Handschr. Testament: Vor- und Nacherbfolge?

  • Hallo allerseits!
    Ich habe schon wieder ein handschriftliches Testament, wo ich mir nicht sicher bin, wie ich es auslegen soll. Das Testament hat folgenden Wortlaut:
    "Nach meinem Ableben vermache ich meinen Nachlass Hermine. Hermine bleibt es überlassen, ob sie den Nachlass an die beiden Söhne (= Hermines Söhne) überträgt oder ob Stefan (= einer der beiden Söhne von Hermine) alles bekommt. Im Falle des Ablebens von Hermine wird mein Nachlass an Stefan übertragen."
    Wie ist das Testament eurer Meinung nach auszulegen? :confused: Benötige dringend ein paar Denkanstöße!

  • Warum auslegen. Verlang einen Erbschein, den ja der Richter zu machen hat, und schon ist die Sache einwandfrei geregelt.

    Ich persönlich würde das als beschränkte Vorerbschaft sehen.

  • Zunächst sollte ich vielleicht schreiben, dass ich keinen Nachlass mache und das Folgende daher eher ein Relikt aus Studienzeiten ist. (falls es total falsch ist, bitte sagen)

    Zitat von susi


    "Nach meinem Ableben vermache ich meinen Nachlass Hermine.



    Das "Vermächtnis" würde ich als Erbschaft auslegen. Vermacht können ja glaub nur einzelne Vermögensgegenstände werden.

    Zitat von susi


    Hermine bleibt es überlassen, ob sie den Nachlass an die beiden Söhne (=Hermines Söhne) überträgt oder ob Stefan (= einer der beiden Söhne von Hermine) alles bekommt.



    Wahlmöglichkeit, ob die Hermine den Nachlaß zu ihren Lebzeiten an ihre Kinder "verschenkt".

    Zitat von susi


    Im Falle des Ablebens von Hermine wird mein Nachlass an Stefan übertragen."



    Nacherbfolge nach Maßgabe des zu Lebzeiten gemachten. Wenn hälftige Übertragung auch an Sohn X erfolgt ist, ist Stefan eben nur Nacherbe in Höhe der Hälfte, die er ja eigentlich dann auch schon erhalten haben sollte.
    Sohn X kann aber auf keinen Fall den ganzen Nachlaß erben, da Stefan ja auf jeden Fall ein Teil zusteht.
    Würde ich so sagen.

  • Vor-Nacherbfolge ist hier u.U. möglich, führt aber zu einem Ergebnis das vom Erblasserwillen abweicht, da der Vorerbe, auch der befreite keine Schenkungen vornehmen darf, § 2113 II BGB und deshalb zu Lebzeiten an zumindest den anderen Sohn nichts verschenken darf. Eine Befreiung von diesem Verbot ist nicht möglich, § 2136 BGB.

    Diese Schenkungsermächtigung als Vermächtnis umzudeuten scheitert an der Bestimmtheit des Gegenstandes, § 2065 II BGB.

  • Und wie soll ich dann den Erbschein erteilen? XY ist beerbt worden von Hermine. Vor- und Nacherbfolge ist insoweit angeordnet, wie die Vorerbin den Nachlass nicht an einen ihrer beiden Söhne Stefan und Michael übertragen hat. Der Nacherbfall tritt ein bei Tod der Vorerbin. Nacherbe ist Stefan.
    Geht das? Oder wie muss der Erbschein lauten?

  • Eine derartige Formulierung ist äußerst Problematisch und mit dem nun folgenden begebe ich mich auf sehr sehr dünnes Eis:

    Hermine ist unbeschränkte Alleinerbin.

    "Im Falle des Ablebens ... wird ... übertragen." Erblasser sagt nicht von wem, sondern nur wann.
    Deswegen kann darin ein Vermächtnisanspruch des Stefan gegen die Erben der Hermine gesehen werden bezogen auf alle noch vorhandenen Gegenstände des Erblassers.

    Diese Lösung trifft wohl am ehesten das vom Erblasser gewollte, nämlich, dass Hermine zu Lebzeiten über den Nachlass frei verfügen darf.
    Problem: Schenkungen auch an Dritte sind wirksam! und evtl. vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten verbleiben bei den Erben der Hermine.

    Meinungen?

  • @ Tyrael (unsere Beiträge haben sich überschnitten): Den Gedankengang mit dem Vermächtnis hatte ich auch schon. Kann man das umgehen, indem man die Vor- und Nacherbfolge unter die in #6 genannte Bedingung stellt, dass Vor- und Nacherbfolge nur insoweit eintritt, wie die Erblasserin den Nachlass nicht an ihre Söhne übertragen hat? Ist das irgendwie möglich?

