Nachlasspflegschaft - Erben mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt?-

  • Ich bin mir in einem Fall bezüglich der Anordnung einer Nachlasspflegschaft sehr unsicher und würde gerne von euch wissen, wann für euch die Erben mit "hoher Wahrscheinlichkeit" bekannt sind. :confused:

    Es handelt sich dabei um 2 Erblasser.
    Der Antrag auf Einrichtung der Nachlasspflegschaft wurde von einer Bank gestellt. Diese Bank hat eine Grundschuld an einem Grundstück der beiden Erblasser, auf dem auch ein Haus steht. Ein Sicherungsbedürfnis wär somit gegeben.

    Zuerst ist die Frau gestorben. Sie hat ein Testament hinterlassen, in dem sie ihren Sohn als Alleinerben einsetzt. Dieser hat sein Erbe als testamentarischer und gesetzlicher Erbe frist- und formgerecht ausgeschlagen. Ersatzerben wurden nicht benannt. Der Sohn hat keine weiteren Kinder. Es war ein weiterere Tochter vorhanden, die jedoch schon in sehr jungem Alter verstorben ist. Vor ihrem letzten Ehemann hatte sie 2 weitere Ehen, die geschieden wurden. Der letzte Ehemann wollte einen Erbscheinsantrag stellen, ist jedoch kurze Zeit später ebenfalls verstorben. Er hinterlässt einen Sohn, der aber nicht der Sohn seiner Ehefrau ist. Dieser hat hier nun nach der verstorbenen Ehefrau einen Erbscheinsantrag bei einem Notar gestellt. In dem er das Erbe nach ihr ausdrücklich annimmt. Der Erbschein kann jedoch bisher nicht erteilt werden, da eine Menge Angaben fehlen. Der Notar erreicht diesen Sohn seit dem nicht mehr. Die Eltern der Erblasserin sind vorverstorben. Aus dieser Ehe ist anscheinend nur die Erblasserin hervorgegangen. Das Geburtsstandesamt teilte jedoch mit, dass die Mutter aus erster Ehe noch Kinder hat. Also Stiefgeschwister der Verstorbenen. Diese wurden sämtlich angeschrieben und haben teilweise nach sich und ihren Kindern frist- und formgerecht ausgeschlagen. Mit der Ausnahme eines Stiefbruders. Er hat formlos erklärt, dass er das Erbe nicht haben will. Nach einem Hinweis von uns, dass diese Erklärung nicht der benötigten Form entspricht, hat er sich nicht mehr gemeldet. Die Frist ist nun abgelaufen. Erben wären nach dem derzeitigen Standpunkt also der Sohn des nachverstorbenen Ehemannes und der Stiefbruder.

    Danach ist wie schon geschrieben der Ehemann verstorben. Er hinterlässt den Sohn, der auch nach seinem Vater einen Erbscheinsantrag gestellt hat und auch darin das Erbe ausdrücklich annimmt. Auch in diesem Fall fehlen einige Angaben, so dass der Erbschein noch nicht erteilt werden kann. Erbe müsste hier der Sohn sein.

    Der Antrag auf Anordnung der Nachlasspflegschaft wurde nach beiden Erblassern gestellt. Bezüglich des Ehemannes halte ich eine Anordnung für relativ ausgeschlossen. Bei der Ehefrau bin ich mir jedoch unsicher. Die weiteren mir bekannten Erben sind zwar alle weggefallen, aber es könnte ja auch noch weitere Erben geben. Insbesondere da sie 2 mal geschieden war. Urkunden liegen mir nicht vor und der Erklärung des Sohnes an Eides statt, dass da niemand mehr vorhanden ist, kann man nicht mehr wirklich vertrauen. Aber wie sicher muss denn ausgeschlossen werden, dass keine weiteren Erben vorhanden sind? Ich könnte natürlich Personenstandsurkunden von des Standesämtern anfordern. Dies würde jedoch wieder einige Zeit in Anspruch nehmen und die Bank möchte, nach dem ich mit Sachbearbeiter dort den Fall besprochen habe, eine rechtsmittelfähige Entscheidung. Ich denke eigentlich nicht, dass die Erben soweit nachgewiesen sein müssen, das z.B. ein Erbschein erteilt werden könnte. :gruebel:

    Ich bin für eure Hilfe sehr dankbar. Im Forum hab ich leider nichts gefunden.

  • Zitat

    Das Geburtsstandesamt teilte jedoch mit, dass die Mutter aus erster Ehe noch Kinder hat. Also Stiefgeschwister der Verstorbenen.



    Du meinst wohl eher "Halbgeschwister" ?

    Meine "Stiefgeschwister" wären z.B. die einseitigen Kinder des neuen Ehemannes meiner Mutter, der nicht mein Vater ist und somit mir mir nicht verwandt.

    Zitat

    Erben wären nach dem derzeitigen Standpunkt also der Sohn des nachverstorbenen Ehemannes und der Stiefbruder.



    Wohl eher : der Halbbruder und der nachverstorbene Ehemann der Erblasserin, der nicht ausgeschlagen hat ?!

