Beratungshilfeänderungsgesetz

  • Wenn man mal das Wichtigste zusammenfasst:

    1.Antrag ist zwingend vorher zu stellen (Ausnahme bei vorhandenen anwaltlichen Beratungsstellen).

    2.Der Schein ist zunächst auf Beratung beschränkt. Nur soweit eine Vertretung bereits bei Antragstellung als erforderlich erkannt wird, kann auch ein umfassender Schein erteilt werden. Die Frage der Notwendigkeit der Vertretung ist erst nach der Beratung zu klären.

    3.Erinnerungsrecht der Staatskasse.

    4.Erhöhung der Eigenbeteiligung bei Vertretung.

    zu 2. da ich im Entwurf nichts dazu gefunden habe, dass der Anwalt nach Beratung nochmals das Gericht zur Entscheidung über die Notwendigkeit der Vertretung bemühen kann, sondern dies erst nach Abschluss im Festsetzungsverfahren erfolgen soll, sehe ich da riesiges Streitpotential.

    zu 3. damit das inhaltlich überhaupt möglich ist, müßten sämtlichen Unterlagen kopiert und zur Akte genommen werden: Ich freue mich schon auf meinen eigenen Kopierer.

    Einmal editiert, zuletzt von Juergen (11. September 2008 um 08:38)

  • Den Vorschlag begrüße ich grundsätzlich.

    Probleme sehe ich in der Pflicht, Listen anderweitiger Hilfsmöglichkeiten zu erstellen. Wir haben so etwas versucht, um den Kollegen in Vertretungsfällen etas an die Hand zu geben. Dabei haben wir aber festgestellt, dass es durchaus regionale Unterschiede gibt, so dass zwischen "überregionalen" und "gerichtsbezirks" Hilfsmöglichkeiten zu unterscheiden ist.


  • zu 2. da ich im Entwurf nichts dazu gefunden habe, dass der Anwalt nach Beratung nochmals das Gericht zur Entscheidung über die Notwendigkeit der Vertretung bemühen kann, sondern dies erst nach Abschluss im Festsetzungsverfahren erfolgen soll, sehe ich da riesiges Streitpotential.



    Dies befürchte ich (und einige RAe (s. Forum)) auch. M. E. wird hier künstlich ein Problem erzeugt, was bei der bisherigen Gesetzeslage in der Praxis kaum eins war.

    Meine Persönliche Meinung: Die einzige Änderung die im Sinne des gesetzten Ziels (Kostenreduktion) was bringt ist die Regelung zu 1. (die im Rahmen der Gesetzgebung wahrscheinlich als erstes geopfert wird...).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Den Vorschlag begrüße ich grundsätzlich.

    Probleme sehe ich in der Pflicht, Listen anderweitiger Hilfsmöglichkeiten zu erstellen. Wir haben so etwas versucht, um den Kollegen in Vertretungsfällen etas an die Hand zu geben. Dabei haben wir aber festgestellt, dass es durchaus regionale Unterschiede gibt, so dass zwischen "überregionalen" und "gerichtsbezirks" Hilfsmöglichkeiten zu unterscheiden ist.

    Die Listen sollen ja nur einen Anhaltspunkt geben und nicht abschließend, verpflichtend sein.

  • Ich sehe - leider - das Gesetz noch kippen. Vertretung von "Armen" wegen Forderungsabwehr mit anschließendem Ratenzahlungsvertrag = ca.250,00 €, ist inzwischen eine ABM für Rechtsanwälte geworden. Der Staat versucht mit BerHG nämlich seit Jahren eine Gratwanderung, nämlich der unbemittelten Bevölkerung Zugang zur Rechtsberatung(- vertretung) und den zugelassenen Anwälten eine weitere Überlebenschance - neben PKH - zu geben.
    Die Öffnung zu anwaltlicher Vertretung hätte von Anfang an unterbunden werden müssen - gibts nicht - fertig aus. Leuten, die keine Beratungshilfe beantragen, aber einen Anwalt beauftragen, gehts auch nicht immer so gut, dass die Rechnung in einem Zuge bezahlt werden kann. Die Grenzen zwischen arm und nicht - genügend- arm sind eher fließen, die Unterschiede bei den eigenen Kosten dagegen gewaltig.

