Handlung des Erben zwischen Erbscheinserteilung und dessen Einziehung

  • Wenn das Nachlassgericht nachträglich eine andere Testamentsauslegung in Erwägung zieht, dann ist das eine vom Nachlaßgericht im Zeitpunkt der Erbscheinserteilung nicht berücksichtigte Tatsache.

  • Wegen

    Aus den NL-Akten ergibt sich, dass das Erbscheinseinziehungsverfahren eingeleitet wurde.


    meinte ich eben, dass das Einziehungsverfahren begonnen hat, und der Rechtspfleger weiß davon. Aus die Maus.

    @nemo:
    Für Dich gelten zunächst einmal § 891 BGB bzw. - falls noch keine Eintragung vorläge - § 2366 BGB, und zwar solange, bis Deine Vermutung an die Richtigkeit dieser Dokumente erschüttert wird. Die Kenntnis um die Erbscheinseinziehung ist eine solche Erschütterung.
    Mit Deiner Behauptung "Ob sich im nachhinein, zum Beispiel nach Löschung, außerhalb des Grundbuches herausstellt, das nicht der 'wahre' Berechtigte zu gestimmt hat, wäre mir egal, da ich zum Zeitpunkt der Löschung das Grundbuch nicht unrichtig mache." wäre ich sehr vorsichtig. Der erste logische Fehler liegt darin, dass es zunächst nicht darum geht, ob Du das Grundbuch unrichtig machst, sondern dass es wahrscheinlich unrichtig ist und Du dann eine Eintragung vornimmst, obwohl der wahre Berechtigte nicht zugestimmt hat und Du auch weißt, dass er wohl nicht der wahre Berechtigte ist. Verstoß gegen § 19 GBO in Reinkultur. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei über 90 %, dass die obergerichtliche Rechtssprechung im Falle eines Schadens auf Staatshaftung erkennt. Im vorliegenden Falle würdest Du durch die Löschung des Rechts das Grundbuch nochmal zusätzlich unrichtig machen.
    Richtig ist Dein Satz dann, wenn Du dazu sagst, dass Du auch nichts davon weißt, dass der eingetragene bzw. im Erbschein ausgewiesene Berechtigte tatsächlich wahrscheinlich nicht der Berechtigte ist.

    Es gibt Literaturmeinungen, nach denen ein gutgläubiger Erwerb durch das Grundbuchamt auch bei Kenntnis nicht zu behindern wäre. Ich halte die Argumentationen, die da geliefert werden, für grundfalsch (um es mal höflich auszudrücken). Im vorliegenden Falle würdest Du jedoch nicht einmal da Rückendeckung bekommen, weil das Grundbuch hinterher - nach der Löschung - immer noch nicht richtig wäre.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • FED: Man mag das Verhalten des Nachlassgerichts sehen, wie man mag. Kann man auch unterschiedlich sehen, da gebe ich Dir Recht. Nur: Die Einziehung haben sie nun angefangen, von daher würde ich mich fragen, warum ausgerechnet ich, der Grundbuchrechtspfleger, mich jetzt auf das dünne Eis begeben und so tun soll, als wäre alles in Ordnung? Warum soll ich mir diesen Schuh anziehen und mich in die Haftungsfalle begeben? Damit ein Löschungsantrag von Tisch ist? Was habe ich davon? Das sähe ich gar nicht ein. Die sollen erstmal klären, wer der wahre Berechtigte ist, und dann sehen wir weiter.

    Seestern hat ja schon anklingen lassen, dass nach der Löschung noch nicht Schluss ist. Wenn Du den Folgeantrag auf derselben Grundlage einträgst wie jetzt die Löschung, meine ich, dass Du im Schadensfall ziemlich schlechte Karten haben wirst.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn das Nachlassgericht nachträglich eine andere Testamentsauslegung in Erwägung zieht, dann ist das eine vom Nachlaßgericht im Zeitpunkt der Erbscheinserteilung nicht berücksichtigte Tatsache.



    Das folgerst Du daraus, daß ohne Ansehen des Inhalts die Anhörung der übrigen Beteiligten erfolgt? (Versteh mich nicht falsch, ich will nicht stänkern. Ich möchte überzeugt werden, wenn ich falsch liege.)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Doch Andreas, das Grundbuch wäre wegen § 893 Alt.2 BGB schon richtig (gilt auch für Drittzustimmung nach § 1183 BGB). Aber Du hast vollkommen recht. Das Grundbuchamt darf nicht zu einem gutgläubigen Erwerb verhelfen. Es würde die Eintragung ohne wirksame Eintragungsgrundlage vornehmen.

  • FED: Also nehmen wir mal an, die Beschwerde ist erfolgreich, der Erbschein wird eingezogen, der Beschwerdeführer erhält einen neuen Erbschein anderen Inhalts und erst dann wird die Löschung mit seiner Eigentümerzustimmung beantragt, während der erste Erbscheinsinhaber gegen den Beschluss des Landgerichts weitere Beschwerde einlegt. Dann haben wir exakt den gleichen Fall. Mit der gleichen Begründung, mit der man aufgrund des ersten Erbscheins für A einträgt, müsste man also auch aufgrund des zweiten Erbscheins für B eintragen. Und wenn das Gericht der weiteren Beschwerde das Landgericht kassiert, gibt es anschließend dann noch einen dritten Erbschein, der aber auch nicht der endgültige sein muss, wenn der Unterlegene dann in den Feststellungsprozess übergeht.

