Erstattungsanspruch für Beratungskosten

  • Hallo,

    gibt es unter den Kollegen/innen Erfahrungswerte, ob es überhaupt mal vorkommt, dass ein Rechtsanwalt seine im Wege der Beratungshilfe ausgezahlte Vergütung zurückgibt, da er bereits vom unterliegenden Gegner eine Erstattung bekommen hat ?

    Nach meinen Erfahrungen kommt das so gut wie nie vor, und das obwohl gerade bei Widersprüchen gegenüber der Agentur für Arbeit / ARGE diese die außergerichtlichen Auslagen übernehmen.

    Ich will den Rechtsanwälten als "Organen der Rechtspflege" nicht unterstellen, aber ich halte es für zweifelhaft, dass sich diese Fälle auf Einzelfälle beschränken sollen.

    Danke schon mal

    KdR

  • Kann ich ebenfalls nur bestätigen, es kommt ganz selten vor, dass die Anwaltschaft mit der Vergütungsabrechnung eine Entscheidung einreichen aus der ersichtlich ist, das der unterlegene Gegner die Kosten anteilig trägt. :mad:

  • Ich habe im Monat mindestens einmal einen Fall, in dem der im Rahmen der BerH tätige RA seine BerH-Vergütung z. B. nach erfolgreichem Widerspruchsverfahren zurückerstattet. Ob in allen Fällen die aus der Staatskasse ausbezahlte Vergütung zurpückerstattet wird, kann ich natürlich nicht sagen, ich bin mir aber sicher, dass die in meinem AG-Bezirk tätigen RAe in weit mehr als 95 % ehrlich sind!

  • Hab diese Fälle ca. 5 mal im Jahr. Hauptsächlich wegen ARGE usw. Aber nur wenn der RA sich meldet bzw. bei ARGE Verfahren fragen wir mal nach. Aber letztlich überprüfen kann man es ja wirklich nicht und man ist wirklich auf Ehrlichkeit der RAe angewiesen. Was aber auch der größte Teil ist.

  • gibt es unter den Kollegen/innen Erfahrungswerte, ob es überhaupt mal vorkommt, dass ein Rechtsanwalt seine im Wege der Beratungshilfe ausgezahlte Vergütung zurückgibt, da er bereits vom unterliegenden Gegner eine Erstattung bekommen hat ?


    Kommt hier hin und wieder vor. Allerdings nur von einem einzelnen RA.

    Ich nehme an, dass meistens der RA kein Interesse hat, sich mit der Gegenseite zu streiten, ob diese verpflichtet ist, die Kosten zu erstatten. Liegt wohl auch häufig an der Beweisfrage, ob der Mandant den Gegner schon in Verzug gesetzt hat (da gewöhnlich nicht förmlich zugestellt).
    Bzw. wir bekommen es garnicht mit, weil kein KFA gestellt wird, wenn die Kosten durch den Gegner gezahlt sind.

  • Ich hatte es seit Jahren vor kurzem zum ersten Mal, dass ein Beratungshilfeschein zurückgegeben und auf die Vergütung ausdrücklich verzichtet wurde (Unfallsache in der die Gegenseite (vermutlich Versicherung) die Kosten gezahlt hatte).

    Grds. muss natürlich in jedem Liquidationsantrag angegeben werden, ob ein erstattungspflichtiger Dritter vorhanden ist. Grds. zweifel ich diese Angabe auch nicht an, sondern unterstelle die Angabe (zu 99% "kein erstattungspflichtiger Dritter") als richtig.
    Kommt mir jedoch was spanisch vor, dann frage ich nach.

    Bei Behördenangh. kann eine Nachfrage angezeigt sein.

    Nehmen wir mal an, dass der RA angibt, die ARGE sei nicht zur Erstattung der Kosten verpflichtet. Dann könnte man nachfragen, ob ein Antrag auf Kostenentscheidung nach § 80 VwVfg u. § 63 SGB X gestellt wurde. Wenn "ja", mag das Ergebnis mitgeteilt werden, wenn "nein" muss die Folgefrage lauten "Warum nicht?" (m. E. gibt es keinen Grund auf eine entsprechende Entscheidung der ARGE zu verzichten...).

