Ausstandsverzeichnis einer Krankenkasse als Titel

  • Hallo !

    Hattet ihr schon mal so einen Fall ?

    MIr liegt ein Antrag auf Erlass eines Pfübs vor. Titel ist ein Ausstandsverzeichis einer deutschen Krankenkasse .
    Diese ist auch Gläubigerin. Auf dem Verzeichnis ist keine Klausel und die Zustellung ist auch nicht zu erkennen. Brauche ich das in vorliegendem Fall überhaupt ?

  • wenn nach 66 IV SGB X vollstreckt wird, dann ja, ansonsten nicht.



    Was Dir ultima ratio damit sagen wollte ist, dass Du unterscheiden musst, ob eine Verwaltungsvollstreckung (dann Vollstreckungsersuchen mit Siegel und Passage "Forderung/Verwaltungsakt ist vollstreckbar"; außerdem Landesvorschriften beachten) oder eine Vollstreckung nach ZPO (dann alle Vollstreckungsvorausetzungen mit Titel, Klausel, Zu) gewollt ist.

    Es gibt viele Anträge, die ein Mischmasch daraus sind und die weder korrekt nach der einen, noch nach der anderen Alternative sind. Prüfen lohnt sich also.

  • Aus welchem Bundesland kommt das Ausstandsverzeichnis bzw. in welchem BL hat die Kasse ihren Sitz? In Bayern ist das AV nicht extra zuzustellen (Beschluss des OLG Nürnberg vom 10.11.1975). Für die Vollstreckung aus diesem (bayrischen) AV ist dann bundesweit keine extra Zustellung erforderlich.
    Klausel, wenn nach IV vollstreckt wird: Diese Ausfertigung wird zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.

  • Hallo an alle :)

    Ich muss mich hier noch mit einklinken :(. Ich habe hier eine Krankenkasse, welche nicht aus einem Ausstandsverzeichnis, sondern aus einem Leistungsbescheid vollstrecken will. Ausstandsverzeichnis muss nicht zugestellt werden, ist klar (vielen Dank an die Vorposter :D). Aber was ist mit dem Leistungsbescheid? Ich bin der Meinung, dass eine Zustellung erfolgen muss, die Krankenkasse sieht das anders und beruft sich auf besagte Entscheidung des OLG Nürnberg von 1975. Habe schon versucht, die Entscheidung irgendwo herzukriegen...

    Wie seht Ihr die Geschichte :confused:

  • Hat die Gläubigerin durch die Anrufung des gemäß § 828 Abs. 2 ZPO zuständigen Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht von ihrem Wahlrecht, die Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften des 8. Buches der ZPO durchzuführen rechtsverbindlich Gebrauch gemacht.Das Vollstreckungsverfahren nach dem 8. Buch der ZPO ist stark formalisiert. Der Gesetzgeber hat den Organen (Vollstreckungsgericht, Gerichtsvollzieher) jeweils nur die Prüfung bestimmter Umstände (insbesondere Titel, Klausel und Zustellung) aufgegeben, die regelmäßig leicht feststellbar sind. Der vollstreckbare Anspruch wird durch die vollstreckbare Ausfertigung des Titels bescheinigt. Als Vollstreckungstitel in den Fällen des § 66 Abs. 4 SGB X ist grundsätzlich der Verwaltungsakt, sprich Leistungsbescheid, des Leistungsträger, hier also der Gläubigerin, in ungekürzter Fassung urkundliche Grundlage der Zwangsvollstreckung nach der ZPO, abgekürzte Ausfertigungen, Ausstandsverzeichnisse und ähnliches stellen nach den Vorschriften der ZPO und der in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze gerade keinen Titel dar (zutreffend Stöber aaO; LG Ravensburg NJW 1981, 2424; LG Bielefeld JurBüro 1982, 1584; LG Kassel DGVZ 1984, 40 AG Neuruppin DGVZ 2003, 174; AG Goslar Beschluss vom 15. 12. 2003 –10 M 1806/03- und Beschluss vom 26. 01. 2005 –10 M 2321/04- und Beschluss vom 11. 02. 2005 –10 M 2320/04- und Beschluss vom 22. 07. 2005 –10 M 525/05-; LG Braunschweig Beschluss vom 06. 10. 2005 –5 T 802/05-, AG Hannover Beschluss vom 13. 12. 2004 –785 M 51266/04-; AG Augsburg DGVZ 2004, 77, BGH DGVZ 2009, 111). Nach § 28f Abs. 3 SGB IV gilt der Beitragsnachnachweis des Arbeitgebers für die Vollstreckung nach den Vorschriften der ZPO als Leistungsbescheid der Einzugsstelle. Die Einzugsstelle hat dazu eine vollständige Ausfertigung in Papierform herzustellen und mit der Vollstreckungsklausel zu versehen (BGH aaO).

  • Aus welchem Bundesland kommt das Ausstandsverzeichnis bzw. in welchem BL hat die Kasse ihren Sitz? In Bayern ist das AV nicht extra zuzustellen (Beschluss des OLG Nürnberg vom 10.11.1975). Für die Vollstreckung aus diesem (bayrischen) AV ist dann bundesweit keine extra Zustellung erforderlich.
    Klausel, wenn nach IV vollstreckt wird: Diese Ausfertigung wird zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.

    Aber nur im Falle der Verwaltungsvollstreckung, nicht im Falle des § 66 IV SGB X

  • Aus aktuellem Anlass muss ich leider "Vollstrecker" zustimmen.

