BFH vom 16.10.07, IX R 29/07

  • :oops: Hab noch ne Frage....

    Folgender Fall vor dem Hintergrund des obigen Urteils...

    Schuldner hat ein Fahrzeug, welches er aufgrund der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit unbedingt benötigt; das Fahrzeug ist also unpfändbar, so dass es theoretisch nicht zur Insolvenzmasse gehört. Jetzt habe ich dem Finanzamt gegenüber mitgeteilt, dass das Fahrzeug unpfändbar ist und der Schuldner dieses weiterhin nutzt, habe es also quasi gegenüber dem Finanzamt an den Schuldner "freigegeben" (wir haben die Freigabe genutzt, weil vor Erlass des obigen Urteils das FA es nicht verstanden hat, dass der Schuldner das Fahrzeug weiternutzt und der TH nicht Steuerschuldner ist, sondern Schuldner die Steuern aus seinem pfändungsfreien Vermögen zahlt).
    Nunmehr sagt das FA vor dem Hintergrund der obigen Entscheidung, dass der TH Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer ist. Die Steuerschuldnerschaft kann nur durch Abmeldung gem. § 14 FZV oder Ummeldung auf einen Dritten gem. § 13 FZV beendet werden.


    Was macht Ihr in den Fällen, wenn das Fahrzeug unpfändbar ist und quasi nicht zur Masse gehört? :gruebel: Wie kann man die Steuerschuld umgehen?

    Weiterhin verstehe ich das mit der Abmeldung nicht. Welcher Schuldner hat denn Geld, um das Fahrzeug hinterher wieder anzumelden bzw. wer findet denn einen anderen "Dummen", der das Fahrzeug auf sich anmeldet? Offenbar darf es ja wohl nicht wieder auf den Schuldner selbst zugelassen werden oder? Vor allem müsste doch der TH dann die Abmeldung übernehmen oder? Der Schuldner bezahlt doch nicht für Ab- und Anmeldung, wenn es eigentlich nicht notwendig ist :confused:

    Vielen Dank....

  • Vielleicht pragmatisch:Sch.auffordern,Forderung auszugleichen(ist ja sein Interesse) und selbst ggüber FA MUZ erklären....

  • Vielleicht pragmatisch:Sch.auffordern,Forderung auszugleichen(ist ja sein Interesse) und selbst ggüber FA MUZ erklären....

    Solange der Schuldner zahlt, ist das ja auch alles okay. Wenn nicht, bleibt wirklich nur die MUZ. Das dürfte sich dann aber ggf. echt häufen in 4a- oder IK-Verfahren.

  • Interessant für den Fall auch diese Entscheidung:

    FG Münster, 16.06.2006, 13 K 3960/04 Kfz

    Rechtsnatur der nach Insolvenzeröffnung festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer - Auswirkungen der Anzeige der Masseunzulänglichkeit und deren Veröffentlichung durch das Insolvenzgericht auf die Kraftfahrzeugsteuer

  • Tjaja, die Entscheidung des BFH hat hier auch schon für Wirbel gesorgt.
    M.E. wird diese Entscheidung von den Finanzämtern aber im Hinblick auf Sachverhalte wie den obigen gründlich missverstanden. Ihr habt aber hier auch dazu beigetragen, indem ihr den PKW "freigegeben" habt.
    Wenn ein angemessener PKW zur Arbeitsausübung benötigt wird, ist er gem. § 811 ZPO unpfändbar und fällt damit gem. § 36 InsO nicht in die Insolvenzmasse. Somit kann er auch nicht freigegeben werden. Die BFH Entscheidung spricht aber ausdrücklich von PKWs die ursprünglich in der Insolvenzmasse waren und dann freigegeben wurden.
    Nachdem der PKW aber nach obigem Sachverhalt nie zur Insolvenzmasse gehörte, war der TH auch nicht verfügungsbefugt, so dass die in der Entscheidung zitierten § 34 AO und § 55 I Nr. 1 InsO eben nicht anwendbar sind.
    Also alles nur ein Mißverständnis...
    Lösungsmöglichkeiten:
    1. Mit dem Finanzamt reden und Rechtslage darstellen, was aber wohl nichts nutzen wird, da die angeblich Weisung haben wie oben zu verfahren.
    2. Klarstellenden Beschluss des Gerichts wegen Massezugehörigkeit einholen (kommt Freude beim Gericht auf) und weiter wie 1. Nutzen unsicher.
    3. Pragmatische Lösung und Ab- bzw. Ummelden (vom Schuldner auf den Schuldner - sehr sinnig...) und Masselosigkeit anmelden.
    4. Auf die harte Tour und Finanzgericht, wobei fraglich ist, was dem BFH so alles einfällt. Wäre aber interessant, wie sie in diesem Fall eine Steuerpflicht der Masse begründen.