    Wenn es eine Kostenentscheidung der ARGE gibt, kann sie nur dahingehend lauten, dass die Kosten gar nicht oder doch (aber ggf. nur zum Teil) übernommen wurden.

    Wurden sie nicht übernommen, muss eine Frage nach dem Grund erlaubt sein. Sollte der Grund "nicht notwendig" lauten, muss man sich die Frage stellen, warum sie dann im Rahmen der BerH (§ 1 Abs. Nr. 3 BerHG) "notwendig" seien sollen...

    Wurden die Kosten übernommen, hat der RA anzugeben, wieviel die Behörde ihm erstattet hat (auf die Zahlungsunfähigkeit des Dritten, kann er sich bei Behördenangh. wohl kaum berufen). Der Restbetrag zwischen Erstattung durch die Behörde und der BerH-Vergütung kann der RA dann noch über die BerH bekommen. Existiert kein Rest, gibt es nichts aus der Justizkasse.
    Ist der Dritte ggf. wirklich zahlungsunfähig, kann dies natürlich nicht zu Lasten des RA gehen, so dass die volle BerH-Vergütung aus der Landeskasse zu zahlen ist.

    Soweit mir das vom Hören-Sagen bekannt ist, gab es Doppelabrechnungen durch die RAe wohl eine ganze Zeit lang im Schwarz-Gelben-Revier. Ob aus Versehen, Absicht oder Unkenntnis lasse ich mal dahingestellt. Nachdem sich das Gericht mit den ARGEn ausgetauscht hat, ist damit aber wohl jetzt Schluss.

    Ich pers. habe, wenn ich mich an das obige "Schema" halte, in der Praxis mit dieser Frage keine Probleme.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    7 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (2. September 2008 um 08:10)

  • Wenn die Gegenseite meine Kosten erstattet, rechne ich keine Beratungshilfe mehr ab. Von denen bekomme ich im Zweifel doch viel mehr :).
    In der Rückgabe des Scheines sehe ich keinen Sinn. Er ist doch ohnehin auf einen ganz speziellen Sachverhalt zugeschnitten und kann nicht anderweitig verbraten werden. Eine Liste über die Ausgabe und spätere Abrechnung wird bei meinem Amtsgericht, soweit ich weiß, nicht geführt. Also kommt er in den Reißwolf.
    In meinem Büro überwiegen die Anträge auf nachträgliche Bewilligung, mit dem Schein in der Hand kommen die wenigsten.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Da bist Du aber in einem tollen Gerichtsbezirk, A.U..
    In unserem schicken die Anwälte die Antragsteller vermehrt zu uns, da wir bei nachträglicher Bewilligung zu viele Zwischenverfügungen nach Notwendigkeit und Belegen rausjagen und nach erfolgter Beratung i.d.R. der Kontakt zum Mandanten schelcht ist.

    Sprich: der typische Anwalt hat nicht die Zeit und die Lust, dem Antragsteller hinterherzulaufen, wenn ers aber nicht macht, ist die Gebühr pfutsch.

    Vielleicht wäre es ein adäquates Mittel, wenn man bei Angelegenheiten, die die ARGE betreffen (sehr häufig), die Widerspruchsentscheidung sich vorlegen zu lassen, bevor die Vergütung ausgezahlt wird...

    Klingt dann aber doch nach Misstrauen :(

  • (...) In der Rückgabe des Scheines sehe ich keinen Sinn. Er ist doch ohnehin auf einen ganz speziellen Sachverhalt zugeschnitten und kann nicht anderweitig verbraten werden. (...)



