Vermögend oder nicht?

  • Ist leider etwas länger, der Text:
    Ich sitze hier grade über einem Rechtsmittel gegen die Anweisung einer Betreuervergütung.
    Also, im Haus des Betreuten hat es gebrannt. Er hat infolge dessen aus der Hausratversicherung 30.000 € erhalten. Die Gebäudeversicherung ist noch hin-und-her-gerissen, ob sie zahlt oder nicht.
    Nach dem Brand ist der Betroffene in eine Einrichtung für Betreutes Wohnen (Wohngemeinschaft) gezogen.

    Der Betreuer meldet seine Vergütung an nach den Sätzen: mittellos, nicht im Heim.

    Die Kollegin weist an: mittellos, Heim.

    Der Betreuer legt Rechtsmittel ein wg. der Auffassung "Heim"

    Der Bezirksrevisor legt RM ein wg. der Auffassung "mittellos".

    Ich würde abhelfen, soweit es um die Frage Heim oder nicht Heim geht, hier bin ich nicht der Auffassung, daß es sich um eine Heimunterbringung handelt.

    Wg. der Versicherungsleistung schwanke ich noch.
    Der Betreuer trägt vor, der Betreute wolle mit dem Geld das Haus wieder in Stand setzen (wofür ja eigentlich das Geld der Wohngebäudeversicherung zu verwenden wäre). Erst hieß es, der Betreute wolle in der Einrichtung bleiben, zuletzt wurde mitgeteilt, der Betreute wisse noch nicht, wie es weiter laufen soll, eventuell wolle er doch zusammen mit seinen Söhnen zurück ins Haus.
    Der BezRev meint, der Betreute verfolge keine alsbaldige Wiederherstellung des vor dem Brand bestehenden Haushalts. Die Absicht, das Haus mit der Versicherungsleistung wieder in Stand zu setzen vermenge die Ansprüche von Hausrat- und Gebäudeversicherung. Schutz für die Leistung der Hausratversicherung gebe es nur, soweit sie auch zweckgerichtet verwendet werde. Daher sei es angemessen, die Leistungen aus der Hausratversicherung zur Kostentragung heranzuziehen.

    Ich tendiere hier dazu, der Auffassung des Betreuers zu folgen. Das Vergütungsverfahren ist ja nun weitgehend pauschalisiert worden. Ist jemand mittellos zahlt er nicht, hat er ausreichende Mittel, zahlt er selbst, punktum. In der vorliegenden Sache hängt sich aber - folgt man der Meinung des BezRev - alles an Eventualitäten auf: zahlt die Wohngebäudeversicherung oder nicht, zieht er wieder ein oder nicht, daraus folgend: wird wieder ein neuer Haushalt gegründet, für den die Versicherungsleistungen gedacht sind oder eben nicht...
    Das paßt in meinen Augen nicht ins System. Aber nur weil mein Bauchgefühl das sagt, muß es längst nicht richtig sein.

    Für Eure Meinungen wäre ich dankbar.

  • Die Heimeigenschaft ist nicht gegeben, da stimme ich mit Kirsten überein.
    Die Versicherungssumme sehe ich aus zwei Richtungen:

    a) Hausversicherung/Feuerversicherung
    Ist das Haus noch belastet, unterliegt der Erstattungsanspruch dem Hypothekenhaftungsverband. Da gehe ich davon aus, dass das Geld zweckgebunden verwendet werden muss.
    Ist das Haus unbelastet, steht die Verwendung im Belieben des Betroffenen. Damit ist er "reich" im Sinne des Vergütungsrechtes

    b) Hausratsversicherung
    Der Teil der Erstattungssumme, der für die Wiederherstellung eines angemessenen Hausrates (im betreuten Wohnen) erforderlich ist, ist für mich sakrosankt. Der überschießende Teil abzüglich 2.600,00 Euro beseitigt die Mittellosigkeit.

  • hallo,

    1. würde auch sagen dass hier keine heimeigenschaft gegeben ist

    2. die frage ob vermögend oder nicht, ist doch auf dem vermögensstand zum zeitpunkt der einreichung des vergütungsantrages basierend, wenn ich mich nicht täusche. da zu diesem zeitpunkt aber die rechtsansprüche aus der gebäudeversicherung noch nicht klar sind, man also nicht weiss ob und falls ja wieviel die versicherung zahlt,ist faktisch kein vermögen vorhanden.

    somit müsste meiner meinung nach "mittellos" als grundlage der vergütung angesetzt werden (vorrausgesetzt natürlich es ist kein anders vermögen vorhanden).

    ne andere frage wärs dann, ob man im nachhinein, wenn die versicherung dann zahlt, die aus der staatskasse bezahlte vergütung vom betreuten zurückverlangen könnte.