  • Ich bekomme neuerdings immer ein schönes Formblatt vom Finanzamt, ca. drei Seiten, mit dem ich aufgefordert werde, zu erklären,
    a) ob das Fahrzeug von Anfang an unpfändbar und damit nicht Massebestandteil war und warum das so war
    b) ob ich es freigegeben habe, wobei ich darauf hingewiesen werde, dass mich nur eine schriftliche Anzeige der Freigabe auf Formular XYZ4711 bei der Kfz-Zulassungsstelle und dem Schuldner von der Kfz-Steuerpflicht befreit.

    Ich habe ein Gegenformular entwickelt, das aus dem Satz besteht: "Das Fahrzeug war nie Bestandteil der Insolvenzmasse". Sodann wird das Finanzamtsformular in das Ablagefach für schwierige Fälle gelegt. Der Inhalt wird automatisch einmal jährlich in den Papierkorb entsorgt, weil sich die Schreiben durch Zeitablauf erledigt haben. Im selben Ablagefach liegen übrigens die Aufforderungsschreiben des Finanzamts, nach denen ich nach Verfahrenseröffnung unverzüglich mein Gutachten, einen Ausdruck der Tabelle, die Verzeichnisse nach §§ 152, 153 InsO sowie die Geburtsurkunden meiner Person und des zuständigen Rechtspflegers dort vorzulegen habe.

  • Ich bekomme neuerdings immer ein schönes Formblatt vom Finanzamt, ca. drei Seiten, mit dem ich aufgefordert werde, zu erklären,
    a) ob das Fahrzeug von Anfang an unpfändbar und damit nicht Massebestandteil war und warum das so war
    b) ob ich es freigegeben habe, wobei ich darauf hingewiesen werde, dass mich nur eine schriftliche Anzeige der Freigabe auf Formular XYZ4711 bei der Kfz-Zulassungsstelle und dem Schuldner von der Kfz-Steuerpflicht befreit.

    Ich habe ein Gegenformular entwickelt, das aus dem Satz besteht: "Das Fahrzeug war nie Bestandteil der Insolvenzmasse". Sodann wird das Finanzamtsformular in das Ablagefach für schwierige Fälle gelegt. Der Inhalt wird automatisch einmal jährlich in den Papierkorb entsorgt, weil sich die Schreiben durch Zeitablauf erledigt haben. Im selben Ablagefach liegen übrigens die Aufforderungsschreiben des Finanzamts, nach denen ich nach Verfahrenseröffnung unverzüglich mein Gutachten, einen Ausdruck der Tabelle, die Verzeichnisse nach §§ 152, 153 InsO sowie die Geburtsurkunden meiner Person und des zuständigen Rechtspflegers dort vorzulegen habe.



    Vielleicht sollte man diese Vorgehnsweise mit dem entsprechenden Finanzamt mal absprechen. Es ist doch absolut unsinnig, dass auf der jeweiligen Gegenseite die Anfragen im Mülleimer landen.


  • Vielleicht sollte man diese Vorgehnsweise mit dem entsprechenden Finanzamt mal absprechen. Es ist doch absolut unsinnig, dass auf der jeweiligen Gegenseite die Anfragen im Mülleimer landen.



    Mit meinem örtlichen Finanzamt habe ich ja auch kein Problem. Die verschicken ja auch nur die Formulare, die ihnen vom Landesamt für Finanzen auf's Auge gedrückt werden. Und wenn das als Dienstanweisung kommt, muß es halt getan werden. Dass die Formulare in Ausnahmefällen sinnvoll (dann fülle ich sie auch aus), im Regelfall aber Unfug sind, darüber bin ich mir mit meinem FA vor Ort einig. Mit dem Zuständigen in München würde ich allerdings schon gerne mal über seine Formulare sprechen...

    Was mich eigentlich stört, ist die Gutsherrenart, mit der in diesen Formschreiben sinnlose Auskünfte angefordert werden. Formulare mögen ja Sinn machen, wenn man sich nicht sicher ist, ob der eigene Sachbearbeiter einen insolvenz- und steuerrechtlichen Sachverhalt richtig abarbeiten kann. Aber dann bitte nicht auf meinem Rücken.

  • [quote='Astaroth','RE: BFH vom 16.10.07, IX R 29/07, die Entscheidung des BFH hat hier auch schon für Wirbel gesorgt.
    M.E. wird diese Entscheidung von den Finanzämtern aber im Hinblick auf Sachverhalte wie den obigen gründlich missverstanden. Ihr habt aber hier auch dazu beigetragen, indem ihr den PKW "freigegeben" habt.


    Das mit der Freigabe kam unsererseits aber nur, weil das Finanzamt es vorher nie gerafft hat, dass der Schuldner dann Steuerschuldner ist. Es ging also im Großen und Ganzen nur darum, dass der Steuerbescheid nach Eröffnung nicht auf den TH/IV lautet.

