Abtretung aus Versehen? GBO und ZwV

  • Ich poste die Frage fächerübergreifend, da ich unsicher bin, ob mehr der Grundbuchrechtler oder mehr der Zwangsvollstreckungsrechtler sich angesprochen fühlt:

    Die Eheleute E wie Eigentümer oder Eltern haben ein kleines Häuschen, in dem sie nicht wohnen. Dort wohnt der S wie Sohn oder auch Schuldner.

    Der S nimmt bei der Bank B einen Kredit auf. Er haftet persönlich. Die Eltern E sollen auf ihrem Hausgrundstück eine Grundschuld bestellen. Eine persönliche Haftung der Eltern ist im Moment den Unterlagen nicht zu entnehmen.

    Die Grundschuld wird aber nicht "bestellt". Vielmehr bedient man sich einer bereits eingetragenen Grundschuld wie folgt:

    Die Eltern E hatten vor 15 Jahren beim Erwerb des Häuschens bei der Bank A einen Kredit aufgenommen über 100.000,00 EUR und eine Grundschuld eintragen lassen. Der Kredit ist noch zu 50.000,00 EUR valutiert und wird regelmäßig von den Eltern E vertragstreu zugunsten der Bank A in Raten bedient.

    Beabsichtigt war nun, dass die nicht valutierte Grundschuld über ebenfalls 50.000,00 EUR mit Nachrang an die Bank B abgetreten wird. Das ist auch erfolgt, und die Bank B wurde entsprechend im Grundbuch eingetragen.

    Was aber zusätzlich geschah ist, dass die Bank A - vermutlich aus Versehen (Heuschrecken sind an dem Fall nicht beteiligt) - auch die Forderung an die Bank B abtrat und ermöglichte, dass die Bank B sich als Rechtsnachfolger eine vollstreckbare Ausfertigung der vor 15 Jahren zugunsten der A-Bank erstellten Urkunde mit der sof. Unterwerfung unter die ZwV beschaffte mit Rechtsnachfolgeklausel in Höhe von 50.000,00 EUR.

    Nach der Sicherungsabrede im Verhältnis Bank A und Eigentümer E darf natürlich nicht vollstreckt werden, denn die Forderung A gegen E wird, wie geschildert, treu bedient.

    Ich gehe auch davon aus, dass die Bank B diese Sicherungsabrede kennt. Dessen ungeachtet wollen die jetzt aus der Urkunde vollstrecken.

    Ich bin mir unsicher: Ist das ein Fall der Vollstreckungsgegenklage E gegen Bank B?

  • Die abgetretene Teilforderung existierte nicht. Es kann nicht eine Forderung der Bank B in Höhe von 50.000 € und gleichzeitig eine Forderung der Bank A in gleicher Höhe vorhanden sein, wenn die Restschuld insgesamt nur noch 50.000 € beträgt.

    Aber was macht das für einen Unterschied? Bank B hat eine Forderung gegen S und E haftet dafür dinglich. Bank B kann aus der zweitrangigen Teilgrundschuld auch vollstrecken, wenn ihr keine Forderung gegen E zusteht.

  • Ich nehme an, dass die Grundschuld (also das dingliche Recht) an die Bank B in Höhe von 50.000 € abgetreten wurde und nicht die persönliche Forderung. Sollte beides erfolgt sein, ist das bezüglich der persönlichen Forderung fehlerhaft und wenn persönlich vollstreckt wird, kann man dagegen gem. § 767 ZPO vorgehen. Soweit allerdings aus dem dinglichen Grundschuld vollstreckt wird, ist dies zulässig, auch wenn kein persönlicher Anspruch gegen E besteht.