    Zitat

    Danach ist wie schon geschrieben der Ehemann verstorben. Er hinterlässt den Sohn, der auch nach seinem Vater einen Erbscheinsantrag gestellt hat und auch darin das Erbe ausdrücklich annimmt. Auch in diesem Fall fehlen einige Angaben, so dass der Erbschein noch nicht erteilt werden kann. Erbe müsste hier der Sohn sein.



    Nach der Sachverhaltsdarstellung sieht´s wohl so aus, wenn es keine weiteren Abkömmlinge, einen neuen Ehegatten oder einen eingetragenen Lebenspartner sowie keine von der gesetzlichen Erbfolge abweichenden letztwilligen Verfügungen gab.

    Zitat

    ...der Erklärung des Sohnes an Eides statt, dass da niemand mehr vorhanden ist, kann man nicht mehr wirklich vertrauen.



    Eine negative Tatsache kann man nur mittels eidesstattlicher Versicherung "beweisen" (i.S.v. glaubhaft machen). Warum kann der eidesstattlichen Versicherung nicht geglaubt werden ?

    Ich würde dem Sohn des Ehemannes eine kurze Frist (10Tage) zur Vorlage der erforderl. Personenstandsurkunden zwecks Erbscheinserteilung nach dessen Vater und (als Erbeserbe) zur Beantragung eines Erbscheins nach der vorverstorbenen Ehefrau seines Vaters setzen, widrigenfalls beabsichtigt ist, auf Kosten der Nachlässe (§ 6 KostO) eine Nachlasspflegschaft einzurichten. Kopie an Antragsteller zur Kenntnis und Zweiwochenfrist notieren.

    Wenn die Erbscheinsanträge mit abschließender Aufzählung aller (auch ehemals) erbbrechtigter Personen und eidesstattl. Versicherung da sind, kann man etwa fehlende Personenstandsurkunden noch immer v.A.w. beschaffen (§§ 12 FGG, 2358 BGB). Bei mangelnder Rücknahme des Antrags auf Nachlasspflegschaft würde ich diesen sodann zurückweisen mit der Begründung, dass die Erben nach Aktenlage nicht unbekannt sind und somit die Voraussetzung zur Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nicht gegeben sind.

    Ansonsten kann man bei fruchtlosem Fristablauf von vorhandenem sicherungsbed. Nachlass und der ungeklärten, da hinsichtlich des Ehemannes urkundlich nicht belegten, hinsichtlich der Ehefrau nicht belegten und tatsächlich ungewissen Erbensituation (weitere Geschwister, Halbgeschwister ?) ausgehen und eine Nachlasspflegschaft einrichten (m.E. sogar nach § 1960 BGB und nicht zwingend nach § 1961 BGB).

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Der Erbschein kann jedoch bisher nicht erteilt werden, da eine Menge Angaben fehlen. Der Notar erreicht diesen Sohn seit dem nicht mehr.


    Danach ist wie schon geschrieben der Ehemann verstorben. Er hinterlässt den Sohn, der auch nach seinem Vater einen Erbscheinsantrag gestellt hat und auch darin das Erbe ausdrücklich annimmt. Auch in diesem Fall fehlen einige Angaben, so dass der Erbschein noch nicht erteilt werden kann.



    Was heißt das jeweils genau ?

  • zu der Anmerkung von the bishop:

    Ja, da hast du natürlich Recht.
    1. Es handelt sich um den Halbbruder und nicht um den Stiefbruder.
    2. Erbe nach der Ehefrau sind der Halbbruder und der nachverstorbene Ehemann. Ausgeschlagen hat dieser nicht. Aus der Akte ergibt sich vielmehr, dass er einen Termin für einen Erbscheinsantrag absprechen wollte.

    zu the bishop und raicro:
    Der Erbscheinsantrag des Sohnes nach der Ehefrau passt jetzt nicht mehr, da er seinen Vater als Alleinerben im Erbschein ausgewiesen haben wollte. Der wär nun jedoch Erbe mit dem Halbbruder. Die Halbgeschwister der Erblasserin und die 1. Ehe ihrer Mutter hat er nicht angegeben. Wahrscheinlich wußte er davon nichts. Jedoch ist seine eidesstattliche Versicherung auch sehr schwammig. Insbesondere für einen Antrag auf einen Erbschein, der die Alleinerbschaft des Ehemannes ausweisen soll. Es wurde z.B. nicht eindeutig angegeben, dass es sich bei der Ehe der Mutter der Erblasserin um die "einzige" Ehe handelte, die Erblasserin die "einzige" Tochter war u.s.w. Das ist auch der Fall bei dem Erbschein nach dem Vater. Im Einzelnen kann ich das momentan nicht wiedergeben, da ich die Akte nicht bei mir habe. Er hat jedoch nicht eindeutig gesagt, welche Personen vorhanden sind oder waren, die ihn von der Erbfolge ausschließen könnten.