  • Sollte kein Vorwurf sein. Es ist ja klar, dass ihr dem Finanzamt nur irgendwie klar machen wolltet, dass das Ding nicht zur Masse gehört.
    Nach der Entscheidung des BFH ist es aber nun ein gravierender Unterschied ob Freigabe oder nie zur Masse gehört. Das Finanzamt hat hier wohl Freigabe gelesen und stürzt sich nun auf die Entscheidung.
    Die Leute vom Finanzamt sind aber auch nicht zu beneiden. Da haben sie schon das selten dumme deutsche Steuersystem und dann müssen sie sich auch noch mit der InsO rumärgern.

  • Sollte kein Vorwurf sein. Es ist ja klar, dass ihr dem Finanzamt nur irgendwie klar machen wolltet, dass das Ding nicht zur Masse gehört.
    Nach der Entscheidung des BFH ist es aber nun ein gravierender Unterschied ob Freigabe oder nie zur Masse gehört. Das Finanzamt hat hier wohl Freigabe gelesen und stürzt sich nun auf die Entscheidung.
    Die Leute vom Finanzamt sind aber auch nicht zu beneiden. Da haben sie schon das selten dumme deutsche Steuersystem und dann müssen sie sich auch noch mit der InsO rumärgern.



    es ist doch noch viel schlimmer, weil sie sich dann noch mit dem Leidsatz des Finanzamtes beschäftigen muss: Insolvenzrecht geht vor Steuerrecht :D

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wobei es dem BFH manchmal nicht schwer fällt festzustellen, dass die InsO an einer Stelle gar nichts mit dem Sachverhalt zu tun hat und deswegen überhaupt nur Steuerrecht anzuwenden ist. :aetsch:

  • Also wir haben jetzt mit dem zuständigen Finanzamt gesprochen, welches sagte, dass wir aus dieser Situation nur herauskommen, wenn der Schuldner sein Fahrzeug abmeldet und auf einen Dritten neu anmeldet. Es geht nicht, dass der Schuldner das Fahrzeug abmeldet und dieses wieder auf sich selbst annmeldet (ergibt sich nicht aus dem Anhang, sondern lediglich aus einem mit dem FA geführten Telefonat).
    Füge Euch mal die Einspruchsentscheidung des Finanzamtes bei.

    edit by Kai: Anhang entfernt

  • Wie ich oben (6 und 12) bereits vermutet habe: Die hängen sich jetzt an der Freigabe auf, obwohl die gar nicht möglich war, da das KFZ nie zur Masse gehört hat. Nun könnte man natürlich so argumentieren, dass das FA, wenn es mitgeteilt bekommt, dass freigegeben wurde, davon ausgehen kann, dass das KFZ zur Masse gehörte, da der IV/TH sonst ja nicht freigegeben hätte...
    Ober ihr es durchstreitet oder nicht ist natürlich eure Sache; rein rechtlich meine ich aber trotzdem, dass das BFH Urteil den Sachverhalt, dass das KFZ nicht zur Masse gehört, eben nicht betrifft und man deshalb gute Chancen hätte, wenn man das nachweisen kann.

  • ... Es geht nicht, dass der Schuldner das Fahrzeug abmeldet und dieses wieder auf sich selbst annmeldet (ergibt sich nicht aus dem Anhang, sondern lediglich aus einem mit dem FA geführten Telefonat).



    Der Schuldner würde also die Masse verpflichten :wechlach:.

    Der Zulassungsstelle ist es doch egal, wer da angetanzt kommt, um ein Kfz zuzulassen. Wie soll den der Bescheid aussehen...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hier wiehert der Amtsschimmel :wechlach:

    Also ich würde dem FA den Sachverhalt nochmals mitteilen und darauf bestehen, dass das KfZ nie zur Masse gehörte und somit nicht freigegeben werden konnte. Insoweit würde ich den Inhalt des "Freigabeschreibens" nochmals richtigstellen. Die falsche Bezeichnung "Freigabe" ändert ja nichts daran, dass es keine gab, weil es keine geben konnte...

  • Die Auffassung des Finanzamts ist nicht so lächerlich wie es scheint. Es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass es auf die Massezugehörigkeit des Fahrzeuges gerade nicht ankommt. Alleine auf die Haltereigenschaft des Schuldners ist abzustellen. Ist das Fahrzeug auf den Schuldner zugelassen, so gilt die unwiderlegbare Vermutung, dass er der Halter ist. Durch die Insolvenzeröffnung fällt die Rechtsposition als Halter des Fahrzeugs in die Insolvenzmasse. Da es dem BFH dabei sogar egal ist, wenn das Fahrzeug nachweislich vor Insolvenzeröffnung verkauft wurde oder nie dem Schuldner gehörte, wird es wohl auch nicht auf die Unpfändbarkeit des Fahrzeugs ankommen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Aber § 36 InsO definiert doch gerade, was Masse ist und was nicht. Ein unpfändbares Fahrzeug ist eben keine Masse und kann damit auch nicht in selbige fallen. Ich halte die Auffassung des BFH daher genau wie viele andere für an den Haaren herbeigezogen.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

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