Familienstammbuch

  • Hallo!
    Ich habe grade erst als Rechtspflegerin angefangen und bin auch ganz neu hier im Forum.
    Hab da eine Frage die für die "alten Hasen" unter euch wahrscheinlich eine typische Anfängerfrage ist.
    Und zwar:
    Genügt für den Nachweis der gesetzlichen Erbfolge das Familienstammbuch? Im Palandt hab ich gelesen, dass dies nur als "weiterer Nachweis" gem. § 2356 I S. 2 BGB dienen kann. Ich mein mich auch daran zu erinnern das so in der praktischen Ausbildung gelernt zu haben. Meiner Kollegin genügt das Familienstammbuch jedoch.
    Würd mich über eure Hilfe freuen.

  • Im Palandt steht , dass das Familienstammbuch nicht ausreicht wenn dort nur Geburtsscheine anstelle Urkunden drin sind, oder ?
    Aber Familienstammbuch mit Geburtsurkunden ist doch ok. (?)

  • Von einer Ausnahme steht im Palandt nichts. Davor wird direkt eine Entscheidung zu den Geburts- Heirats- und Todesscheinen zitiert. Aber ich meine nicht, dass das im Zusammenhang steht.

  • Ich denke auch, dass sich Palandt auf die Geburtsscheine bezieht, da hierin die Eltern nicht aufgeführt sind. In diesem Fall verlange ich immer die Vorlage des vollständigen Familienbuchs mit Heiratsschein der Eltern.
    Geburtsurkunden aus dem Familienstammbuch akzeptiere ich hier aber auch. Ich wüsste nicht, was dagegen spricht, da die Geburtsurkunden im Stammbuch durch das Standesamt mit dem gleichen Inhalt wie "normale" Geburtsurkunden ausgestellt wurden.

  • Zunächst möchte ich nochmals festhalten, dass wir uns nicht über das Familienbuch, sondern Familienstammbuch unterhalten.

    Das Aussehen bzw. der Inhalt dieser Stammbücher hat sich über die Jahre hinweg immer wieder geändert. Es gibt einen Zeitraum, da wurden in dem Stammbuch unter "Geburten" nur die Kinder mit Ihrem Vor- und Nachnamen sowie Ort und Datum Ihrer Geburt eingetragen.

    Wenn jetzt ein Erbe nur eine begl. Kopie davon (und nicht das gesamte Stammbuch) vorlegt, dann ist folglich mit dieser Urkunde (mangels direkter Angaben zu den Eltern) kein Abstammungsnachweis möglich. Anders, wenn das gesamte Stammbuch vorgelegt wird oder aus den einzelnen "Geburtsscheinen" die Eltern ersichtlich sind.

    Generell stellt sich aber die Frage, ob ein derartiges Familienstammbuch die notwendige Beweiskraft hat. Normalerweise nicht, obwohl die Eintragungen darin vom Standesamt vorgenommen und mit Siegel versehen eine Urkunde sind. Dennoch ist der Urkundsbeweis im Sinne von § 2356 durch Personenstandsurkunden im Sinne des PStG zu führen und das ist strenggenommen das Familienstammbuch nicht. Vorsicht! das Familienbuch hingegen schon!

    Stammen die zu beweisenden Einträge jedoch z.B. aus den früheren deutschen Ostgebieten des heutigen Polens, muß man aber ggf. froh sein, wenn man einen derart guten urkundlichen Nachweis bekommt. Dann greift § 2356 I Satz 2 BGB und man kann das Stammbuch als urkundlichen Hilfsnachweis (m.E. deluxe) verwenden.

    Meine persönliche Meinung: Kommen z.B. die (in der BRD geborenen) Kinder eines Erblassers und beantragen den Erbschein unter Vorlage des Familienstammbuchs würde ich das immer anerkennen und nicht noch von den allen die Geburtsurkunden fordern. Ich meine, man kann´s nämlich auch übertreiben. Immerhin sind die Familienstammbücher vom Standesamt ausgefüllt und gesiegelt. Sie sind halt rein formal keine Personenstandsurkunde im Sinne des PStG.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Mir lag das komplette Familienstammbuch vor. Kinder und Eltern ergeben sich dauraus auch. Dies ist also nicht mein Problem, sondern wie schon angesprochen die nötige Beweiskkraft, da es sich halt nicht um eine Personenstandsurkunde handelt.
    Man will zwar nicht päpstlicher sein als der Papst, aber grade als Anfänger macht man sich so seine Gedanken.

  • Ja, deine persönliche Meinung ist auch mein Bauchgefühl. Viel schief gehen kann ja nicht und das Buch ist soweit ja komplett.

  • Ich schließ mich der Meinung von TL an.
    Aufpassen muss man beim Lesen von Stammbüchern trotzdem (zumal die sich optisch oft stark unterscheiden). Manchmal ist bei Geburtsscheinen in Stammbüchern der Vermerk "drittes Kind" (z.B.) durchgestrichen und es steht "einbenanntes Kind" drüber. Dann ist es im Regelfall nur ein voreheliches Kind der Ehefrau. In solchen Fällen sicherheitshalber Abstammungsurkunde vorlegen lassen.

