Schuldner des Schuldners

  • Ich hatte heute mit meiner Kollegin einen kleinen Disput zur Auslegung des § 30 InsO.

    Sie meint, ich habe den Eröffnungsbeschluss auch an Banken, Versicherungen und sonst wen zuzustellen, da dies schließlich Schuldner des Schuldners sind. Ich meine, der Begriff hat sich auf diejenigen zu beschränken, an die der Schuldner Lieferungen und Leistungen erbracht hat und die deshalb auch im klassischen bilanzrechtlichen Sinn Debitoren sind.

    Da ich in den mir zugängigen Kommentaren nix rechtes gefunden habe, würde ich gern Eure Meinung hören.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der MüKo sagt zum Normzweck: "Die Bekanntmachungs- und Zustellungspflichten des § 30 sollen sicherstellen, dass der Eröffnungsbeschluss mit seinem wesentlichen Inhalt möglichst bald und möglichst weitgehend im Rechtsverkehr verbreitet wird. Die Beteiligten sollen in die Lage versetzt werden, ihr Verhalten auf die neue Situation einzustellen und insbesondere ihre Rechte und Pflichten im Verfahren sachgerecht wahrzunehmen. Durch die Einzelzustellungen (Abs. 2) soll zudem ihr guter Glaube in die unbeschränkte Verfügungsbefugnis des Schuldners beseitigt werden."

    Eine schnelle Info an Banken und Versicherungen und sonstige Stellen (die nicht schon vom Gericht angeschrieben wurden), von denen man Zahlungen erwarten könnte, die der Schuldner möglicherweise nach Erhalt sofort verbraucht, macht diese bösgläubig und verhindert möglicherweise, dass Masse verschwindet und man nichts dagegen machen kann (letzteres ist das Hauptproblem, dass der Schuldner zwar evtl. Probleme mit Stundung und RSB bekommen könnte, aber das Geld nicht in die Masse zu zwingen ist und es daher für die Gläubiger endgültig futsch ist).

    Ich denke, den Schuldnerbegriff kann man ausdehnen auf alle Forderungen des Schuldners, also nicht nur L+L, sondern auch "sonstige".

  • Was ist damit?



    (1) Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet*); diese kann auszugsweise geschehen. Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. (2) Das Insolvenzgericht kann weitere Veröffentlichungen veranlassen, soweit dies landesrechtlich bestimmt ist. Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstllen, dass die Veröffentlichungen

    (2) ..........


    (3) Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt?

  • Das Problem ist ja nicht das Finanzamt, Banken oder Versicherungen, die sich nicht mit "Internet nicht angeschaut" herausreden können. Das Problem sind Schuldner wie Oma Lutz, die sich zumindest für einen bestimmten Zeitraum glaubhaft auf die Behauptung stützen können, sie hätten nichts von der Inso gewusst.

  • Das Problem ist ja nicht das Finanzamt, Banken oder Versicherungen, die sich nicht mit "Internet nicht angeschaut" herausreden können. Das Problem sind Schuldner wie Oma Lutz, die sich zumindest für einen bestimmten Zeitraum glaubhaft auf die Behauptung stützen können, sie hätten nichts von der Inso gewusst.



    Ich denke, da zieht dann der Dreissiger! Wenn die OMI, die vom Intenet noch nie gehört hat und des Pcs nicht mächtig ist, sich auf die Unkenntnis beruft, dürften die Karten für den IV schlecht stehen. Dann ist die Vermutung der Kenntnis nach den §§ 81 ff InsO. - zugunsten der Greisin - widerlegt.

    Wenn aber die Zustellungen an die OMI erfolgten, dann muss die Dame diese nach § 8 I 3 InsO gegen sich gelten lassen. Ob sie tatsächlich davon Kenntnis nahm oder die Brille zum Lesen nicht aufgesetzt hatte, wäre dann ohne Belang.

    Also Gegs: Zustellen, dann hats du in jedem Falle weniger Ärger !

  • Wie stellt man sich das denn bei einem großen Arbeitgeber vor, der Hunderttausende von AN hat oder die Deutsche Rentenversicherung mit Millionen von potentiellen Insolanern.

    § 9 Abs. 3 InsO spricht von "Beteiligten" und § 30 von Schuldnern des Schuldners. Da dürfte doch schon im Interesse der Masse eine "Zustellung" von größerer Bedeutung sein als bei irgend welchen Beteiligten aus anderem Grund.

  • Bei Finanzamt als Gläubiger einer Stuerforderung oder Schuldner des Erstattungsanspruchs muss man denke ich schon unterscheiden weil es als Schuldner unter § 30 InsO fallen dürfte.

  • Hintergrund meiner Frage ist ein ganz profaner.

    Unter welcher Pposition lege ich die Vermögenswerte in WINSO... an. Meine Kollegen meinen, immer unter Debitoren, dann wird die Zustellung einfacher. Ich meine, erstens sind die Versicherungen, Banken etc. im bilanziellen Sinn keine Debitoren und zweitens wäre die Auffassung quatsch, wenn an diese Personen gar nicht zugestellt werden muss, sondern ein einfaches Anschreiben es auch tut.

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  • ...und zweitens wäre die Auffassung quatsch, wenn an diese Personen gar nicht zugestellt werden muss, sondern ein einfaches Anschreiben es auch tut.



    Wo ist denn der Unterschied zwischen einem einfachen Anschreiben und der Zustellung durch den Verwalter per Aufgabe zur Post :confused:

  • Ich mag mir aber nicht bei jedem Schreiben außerhalb der Erstzustellungen einen Zustellnachweis ausdrucken und diesen mit den entsprechenden Unterschriften versehen. Und sag jetzt nicht, das macht Frau W. :strecker.

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  • Wo ist denn der Unterschied zwischen einem einfachen Anschreiben und der Zustellung durch den Verwalter per Aufgabe zur Post :confused:



    Ob du es glaubst oder nicht, aber diese Frage wollte ich nun auch anbringen?

    Gelernt habe ich es jetzt trotzdem, denn ohne ein entsprechendes Programm ist der ZNW jedesmal selbst zu tippeln.

    Bei den always üblichen Formschreiben mit ein und demselben Wortlaut reicht ja auch ein ZNW mit dem Hinweis, dass das Schreiben mit demselben Wortlaut auch an weitere Scharen von Beteiligten ging. :teufel:

  • Nicht jeder hat Winsolvenz ! :wechlach:

    Und dabei habe ich mich die ganze Zeit bemüht, den Klarnamen nicht zu verwenden. Ich weiß doch, dass Dein Chef kein Winsolvenz benutzt. Ich verstehe aber den Satzinhalt trotzdem nicht :(.

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    Einmal editiert, zuletzt von Gegs (21. August 2008 um 20:52)

  • Ich habe bis heute noch keinen einzigen Eröffnungsbeschluss zugestellt bekommen.

    Zustellungsmängel sind heilbar und ich freue mich schon, wenn ich irgendwie von der Eröffnung erfahre.

    Ich hatte auch schon Fälle, in denen ist drei Tage vor dem Zahltag ein Eröffnungsbeschluss bekommen, der schon über zwei Monate alt war und der TH meinte doch glatt, dass ich verpflichtet sei, die Auszahlung an den Schuldner zu verhindern und ihm die pfändbaren Beträge überweisen müsse.

  • Eröffnungsbeschluss bekommen, der schon über zwei Monate alt war



    Das liegt nicht immer an uns. Manchmal kommen auch die Geschäftsstellen beim Gericht mit der Ausfertigung der Beschlüsse nicht hinterher :(.

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