Vollstreckungsverbot

  • Guten Abend allerseits.

    Bei uns gibt es zur Zeit kontroverse Diskussionen über das Vollstreckungsverbot.
    Es geht um gelegte Pfändungen, wie z. B. Kontenpfändungen.
    Die Frage ist: Muss die Pfändung ausgesetzt, also mehr oder weniger schlafen gelegt, werden oder muss sie komplett aufgehoben werden?

    Das Problem bei einer Aussetzung wäre u.U,, wenn ein Gläubiger (der nichts von der Eröffnung der Inso weiß, eine Pfändung legt. In diesem Falle würde unsere Pfändung wieder zum Leben erweckt mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.

    Die Pfändungsaufhebung hätte den Nachteil, dass im Falle der vorgezogenen Aufhebung, z.B. mangels kostendeckender Masse, wir in die Röhre schuen würden, weil ggfls. andere Gläubiger schneller sind.

    Kann mir bitte jemand helfen, damit der Streit beendet werden kann?

  • Das lässt sich so einfach nicht beantworten, weil verschiedene Fälle zu betrachten sind:

    Durch die Pfändung vor Insolvenzeröffnung wird zunächst einmal ein Pfandrecht und damit ein Absonderungsrecht begründet.

    Fällt die Pfändung in den von § 88 bzw. § 313 Abs. 1 Satz 3 InsO erfassten Zeitraum, wird sie mit Insolvenzeröffnung automatisch unwirksam. Damit erlischt das Pfandrecht, die öffentlich-rechtliche Verstrickung bleibt hingegen erst mal bestehen, der IV/TH kann aber m.E. auch diese durch Rechtsmittel (oder freundliche Aufforderung bei einsichtigem Gläubiger) beseitigen.

    Fällt die Pfändung im IN-Verfahren zwar nicht in den von § 88 InsO, aber in den von § 131 InsO erfassten Zeitraum, dann wird sie zwar nicht automatisch unwirksam, kann aber angefochten und auf diesem Weg beseitigt werden.

    Für die Lohnpfändung gilt bei alledem die Sonderregelung in § 114 Abs. 3 InsO.

    Kann nun die Pfändung trotz all der schönen vorgenannten Regelungen nicht weggeputzt werden, dann bleibt sie grundsätzlich zwar bestehen und begründet ein Absonderungsrecht an dem gepfändeten Gegenstand. Allerdings ist dann wieder zu beachten, dass das Werthaltigmachen des Absonderungsrechts - Beispiel: Schuldner zahlt Bargeld aufs gepfändete Konto ein oder erbringt Dienstleistungen, die die gepfändete Forderung gegen den Drittschuldner werthaltig machen - jedenfalls in dem von §§ 130, 131 InsO erfassten Zeitraum der Insolvenzanfechtung unterliegt (entspr. BGH v. 29.11.07). Und einer Werthaltigmachung des Absonderungsrechts nach Insolvenzeröffnung steht m.E. dann der Regelungsmechanismus der §§ 89, 91 InsO entgegen.

    Sollte nun das unanfechtbar gepfändete Konto nach Ablauf von Insolvenzverfahren und WVP noch bestehen und der Schuldner blöd genug sein, auf dem Konto wieder pfändbares Guthaben anzuhäufen, dann hat der Pfändungsgläubiger m.E. Grund zum Lachen.



  • Sollte nun das unanfechtbar gepfändete Konto nach Ablauf von Insolvenzverfahren und WVP noch bestehen und der Schuldner blöd genug sein, auf dem Konto wieder pfändbares Guthaben anzuhäufen, dann hat der Pfändungsgläubiger m.E. Grund zum Lachen.



    Oder der Schuldner bekommt keine RSB und der Gläubiger freut sich gleich unmittelbar nach der Aufhebung. Ich glaube, irgendwo im Forum mal gelesen zu haben, dass nach der WVP Pfändungen auch von Altgläubigern nicht mehr möglich sind und neu ausgebracht werden müssen. :gruebel:

  • Hallo zusammen!

    Als Unwissende in Sachen Insolvenz (bin eigentlich auf M-Abteilung) stellt sich mir folgende Frage: Was passiert eigentlich mit den Pfübs (hier Kontopfändung von 1995), die weit vor Insolvenzeröffnung (hier 05.11.2007) erlassen wurden? Die Gläubigerin hat gegenüber der Drittschuldnerin (Bank) erklärt, dass die Pfändung ihre Wirksamkeit behält, dass aber eine Überweisung nicht erfolgen darf. Was heißt denn das??!!:gruebel:

    Durch Beschluss vom 14.10.08 wurde der Schuldnerin vom Insolvenzgericht Restschuldbefreiung angekündigt. Diese hat am 17.10.08 von einer privat abgeschlossenen Zusatzkrankenversicherung eine Versicherungsleistung von 750 € auf das gepfändete Konto überwiesen bekommen (die Versicherung hat sich geweigert, das Geld woanders hin zu überweisen).
    Der Pfüb ist wie gesagt von 1995 und die Gläubigerin ist mit einer Freigabe des Geldes nicht einverstanden.