  • Ganz "schlaue" Mitmenschen trennen die Geburtsscheine aus dem Familienstammbuch heraus, was sie dann (in Bezug auf Abstammungsnachweis = in Verbindung mit dem Heiratsschein der Eltern) vollständig wertlos werden lässt, außer, um zu beweisen, dass man am ... in ... geboren wurde... :D

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ganz "schlaue" Mitmenschen trennen die Geburtsscheine aus dem Familienstammbuch heraus.



    Ne, ganz schlaue Mitmenschen haben nur den Ausweis dabei und sind der Ansicht der reicht doch auch -.-

    Aber auch ich sehe das Stammbuch als ausreichend an, auch wenns ab und zu hart an der grenze ist. hatte neulich einen fall, da mussten 18 Kinder reingequetscht werden.

  • Auch hier wird das Familienstammbuch als ausreichend angesehen. Wir sind in vielen Dingen schon formal genug - hier müssen wir es nicht übertreiben.

  • Dann schließe ich mich mal mit einer "Ich-mache-Nachlassachen-nur-in-Vertetung-und-bin-mir-oft-unsicher"-Frage an.

    Oft kommt es doch für die Antragsaufnahme, Erbscheinserteilung usw. auf die Abstammung an. In diesem Zusammenhang wird oft die Geburtsurkunde eines Kindes vorgelegt, in der auch die Eltern genannt sind. Sehe ich das richtig, dass diese Geburtsurkunde jedoch nur die Geburt des Kindes nachweist und nicht die Abstammung in Bezug auf die darin angegebenen Eltern ? Zum Nachweis der Astammung bräucht es doch streng genommen einer gesonderten Abstammungsurkunde, oder ?

    Ich habe bislang jedoch die Geburtsurkunde ausreichen lassen. Wenn ich TL und die Anderen richtig verstanden habe, kann man das auch durchaus so machen, oder ?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."


  • Oft kommt es doch für die Antragsaufnahme, Erbscheinserteilung usw. auf die Abstammung an. In diesem Zusammenhang wird oft die Geburtsurkunde eines Kindes vorgelegt, in der auch die Eltern genannt sind. Sehe ich das richtig, dass diese Geburtsurkunde jedoch nur die Geburt des Kindes nachweist und nicht die Abstammung in Bezug auf die darin angegebenen Eltern ? Zum Nachweis der Astammung bräucht es doch streng genommen einer gesonderten Abstammungsurkunde, oder ?



    Streng genommen: ja.
    Sollte z.B. eine Adoption vorliegen ergibt sich so etwas nur aus der Abstammungsurkunde, nicht aus der Geburtsurkunde.

    Zitat

    Ich habe bislang jedoch die Geburtsurkunde ausreichen lassen.



    Ich auch (obwohl wir auf einer Tagung eindringlich darauf hingewiesen wurden, dass eigentlich nur die Abstammungsurkunde genommen werden sollte).

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

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  • Das Problem bei den Geburtsurkunden im Stammbuch liegt darin, dass diese kurz nach der Geburt erstellt werden und somit nachträgliche Änderungen nicht vermerkt sind.
    Sollte also ein Kind später adoptiert worden sein oder die Ehelichkeit angefochten worden sein, ergibt sich dies nicht aus dem Stammbuch der leiblichen Eltern.
    Demzufolge müsste eigentlich immer eine „aktuelle“ Abstammungsurkunde vorgelegt werden.
    Ich begnüge mich auch mit dem Stammbuch. In der Erbscheinsverhandlung, die ich selber beurkunde, nehme ich jedoch den Satz auf, dass keine Person adoptiert wurde (also in die Familie hinein bzw. aus der Familie heraus) bzw. „Von keiner der Personen wurde die Ehelichkeit bzw. Abstammung angefochten“.
    Diese Sätze ersetzen natürlich keine Abstammungsurkunde. Sie können jedoch als Indiz genommen werden, dass die Geburtskurkunde mit einer Abstammungsurkunde identisch sein dürfte.

    Häufig enthält die Geburtsurkunde, die einzeln eingereicht wird, auch den Zusatz: „Entspricht der Abstammungsurkunde“.

  • Ich begnüge mich auch mit dem Stammbuch. In der Erbscheinsverhandlung, die ich selber beurkunde, nehme ich jedoch den Satz auf, dass keine Person adoptiert wurde (also in die Familie hinein bzw. aus der Familie heraus) bzw. „Von keiner der Personen wurde die Ehelichkeit bzw. Abstammung angefochten“.
    Diese Sätze ersetzen natürlich keine Abstammungsurkunde. Sie können jedoch als Indiz genommen werden, dass die Geburtskurkunde mit einer Abstammungsurkunde identisch sein dürfte.


