Zuständigkeit Nachlassgericht oder Ordnungsamt

  • Hallo.
    Die Polizei hier besitzt noch die Schlüssel und einige Medikamente eines Verstorben. Der Verstorbene hat wohl keine Erben bzw. es sind keine bekannt.
    Nun will die Polizei die Schlüssel loswerden. Das Ordnungsamt nimmt sie nicht an mit der Begründung dass das Nachlassgericht dafür zuständig ist und wir - das Nachlassgericht - wollen die Schlüssel auch nicht annehmen, mit eben der Begründung, dass die Schüssel dem Ordnungsamt zu übergeben sind und die die erste Bestandaufnahme, ggf. mit dem Vermieter machen, und uns als Nachlassgericht dann evtl. Mitteilung machen, ob sicherungsbedürftiger Nachlass vorhanden ist.
    Der Vermieter des Verstorbenen ist und ebenfalls nicht bekannt.
    Wer hat die Schlüssel anzunehmen?

  • Tja, das ist so eine Grauzone. Keiner weiß nichts Genaues.

    Wo steht, dass das Ordnungsamt sich um das Mietverhältnis kümmern muss ?

    Können wir als Nachlassgericht einfach so sagen, wir sind nicht zuständig, so lange wir nicht Gewissheit über einen zu sichernden Nachlass haben ?

    Irgendwer muss sich darum kümmern und es ist aus meiner Sicht zumindest nicht falsch, wenn dies das Nachlassgericht tut. Sollte aber natürlich nicht zur Regel werden. ;)

  • Tja, ich stehe etwa vor dem gleichem Problem wie SeeStern08.
    Mein Erblasser hat sich eines Strickes bedient, um seinem Leben ein Ende zu machen.
    Es hat wohl schon einige Zeit vor seinem Tod Stress mit der Lebensgefährtin gegeben, die 4 Wochen vorher mit den 2 mdj. Kindern ausgezogen ist.
    Polizei hat die Wohnung versiegelt.

    Jetzt verlangt sie ihre persönlichen Sachen wie Laptop, Navi sowie einige Sachen der Kinder (Spielsachen) heraus. Sie will zunächst für die beiden mdj. Kinder das Erbe ausschlagen.
    Ich bin mir jetzt auch nicht ganz im klaren was zu tun ist. Soweit die Wohnung noch versiegelt ist, sehe ich auch für das NL-Gericht keinen Spielraum für die Herausgabe. Hinzu kommt, dass die gute Frau den Eigentumsnachweis für Laptop u. Navi nicht beibringen kann.
    Wie die Lebensgefährtin berichtete, soll der EL nur Schulden gehabt haben.
    Inwieweit hier für das Nachlassgericht Handlungsbedarf besteht, weiss ich im Moment auch nicht.
    Habt Ihr eine Idee???

  • würde nachlasspflegschaft einrichten - wenn schon ausschlagungen angekündigt worden sind... versiegelte wohnung ist für mich immer sicherungsbedürftig, und auch in deinem fall, wenn um laptop und navi gestritten wird - nl-pfleger kann erstmal alles sichern und dann kann die frau "ganz in ruhe" versuchen, eigentumsnachweis zu erbringen...

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Sonntagskind;
    dass mit der Nachlasspflegschaft hatte ich auch schon in Erwägung gezogen; aber dann lediglich wegen des Sicherungsbedürfnisses.

  • in Nds. ist wohl erstmal das Ordnungsamt zuständig gem. dem Nds. Gefahrenabwehrgesetz - da hatte ich mal Ärger mit dem Ordnungsamt, letztlich haben sie das aber eingesehen.

    ging darum, wer über die sichergestellten Gegenstände entscheidet - Ordnungsamt hat immer NLPflegschaft beantragt, obwohl nur kaputte Uhr, Kleidung udn Bargeld da war, weil sie meinten, ich müsste sagen wer das bekommt. für mich war nur wichtig: kein Sicherungsbedürfnis = keine Nachlasspflegschaft, also war m. e. nichts zu veranlassen.
    Folge war DAB vom Ordnungsamt, aber Behördenleitung hat sich auch in der Sache geäußert und mir Recht gegeben- von da an war Ruhe udn OAmt hat selbst entschieden.

