darf den Schaden dann doch ersetzt verlangen.

    Ne diskussionswürdige Alternative. :teufel:


  • Hier könnte man doch argumentieren, der Verwalter mahnt zuerst verzugsbegründend an, vergleichbar mit dem Mandanten, der das Verzugsschreiben zunächst selbst an den Schuldner sendet und mit dem Anwalt droht. Wenn die Frist verstrichen ist, wird der IV quasi als Rechtsanwalt für die Masse tätig und darf den Schaden dann doch ersetzt verlangen.



    ;););)
    Wenn der I.V. nachweist, dass er eine gespaltene Persönlichkeit hat, wobei die eine RA ist, die andere nicht, dann würde ich vllt darüber nachdenken, sonst eher nicht!
    :D:D:D

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