    Da bei weitem nicht mit allen erteilten Scheinen ein Vergütungsantrag eingereicht wird - ich schätze dass so 1/3 oder 1/4 der Scheine "unter den Tisch fallen", warum auch immer - gehe ich bei uns auch davon aus, dass entweder die Bürger mit dem Schein doch nicht zum RA gegangen sind, oder der RA sein Geld aus anderen Gründen nicht vom AG haben will :)

    (meiner Nachfolgerin auf der RAST hat unlängst eine RAin so nebenbei erzählt, dass sich bei nicht wenigen Bürgern, die mit einem Schein bei ihr aufkreuzen herausstellt, dass nicht unerhebliches Vermögen oder viel höhere/weitere Einkünfte vorhanden ist/sind . . . vermutlich einigen sich Bürger und RA in diesen Fällen dann immer ganz elegant auf die Variante, Bürger zahlt RA und RA steckt dem AG nix . . . jedenfalls ist mir in 8 Jahren eine entsprechende Mitteilung nie gemacht worden, wäre aber doch ein Wunder, wenn so ein Sachverhalt in 8 Jahren nicht einmal vorgekommen wäre . . .)

    Unterstellen will ich zwar keinem was, aber wie gesagt, ein Wunder wär's - aber was willste da machen . . . :gruebel:

  • In der Rückgabe des Scheines sehe ich keinen Sinn.



    Es gibt auch keinen. Auch in dem von mir genannten Fall, habe ich mich darüber gewundert warum der Schein zurückgegeben wurde.

    Die Einreichung des Scheins bei Gericht ist nur sinnvoll und zwingend notwendig, wenn ich als RA vom Gericht Geld in der entsprechenden BerH-Sache haben will. Ist dies nicht der Fall kann sich der RA das Porto und die Arbeit die er sich selbst und dem Gericht macht sparen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (2. September 2008 um 09:56)

  • Ich hatte bisher nur einmal die "Gelegenheit", BerHi zurückzuerstatten - habe ich aber dann auch brav gemacht... es handelte sich um eine Arbeitsamtssache (Widerspruch gegen Sperrzeit). Nach deren Entscheidung habe ich bei der RASt angerufen, um die Auszahlung noch zu stoppen; die sind aber hier ziemlich flink...:daumenrau

    Wenn von vornherein eine Erstattung durch die Gegenseite in Betracht kommt (und dort beitreibbar ist), beantrage ich gar nicht erst die (nachträgliche) Bewilligung von BerHi.

  • Also ich hatte das ein bis zweimal bislang, also relativ selten. Aber bei Behörden nachzufragen, käme mir nicht in den Sinn. Insoweit glaube ich den RAE! Auch wenn mir von anderen Bundesländern gelegentliche Ungereimtheiten bekanntgegeben wurden. Aber das kann auch andere Ursachen haben.

  • Ich sehe das Problem darin, dass die meisten Rechtsanwälte einfach zu früh abrechnen. Meist kommt der Vergütungsantrag bereits sofort nach Abschicken des ersten Schreibens. Hier liegt ein klarer Verstoß gegen die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 Abs. 1 RVG. Ein Vorschuss findet in Beratungshilfesachen nicht statt (§ 47 Abs. 2 RVG). Woher soll der Rechtsanwalt denn wissen wenn er verfrüht abrechnet, ob der Gegner später zahlt bzw. ob es überhaupt zu einem Verfahren kommt bei dem man dann seine Vergütung gemäß VV Nr. 2503 Abs. 2 RVG auf die PKH-Vergütung (ist ja der Regelfall) anrechnen muss.

    Die Rechtsanwälte fordern die Gegner schon immer auf, dass sie die normale Geschäftsgebühr zahlen. Dann rechnen sie ab, kassieren aus der Staatskasse, und wenn dann später der andere noch zahlt, tja, dann haben sie beides. Ich will den Rechtsanwälten keinesfalls hier Absicht unterstellen, aber es ist einfach nicht ok.

    Ich erlasse mittlerweile Zwischenverfügungen, dass Abrechnung erst nach Abschluss der Angelegenheit (und langsam tendiere ich sogar dazu, die Vergütungsanträge vorerst ohne Zwischenverfügung zurückzuweisen) und ich habe mir eine Liste angelegt in der ich mir WVs vermerke in Verfahren wo ich dann so mal in 6 Monaten bei den RAs nachfrage, was denn letztendlich rausgekommen ist.

    Hat jemand Erfahrungen mit verfrühten Abrechnung oder sehe ich das alles zu eng? Ich meine, klar, viel Arbeit mach ich mir da, doch ich bin an der Rechtsantragstelle nicht nur Rechtspfleger und Urkundsbeamter sondern auch Bürger, der sieht wie gnadenlos Staatsgelder verprasst werden (auch wenn meine Auszahlungen wohl nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen).

