Aufgebotsverfahren für ein Sparbuch

  • Hier mein Fall:

    Die Inhaberin des Sparbuches ist verstorben. Sie ist allein beerbt worden von ihrer Tochter. Das Sparbuch ist beim Nachlass nicht aufgefunden worden. Die Erbin hat nun das Aufgebotsverfahren beantragt und dabei angegeben, dass ihr Bruder das Sparbuch eine Zeit lang in Besitz hatte. Meine Vorgängerin hat nun sowohl die notwendige Versicherung von der Tochter erfordert, als auch von dem Sohn. Die Antragstellerin hat die Erklärungen (nicht gepfändet, verpfändet oder abgetreten + trotz intensiver Suche nicht auffindbar) abgegeben. Der Sohn meldet sich aber nicht und es ist jetzt die Frage wie es weiter geht.. Ist die Erklärung von dem Sohn auf jeden Fall erforderlich?

    Ich bearbeite die Aufgebote erst seit ein paar Tagen und finde leider die gesetzlichen Grundlagen -auch für die Verfügung meiner Vorgängerin- nicht. Kann mir jemand mit Fundstellen, Paragraphen helfen? Mir fehlt leider die Zeit alles durchzuwälzen.

    Vielen Dank!

  • Tut mir leid, das sehe ich anders. Wenn nicht definitiv ausgeschlossen werden kann, dass sich das Sparbuch evtl. doch noch bei dem Sohn befindet, dann ist kein Raum für ein Aufgebotsverfahren, eben weil der definitive Verlust des Buches nicht feststeht. Ein "Nicht-Herankommen" an das Buch ist noch kein Aufgebotsgrund. Ich halte die Versicherung des Sohnes für erforderlich. Anderenfalls ist Nr. 2 des § 1007 ZPO nicht erfüllt.

  • Und was würdest Du der Antragstellerin rein praktisch raten, wenn ihr Bruder sich nicht rührt ?
    Sie ist Alleinerbin und da soll es schon mal vorkommen, dass sie sich mit ihrem Bruder nicht "grün" ist.

    M. E. liegt ein "Verlust" i. S. § 1007 Nr. 2 ZPO vor:
    das Sparbuch ist nicht im Besitz der rechtmäßigen Forderungsinhaberin (=Erbin) und sie weiß nicht, wo es sich befindet.

  • Ich bin ja z. Zt. aD, deshalb sind meine Möglichkeiten etwas fundiert zu prüfen gering, deshalb kommt folgende Überlegung aus dem Bauch:
    halla schreibt in ihrem Ausgangspost, dass die Frau angegeben habe, der Bruder habe das Sparbuch eine Zeit lang in Besitz gehabt.
    Für mich klingt das danach, als wisse sie, dass das nicht mehr der Fall ist, also dass der Bruder es nicht mehr hat, sie aber auch nicht weiß, wo es jetzt ist. In dem Fall wäre mir das mit dem Bruder egal. Die Forderungsinhaberin versichert alles erforderliche und gut is.
    Wenn sie aber angegeben hat, dass zuletzt ihr Bruder das Sparbuch in Besitz hatte, sie aber nicht weiß, ob das noch der Fall ist, hätte ich vom Gefühl her grundsätzlich ein Problem mit dem Aufgebotsverfahren. Müsste dann nicht eher die Erbin gegen ihren Bruder vorgehen, um den Verbleib des Sparbuchs zu klären (Auskunftsklage oder so?)?
    Auf alle Fälle bezweifle ich so ein wenig, dass es eine rechtliche Handhabe gibt, wonach das Gericht dem Bruder im Aufgebotsverfahren die Abgabe einer eV abverlangen kann. Der Bruder ist ja an diesem Verfahren garnicht beteiligt und Amtsermittlungen nach dem Verbleib müssen (dürfen?) wir meiner Erinnerung nach nicht anstellen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -


