Unbekannte Erben - geringer Grundstückswert

  • Im Grundbuch sind 4 Personen eingetragen, von denen 3 noch unter uns weilen. Eine eingetragene Eigentümerin ist seit ca. 100 Jahren tot. Es gibt einen Erbschein aus dem Jahre 1919, die darin ausgewiesenen 6 Erben wären bereits über 120 Jahre alt, sind also ebenfalls verblichen. Über das Schicksal der Erben ist nix bekannt.
    Aus in den Grundakten vorhandenen handschriftlichen Aufzeichnungen eines Kollegen aus dem Jahre 1968 ist ersichtlich, dass bereits damals ergebnislos nach dem Verbleib der 6 Personen geforscht wurde.
    Nunmehr möchte einer der im Grundbuch eingetragenen Miteigentümer das betroffene Grundstück erwerben.
    Es handelt sich um eine geringwertige Parzelle von 70 qm.
    Was nun? Eine Nachlasspflegschaft für die 6 Erben ist insofern problematisch, weil nicht klar ist, wo diese gelebt haben und welches Nachlassgericht zuständig wäre. Mal ganz abgesehen von dem unverhältnismäßigen Aufwand, der dafür betrieben werden müßte.

    Ich bin jetzt einigermassen ratlos, was zu tun ist.
    Habt Ihr (auch unkonventionelle) Tipps für mich?

  • Vielleicht könnte man einen Pfleger nach § 1913 BGB bestellen (lassen), der die Interessen der sechs Unbekannten oder deren Erben wahrnimmt.

    Die Einrichtung einer NL-Pflegschaft sehe ich mangels Sterbenachweisen und den schon angesprochenen Problemen mit der Zuständigkeit jedenfalls auch als schwierig an.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ja, das wäre jetzt auch mein Vorschlag. Frag mal deine Vormundschaftsabteilung. Vielleicht lassen sie sich auf einen Pfleger für unbekannte Beteiligte ein (obwohl ein Fürsorgeerfordernis wohl nicht vorhanden ist).

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Eine Idee wäre natürlich die restlchen Eigentümer zu veranlassen, die Teilungsversteigerung zu beantragen. Ist unkonventionell, aber nicht ganz ohne Risiko.

    Andere Möglichkeit, die ich sympatischer fände; wäre § 82a S. 2 GBO. Ich weiß, die Vorschrift ist unbeliebt. Ich meine aber zu Unrecht. Die Vorschrift muss man in Zusammenhang mit § 1964 BGB sehen. Die Kollegen aus dem Nachlassgericht können ohne großen Aufwand das Erbrecht des Staates feststellen (vgl. dazu Holl, Rpfleger 2008, S. 285).

  • Die Kollegen aus dem Nachlassgericht können ohne großen Aufwand das Erbrecht des Staates feststellen (vgl. dazu Holl, Rpfleger 2008, S. 285).


    Bräuchte man aber dazu nicht zumindest einen Sterbenachweis und einen Hinweis, welches jeweils das zuständige NL-Gericht sein könnte?

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Kollegen aus dem Nachlassgericht können ohne großen Aufwand das Erbrecht des Staates feststellen (vgl. dazu Holl, Rpfleger 2008, S. 285).


    Bräuchte man aber dazu nicht zumindest einen Sterbenachweis und einen Hinweis, welches jeweils das zuständige NL-Gericht sein könnte?



    M. E. ja, das müsste sich aber noch mit vertretbarem Aufwand besorgen lassen.

  • Hmm, nicht unbedingt. Kommt darauf an, wie viel Mühe sich die Meldebehörden machen und welche Infos aus den Grundakten gezogen werden können.

    Hier hätte man aber wohl noch den Vorteil, dass man auch in der damaligen ES-Akte Infos zu den sechs Erben bekommen könnte.

    Ulf

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  • Die (1.) Erben der eingetragenen Eigentümerin sind doch bekannt, da ein Erbschein vorliegt. Also müsste nach diesen 6 Personen jeweils das Erbrecht des Fiskus festgestellt werden, oder verstehe ich hier was nicht?

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Die (1.) Erben der eingetragenen Eigentümerin sind doch bekannt, da ein Erbschein vorliegt. Also müsste nach diesen 6 Personen jeweils das Erbrecht des Fiskus festgestellt werden, oder verstehe ich hier was nicht?


    So habe ich den SV auch verstanden.