    Wenn man sich das so durchspielt, dann bedeutet das doch, dass man aufgrund all dieser Erbscheine wegen anhängiger Beschwerden entweder immer oder gar nicht eintragen darf. Ich halte das letztere für richtig. Wenn sich mehrere Erbprätendenten streiten, ist das übrigens ein Fall für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Dieser kann in jedem Fall wirksam handeln, ggf. mit Genehmigung des Gerichts.


  • Es bleibt also erstmal abzuwarten, wer tatsächlich Erbe ist.


    Leg die Sache bis zur Beendigung des Erbscheinsverfahrens auf Eis.


    Egal wie die Sache mit dem Erbschein ausgeht; die Eintragung kann solange warten, bis Rechtssicherheit herrscht. Ich denke, da haben auch die Beteiligten Verständnis, wenn man denen die Angelegenheit in einem kurzen Anschreiben erklärt und die Sache bis zum Abschluss des (evt. Erbscheinseinziehungs-)verfahrens verfristet.



    Zunächst einmal vielen Dank für die vielen Antworten. Ich folge gern der momentan herrschenden Forumsmeinung :).

    Die Sache zu verfristen, war auch mein erster Gedanke. Allerdings hat der Notar bereits angedeutet, dass er etwas dagegen hat. Er will nicht, dass das Grundbuchamt so lange "untätig bleibt". Was soll ich ihm durch Zwischenverfügung aufgeben? Die Hergabe eines neuen Erbscheins wohl nicht. Eine sofortige Zurückweisung läge mir aufgrund nicht vorhandener Zurückweisungsgründe fern.

  • Wenn sich mehrere Erbprätendenten streiten, ist das übrigens ein Fall für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft.



    Auf diese Möglichkeit bin ich bislang nicht gekommen. Danke :)!
    Die Anordnung einer NL-Pflegschaft könnte ich dann dem antragstellenden Notar per Zwischenverfügung aufgeben, falls er von einer Verfristung weiterhin nichts hält.

  • Wenn Du die Vermutung des § 891 BGB erschüttert hältst und eine Zwischenverfügung erlässt, müsstest Du dem Antragsteller aufzeigen, wie er das Eintragungshindernis beseitigen kann. Dafür gibt es m.E. drei Möglichkeiten.

    1. Die Vorlage eines Beschlusses des Nachlaßgerichts, mit welchem die Einziehung des Erbscheins abgelehnt wird (vorbehaltlich der Möglichkeit, dass hiergegen wiederum Beschwerde eingelegt wird).

    2. Die Zustimmung des wahren Erben/Eigentümers, ausgewiesen durch neuen Erbschein nach Einziehung des bisherigen (wieder vorbehaltlich der Möglichkeit in Nr.1).

    3. Zustimmung eines Nachlasspflegers, ggf. mit nachlassgerichtlicher Genehmigung.

  • @Eisprinzessin: 1:0 für Dich.

    Auf die Nachlasspflegschaft mag der Notar selbst kommen.

    Für Dich sieht das so aus, dass unklar ist, wer der wahre Berechtigte ist. Fertig. Der Notar muss das nicht unterschreiben und sieht das daher naturgemäß lockerer. Mag er.

    Ich würde das Nachlassgericht mal fragen, auf wie lange die das Verfahren bis zum neuen Erbschein schätzen.

    Je nachdem machst Du eine Zwischenverfügung mit entsprechender Frist oder eine Zurückweisung, weil der Mangel (Vorlage des neuen Erbscheins) nicht in angemessener Frist behoben werden kann.

    Das kommt auch dem Notar entgegen, weil Du dann nicht untätig geblieben bist.:teufel:

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Abwarten und Tee trinken wäre natürlich die eleganteste Lösung.

    Worauf ich hier eine ZV oder einen Zurückweisungsbeschluß stützen sollte, wüßte ich gerade auch nicht.

    Kann, wenn das Erbrecht festgestellt ist, überhaupt noch ein NL-Pfleger bestellt werden? Noch ist der Erbschein in der Welt.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

    Einmal editiert, zuletzt von FED (18. Juli 2008 um 13:42) aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Ein Nachlasspfleger könnte wohl erst nach der Einziehung des bisherigen Erbscheins bestellt werden und falls die Sache in die nächste Instanz geht. Trotzdem ist die Zustimmung eines Nachlasspflegers ein denkbares Mittel, um das Eintragungshindernis zu beseitigen. In einer Zwischenverfügung sind alle Möglichkeiten anzugeben, durch die sich das angenommene Eintragungshindernis beseitigen lässt. Eintragungshindernis ist hier die fehlende wirksame Eigentümerzustimmung, weil nicht feststeht, dass der zustimmende Eigentümer auch der wahre Eigentümer ist.

  • Eintragungshindernis ist hier die fehlende wirksame Eigentümerzustimmung, weil nicht feststeht, dass der zustimmende Eigentümer auch der wahre Eigentümer ist.



    Eben und der wahre Eigentümer müsste auch erst eingetragen werden wegen § 39 (1) GBO. Dann hättest du auch ein Problem mit § 13 GBO von wegen der Antragsberechtigung. Probleme über Probleme ----:gruebel:
    mal sehen was rauskommt, müsste ja wegen der Nachfolgeanträge sowieso erledigt werden. Aber ehrlich so richtig überzeugt habt ihr mich nicht. Das ist aber das schöne an der Juristerei das man auch mal anderer Meinung sein kann.

    Einmal editiert, zuletzt von nemo (18. Juli 2008 um 12:25) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Ergänzung zu #32: Nach einer Entscheidung des BayObLG kann eine Nachlasspflegschaft auch schon vor der Einziehung des Erbscheins angeordnet werden (BayObLGZ 1960, 407).

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