  • halla schreibt in ihrem Ausgangspost, dass die Frau angegeben habe, der Bruder habe das Sparbuch eine Zeit lang in Besitz gehabt.
    Für mich klingt das danach, als wisse sie, dass das nicht mehr der Fall ist, also dass der Bruder es nicht mehr hat, sie aber auch nicht weiß, wo es jetzt ist. In dem Fall wäre mir das mit dem Bruder egal. Die Forderungsinhaberin versichert alles erforderliche und gut is.
    Wenn sie aber angegeben hat, dass zuletzt ihr Bruder das Sparbuch in Besitz hatte, sie aber nicht weiß, ob das noch der Fall ist, hätte ich vom Gefühl her grundsätzlich ein Problem mit dem Aufgebotsverfahren. Müsste dann nicht eher die Erbin gegen ihren Bruder vorgehen, um den Verbleib des Sparbuchs zu klären (Auskunftsklage oder so?)?
    Auf alle Fälle bezweifle ich so ein wenig, dass es eine rechtliche Handhabe gibt, wonach das Gericht dem Bruder im Aufgebotsverfahren die Abgabe einer eV abverlangen kann. Der Bruder ist ja an diesem Verfahren garnicht beteiligt und Amtsermittlungen nach dem Verbleib müssen (dürfen?) wir meiner Erinnerung nach nicht anstellen.

    Auf jeden Fall dürften wir uns einig sein, dass die Antragstellerin ihren Vortrag präzisieren muss: Hat der Bruder das Sparbuch definitiv nicht mehr? Oder vermutet sie es noch? Sie muss den VERLUST glaubhaft machen, so dass der Rechtspfleger überzeugt genug ist, dass er das Aufgebot erlässt.

    Ich denke, ich würde hier auch zu der strengen Ansicht tendieren: Wenn ich Zweifel an der Darstellung der Antragstellerin über den Verlust hätte, ginge es zu ihren Lasten und der Antrag wäre zurückzuweisen. Dann müsste sie notfalls erst mal im Klageweg Auskunft oder Herausgabe von ihrem Bruder verlangen.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Wenn ich Zweifel an der Darstellung der Antragstellerin über den Verlust hätte, ginge es zu ihren Lasten und der Antrag wäre zurückzuweisen. Dann müsste sie notfalls erst mal im Klageweg Auskunft oder Herausgabe von ihrem Bruder verlangen.



    Herausgabeklage, wenn sie gar nicht weiß, dass der Bruder das Sparbuch hat ?

    Auskunftsklage auf welcher Anspruchsgrundlage ?

  • Das ist ja der casus cnacktus hier: Weiß die Dame definitiv, dass der Bruder das Sparbuch nicht hat? Dann hätte ich kein Problem. Wenn sie aber definitiv nicht genau weiß, ob der Bruder das Sparbuch (noch) hat, dann fehlt es an dem Verlustmerkmal, denn das Buch muss objektiv verlustig sein. Für die Antragstellerin nicht greifbar reicht für ein Verfahren nicht aus! Ich würde in der jetzigen Lage kein Aufgebotsverfahren in Gang bringen.

  • Da der Beibringungsgrundsatz gilt, ist es Sache der Antragstellerin, die notwendigen Erklärungen/Unterlagen beizubringen, auch wenn es Mühe kostet. Anderenfalls ist der Antrag zurückzunehmen. Solche Fälle hatte ich schon mehr als einmal. Bislang gab es bei dieser Verfahrensweise nie Probleme.

  • Da der Beibringungsgrundsatz gilt, ist es Sache der Antragstellerin, die notwendigen Erklärungen/Unterlagen beizubringen, auch wenn es Mühe kostet.



    und wie soll sie das machen (vgl. # 8) ?

    M. E. gilt im Aufgebotsverfahren gerade nicht der "Wahrheits"-Beibringungsgrundsatz, sondern es handelt sich um ein summarisches Verfahren, das dem Rechtsfrieden und der Praktikabilität Vorrang vor der Rechtswahrheit einräumt (und dadurch eine neue Rechtswahrheit schafft).

    Eine Idee wäre sicherlich noch, dem Bruder das Aufgebot zuzustellen. Möge er dann Rechte am Sparbuch geltend machen, falls er welche hat. Anderenfalls ist es für kraftlos zu erklären.

  • Ich habe jetzt keinen Kommentar da. Aber ich denke, es hängt an dem Ausdruck "glaubhaft machen". Wenn der Rechtspfleger nach den Angaben der Antragstellerin nicht GLAUBT, dass das Sparbuch verloren gegangen ist, dann kann er auch kein Aufgebot erlassen, weil die Voraussetzung dafür die GLAUBHAFTMACHUNG des Verlusts ist. Es gibt dazu auch Rechtsprechung. Im Zweifel würde ich den Aufgebotsantrag auch zurückweisen - möge die ASt'in Rechtsmittel einlegen, dann machen sich Leute mit größeren Köpfen und höherem Einkommen auch noch ihre erhellenden Gedanken dazu.