  • Vielen Dank für die bisherigen Postings. Das habe ich schon verstanden bzw. vorher gewusst ;). Vielleicht habe ich in # 1 die Problematik nicht genau genug umrissen:

    Es ist klar, dass der dingliche Titel infolge der Abtretung der Grundschuld jetzt der B-Bank dient. Und den Unterschied zwischen Grundschuld und Forderung sollte ich eigentlich auch kennen. Aber, soweit erkennbar, war nicht bezweckt, dass der Titel der neuen Bank dient. Beabsichtigt war nur, die nicht mehr valutierte Grundschuld abzutreten. Die A-Bank hat aber darüber hinaus die Forderung abgetreten und auch noch die Titelumschreibung ermöglicht. Soweit jetzt ein dinglicher Titel zugunsten der B-Bank infolge Rechtsnachfolge existiert, wäre im Normalfall die Einwendung aus der Sicherungsabrede zwischen E und der B-Bank zu erheben. Das gibt aber nichts her. Hier haben wir aber den Fall, dass die B-Bank den dinglichen Titel so erwarb, dass ihm die Einwendung aus der Sicherungsabrede mit der A-Bank entgegengehalten werden soll (jedenfalls nach der Vorstellung der E). Denn im Innenverhältnis hätte A nicht vollstrecken dürfen trotz dingl. Titel. Diese Einwendung aus dem Verhältnis A - E soll nun B entgegengehalten werden. Und daher die Frage: ist das ein Fall der Vollstreckungsgegenklage?

  • Ich kann das aufgrund des Zwecks der Transaktion nicht nachvollziehen. Die Abtretung der Teilgrundschuld zu 50.000 EUR bezweckte, daß die Bank B dadurch einen dinglichen Titel erhielt. Schließlich sollte die Teilgrundschuld die Forderung der Bank B gegen den persönlichen Schuldner S sichern. Das schließt aus, daß der Bank B Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag im Verhältnis A/E entgegen gehalten werden können – die Grundschuld wäre für die Bank B wertlos. Es muß also eine Zweckerklärung im Verhältnis E/Bank B geben, nach der die selbständige Teilgrundschuld die Forderung der Bank B gegen S sichert. Die vollstreckbare Ausfertigung zugunsten der Bank B müßte sich daher auf die dingliche Unterwerfung für einen Teilbetrag von 50.000 EUR beziehen – nicht auf die persönliche Unterwerfung.

    Auch die Abtretung der Forderung ist nicht plausibel. Die Bank A hatte noch eine Restforderung gegen E in Höhe von 50.000 EUR. Diese Forderung wollte sie behalten und nicht abtreten. Eine darüber hinaus gehende Forderung, die sie hätte abtreten können, besaß die Bank A nicht mehr. Die Bank B, der die Umstände bekannt waren, konnte also keine Forderung erwerben. Sie ist nur dingliche Grundschuldgläubigerin für die letztrangig abgetretene Teilgrundschuld von 50.000 EUR. So war es von Anfang an gedacht. Durch die mißglückte Forderungsabtretung hat sich daran nichts geändert. Die Bank B kann aber aus dem dinglichen Titel vollstrecken – Zweckerklärung im Verhältnis zu E vorausgesetzt. E wäre aber zur Mitwirkung an einer solchen Zweckerklärung verpflichtet. Man kann nicht dingliche Sicherheiten leisten und daraus keine Vollstreckung befürchten müssen, wenn der persönliche Schuldner nicht mehr zahlen kann.

    Wenn die Bank A ihre Restforderung von 50.000 EUR tatsächlich versehentlich an Bank B abgetreten hätte, wäre das ein Problem der Irrtumsanfechtung. Die Forderung sollte nicht abgetreten werden. E erbringt die Tilgungs- und Zinsleistungen weiter an Bank A.

  • Vielen Dank, Samirah.

    Das habe ich befürchtet. Der B-Bank sagt also: ich habe zwar die Forderung abgetreten bekommen (was vielleicht ins Leere ging), die in der gleichen Abtretungsurkunde vorgesehene Abtretung der Grundschuld bezog sich aber auf den nicht valutierten Teil (obwohl aber das so formuliert ist, als werde gerade der noch offene Forderungsteil abgetreten, den die noch valutierte Grundschuld sichert).