    Bisher konnten wir mit unseren AV´s problemlos Pfübsen. Manchmal wurde noch der entsprechende Leistungsbescheid mit Zustellungsnachweis gefordert, der dann nachgereicht wurde. Alles eigentlich immer ohne Probleme.

    Aber jetzt habe ich genau das Problem, das sich ein Rechtsflegel auf die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2007 bezieht. Und diese Entscheidung ist eigentlich erstmal eindeutig. Will ich nach Abs. 4 vollstrecken, geht das nur mit dem Leistungsbescheid oder Beitragsnachweis. Problem ist aber, dass Beitragsnachweise seit Jahren nur noch elektronisch übermittelt werden. Wie man also einen Beitragsnachweise da zu Papier bringen soll, ist uns im Moment ein Rätsel. Und noch schwieriger wirds in unserem Fall. Die Forderung ist schon über 10 Jahre alt und setzt sich aus etlichen Beitragsforderungen sowie den Hinterlassenschaften von unterschiedlichen "Untergesellschaften" zusammen. Es ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit, die Nachweise so zusammenzuschrauben, dass sie passen. Hinzu kommen ja noch Säumniszuschläge und bereits entstandenen Kosten. Da hat der BGH fernab der Praxis eine Entscheidung gefällt!!!!

    Eine spontane Idee wäre, den schätzungsweise 3 Kilo schweren und fast berstenden Leitz-Ordner per Dienstsiegel einfach für vollstreckbar zu erklären. Was haltet Ihr davon? :teufel:

    Ne Spaß beiseite. Lieber BGH, wir haben echt ein Problem mit deiner Entscheidung!

  • Bei mir bekommen die Krankenkassen in diesen Fällen folgenden Brief:

    In pp.. wollen Sie gemäß § 66 Abs. IV SGB X aus einem Verwaltungsakt (Beitragsbescheid) die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der ZPO beantragen.

    Der an sich zulässige Antrag kann aber nur von mir erledigt werden, wenn zur Zwangsvollstreckung nach § 66 Abs. IV SGB X in entsprechender Anwendung der ZPO die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen dem Vollstreckungsorgan vorliegen, nämlich

    a) der zugrundeliegende Verwaltungsakt in Ausfertigung als Titel;
    b) eine den Anforderungen des § 724 ZPO entsprechender Vollstreckungsklausel;
    c) der Zustellungsnachweis.

    Zu a)
    Der die Forderung feststellende und dem Schuldner mitgeteilte Verwaltungsakt, etwa der Leistungsbescheid, muss in "Ausfertigung" vorliegen, d. h. in einer den Ausfertigungsanforderungen entsprechender Abschrift (dazu Baumbach-Hartmann, ZPO, 41. Auflage, § 170 Anm. 2 mit BGH in NJW 1981.2346). In analoger Anwendung des § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO mag zwar eine "Ausfertigung in abgekürzter Form" ausreichen (etwa durch Weglassen von Hinweisen, Erläuterungen und Rechtsmittelbelehrungen); die wesentlichen Bestandteile des Verwaltungsaktes, insbesondere Datum und Aktenzeichen, Rubrum und Beitragsberechnung im einzelnen müssen aber abschriftlich wiedergegeben sein.
    Die nur inhaltliche Wiedergabe der Beitragsverpflichtung, ein nur dieser Verpflichtung enthaltener Auszug, ein Ausstandsverzeichnis oder eine Zusammenfassung, früher durch Leistungsbescheid geltend gemachter Ansprüche u. ä. reichen nicht aus, allein schon, weil diese vom Wortsinn her keine Abschriften sind und auch nicht hinreichend sicher erkennen lassen, ob gerade diese Forderung angefochten ist/wird bzw. schon bezahlt ist. Dies ist inzwischen eindeutige Rechtsprechung. Insoweit wird verwiesen auf LG Bielefeld in JurBüro 1982/1584; LG Ravensburg in NJW 81/2524 = Leitsatz bzw. vollständig in KKZ 1982/36; LG Aachen, 5 T 10/83, in JurBüro 1983/621; LG Bonn vom 08.12.1981, 4 T 879/81; AG Kassel vom 05.01.1983, 612 M 15104/82; LG Aachen vom 11.10.1983, 5 T 289/83; LG Kassel in DGVZ 84/40 und LG Baden-Baden in DGVZ 84/59 (auch Aufsatz DGVZ 84/163).

    Zu b)
    Die -abgekürzte- Ausfertigung ist mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen, die handschriftlich unterschrieben und mit dem Originalabdruck eines Siegels (nicht eingedruckt) versehen sein muss (LG Kassel aaO und LG Aachen in JurBüro 83/621). Erleichterungen (wie etwa § 641 oder § 703 b ZPO) sind trotz des in der sozialen Leistungsverwaltung besonders etablierten EDV-Verfahrens und des zeitlich späteren Inkrafttretens des SGB X nicht vorgesehen. Allerdings darf vor einer ordnungsgemäßen Vollstreckungsklausel ein besonderer Ausfertigungsvermerk fehlen (BGH in NJW 1963/1307).

    Zu c)
    Die außerdem erforderliche Zustellung (§ 750 Abs. 1 Satz 2 ZPO) kann nur durch den Gerichtsvollzieher erfolgen.
    Ich bitte deshalb, eine den Anforderungen entsprechende Titelausfertigung vorzulegen, und zwar möglichst getrennt vom Antrag, weil der Titel nach Leistung an den Schuldner ausgehändigt werden muss (§ 757 ZPO).

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