  • Hat jemand Erfahrungen mit verfrühten Abrechnung oder sehe ich das alles zu eng? Ich meine, klar, viel Arbeit mach ich mir da, doch ich bin an der Rechtsantragstelle nicht nur Rechtspfleger und Urkundsbeamter sondern auch Bürger, der sieht wie gnadenlos Staatsgelder verprasst werden (auch wenn meine Auszahlungen wohl nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen).



    Ich denke nicht, dass Du das zu eng siehst. :daumenrau

    Ich sehe nur für mich das Problem, dass es viiieeeele Verfahren sind. Ich bin daher dazu übergegangen, "auffällige" Rechtsanwälte mal anzumailen und höflich darauf hinzuweisen oder auch mal deswegen anzurufen.

    Habe ich Anhaltspunkte, dass dem Gegner die Geschäftsgebühr in rechnung gestellt wird, mache ich mir eine WV zwischen 3 - 6 Monate und frage dann nach. Und manchmal auch ohne Anhaltspunkt :teufel:. Wer besche...en will, macht das trotzdem. Aber ich denke, inzwischen ist bekannt, dass ich eine Liste führe, auf welcher Rechtsanwälte mit Verfahren stehen, in denen die Anzeige der Zahlung "versehentlich" vergessen wurde. Einmal hat jeder frei und darf mit mir dann telefonieren. beim zweiten Mal wirds kritisch ... ;)

  • Ich denke, es kommt auch darauf an, in welchem Bereich der Anwalt arbeitet. Wenn ich im Familienrecht eine erste Unterhaltsberechnung mache, habe ich halt gar keine Möglichkeit, die Kosten der vorgerichtlichen Korrespondenz dem Gegner in Rechnung zu stellen. Mit meinem Schreiben setze ich ihn ja überhaupt erst in Verzug. Und dies Schreiben muss er ganz bestimmt nicht bezahlen.
    Bei Verkehrsunfällen, Zahlungsklagen etc. sieht das ganz anders aus.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Ich erlasse mittlerweile Zwischenverfügungen, dass Abrechnung erst nach Abschluss der Angelegenheit (und langsam tendiere ich sogar dazu, die Vergütungsanträge vorerst ohne Zwischenverfügung zurückzuweisen) und ich habe mir eine Liste angelegt in der ich mir WVs vermerke in Verfahren wo ich dann so mal in 6 Monaten bei den RAs nachfrage, was denn letztendlich rausgekommen ist.



    Ich mache das ganz ähnlich. Wenn ich Zweifel daran habe, dass die Angelegenheit beendet ist, ergeht folgende Zwischenverfügung:

    1. Schreiben an A’St./V.:

    In pp.
    wird im Hinblick auf § 8 RVG i.V.m. § 47 Abs. 2 RVG angefragt, wann und wodurch die dortige Angelegenheit beendet wurde.

    2. 6 Monate

    Und wenn ich ohne Zweifel erkennen kann, dass die Angelegenheit noch nicht beendet ist:


    1. Schreiben an A’St./V.:

    In pp.

    ist dem beigefügten Schreiben / Schriftverkehr zu entnehmen, dass die Angelegenheit offensichtlich noch nicht beendet ist. Die Gebühren für die Beratungshilfe sind somit im Hinblick auf § 8 RVG noch nicht fällig. Ein Vorschuss wird in Beratungshilfesachen nicht gezahlt (§ 47 Abs. 2 RVG). Das Verfahren wird daher mit Ihrem vermuteten Einverständnis zunächst ruhend gestellt. Bei Fälligkeit der Gebühren wird sodann um entsprechende Mitteilung gebeten (unter erneuter Angabe zu § 9 BerHG und zu der Frage, ob die Beratung in ein behördliches / gerichtliches Verfahren übergegangen ist).

    2. 6 Monate

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    Einmal editiert, zuletzt von Noatalba (5. September 2008 um 11:57) aus folgendem Grund: Redaktionelle Änderung ;-)

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