    Bank B sagt also:

    Forderung nicht erworben, so what, ich hab ja die nicht valutierte A-Bank-Grundschuld, und die sichert mir die Forderung gegen S.

    Mein Gedanke war hingegen:

    Wenn wie hier die Abtretung so formuliert ist, dass die noch existente Forderung abgetreten und der Grundschuldteil abgetreten wird, der gerade diese Forderung sichert (so wurde übrigens auch der Titel umgeschrieben), dann muss sich die B-Bank dran festnageln lassen und sich auch die Einwendungen aus der Sicherungsabrede E - A entgegenhalten lassen.

    Oder gilt da die Rosinentheorie?: um Grundschuldgläubiger der (aus Sicht der A) nicht valutierten Grundschuld zu sein, blendet die Bank B die Forderungsabtretung nebst Grundschuldsicherung aus und versteht die die Abtretung so, dass sie nur Inhaber der Grundschuld wird ohne persönliche Haftung der E. Dann kann sie, weil der Kredit mit S notleidend ist, gegen E aus der Grundschuld vorgehen und E kann nur die Sicherungsabrede E - B entgegenhalten. Nach der Abrede könnte man aber vollstrecken, Kredit ist ja fällig usw.

  • Ich gebe meinem Vorschreiber recht. Der Sachverhalt ist nicht vollständig ermittelt oder nicht ausreichend beschrieben worden. Meine Gedanken zur weiteren Prüfung sind folgende:

    Die Grundschuld über 100.000 EUR sicherte ursprünglich nur Forderungen der A-Bank gegen E. Hierfür war alleine die zwischen E und der A-Bank getroffene Sicherungsabrede als sog. Zweckerklärung maßgebend. Alleine durch die Abtretung der Teilgrundschuld über 50.000 EUR an die B-Bank änderte sich an den gesicherten Forderungen nichts. Ein anderer Sicherungszweck konnte nur durch Änderung der Sicherungsabrede neu vereinbart werden. Also ist zu fragen, ob bei der Abtretung der Grundschuld über 50.000 EUR an die B-Bank für diese Grundschuld eine neue Sicherungsabrede zwischen E und B-Bank für die Forderung der B-Bank gegen S getroffen wurde und die ursprüngliche Sicherungsabrede zwischen E und A-Bank nur noch für die Grundschuld der A-Bank weiter galt. Das wäre die übliche Verfahrensweise. Zum gleichen Ergebnis wäre man gekommen, wenn die Grundschuld für die A-Bank über 100.000 EUR unter Beschränkung der alten Zweckerklärung auf das Restrecht der A-Bank in Höhe von 50.000 € teilgelöscht und für die B-Bank eine neue Grundschuld mit neuer Sicherungsabrede zwischen E und B-Bank über 50.000 EUR eingetragen worden wäre.

    Ob die A-Bank ihre Restforderung von 50.000 EUR an die B-Bank abgetreten hat, ist für den Sicherungszweck der Grundschuld der B-Bank zunächst ohne Bedeutung. Welche Forderungen die Grundschuld der B-Bank sichert, ist ausschließlich eine Frage des Inhalts der für diese Grundschuld geltenden Zweckerklärung. Wurde hierfür keine Sicherungsabrede bezüglich der Forderung der B-Bank gegen S getroffen und die alte Zweckerklärung für die Ursprungsgrundschuld über 100.000 EUR nicht auf die Restgrundschuld der A-Bank beschränkt, so galt die alte Zweckerklärung für die Grundschuld der B-Bank also weiter (Forderungen A-Bank gegen E). In diesem Fall kann die Abtretung der Forderung der A-Bank an die B-Bank aber dazu führen, daß die Grundschuld der B-Bank nun – weiterhin – die zedierte Forderung der A-Bank sichert, die jetzt der B-Bank zusteht. Dann hätte E aber ständig an die falsche Gläubigerin geleistet. Das meinte ich, als sich sagte, daß mir die Forderungsabtretung nicht plausibel ist. Die A-Bank hätte eine erstrangige Grundschuld, aber keine Forderung mehr, ohne irgend etwas für die Forderungsabtretung erhalten zu haben. Gleichzeitig hätte die B-Bank eine zweitrangige Grundschuld, sie wäre aber noch zusätzlich Gläubigerin der zedierten Forderung gegen E geworden, ohne für diese Forderung etwas bezahlt zu haben. Dieses Ergebnis widerspricht vollkommen den realen Gegebenheiten. Deshalb bin ich der Ansicht, daß die Abtretung der Forderung – falls sie wirklich wirksam erfolgt ist – der Irrtumsanfechtung durch die A-Bank unterliegt.

