gemeinschaftliches Testament

  • Hallo Leute.

    Habe folgende gemeinschaftliches handschriftliches Testament:

    Wir, die Eheleute A und B setzen unseren Sohn C zum Alleinerben ein.

    Ehemann ist 1993 vorverstorben, Testament wurde damals nicht abgeliefert.

    Ehefrau ist jetzt verstorben.

    Akte noch nach dem Ehemann anlegen ?

    Heißt das Testament, dass die Eheleute, jeder getrennt für sich, den Sohn zum Alleinerben eingesetzt haben ?

    Danke schonmal

  • Für den Ehemann ist eine Akte anzulegen. Die Erbfolge nach dem Ehemann ist Auslegungssache. Kann auch eine konkludente gegenseitige Erbeinsetzung und eine Schlusserbeneinsetzung zugunsten des Sohnes sein. Wenn beide nur dieses eine Kind hatten, fällt die Katze aber vom Endergebnis her auf dieselben Füße.

  • Das kann pflichtteilsrechtlich sehr schwierig werden, weil bei beiden Lösungen ganz unterschiedliche Ergebnisse herauskommen. Wurde der Ehemann von seiner Frau beerbt, ist die Pflichtteilsquote für beide Söhne je 1/8. Soweit also kein Problem. Wurde der Ehemann vom Sohn beerbt, sind die Pflichtteilsquoten wegen § 1371 Abs. 2 Halbs. 2 BGB aber anders: 1/8 für die Witwe und für beide Söhne je 3/16. Die Pflichtteilsansprüche für den ersten Erbfall sind noch nicht verjährt (§ 1944 Abs. 2 S. 2 BGB). Wenn der Ehemann von Sohn beerbt wurde, ist sein Nachlaß nicht Bestandteil des Zweitnachlasses der Ehefrau. Der Pflichtteilsanspruch des zweiten Sohnes am Nachlaß der Mutter kann also viel geringer ausfallen. Bestandteil des Nachlasses der Mutter wäre aber ihr noch nicht verjährter Pflichtteilsanspruch am Nachlaß ihres Ehemannes. Dieser wäre also auch bei der Berechnung des Pflichtteils des zweiten Sohnes zu berücksichtigen.

    Der zweite Sohn ist vor einer Erbscheinserteilung nach beiden Erbfällen anzuhören.

  • Saprament, Du hast natürlich recht! Und dabei sah der Fall so harmlos aus.



    Ging mir genauso. Die Formulierung klang irgendwie zu einfach. Hab das auch noch nie in der Art gehabt.

    Vielen Dank euch allen

  • beachte es sind 2 x Testamentseröffnungsgebühren zu erheben. Nach Ehemann und nach Ehefrau, auch wenn TE in einem Protokoll. Hatte ich bisher falsch gemacht.
    Ansonsten meine ich auch dass es Auslegungssache sei. Es gibt Rechtssprechungen die eine "ergänzende" Auslegung zur gegenseitigen Erbeinsetzung nicht zu lassen, andere lassen das zu.

  • Ich hätte hier ein Problem damit eine gegenseitige Alleinerbeinsetzung der Ehegatten anzunehmen.

    Der Wortlaut des Testaments ist eindeutig. Von einer Alleinerbeinsetzung ist keine Spur.

    Über die ergänzende Auslegung würde man nur dann u.U. ans Ziel kommen, falls hier eine ergänzungsbedürftige, planwidrige (ungewollte) Lücke vorliegen würde. Hierzu müsste aber zumindest eine Andeutung im Hinblick auf eine gegenseitige Alleinerbeneinsetzung im Testament enthalten sein. Dies ist m.E. nicht der Fall (man müsste natürlich auch noch die Umstände außerhalb des Testamenttextes zum Zeitpunkt der Errichtung heranziehen, da wird aber wahrscheinlich nichts zu ermitteln sein). Daher wäre hier jeweils der Sohn Alleinerbe des jeweils verstorbenen Elternteils.

  • Der Wortlaut des Testaments ist nach meiner Meinung nicht eindeutig.

    Es kann heißen: Wir ... setzen jeder für uns ..., oder
    Es kann heißen: Wir ... setzen nach dem Tod von uns beiden ...

    Das "Wir" deckt m.E. beides ab.

  • Ich kann mich dieser Auslegung (bisher) nicht anschließen. Man muss doch von dem üblichen Sprachgebrauch ausgehen. M.E. ist dies die erste Variante.

    Zum Vergleich: "Wir schenken dir 500,00 EUR".

    Dann ist ja damit nicht gemeint, dass man sich erstmal gegenseitig das Geld schenkt, sondern der Beschenkte sofort die 500,00 EUR erhält.

  • @ jsutus: genau der Fall ist in meiner Ausbildungszeit vorgekommen. Eheleute hatten ein Testament da stand drin wenn wir gleichzeitig sterben erben unsre Töchter zu gleichen Teilen. Zum Glück konnten wir die Witwe und die 2 Töchter befragen wie das nun gemeint ist, da das gleichzeitige Sterben ja nicht eingetreten ist. Die Witwe hat gesagt auf die Idee das da was zu regeln sind sie gar nicht gekommen. Man hatte sich dann schnell darauf geeinigt dass die Mutter zuerst allein erben soll und das die Töchter erst bei ihrem Tode erben sollen.
    Aber ich kann das schon verstehen 2 richtig gute Eheleute die sind zusammen verschweisst und erst wenn beide tot sind kommt die nachfolgende Generation dran.:D

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • @ Justus: Bei Deinem Schenkungsbeispiel ist die Willensrichtung der Schenker ganz klar, beim Testamentsfall aber nicht, das lässt sich nach meiner Meinung nicht vergleichen.

    Und wenn bei der Schenkung nur ein Schenker Vermögen hat und der andere nichts? Dann schenkt auch nur einer, obwohl beide "wir" schreiben. Klar ist also gar nichts, es kommt immer auf den Einzelfall an.

  • Mit meinem Beispiel wollte ich nur den üblichen Sprachgebrauch verdeutlichen und der ist nunmal so, dass üblicherweise darunter nicht was "gegenseitiges" gemeint ist.

    Die Auslegung geht mir hier und auch bei dem von Claudia geschilderten Fall einfach zu weit. Wie schon geschrieben kann die ergänzende Auslegung nur bei planwidrigen Lücken greifen. Es ist dann zu ermitteln was der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung gewollt und testiert hätte, wenn er das spätere Ereignis bedacht hätte (nachträgliche Lücken) oder wenn er von der falschen Beurteilung von Rechtsverhältnissen ausgegangen ist (ursprüngliche Lücken). Liegt dies vor, kann ich auslegen. Der Auslegung sind aber durch die Andeutungstheorie Grenzen gesetzt. Der tatsächliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers muss seine Grundlage in dem errichteten Testament haben, da er ansonsten nicht formgültig erklärt wurde.

    Und genau diese Andeutung fehlt bei vorliegendem Testament völlig. Aus dem Testament lässt sich überhaupt nichts entnehmen was für eine gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten spricht. Sollte daher ein Erbschein erteilt werden, der den Ehegatten als Alleinerben ausweist, wäre dieser aufgrund Unrichtigkeit einzuziehen, da er aufgrund einer formunwirksamen Verfügung von Todes wegen erteilt worden wäre.

    Einzige Möglichkeit wäre die Anfechtung.

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