  • Der Staat versucht mit BerHG nämlich seit Jahren eine Gratwanderung, nämlich der unbemittelten Bevölkerung Zugang zur Rechtsberatung(- vertretung) und den zugelassenen Anwälten eine weitere Überlebenschance - neben PKH - zu geben.



    :wechlach::wechlach::wechlach:

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Zitat aus dem Gesetzentwurf:

    "Die ... von den Ländern zu tragenden Kosten für die Beratungshilfe sind ... seit dem Jahr 2004 sprunghaft angestiegen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Neben


    [a] Änderungen im Rechtsanwaltsvergütungsrecht und
    [b] in den wirtschaftlichen Verhältnissen vieler einkommensschwacher Bürger sind vor allem


    [c] wenig konturierte Gesetzesbegriffe,
    [d] Strukturschwächen des Bewilligungsverfahrens und
    [e] mangelhafte Aufklärungsmöglichkeiten sowie
    [f] die mangelnde Kenntnis anderer Hilfemöglichkeiten


    zu nennen."


    Die eckigen Klammern habe ich mal eingefügt, um Folgendes zu verdeutlichen:
    Das Beratungshilfegesetz stammt vom 18. Juni 1980.
    Die wenig konturierten Gesetzesbegriffe [c],
    die Strukturschwächen des Bewilligungsverfahrens [d],
    die mangelhafte Aufklärungsmöglichkeiten [e] sowie
    die mangelnde Kenntnis anderer Hilfemöglichkeiten [f]
    kann es dann doch nicht erst seit 2004 geben.


    Die Kernursachen liegen wohl woanders ... aber ganz bestimmt nicht allein bei [a] und [b].
    Es dürfte auch etwas mit einer sich wandelnden Mentalität, einem gesteigerten Anspruchsdenken zu tun haben ...
    ("Isch bün Hartz IV, isch kriech Beratungshilfe ..."; vgl. z.B. AG Konstanz, Beschl. v. 06.11.2005 – UR II 380/05 uups ... gemeint ist: UR II 388/05, dasselbe Gericht, das gleiche Datum, beinahe die gleiche Geschäftsnummer)
    (Wer hält es noch wie John F. Kennedy: "Frage nicht, was der Staat für Dich tun kann ...")


    Uuund ... hiiineiiin in die hitzige Debatte ... !!! :aufihnmit


    Einmal editiert, zuletzt von z.w.V. (11. September 2008 um 10:37) aus folgendem Grund: Tippfehler bei der Angabe der Entscheidung


  • zu 2. da ich im Entwurf nichts dazu gefunden habe, dass der Anwalt nach Beratung nochmals das Gericht zur Entscheidung über die Notwendigkeit der Vertretung bemühen kann, sondern dies erst nach Abschluss im Festsetzungsverfahren erfolgen soll, sehe ich da riesiges Streitpotential.



    Dies befürchte ich (und einige RAe (s. Forum)) auch. M. E. wird hier künstlich ein Problem erzeugt, was bei der bisherigen Gesetzeslage in der Praxis kaum eins war.


    ich sehe hier deutlich weniger Streitpotential als derzeit. Im Regelfall, so die Gesetzesänderung, ist die Vertretung nämlich nicht erforderlich. Jetzt braucht es vernünftige Gründe, über die sich der RA bei Übernahme der Vertretung Gedanken machen muss und dieses Thema auch mit dem Mdten besprechen muss. Ich fürchte zwar, dass der gesamte Komplex "Trennung, Unterhalt und alles andere" zu diesen Ausnahmen zählen wird, aber ansonsten dürfte sich die Erforderlichkeit anwaltlicher Vertretung NACH erfolgter Rechtsberatung kaum noch begründen lassen.Selbst wenn die andere Seite anwaltlich vertreten wird, braucht man zum Schreiben der erhaltenen Rechtsauskunft keinen RA.
    Bei der nachträglichen Überprüfung der Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung wäre wünschenswert, wenn auf das ERGEBNIS abgestellt würde.