    gruss

  • Unabhängig davon, ob das sog. Betreute Wohnen überhaupt unter den Heimbegriff zu subsumieren ist (kommt auf den Inhalt des Vertragsverhältnisses an), scheint mir hier entscheidend zu sein, dass § 5 Abs.1 und 2 VBVG auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Betreuten abstellt. Für einen vergütunsrechtlichen Heimaufenthalt ist daher stets erforderlich, dass der Betreute seinen dauerhaften Lebensmittelpunkt in einer Einrichtung hat, die den gesetzlichen Heimbegriff erfüllt (Palandt/Diederichsen, Anh. zu § 1836, § 5 VBVG RdNr.4). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, und zwar nicht nur derzeit, sondern solange, bis feststeht, ob der Betreute wieder in sein Haus zurückkehrt. Für die Beantwortung dieser Frage muss notgedrungen abgewartet werden, ob die Wohngebäude- bzw. Brandversicherung den entstandenen Brandschaden begleicht. Solange diese Frage nicht entschieden ist, kann es somit nur um einen vorübergehenden Aufenthalt des Betreuten handeln, der noch nicht zu einem dauerhaften gewöhnlichen Aufenthalt erstarkt ist. Das Rechtsmittel des Betreuers erscheint daher bereits aufgrund dieser Erwägung begründet. Ob das "Betreute Wohnen" im vorliegenden Fall den Heimbegriff erfüllt, ist im Ergebnis somit erst von Bedeutung, sobald der Betreute dort seinen gewöhlichen Aufenthalt im Sinne des Gesetzes begründet hat. Dies schließt aber natürlich nicht aus, bereits im vorliegenden Vergütungsverfahren hilfsweise darauf zu verweisen, dass es sich bei der konkreten Einrichtung nicht um ein "Heim" im vergütungsrechtlichen Sinne handelt.

    Die Beschwerde des Revisors halte ich dagegen (derzeit) für unbegründet. Die Versicherungsleistung ist im Rechtssinne als Surrogat an die Stelle des durch Brandeinwirkung vernichteten Hausrats getreten und ist daher bei einer -derzeit noch offenen- Rückkehr des Betreuten in das Haus in erster Linie zur Anschaffung neuen Hausrats zu verwenden (das ist ja auch der Sinn einer solchen Versicherung). Richtig ist andererseits, dass noch nicht entschieden ist, ob die Versicherungsleistung tatsächlich auch zur Anschaffung von neuem Hausrat verwendet wird. Falls ja: Schonvermögen; falls nein: für die Vergütung einzusetzen.

    Stellt sich heraus, dass die Versicherungsleistung endgültig nicht (oder nicht vollständig) für die Anschaffung von neuem Hausrat verwendet wird, können die von der Staatskasse verauslagten Beträge nach § 1836 e BGB vom Betreuten zurückgefordert werden. Da die Entscheidung hierüber aus den genannten Gründen noch aussteht, ist die Beschwerde des Revisors nicht begründet.

  • Zitat von juris2112

    Stellt sich heraus, dass die Versicherungsleistung endgültig nicht (oder nicht vollständig) für die Anschaffung von neuem Hausrat verwendet wird, können die von der Staatskasse verauslagten Beträge nach § 1836 e BGB vom Betreuten zurückgefordert werden. Da die Entscheidung hierüber aus den genannten Gründen noch aussteht, ist die Beschwerde des Revisors nicht begründet.



    Die Kollegin hat in Ihrem Beschluß auch schon den Rückgriff angekündigt für den Fall, daß mit der Instandsetzung des Hauses nicht binnen...begonnen wird. Wobei es da wieder zu einer Vermischung von Hausrat- und Gebäudeversicherung gekommen ist. Kann für meine Begriffe letztlich aber auch dahingestellt bleiben, ob diese Formulierung im Beschluss so ganz sauber ist, denn der Forderungsübergang tritt ja ohnehin kraft Gesetzes ein.
    Aber ich denke, so werde ich meine Entscheidung aufhängen: Versicherungsleistung ist derzeit Schonvermögen, allenfalls greife ich später darauf zu.
    Danke für Eure Überlegungen!

  • zwischenfrage zur praktischen handhabung:

    wie hoch ist denn der beschwerdewert jeweils ?

    bei über 150,- € wäre sofort. beschwerde einzulegen und abhilfe geht eh nicht.

  • Ich kann wie üblich juris nur zustimmen. Ein "vorübergehendes" betreutes Wohnen stellt in jedem Fall keine Heimunterbringung dar. Auch der Revisor liegt wohl falsch. Zu den genannten Gründen ist nichts mehr hinzuzufügen.

    Zu Berechnung des Beschwers (wegen der Abhilfe oder sofortigen Vorlage) solltest Du aber nicht auf die Differenz Heim/vermögend und nicht-Heim/mittellos abstellen. Jede Beschwer ist separat zu berechnen, was dazu führen kann, dass Du u. U. dem einen RM abhelfen könntest, während Du das andere vorlegen müsstest. Im Sinne einer einheitlichen Entscheidung würde ich die beide Beschwerdesummen addieren, womit Du wohl über 150,- € liegen wirst.

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