    Meines Erachtens wurde der rechtliche Aspekt der Zweckerklärung bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Es genügt nicht für eine rechtmäßige Verwertung des Grundbesitzes, daß die B-Bank Grundschuldgläubigerin ist. Die Grundschuld muß auch mit einer Sicherungsabrede für die Forderung der B-Bank gegen S unterlegt sein, damit die B-Bank aufgrund der Grundschuld verwerten darf. Zu einem anderen Ergebnis würde man kommen, wenn die Abtretung der Grundschuld an die B-Bank vor dem 20.8.2008 erfolgt ist - was ich unterstelle - und die B-Bank die Grundschuld nach § 1157 S. 2 BGB einredefrei erworben hätte (vgl. § 1192 Abs. 1 a BGB, Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB). Von der hierfür notwendigen Gutgläubigkeit der B-Bank ist jedoch nach dem Sachverhalt nicht auszugehen. Ob die B-Bank aus ihrer Grundschuld vollstrecken kann, weil sie die Forderung der A-Bank gegen E erworben hat und die Grundschuld der B-Bank evtl. weiterhin diese zedierte Forderung sichert - siehe oben -, hängt davon ab, ob die Forderungsabtretung tatsächlich erfolgt ist und weiter wirksam bleibt - vgl. die Ausführungen zur Irrtumsanfechtung.

  • Soweit erkennbar gibt es in der Tat zwischen der B-Bank und E keine Zweckerklärung. Insofern kann ich den Sachverhalt im Moment nicht näher aufklären. Um ihn allerdings nicht zu sehr zu verwirren, habe ich unter # 1 den Aspekt weggelassen, dass es in Wahrheit zwei Grundschulden gibt. Es gibt sehr wohl eine Zweckerklärung hinsichtlich der zweiten Grundschuld über einen Peanuts-Betrag. Die Eigentümer E und der Schuldner S beschreiben mir aber nachvollziehbar, dass wirklich nur diese eine Zweckerklärung unterschrieben wurde, die von Betrag und Nennung der Grundschuld sich ausschließlich auf das für den vorliegenden Thread irrelevante kleinere Grundpfandrecht bezieht.

    Fehlt es demnach an der Zweckerklärung hinsichtlich der großen Grundschuld, die Gegenstand meiner Anfrage hier im Forum ist, dürfte es in der Tat so laufen wie von Samirah zuletzt geschildert. Von einem gutgläubigen einredefreien Erwerb gehe ich ebenfalls nicht aus. Dieses Thema war ja in dem bekannten Heuschreckenthread hier im Forum schon ausführlich behandelt worden. Die Idee, die alte Grundschuld zu verwenden, kam ja von der Bank B, die über die Valutierung, die Sicherungsabrede usw. informiert war.

  • Die Sache wurde dieser Tage verglichen. E zahlen an die B-Bank gegen Löschungsbewilligung im Vergleichswege 10 % der Forderung und geben den Titel heraus, die irrig von A an B abgetretene Forderung aus dem Kredit A gegen E wird von B an A zurückabgetreten.

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