§§ 1629 u. 1828/1829 BGB: Gesamtvertretung und Genehmigung

  • In einem anderen Thread ist am Rande folgende Frage aufgetaucht, die ich hiermit mal eigenständig zur Diskussion stellen will:

    Ein mdj. Kind wird bekanntlich gem. § 1629 BGB von beiden Eltern gemeinsam vertreten (sofern es nicht nur um die sog. Empfangsvertretung geht).

    Im Genehmigungsverfahren gelten dann die §§ 1828 und 1829 BGB, die dazu führen, dass z.B. eine Genehmigung eines Grundstücksverkaufs erst wirksam wird, wenn die Eltern diese vom Gericht empfangen und dem Vertragspartner mitteilen.

    Für das Empfangen dürfte es wohl entsprechend § 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB genügen, wenn ein Elternteil die Genehmigung zugestellt bekommt.

    Beim zweiten Schritt, also der Bekanntgabe an den Vertragspartner, müssten dann aber wohl wieder beide aktiv werden, wenn ich es richtig sehe.
    (Zumindest habe ich nichts Gegenteiliges finden können aber wenn jemand von Euch dazu etwas hat, bitte her damit!)

    In der Praxis ist das wohl so lange egal, wie die Eltern zusammen leben, denn dann kann man davon ausgehen, dass sie gemeinsam handeln, wenn sie die Genehmigung weiter leiten und nichts anderes erkennen lassen.
    (Denke ich jedenfalls oder sieht das jemand anders?)

    Was aber, wenn die Eltern getrennt leben? Vater lebt in Hamburg und Mutter und Kind in München.
    Müssten dann nicht beide Eltern jeweils die Genehmigung dem Vertragspartner mitteilen, damit diese letztlich wirksam wird?!
    (Wenn ja, da müsste das FamG wohl allein aus diesem Grund zwei Ausfertigungen raus schicken: eine an Mama und eine an Papa).

    Wie beurteilt Ihr die rechtlichen Aspekte?

    Wie handhabt Ihr das in der Praxis?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich beglücke beide Elternteile mit dem Genehmigungsbeschluss, unabhängig davon, ob sie zusammen leben oder getrennt sind, durch Übersendung. Das Problem stellt sich also bei mir nicht. Ich lasse also die Frage des § 1629 I1 2. Halbsatz BGB bewusst dahingestellt.
    Ich sehe allerdings auch keine Gefahr darin, nur an einem Elternteil die Bekanntgabe zu richten, denn selbstverständlich müssen beide Eltern gemeinschaftlich handelnd im Sinne des § 1829 I BGB vorgehen, um die dortigen Wirkungen herbeizuführen.
    Ansonsten käme der Elternteil, der anderen Sinnes geworden ist, mit seiner Verweigerung der Mitteilung im Sinne des § 1829 I BGB nicht durch, würde also durch die kalte Küche ausgebootet.


  • Ich sehe allerdings auch keine Gefahr darin, nur an einem Elternteil die Bekanntgabe zu richten, denn selbstverständlich müssen beide Eltern gemeinschaftlich handelnd im Sinne des § 1829 I BGB vorgehen, um die dortigen Wirkungen herbeizuführen.


    Eine Gefahr sehe ich auch nicht.

    Nun bin ich aber nicht nur F-Rpfl. sondern auch GB-Rpfl. und habe deshalb auch die andere Seite im Hinterkopf:
    Wie würde ich prüfen, ob die getrennt lebenden Eltern beide von der Genehmigung Gebrauch gemacht haben?
    Wenn nur eine Ausfertigung an einen Elternteil raus geht, würde mir allein der ZU-Nachweis darüber, dass diese Ausfertigung z.B. der Mutter und dann den Käufern zugestellt wurde, nicht reichen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Dem Käufer ist nicht die Beschlussausfertigung seitens der Eltern zuzustellen, sondern seitens der Eltern ist ihm von der erteilten Genehmigung Mitteilung zu machen. Dies geschieht durch eine mündliche oder zwecks Herstellung eines Beweises durch schriftliche Mitteilung. Bei letzterer dürften die Absenderangabe und die Unterschrift(en) Klarheit schaffen.
    Dass dieses Schreiben zuzustellen ist, ist § 29 GBO geschuldet. Der Zustellungsurkunde ist eine Abschrift desjenigen, was zugestellt ist, beigeheftet. Da kann man sehen, wer der Urheber ist.

    Wird nur eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt, würde mir dies, wäre ich GB-Rpfl., auch nicht ausreichen.

  • Wird nur eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt, würde mir dies, wäre ich GB-Rpfl., auch nicht ausreichen.


    So aber bei uns die gängige Praxis und so lautet auch ein Standard-Hinweistext, den die Eltern mit der Genehmigung bekommen.

