§ 174, III InsO zulässig ? Folge ?

  • Eigentlich muss man doch bei jeder Schlussberichtsprüfung einen Blick auf die Höhe der im Schlussverzeichnis enthaltenen Forderungen werfen und diese mit der momentanen Masse vergleichen, unter gleichzeitiger Hochrechnung, was an pfändbarem Einkommen in nächster Zeit wohl noch eintrudeln wird. Aber wo zieht man hier die Grenze. Aufforderung zur Anmeldung nachrangiger Forderungen dann, wenn in schätzungsweise 2 oder 7 Monaten oder gar zeitlich auf die gesamte WVP abgestellt genug Geld zusammenkommt?
    Wenn z.B. bislang im Verfahren regelmäßig monatlich 400 € pfändbares Einkommen eingingen und unter Berücksichtigung der Kosten davon auszugehen ist, dass in ca. 8 Monaten die Kosten und die Gläubiger befriedigt sind, kommt dann § 174 III InsO in Betracht?

  • Ich würde es machen, wie schon meine Oma zum Pfannkuchenrezept zu mir sagte: "nach Gefühl". hast Du im Insolvenzverfahren das Gefühl, es könnte so viel eingehen, dass alle Forderungen erfüllt (und noch mehr) werden kann, dann würde ich vorsichtshalber auffordern. Konkret zu deinem geschilderten Fall meine ich, mußt du auch auffordern. Sinn des § 174 III InsO war ja lediglich, Arbeit zu ersparen, weil meist keine Quote zustande kommt. Ist aber einigermaßen sicher voraussehbar, dass auch nachrangige bedient werden, sollte man auffordern zur Anmeldung.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Die Aufforderung kann wohl nur solange ergehen, wie das Schlussverzeichnis noch nicht "dicht" ist. Gibt es bei unvorhersehbarem Geldeingang nach Ablauf der Frist § 188 Inso noch eine Möglichkeit?

  • Ich meine auch, dass nach Niederlegung und VÖ des SV nix mehr geht, selbst wenn der Schuldner dann den Jackpot geknackt hat.

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  • Soweit, so gut.

    Was aber, wenn Gläubiger nach § 38 voll befriedigt werden können, Schlusstermin (im schriftlichen Verfahren) bereits abgehalten, Verfahren aber noch nicht aufgehoben worden ist und schlichtweg übersehen wurde, die nachrangigen Gläubiger gem. § 39 zur Anmeldung aufzufordern??? :oops:
    MUSS die Aufforderung zur Anmeldung zwingend erfolgen (oder steht sie im Ermessen des Insolvenzgerichts)? Wenn ja, ist der Mangel nach Abhaltung des Schlusstermins, aber vor Aufhebung des Verfahrens noch in irgendeiner Form heilbar?:confused:

  • Also NTV geht m.E. schon deshalb nicht (ohne auf andere Bedenken einzugehen), da ja keine neuen Massebestandteile aufgetaucht sind.
    Es gibt ja nur 2 Möglichkeiten: Entweder den Rest an den Schuldner oder kreativ sein. Bei der Kreativität hat man aber, wie weiter oben dargestellt, das Problem, dass man sich ein neues Schlussverzeichnis basteln muss, was so eigentlich nicht vorgesehen ist.
    Außerdem ist hier der Schlusstermin schon rum und somit ist auch die Frage, ob man überhaupt noch Forderungen prüfen kann. Darüber haben wir im Forum auch schon diskutiert. Steht, glaube ich, unentschieden. Wenn man hier den Gläubigern noch etwas zukommen lassen will, muss man also schon sehr kreative Rechtsfortbildung betreiben.

  • Asta :daumenrau
    Oki, deklinieren wir das Teil mal durch:
    ist nach Abhaltung des Schlusstermins klar, dass die Sore reicht, die Rang 0 Forderungen komplett zu befriedigen, könnte das Gericht in die Falle laufen, durch die Aufhebung die Nachranggläubiger um ihre Forderungen zu bringen.
    Präzise: ist da 1 cent mehr vorhanden, als zur Befriedigung im Rang 0 benötigt wird, halte ich das Prob für glasklar gegeben. Zwischenfazit: es ist mehr Masse da, als im Rang 0 gebraucht wird.
    Jetzt geht das Theater richtig los:
    eigentlich müsste man die Genehmigung der Schlussverteilung widerrufen; Aufforderung der Nachranggläubiger, die sich dann freuen können. Soweit so gut; dann kommt noch eine fette Nachmeldung im Rang 0 und die Quote sinkt in's bodenlose.... . HIer ist das Gericht zwischen Skylla und Charybdis. Der Widerruf der Schlussverteilung ist eine ganz heikle Sache (die KO-Liebhaber werden dies noch kennen). Sie darf nur erfolgen, wenn sich herausstellt, dass das Verfahren noch nicht ausliquidiert war und der Widerruf nicht die Interessen der Gläubiger schädigt.
    Das Verfahren ist "an sich" ausliquidiert, da außer des laufenden Arbeitseinkommen alles verwertet ist. ABER: reicht das bis kurz vor Aufhebung realisierte Massevermögen aus, in eine Zuteilung der Nachränge zu kommen, würde ich mir als Gericht das Problem nicht an's Bein binden.
    Ergo: Widerruf der Genehmigung der Schlussverteilung; Vorabausschüttung mit allen Formalia vornehmen, sodann Aufforderung zur Anmeldung von Forderungen einschließlich der Nachrangforderungen und dann halt normales procedere.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

    Einmal editiert, zuletzt von Defaitist (18. Januar 2012 um 22:40)

  • wenn man erst nach Abhaltung des ST feststellt, dass es zu einer Vollbefriedigung des Rangs 0 kommt, ist etwas falsch gelaufen.

    ME geht es, wie am Anfang diskutiert nur über den doppelten Cut:

    Erst die Veröffentlichung nach § 188 InsO. Stellt sich dann nach Ablauf der Fristen heraus, dass es zu einer Vollbefriedigung kommen wird, dann § 174 III InsO. Alles andere wird verworren.

    Man kann sich natürlich auch den Exoten vorstellen, dass nach dem ST ein Mega-Gläubiger auf seine festgestellten Forderungen verzichtet und es somit nun die Quote für den Rest von x auf 100% steigt. Aber dann ist es halt so.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • wenn man erst nach Abhaltung des ST feststellt, dass es zu einer Vollbefriedigung des Rangs 0 kommt, ist etwas falsch gelaufen.

    ME geht es, wie am Anfang diskutiert nur über den doppelten Cut:

    Erst die Veröffentlichung nach § 188 InsO. Stellt sich dann nach Ablauf der Fristen heraus, dass es zu einer Vollbefriedigung kommen wird, dann § 174 III InsO. Alles andere wird verworren.

    Man kann sich natürlich auch den Exoten vorstellen, dass nach dem ST ein Mega-Gläubiger auf seine festgestellten Forderungen verzichtet und es somit nun die Quote für den Rest von x auf 100% steigt. Aber dann ist es halt so.


    Doppelter cut gefällt mir erstsmal gut (kreativküche ist offen :D ).
    Hatte so fälle schon, dass sich im Schlusstermin heraustellt, dass da noch ein erbfall eingetreten ist und so.
    Spannend wird das, wenn man gegenüber Gläubigern im Rang 0 eine Präklusion entgegenhalten will (bin da noch nicht entschieden, halte es aber für dogmatisch sehr schwierig).

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