Erbschein nach Erbteilsübertragung

  • Hallo!

    Von einer Erbengemeinschaft (3 testamentarische Erben) haben 2 Miterben die Erbschaft ausgeschlagen. Der einzige verbleibende Erbe E hat seinen Erbteil auf seine Gläubiger (A+B) übertragen.

    Dürfen A oder B einen Erbscheinsantrag stellen? Ist der eigentliche Erbe E im Erbschein aufzuführen?

  • Der Erbteilserwerber wird durch die Erbteilsübertragung nicht Erbe. Somit ist nach wie vor E als Miterbe im Erbschein aufzuführen. Ihre Rechtsstellung können A und B durch den Erbschein und die notarielle Urkunde über die erfolgte Erbteilsübertragung nachweisen.

    A und B sind als Erbteilserwerber berechtigt, einen Erbschein (auf den Namen des E) zu beantragen, weil sie die Erbteilsübertragung dazu berechtigt, die Befugnisse des E auszuüben.

    Zu prüfen ist allerdings, ob E durch die Ausschlagung der beiden anderen Miterben aufgrund angeordneter Ersatzerbfolge oder Anwachsung Alleinerbe geworden ist. Sollte dies der Fall sein, geht die Erbteilsübertragung durch E materiell ins Leere, weil ein Alleinerbe keinen (fiktiven) Erbteil abtreten kann. Selbst wenn die Ausschlagungen erst nach der Erbteilsübertragung erklärt worden sind, ist die Erbteilsübertragung aufgrund der ex-tunc-Wirkung der Ausschlagung von Anfang an unwirksam.

  • So ist es - der Erbscheinsantrag ist zurückzuweisen.

    Eine Erbteilsübertragung setzt begrifflich die Miterbenstellung des Übertragenden voraus. Der Alleinerbe kann daher weder über die Erbschaft insgesamt noch über einen Bruchteil davon verfügen, sondern nur über die einzelnen Nachlassgegenstände (MünchKomm/Heldrich § 2033 RdNr.5 m.w.N.).

  • Nein, weil es rechtlich ausgeschlossen ist, dass der Alleinerbe seine Alleinerbenstellung als solche überträgt.

  • Der Alleinerbe kann die Erbschaft als solche aber verkaufen und auch mit dinglicher Wirkung übertragen, § 2371 BGB. Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft können in einer Urkunde zusammengefasst werden. Paland, Anm. 1 zu § 2371 BGB)

  • Nein, das ist ein Trugschluss.

    Natürlich kann auch der Alleinerbe die Erbschaft schuldrechtlich verkaufen. Ihm steht aber in dinglicher Hinsicht nicht der Weg der Erbteilsübertragung zur Verfügung, sondern er muss die einzelnen Nachlassgegenstände in Erfüllung dieser schuldrechtlichen Verpflichtung rechtsgeschäftlich an den Käufer dinglich übertragen.

    Es verbleibt daher dabei, dass der vorliegende Erbscheinsantrag zurückzuweisen ist.

  • Zitat von juris2112

    Nein, das ist ein Trugschluss.

    Natürlich kann auch der Alleinerbe die Erbschaft schuldrechtlich verkaufen. Ihm steht aber in dinglicher Hinsicht nicht der Weg der Erbteilsübertragung zur Verfügung, sondern er muss die einzelnen Nachlassgegenstände in Erfüllung dieser schuldrechtlichen Verpflichtung rechtsgeschäftlich an den Käufer dinglich übertragen.

    Es verbleibt daher dabei, dass der vorliegende Erbscheinsantrag zurückzuweisen ist.



    Missverständnis! In meinem Beitrag ist nicht von der Erbenstellung, sondern von der Erbschaft die Rede. Natürlich wird der Erbschaftskäufer nicht zum Inhaber der Erbenstellung und kann deshalb auch keinen Erbschein beantragen.

    Ich wollte mit meinem Beitrag nur zum Ausdruck bringen, dass der Alleinerbe eben nicht "die einzelnen Nachlassgegenstände" übertragen muss.