    Deine Idee dem Sohn eine kurze Frist zu setzen usw. ist gut. Dann hätte man ihn zumindest auch beteiligt. Ich habe jedoch das Gefühl, dass sich der Sohn auch auf mein Anschreiben nicht melden wird. Falls eine Nachlasspflegschaft eingerichtet werden müsste, würd ich das gerne direkt nächste Woche machen, da es so langsam ganz schön kalt wird und ich das Haus dann ungerne noch 2 Wochen unbeaufsichtigt stehen lassen würde. Jedenfalls bezüglich der Ehefrau könnt ich mir schon vorstellen eine Nachlasspflegschaft einzurichten, da die Familienverhältnisse dort ziemlich verworren sind und die Wahrscheinlichkeit, dass es da noch weitere Erben gibt relativ hoch ist...Aber bezüglich des Ehemannes? Stehen die Erben erst mit hoher Wahrscheinlichkeit fest, wenn ich auch die Personenstandsurkunden vorliegen habe?

    Wenn ich eine Nachlasspflegschaft einrichte, dann ginge das jedoch nur für einen Teil des Nachlasses, da einige Erben ja bekannt sind. Muss denn dann in der Bestellungsurkunde angegeben werden für welchen Teil die Nachlasspflegschaft eingerichtet wurde? Die weiteren Erben (falls es da überhaupt noch welche gibt) sind ja unbekannt, somit könnte ich die Anteile gar nicht angeben.

  • Der Notar erreicht diesen Sohn seit dem nicht mehr.



    Nochmal:
    Was heißt das genau ?

    Zu bedenken ist, dass nach der Ehefrau mind. 3/4 des Erbes feststeht und auf den nachverstorbenen Ehemann entfällt.

    Wegen einer teilw. NL-Pflegschaft vgl. diesen Thread

    Zur eidesst. Vers.:
    Es kommt oft vor, dass nicht explizit gesagt ist, es handele sich um die "einzige" Ehe oder jemand sei der "einzige" Abkömmling. Normalerweise findet sich irgendwo eine Formulierung wie "weitere Personen, die das Erbrecht mindern würden, sind nicht vorhanden" und das reicht. Wenn man natürlich die Vermutung hat, das irgendwas nicht stimmt, muss man nachhaken.

  • Der Notar hat wegen der Mängel beim Erbscheinsantrag versucht mit dem Sohn telefonischen bzw. schriftlichen Kontakt aufzunehmen. Er geht jedoch nicht ans Telefon und meldet sich auch nicht auf die Briefe.

    Bei dem was ich in dem Thread gelesen habe, erscheint mir eine Teilnachlasspflegschaft in diesem Fall schon etwas problematisch. Die vorhandenen Erben werden wohl keinen Antrag auf einen Teilerbschein stellen. Der Ehemann könnte 3/4 erhalten. Daneben ist ja aber auch schon ein Halbbruder bekannt. Eventuell gibt es ja noch weitere Geschwister. Und auf Grund der vorherigen Ehen bin ich mir nicht sicher, ob es nicht doch noch Abkömmlinge geben könnte. Muss ich denn den Anteil für den die Nachlasspflegschaft eingerichtet wurde zwingend genau im Bestellungsbeschluß angeben oder reicht nicht auch eine Angabe wie "für die bisher noch unbekannten Erben"?

    Meine größte Sorge ist ja momentan, dass das Haus auf Grund des Winters Schäden erleidet. Deswegen würde ich gerne direkt nächste Woche eine Nachlasspflegschaft einrichten. Mir ist jetzt auch der Gedanke gekommen die Nachlasspflegschaft nur für die Sicherung des Hauses einzurichten. Der Nachlasspfleger könnte dann zwar das Haus nicht verkaufen. Solange die Erben zur Mitwirkung nicht bereit sind, wäre das jedoch eh nicht möglich.

  • Genaueres haben sie nicht angegeben. In ihrer Begründung steht, dass sich auf Grund des Winters jemand um das Haus kümmern muss. Sie haben jedoch nicht ausdrücklich gesagt, dass die Nachlasspflegschaft darauf beschränkt werden soll. Ich könnt mir vorstellen, dass sie auch Vollstreckungsmaßnahmen unternehmen wollen. Das könnte man ja aber morgen direkt klären.

  • Ich wäre eher zurückhaltend mit der NL-Pflegschaft. Der bei weitem größte Teil der Erben wird durch den Sohn, der auch schon Anträge gestellt hat, repräsentiert. Er ist für die Bank der Ansprechpartner.

    Muss ich denn den Anteil für den die Nachlasspflegschaft eingerichtet wurde zwingend genau im Bestellungsbeschluß angeben oder reicht nicht auch eine Angabe wie "für die bisher noch unbekannten Erben"?


    M. E. reicht diese Angabe. Anders kann man es ja gar nicht formulieren.

    Aber vielleicht gibt es morgen ja noch weitere Meinungen.

  • Der Bank sagen, sie möge sich an den Sohn halten :).

    Er vertritt den weitaus größten Teil des Nachlasses. Neben ihm gibt es nach derzeitigem Sachstand nur noch nach der Frau den Halbbruder, der formlos erklärt hat, das Erbe nicht haben zu wollen und von dem danach nichts mehr zu hören war.

    Soweit dies erforderlich sein sollte (Zwangsvollstreckung), kann man für den Geschwisterteil nach der Frau eine teilweise NL-Pflegschaft einrichten.

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