  • Auch keine dumme Idee. Besser noch als meine ;)

    Also eine aufschiebend befristete Nacherbfolge = auflösend befristete Vollerbenstellung (in diesem Fall befristet, da der Tod der Hermine als Zeitpunkt ja unweigerlich eintretetn wird und nur nicht feststeht wann).

    Dürfte zulässig sein und führt zum vom Erblasser gewollten Ergebnís.

  • Antje:
    Richtig, deswegen kann man nicht von einer einfachen Vor/Nacherbenkonstruktiuon ausgehen, denn wäre wirksam ein Vermächtnis ausgebracht wäre die Erfüllung ja keine unentgeltliche Leistung und der Vorerbe könnte wirksam die entspr. Ggste übereignen können.

    @krim
    Auflage scheidet wg. §§ 2192, 2065 BGB aus selbem Grund aus wie ein Vermächtnis zugunsten der Kinder mgls. Bestimmung des Gegenstandes.

    Am besten alle drei vorladen und das Problem mit diesen erörtern, vielleicht haben die Beteiligten ja eh schon einen Plan wie weiter verfahren wird.

  • Zitat von susi

    Im Falle des Ablebens von Hermine wird mein Nachlass an Stefan übertragen."



    Das ist m.E. eine Ersatzerbenbestimmung für den Fall, daß Hermine vorversterben sollte.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Zitat von susi


    "Nach meinem Ableben vermache ich meinen Nachlass Hermine. Hermine bleibt es überlassen, ob sie den Nachlass an die beiden Söhne (= Hermines Söhne) überträgt oder ob Stefan (= einer der beiden Söhne von Hermine) alles bekommt.



    Noch´n Vorschlag:


    Hermine ist Alleinerbin mit Vermächtnis nach § 2151 BGB zu Gunsten der Kinder.

    Stefan muß sich also erklären ob er alles haben will, oder mit seinem Bruder teilt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Vorladen geht leider nicht so einfach, die Beteiligten wohnen weit entfernt. Sie haben auch schon einen Notar in der Sache beauftragt. So wie´s ausschaut, scheint der nicht so viel von Nachlasssachen zu verstehen... Der einfache (nicht weiter ausgeführte) Antrag des Notars: Hermine Vorerbin, Stefan Nacherbe. Nacherbfolge tritt ein bei Tod der Vorerbin. Das lass ich so nicht durchgehen. Ein paar Ausführungen, warum wer wie erbt erwarte ich auch von einem Notar. Zumal diese Auslegung dem Willen des Erblassers offensichtlich nicht 100%ig entspricht. Nur bevor ich die Zwischenverfügung los schick, wollt ich noch eure Meinungen einholen. War (bzw. bin mir immer noch nicht) ganz sicher, wie das Testament nun auszulegen ist. Aber ein paar nette Denkanstöße habe ich ja bereits erhalten. Dafür erstmal ein dickes Danke!

  • :habenw

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ich würde eher in Richtung krim auslegen: Hermine ist Vollerbin und Stefan Ersatzerbe. Von einer Auflage würde ich allerdings nicht ausgehen, dass es im Willen von Hermine liegt, wie sie entscheidet. Stefan kann nicht Nacherbe sein, da der Erblasser die Möglichkeit vorgesehen hat, dass Hermine das Vermögen zu Lebzeiten überträgt, was sollte da ein Nacherbe noch erben?

  • Zitat von susi

    Hallo allerseits!
    Ich habe schon wieder ein handschriftliches Testament, wo ich mir nicht sicher bin, wie ich es auslegen soll. Das Testament hat folgenden Wortlaut:
    "Nach meinem Ableben vermache ich meinen Nachlass Hermine. Hermine bleibt es überlassen, ob sie den Nachlass an die beiden Söhne (= Hermines Söhne) überträgt oder ob Stefan (= einer der beiden Söhne von Hermine) alles bekommt. Im Falle des Ablebens von Hermine wird mein Nachlass an Stefan übertragen."
    Wie ist das Testament eurer Meinung nach auszulegen? :confused: Benötige dringend ein paar Denkanstöße!


    Hallo,

    meines Erachtens ist Hermine alleinige Vorerbin, Nacherbe ist Stefan; sofern sie den Nachlaß schenkungsweise auf einen der beiden Söhne übertragen will, ist ihr dies trotz der angeordneten Vorerbschaft gestattet.


    Gruß HansD

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