    Dann gäbe es aus meiner Sicht dabei noch ein Problem:
    Die Erbeserben sind ja evtl. hier nur dem GBA nicht bekannt. Sie können ja aber schon irgendwo bekannt sein und es könnten sogar entsprechende Erbscheine vorliegen.

    Als NL-Rpfl. wäre ich daher mit dem Feststellen des Erbrechts des Fiskus hier sehr zurückhaltend (allerdings bin ich auch gar kein NL-Rpfl. ;))

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zu dem zitierten Aufsatz im Rpfleger möchte ich mich nicht äußern, weil sonst die Gefahr besteht, daß ich unhöflich werde. Der User TL hat an anderer Stelle dazu schon alles gesagt.

  • Ein kleiner Hinweis zu JRC in #4 (es ist ganz gut wenn man sich mal in fremden Fachgebieten rumtreibt :teufel::( Die Idee mit der Teilungsversteigerung ist ganz schlecht. Denn auch da müssen alle Erben bekannt sein und formvollendet nachgewiesen werden. Im Antragsverfahren herrscht Beibringungsgrundsatz, so dass die 5 restlichen Eigentümer ohne Erben des anderen Miteigentümers mit zustellungsfähiger Anschrift hier nicht weiterkommen.
    Was ich in solchen Fällen immer nicht verstehe warum sich die Vormundschaftsgerichte immer gegen die Abwesenheitspflegschaft so sperren. Wenn veräußert werden soll - ist ja egal auf welchem Wege - ist doch ein Fürsorgebedürfnis da. :gruebel:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Was ich in solchen Fällen immer nicht verstehe warum sich die Vormundschaftsgerichte immer gegen die Abwesenheitspflegschaft so sperren. Wenn veräußert werden soll - ist ja egal auf welchem Wege - ist doch ein Fürsorgebedürfnis da.


    Nicht aus der Sicht des Vertretenen. Der hat gar nichts davon. Ergo gibt es auch kein Fürsorgebedürfnis.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Was ich in solchen Fällen immer nicht verstehe warum sich die Vormundschaftsgerichte immer gegen die Abwesenheitspflegschaft so sperren. Wenn veräußert werden soll - ist ja egal auf welchem Wege - ist doch ein Fürsorgebedürfnis da.


    Nicht aus der Sicht des Vertretenen. Der hat gar nichts davon. Ergo gibt es auch kein Fürsorgebedürfnis.



    Kleine Anfrage an Claudia: Wie war das mit dem Glaushaus und den Steinen? ;)

    Aber in der Tat, ich bin kein Versteigerungsexperte, trotzdem kann ich nicht glauben, dass es keine Möglichkeit geben soll, die Teilungsversteigerung durchzuführen. Das das nicht sinnvoll ist, ist mir klar. Aber es muss doch möglch sein, oder nicht?


  • Aber in der Tat, ich bin kein Versteigerungsexperte, trotzdem kann ich nicht glauben, dass es keine Möglichkeit geben soll, die Teilungsversteigerung durchzuführen. Das das nicht sinnvoll ist, ist mir klar. Aber es muss doch möglch sein, oder nicht?



    Es wird möglich, wenn eben die komplette Erbfolge bis heute geklärt ist oder entsprechende Erben ordnungsgemäß vertreten werden. Ansonsten nicht.

  • Vielleicht sollte der Miteigentümer einfach die anderen (bekannten) Anteile erwerben und damit leben, dass ihm nicht alles gehört. So lange keine großen Investitionen vorgenommen werden, ist das für ihn wohl vertretbar.

    Und für den GB-Rechtspfleger: Manche Akten lassen sich einfach nicht bearbeiten (ich habe auch so eine!). Man kann weiter versuchen nachzuforschen und laaaange Fristen notieren.

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Hallo JRC : Ich schmeisse doch nicht , schon gar nicht gegen Kollegen!!! :D
    Mir ist nur aufgefallen dass die Leute immer zu uns kommen und sagen es geht aus o.g. Gründen kein Verkauf , uns wurde gesagt wir sollen dann eben versteigern lassen. Aber das geht auch nicht. Beim Verkauf und der Versteigerung gelten die gleichen Grundsätze, was die Bekanntheit der Eigentümer betrifft. Der einzige Unterscheid ist das nicht alle mitspielen bzw. dafür sein müssen. Nur das wollte ich gesagt haben.

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