    Vgl.hierzu: MüKo, Vorbem. 2 zu § 2371 BGB:
    Gegenstand des Erbschaftskaufes ist nicht das Erbrecht des Erben;4 denn dieses kann nur auf Grund der Verwandtschaft oder Ehe mit dem Erblasser bei gesetzlicher Erbfolge oder auf Grund einer Verfügung von Todes wegen bei gewillkürter Erbfolge erworben werden, nicht aber unabhängig vom Willen des Erblassers durch Parteiwillkür mittels Rechtsgeschäft unter Lebenden.5 Verkauft wird die Gesamtheit des Vermögens, das der Erblasser dem Erben zugewendet hat,6 nicht nur die bloße Summe der Nachlassgegenstände.7 3[Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/Bnpgup.gif]
    [Blockierte Grafik: http://rsw.beck.de/bib/img/Bnpgdwn.gif]Verkauft der Alleinerbe seine gesamte Erbschaft, dann bildet der Inbegriff von Sachen und Rechten sowie sonstigen Werten des ihm angefallenen Vermögens den Vertragsgegenstand

    vgl. weiter Anm.zu § 2380 BGB:

    Abweichend von der in § 446 getroffenen Regelung wird in § 2380 bestimmt, dass die Gefahr, das Recht auf die Nutzungen und die Tragung der Lasten bereits mit dem Abschuss des Vertrages, nicht erst mit Übergabe der einzelnen Erbschaftsgegenstände auf den Käufer übergehen. Der einsichtige Grund dieser Bestimmungen liegt im Gegenstand des Erbschaftskaufes:1 eine Vermögensgesamtheit im Gegensatz zu einem bestimmten Einzelgegenstand, auf den sich die §§ 433 ff. beziehen.

  • Natürlich sind die genannten Zitate inhaltlich völlig zutreffend.

    Aber:

    Alle genannten Zitate beziehen sich ausschließlich auf den schuldrechtlichen Vertragsgegenstand und besagen nichts darüber, wie die betreffende schuldrechtliche Verpflichtung dinglich zu erfüllen ist. Und das kann der Alleinerbe nur, indem er sämtliche Nachlassgegenstände einzeln rechtsgeschäftlich an den Erbschaftskäufer übereignet. Das ist auch völlig unstreitig (statt vieler vgl. nur Palandt/Edenhofer, Überbl. v. § 2371 RdNr.2).

  • Zitat von juris2112

    Natürlich sind die genannten Zitate inhaltlich völlig zutreffend.

    Aber:

    Alle genannten Zitate beziehen sich ausschließlich auf den schuldrechtlichen Vertragsgegenstand und besagen nichts darüber, wie die betreffende schuldrechtliche Verpflichtung dinglich zu erfüllen ist. Und das kann der Alleinerbe nur, indem er sämtliche Nachlassgegenstände einzeln rechtsgeschäftlich an den Erbschaftskäufer übereignet. Das ist auch völlig unstreitig (statt vieler vgl. nur Palandt/Edenhofer, Überbl. v. § 2371 RdNr.2).



    Stimmt. Und die Übertragung erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften. Ich frage mich jetzt nur, weshalb für den Alleinerben zwar die Möglichkeit geschaffen wurde, die Erbschaft als solche zu verkaufen, aber die Übereignung der Nachlassgegenstände einzeln zu erfolgen hat...

  • Der Verkauf der Erbschaft wäre als Rechtskauf i.S. des § 453 BGB auch ohne die besonderen Vorschriften der §§ 2371 ff. BGB zulässig. Bei diesen Normen handelt es sich somit lediglich um die besondere inhaltliche Ausgestaltung eines bestimmten Kauftyps mit erbrechtlichem Bezug.

    Im übrigen ist die beim Erbschaftskauf bestehende Rechtslage nichts besonderes. Auch beim Verkauf eines Inbegriffs von Sachen (z.B. einer Bibliothek) muss die dingliche Übereignung für jedes Buch gesondert erfolgen (wobei es natürlich genügt, wenn die dingliche Einigung dahin geht, dass alle Bücher "im Raum X" veräußert sind). Dass es gar nicht anders sein kann, wird sehr schnell deutlich, wenn eines der vielen verkauften Bücher nicht im Eigentum des Veräußerers steht (dann insoweit Erwerb vom Nichtberechtigten).

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