  • Sorry, dass ich nochmals nachfrage: heißt das, dass die alten Pfübs unwirksam werden oder haben die nach wie vor Bestand? Bzw. kann die Schuldnerin etwas gegen die alten Pfübs unternehmen (und wenn ja, was?)

  • Zur Unwirksamkeit der Pfändung:

    AG Göttingen, 02.10.2006, 74 IN 351/05


    Wenn man von der Unwirksamkeit der Pfändung ausgeht, dann sollten die 750,-- Euro der Masse zustehen, aber das ist wieder ein anderes Thema.



    Ggfs. könnte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gewährt werden, wenn sie die Kosten an den Arzt oder sonst irgendwo hin zahlen muss.

    Wenn es für KHT sein sollte, wird es eng für die Schuldnerin, war ein ungünstiger Zeitpunkt.

  • Zur Unwirksamkeit der Pfändung:

    AG Göttingen, 02.10.2006, 74 IN 351/05

    ...



    Muss das Thema nochmal hochholen. Nach der o.g. Entscheidung (Danke rainer!) und den darin angeführten obergerichtlichen Entscheidungen kann bei einer Kontopfändung außerhalb der Rückschlagsperre an den nach Eröffnung eingehenden Beträgen kein Pfandrecht entstehen. Andere lösen den Fall so, dass sie davon ausgehen, dass die "alte" Kontoverbindung nach §§ 115, 116 InsO erlischt und quasi eine neue ensteht (auch mit selber Kontonummer), die dann nicht gepfändet ist. Ergebnis wie oben.

    Nun die praktische Frage: Wenn die Bank das anders sieht und dem Schuldner nichts auszahlen will, wie hat dann ein entsprechender Beschluss auszusehen, in dem das Konto quasi freigegeben wird.
    PFÜB aufheben (wohl eher nicht). Vollstreckung in das Konto für unzulassig erklären? Klarstellender Beschluss, dass die Pfändung des Kontos mit Eröffnung wirkungslos wurde? Oder wie oder was?

  • Ergibt sich doch aus dem Tenor der Entscheidung:

    Die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichtes Göttingen vom 27.01.2005 (73 M 181/05) wird für unzulässig erklärt, soweit Forderungen des Schuldners gepfändet werden, die nach dem 28.06.2005 entstanden sind oder entstehen. Der weitergehende Rechtsbehelf der Drittschuldnerin wird zurückgewiesen.


  • Andere lösen den Fall so, dass sie davon ausgehen, dass die "alte" Kontoverbindung nach §§ 115, 116 InsO erlischt und quasi eine neue ensteht (auch mit selber Kontonummer), die dann nicht gepfändet ist. Ergebnis wie oben....



    Ist ME keine Lösung, da nicht das Konto 4711 gepfändet wird, sodern alles, was aus der Geschäftsverbindung anfällt. Es könnte ja auch noch ein Sparbuch oder ein Depot vorhanden sein.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ergibt sich doch aus dem Tenor der Entscheidung:

    Die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichtes Göttingen vom 27.01.2005 (73 M 181/05) wird für unzulässig erklärt, soweit Forderungen des Schuldners gepfändet werden, die nach dem 28.06.2005 entstanden sind oder entstehen. Der weitergehende Rechtsbehelf der Drittschuldnerin wird zurückgewiesen.


    Der Tenor der Entscheidung ist m.E. rechtlich schlicht unzutreffend.
    Ich kann doch keine Zwangsvollstreckung "aus" einem PfÜB für unzulässig erklären. Ich vollstrecke nicht aus einem PFÜB sondern aus einem Titel. Der PFÜB ist die Vollstreckung...
    Evtl. Vollstreckung in das Konto ab ... für unzulässig erklären?

    @lfdc: Es geht ja nur ums Girokonto bzgl. der laufenden Eingänge.. Wenn er außerhalb der Rückschlagsperre ein Sparkonto oder Depot gepfändet hat, hat er ja ein Absonderungsrecht und das ist auch o.k.

  • ich muss mich dem mal anschließen:
    Der Gläubiger nimmt den Antrag auf Erlass des Pfänders zurück, weil über das Vermögen des Schuldners inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der PfÜb wurde jedoch bereits erlassen.
    Es liegt somit ein klarer Fall von § 88 vor. Muss ich noch irgendwas machen? Eigentlich ist ja alles auf Grund der Vorschrift geklärt, aber irgendwie widerstrebt mir das. Hattet ihr so einen Fall schon einmal?

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