  • ......
    Die Grenzen zwischen arm und nicht - genügend- arm sind eher fließend, die Unterschiede bei den eigenen Kosten dagegen gewaltig.

    Richtig, bei 1 € Einkommen mehr über die Grenze des gesetzl. Einkommenssatzes, der zum Bezug von Sozialleistungen berechtigt, gibt es keine Sozialhilfen mehr und es entfallen z.B. auch die Vergünstigungen bei der GEZ, bei der Telekom-Grundgebühr usw., die ein ALG II Empfänger mit Vorlage seines Bescheides erhält. Das bedeutet, dass die 1 € mehr einnehmende Partei unterm Strich weniger in der Tasche hat als der ALG II Emfänger, weil die vermeintlich reiche Partei keine Ermäßigungsansprüche hat wie der arme Gegner. Die reiche Partei müßte den RA selbst bezahlen und prüft dann bei ihrem Einkommen, ob es wirklich notwendig ist, einen RA zu beauftragen. Die arme Partei braucht gar nicht nachzudenken, es reicht mit dem Leistungsbescheid zu wedeln und schon gibt´s den RA obendrauf.

    Der von z.w.V. verlinkte Beschluß des AG Konstanz ist gut begründet und sollte öfters angewandt werden

    (@ z.w.V.: Die hitzige Debatte findest Du -wenn Du suchst- in weiteren Unterforen der Ber.H. und in der PKH-Abteilung)

  • das ist doch nicht Ernst gemeint, oder?



    Habe ich mir auch gedacht. Schau mal Nr. 9.

    Offenbar ist das Märchen nicht tot zukriegen, wonach Anwälte von 99,00 € BESSER leben als von 990,00 €??? Ist es denn sooo schwer zu verstehen, dass wir bei BerH Geld verlieren - nicht verdienen?

  • Wie schon in anderen Freds zu Genüge diskutiert, mag das durchaus auf die Mehrheit der Anwälte zutreffen. Es ist und bleibt aber eine Tatsache (und nicht nur meine bescheidene Einzelmeinung), dass es einige "Spezialisten" gibt, die hauptsächlich von der BerH LEBEN (vielleicht nicht BESSER, aber sie tun es).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • dass es einige "Spezialisten" gibt, die hauptsächlich von der BerH LEBEN (vielleicht nicht BESSER, aber sie tun es).



    Mit dieser differenzierten Aussage kann ich gut leben :daumenrau.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich denke, dass dieser Entwurf von den verschiedenen Positionen aus ( RA - Rpfl. ) deutlich anders aufgenommen wird. Ich finde den Entwurf nicht schlecht, es müsste m.E. noch mehr präzisiert werden, für welche Fälle man BeH bewilligen kann und für welche nicht.
    Das wäre für alle, die damit arbeiten müssen, eine Erleichterung. Dann weiß jeder, woran er ist.
    Ich bin dafür, dass Leute, die mangels Einkommen und Vermögen, wirklich RECHTLICHE Hilfe benötigen, diese auch bekommen.
    Es ist jedoch - zumindest bei uns - so etwas wie Volkssport geworden, sich "Gutscheine zu holen". Die Leute kommen in die RAST und sagen gleich, sie bräuchten 7 Scheine.... Keine Seltenheit.
    Das müsste aus meiner Sicht klar abgegrenzt sein, dann wüssten auch die RA'e besser, woran sie sind.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.


  • Der von z.w.V. verlinkte Beschluß des AG Konstanz ist gut begründet und sollte öfters angewandt werden



    Uups - Durch Deine Anmerkung ist mir mein Tippfehler aufgefallen. :oops:
    Es muss heißen: UR II 388/05.
    Gericht und Datum sind aber identisch; und die fälschlicherweise zitierte Entscheidung gibt's natürlich auch (Ich stimme zu: die Begründung dort ist auch sehr gut.)

    Also ... sorry nochmal.

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