    Ich denke, dass entspricht auch dem Wortlaut des § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB:
    "(...) wenn sie (die Genehmigung) ihm (dem Vertragspartner) durch den Vormund mitgeteilt wird."

    Es mag auch nach Deiner Methode gehen aber die hier vorherrschende Praxis halte ich für gesetzeskonform und ausreichend.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Der "Vormund" des § 1829 I Satz 2 BGB sind in den Fällen des § 1629 BGB beide Elternteile.
    Ich habe mich auch mal mit einem Kollegen im Internet gefetzt, der bei nicht zeitgleicher Handlung der Eltern die Anwendung des § 180 BGB propagierte, weil der zuerst handelnde Elternteil nicht allein handeln kann und deshalb als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat.
    Wende ich § 180 BGB in einem solchen Fall an, dann erst recht in dem Fall, in dem nur ein einziger Elternteil die Mitteilung nach § 1829 BGB macht. Standard-Hinweistexte anderen Inhaltes ändern daran nichts.

  • Der "Vormund" des § 1829 I Satz 2 BGB sind in den Fällen des § 1629 BGB beide Elternteile.


    Ja klar, das sehe ich auch so!


    Ich habe mich auch mal mit einem Kollegen im Internet gefetzt, der bei nicht zeitgleicher Handlung der Eltern die Anwendung des § 180 BGB propagierte, weil der zuerst handelnde Elternteil nicht allein handeln kann und deshalb als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat.
    Wende ich § 180 BGB in einem solchen Fall an, dann erst recht in dem Fall, in dem nur ein einziger Elternteil die Mitteilung nach § 1829 BGB macht. Standard-Hinweistexte anderen Inhaltes ändern daran nichts.


    Also, ich weiß nicht, ob man den allein handelnden Elternteil als Vertreter ohne Vertretungsmacht ansehen kann.
    Mit gleicher Begründung könnte dann auch der Notar die Genehmigung dem Vertragspartner mitteilen. Wenn er behauptet, er sei entsprechend bevollmächtigt und der Partner akzeptiert... :gruebel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Man sollte meinen, neben Wwiw und mir müsste es noch weitere Praktiker geben, die irgendwann eigentlich auch mal über das Problem nachdenken müssten. :cool:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Man sollte meinen, neben Wwiw und mir müsste es noch weitere Praktiker geben, die irgendwann eigentlich auch mal über das Problem nachdenken müssten. :cool:



    Nö, bisher nicht.:) Entweder gab es gescheite Doppelvollmachten oder es war nur ein Elternteil allein vertretungsberechtigt.

    Wenn beide Eltern das Kind vertreten, erhielten bei mir auch beide die Genehmigung mit dem Hinweis, dass die Genehmigung von beiden dem Vertragspartner mitzuteilen ist und, bei Grundstücksgeschäften noch den Hinweis auf die Notwendigkeit der Zustellung der Mitteilung.

  • Man sollte meinen, neben Wwiw und mir müsste es noch weitere Praktiker geben, die irgendwann eigentlich auch mal über das Problem nachdenken müssten. :cool:



    Nö, bisher nicht.:) Entweder gab es gescheite Doppelvollmachten oder es war nur ein Elternteil allein vertretungsberechtigt.

    Wenn beide Eltern das Kind vertreten, erhielten bei mir auch beide die Genehmigung mit dem Hinweis, dass die Genehmigung von beiden dem Vertragspartner mitzuteilen ist und, bei Grundstücksgeschäften noch den Hinweis auf die Notwendigkeit der Zustellung der Mitteilung.





    Das würde ich auch so halten, wenn ein entsprechender Fall bei mir mal auftreten würde.

    Allerdings muss ich zugeben, einen Hinweis auf die Zustellung der Genehmigung bei Grundstücksgeschäften bislang unterlassen zu haben (hatte aber auch erst zwei Fälle diesbezüglich).

    Müssen die Eltern dem Vertragspartner die Genehmigung tatsächlich förmlich zustellen (mittels Gerichtsvollzieher) oder reicht ein Einschreiben?

  • Die Mitteilung nach § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB ist ein einseitige empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Willenserklärung. Ich sehe daher keinen Grund, weshalb § 180 BGB nicht anwendbar sein sollte. Die Akzeptanz des Vollmachthandelns durch den Geschäftsgegner führt allerdings nicht zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, sondern nur zur Anwendung der Vertretungsvorschriften über Verträge (§ 180 S. 2 BGB). Der andere Elternteil muß also noch nach § 177 Abs. 1 BGB genehmigen, um die Mitteilung wirksam zu machen. Die Bedenken in Nr. 7 (am Ende) sind also unbegründet.

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