    Nein, sie ersetzen die Abstammungsurkunde nicht.
    Aber, Du hast ja immer noch die eidesstattliche Versicherung diesbezüglich. Außerdem wird ja bei der Aufnahme des Antrags auch auf die Auswirkungen auf das Erbrecht hingewiesen, falls eine weitere Person noch oder nicht mehr vorhanden ist. Die ASt. wollen doch nur den richtigen Erbschein. Ich weise auch darauf hin, dass ggfs. - falls falsche Angaben vorliegen - auch in drölfzwanzig Jahren noch die Rückabwicklung der Erbauseinandersetzung geschehen kann ...
    Ich bin übrigens auch ein Vertreter der "das-Stammbuch-reicht-mir-aus"-Fraktion.

  • In der Erbscheinsverhandlung, die ich selber beurkunde, nehme ich jedoch den Satz auf, dass keine Person adoptiert wurde (also in die Familie hinein bzw. aus der Familie heraus) bzw. „Von keiner der Personen wurde die Ehelichkeit bzw. Abstammung angefochten“.



    So sieht es das Protokoll des Kollegen den ich vertreten "darf" auch vor. Und da ich in der Vertretung seine Vorlagen benutze, steht es in meinen E-Verhandlungen daher auch drin.

    Na, dann hatte ich ja zumindest das richtige Problembewußtsein, werde jedoch weiter so verfahren wie bisher. Insoweit danke bzgl. der Rückmeldungen. Es ist beruhigend zu wissen, dass es Kollegen gibt, die genauso arbeiten.

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  • Hange mich mal hier dran: Folgendes Problemchen

    In einer Nachlsssache ist die kinderlose Tochter verstorben. Die Mutter schlägt aus und sagt, dass der angegebene Vater in der Geburtsurkunde der Verstorbenen nicht der leibliche Vater der Erblasserin ist (Geburtsurkunde hat aber nicht vorgelegen). Sie kann sich an den Namen des Vaters nicht mehr erinnern. Um Licht in das Dunkel zu bringen, hat das Gericht hier eine Abstammungsurkunde vom Standesamt angefordert, welches wortwörtlich zurückschreibt:

    "Abstammungsurkunden gibt es seit dem 01.01.2009 nicht mehr! Anbei die gewünschte Urkunde."

    Dran klebte die Geburtsurkunde, in der nur die Mutter aber kein Vater angegeben wurde. Habe ich hier was verpasst? Wie soll denn der Nachweis der Abstammung nun geführt werden? Hab das neue PStG durchforstet, bin jetzt aber auch nicht schlauer.

  • Abstammungsurkudnen weren infolge Änderung des Personenstandsgesetzes seit dem 01.01.2009 nicht mehrt ausgestellt und können daher naturgemäß auch dem Antragsteller nicht mehr abverlangt werden.

    In den neuen Geburtsurkunden seit 01.01.2009 werden lediglich die rechtlichen Eltern aufgeführt.

    Man wird sich also mittels einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit des Tatsachenvortrags, dass keine Adoptionen vorliegen, behelfen müssen.

    Schwierig wird es, wenn bei notariellen ES-Anträgen keine diesbezüglichen Angaben sondern nur der pauschale Zusatz "keine weiteren erbberechtigten Personen" und die undifferenzierten Angaben "Eltern" gemacht werden...

    In deinem Fall sehe ich das Problem allerdings nicht. Rechtlich gesehen gibt es halt mangels Feststellung oder Anerkennung der Vaterschaft keinen "Vater" und somit entfällt die komplette väterliche Erblinie.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Mir reicht auch das Familienstammbuch, weil ja nicht in jedem Fall davon auszugehen ist, dass adoptiert wurde bzw. die Ehelichkeit angefochten. Das frage ich im ESA und lasse mir die Richtigkeit der Angaben ja an Eides statt versichern...

    Wenn kein Vater auf der Geburtsurkunde eingetragen ist, heißt es nicht, dass es keinen rechtlichen Vater gibt. Es kann genauso gut eine Vaterschaftsanerkennung existieren. Auch diese besagt, dass der Vater erbberechtigt ist.

    Um aber auf das Personenstandsgesetz zurückzukommen:
    Für eine Eheschließung benötigt(e???) man ja grundsätzlich eine Abstammungsurkunde, die nicht als 3 Monate ( glaube ich???) sein durfte, um sicher zu sein, dass Braut und Bräutigam keinem Eheverbot unterliegen.
    Wie soll das in Zukunft sicher gestellt werden, wenn man nur noch eine Geburtsurkunde erhält?
    Angenommen, zwei Leute wollen heiraten, die beide adoptiert wurden. Anhand der Abstammungsurkunden stellt sich heraus, dass sie z. Bsp. Halbgeschwister sind. Geht also nicht!
    Wie findet man das nun heraus, wenn es keine Abstammungsurkunden mehr gibt? :gruebel:

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

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