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  • Da der Beibringungsgrundsatz gilt, ist es Sache der Antragstellerin, die notwendigen Erklärungen/Unterlagen beizubringen, auch wenn es Mühe kostet.



    und wie soll sie das machen (vgl. # 8) ?



    Wenn ich der Ansicht bin, dass die gesetzlichen Bedingungen nicht erfüllt sind, erlasse ich das Aufgebot nicht! Wie die ASt.'in ihrer Glaubhaftmachungspflicht nachkommt, ist ihre Sache, nicht Sache des Gerichts. Treten dabei Schwierigkeiten auf, dann hat die Antragstellerin diese zu bewältigen und nicht das Gericht durch Überdehnung der Auslegung gesetzlicher Vorbedingungen diese faktisch zu umgehen. Dabei sind ggf. auch Unannehmlichkeiten hinzunehmen.

    Ein ähnlicher Fall: Der Vater wollte ein Aufgebot bzgl. eines Sparbuchs erlassen haben, weil dieses von Sohn "an sich genommen" wurde und er nicht mehr an das Buch heran kam, weil ihn der Sohn schon diverse Male verprügelt hatte. Auch hier ist das Sparbuch nicht definitiv "weg", so dass ein Aufgebotsverfahren nicht in Betracht kommt. Dabei stand auch hier nicht fest, ob der Sohn das Buch überhaupt noch hat.


    Kann der Verlust als solcher definitiv nicht glaubhaft gemacht werden seitens des ASt., gibt es bei mir kein Aufgebotsverfahren.





  • :dito::daumenrau

  • Ich denke, man kann es wie so oft so und so sehen.

    Musielak Rdnr. 10 zu § 1003 ZPO:
    Voraussetzung aller Urkundenaufgebote ist, dass die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet ist. Abhanden gekommen ist eine Urkunde, wenn der Besitzer den Besitz derart verloren hat, dass er nicht mehr auf sie zugreifen, sie auch im Wege der Zwangsvollstreckung nicht wieder erlangen kann.

    Zentrale Frage dürfte sein, ob man der Antragstellerin auferlegen kann, eine "Negativbestätigung" Ihres Bruders vorzulegen. Die Frage, auf welcher Anspruchsgrundlage sie das Ihrem Bruder gegenüber verlangen kann, ist immer noch unbeantwortet. Eine solche "Negativbestätigung" ist in der ZPO auch nicht gefordert.

    An Entscheidungen in diesem Zusammenhang habe ich gefunden:
    OLG Stuttgart NJW 1955, 1154, 1155; LG Koblenz NJW 1955, 506; LG Frankfurt/M Rpfleger 1986, 187.
    Sie treffen aber allesamt nicht genau unseren Fall.

  • Mit Rechtsprechung bin ich auch nicht viel weiter gekommen. Es gibt kaum Urteile/Beschlüsse zu Aufgebotssachen.

    Ich stelle weiterhin auf den Gesetzeswortlaut "Verlust" ab. Verlust heißt unwiederbringlich verloren durch Brand, Vernichtung, Verlust etc. Ein wenn auch ungesicherter anderweitiger Ort, an dem sich das Buch befinden kann und man nur nicht herankommt, ist kein Verlust. Die Antragstellerin hat alle - auch unbequemen - Schritte unternehmen, die Zweifel zu beseitigen. Sie muss es ja nicht, aber dann gibt es eben auch kein Aufgebotsverfahren.


  • Zentrale Frage dürfte sein, ob man der Antragstellerin auferlegen kann, eine "Negativbestätigung" Ihres Bruders vorzulegen. Die Frage, auf welcher Anspruchsgrundlage sie das Ihrem Bruder gegenüber verlangen kann, ist immer noch unbeantwortet.



    Das ist meines Erachtens nicht die zentrale Frage. Zentrale Frage ist, ob die Antragstellerin - auf Zwischenverfügung - sagt:

    "Mein Bruder hat das Sparbuch zurückgegeben und nun ist es weg" oder

    "Ich weiß nicht, ob mein Bruder das Sparbuch zurückgegeben hat".

    Ich sehe das wie 13. Weiß sie nicht, ob ihr Bruder das Sparbuch noch im Besitz hat, muss sie nachfragen bzw. ggf. auf Auskunft klagen.

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