    Bei Wohnungen habe ich dann grds. Sicherungsbedürfnis gesehen - NLPfleger hat doch oft noch was gefunden, was das Ordnungsamt bei der Sichtung übersehen hatte - Testamente, Versicherungen die man noch zu Geld machen konnte etc.
    Hat auch er nichts gefunden, hat er die Whg. ziemlich schnell ungeräumt an den Vermieter übergeben und die Sache war kostengünstig abgeschlossen.

    Hier - bei anderem Gericht - mache ich nicht mehr Nachlass, aber es läuft wohl alles auch anders - kommt immer auf die Zusammenarbeit mit dem OAmt an.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Da muss ich mich jetzt auch nochmal dranhängen...

    Der typische Fall:
    Polizei versiegelt die Wohnung und nimmt erstmal den Schlüssel an sich. Dann meldet sich eine Nichte der Verstorbenen bei der Polizei und verlangt den Schlüssel heraus. Sie legt eine umfassende notarielle Vorsorgevollmacht über den Tod hiaus vor. Die Polizei verweigert aber die Herausgabe und leitet den Schlüssel an das Ordnungsamt weiter. Die machen aber erstmal gar nichts.

    Nun meldet sich die Nichte dort - mit Hilfe einer Anwältin, da sie wohl dringend in die Wohnung müssen. Das Ordnungsamt verlangt zunächst einen Erbschein, da man ohne ja nicht sicher wissen könne, ob die Nichte auch tatsächlich Erbin geworden ist. Eine rechtliche Grundlage dafür kann das Ordnungsamt aber nicht nennen. Nach einigem hin und her gibt das Ordnungsamt dann aber den Schlüssel aufgrund der Vollmacht an die Nichte heraus.

    1. Frage: Hätte bereits die Polizei den Schlüssel aufgrund der Vollmacht herausgeben müssen?

    2. Frage: Wenn jetzt der Schlüssel - warum auch immer - beim Ordnungsamt liegt: Darf das Ordnungsamt einen Erbschein verlangen? Ich denke die Vollmacht wird gerade aus dem Grund gemacht, damit der Berechtigte auch nach dem Tod des Vollmachtgebers noch handlungsfähig ist.

    3. Frage: Für den Fall, dass nun keine Vollmacht und kein Testament vorliegt und die Polizei die Wohnung versiegelt hat. Wer nimmt in dem Fall den Schlüssel an sich? Das Ordnungsamt hier (Niedersachsen) meint, ich als NL-gericht sei zuständig... Ich denke jedoch das Ordnungsamt sichert zunächst einmal alles.
    Und falls dann jemand aus der Verwandtschaft kommt und den Schlüssel haben will... Gebe ich - oder gibt das Ordnungsamt diesen dann ohne Erbnachweis einfach so heraus??


    Ich meine in den meisten Fällen, in denen die Polizei nicht dazwischenhängt, kriegen wir doch auch nicht mit wo der Schlüssel ist. Das klären die Verwandten dann ja auch unter sich.
    Liegt das Problem dann hier nur darin, dass eben die Polizei versiegelt hat und der Schlüssel nun bei einer Behörde liegt?

    Die Anwältin in meinem Fall meint auf jeden Fall, dass in jeden Fall das Nachlassgericht für die Sicherung und Annahme des Schlüssels zuständig wäre und auch, dass ich in diesem Fall den Schlüssel ohne weiteres an eine Verwandte herauszugeben hätte. Da könnte doch dann aber jeder kommen oder?? Das kann doch nicht richtig sein...


    Und noch ne 4. Frage: Was mache ich denn in den Fällen, in denen nur Ausschlagungen kommen und die Wohnung versiegelt ist? Das Ordnungsamt fragt mich, ob die den Schlüssel an den Vermieter geben dürfen oder ob ich ihn nehme so lange das Verfahren noch läuft. Ich sehe erstmal keinen Grund zur Annahme des Schlüssels und auch nicht dazu einen Nachlasspfleger zu bestellen. Aber was passiert in der Zeit wo noch Ausschlagungsfristen laufen mit dem Schlüssel???

    Fragen über Fragen... ich hoffe ihr könnt mir helfen... :confused:

  • Ich bin grad nicht im Büro, aber ich meine, dass 16 Ortsgerichtsgesetz ggf schon weiterhilft zum Verständnis....ich versuche morgen nochmal nachzulesen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Dein Sachverhalt bzw. die Fragen verquicken unterschiedliche Dinge.

    Zunächst muss man festhalten, dass die Polizei und auch das Ortsgericht grundsätzlich im Rahmen einer ersten Nachlasssicherung das Recht haben, die Wohnung zu siegeln und den Schlüssel zu verwahren (vgl. § 16 Ortsgerichtsgesetz in Hessen http://www.ortsgericht.de/gesetze/ortsge…setz/index.html bzw. hier allemeine Infos http://de.wikipedia.org/wiki/Ordnungsbehörde)

    Die Befugnisse werden durch Verordnungen und Landesgesetze geregelt.

    Dennoch bleibt grundsätzlich die übergeordnete Befugnis des eigentlich zuständigen Nachlassgerichts nach § 1960 BGB zu verfahren davon unberührt. Die Polizei und das Ordnungsamt als Ortspoizeibehörde haben die Nachlassgerichte über die ergriffenen Maßnahmen zu informieren.

    Jetzt zum Thema Schlüsselherausgabe:

    Die Herausgabe des Schlüssels zur Wohnung ist in diesem Fall gleichbedeutend mit der Erteilung der Verfügungsmacht über den Nachlass der eigentlich für die unbekannten Erben und nicht für einen Bevollmächtigten gesichert ist.

    Natürlich kann eine transmortal erteilte Vollmacht die Befugnis enthalten, über den Nachlass zu verfügen. Es könnte aber ja z.B auch sein, dass die Vollmacht durch einen inzwischen vom Nachlassgericht eingesetzten Nachlasspfleger widerrufen wurde. Alleine eine bereits vorhandene Generavollmacht bedeutet noch nicht, dass nicht das NLG trotzdem oder gerade desswegen einen Pfleger bestellt.

    Gerade und weil hier mehrere Stellen zuständig sind, hat die Polizei bzw. das Ordnungsamt m.E. richtig gehandelt. Zuerst musste das Nachlassgericht informiert werden. Hätte das gesagt "hier ist nichts durch das Gericht zu veranlassen/veranlasst worden", dann erst hätte ich als Polizei die Verfügungsmacht erteilt und den Schlüssel herausgegeben. Dann erfolgt die Herausgabe durch das Ordnungsamt/Polizei natürlich nur gg Vorlage der Originalvollmacht. Ein Erbschein darf nicht verlangt werden.

    Zu Frage 3:
    Hier ist zu prüfen, ob ggf. ein Nachlasspfleger nach § 1960 BGB zu bestellen ist bzw. dessen Bestellung durch das Ordnungsamt beim Nachlassgericht angeregt werden muss.

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  • Zur Ergänzung:

    OLG München: Transmortale Generalvollmacht gibt kein Beschwerderecht gegen Anordnung der Nachlasspflegschaft

    § 59 FamFG; § 1960 BGB
    1. Gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft steht dem Inhaber einer über den Tod hinaus erteilten Generalvollmacht des Erblassers kein Beschwerderecht zu.
    2. Gegen die Auswahl des Nachlasspflegers ist ein nicht berücksichtigter Bewerber nicht beschwerdebefugt. ( Leitsätze des Gerichts)


    OLG München, Beschluss vom 26.02.2010 - 31 Wx 16/10, BeckRS 2010, 5237


    1. Der Erbe ist unbekannt i.S. von § 1960 BGB, wenn mehrere Erben in Betracht kommen und sich der Tatrichter nicht ohne weitere Ermittlungen davon überzeugen kann, wer Erbe ist. Dies gilt auch, wenn die Erteilung des Erbscheins allein von Auslegungsfragen abhängt, es aber zu einer abschließenden Entscheidung wegen der Inanspruchnahme mehrerer Rechtszüge über Jahre nicht kommt und inzwischen ein Sicherungsbedürfnis bezüglich des Nachlasses entsteht.
    2. Zum Bedürfnis für die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft, wenn eine Vorsorgevollmacht des Erblassers vorliegt.
    (Leitsätze der Redaktion)

    LG Gießen, Beschluss vom 10. 5. 2007 - 7 T 134/07 ; NJOZ 2008, 2682

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  • Das ist ein "Nebenkriegsschauplatz".

    Ich wollte damit ja auch nur zum Ausdruck bringen, dass sich eine Generalvollmacht und die Frage nach einer Nachlasspflegschaft nicht automatisch mit "nein" beantwortet oder sich beide Dinge gegenseitig ausschließen.

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