Gemeinschaftsverhältnis bei einer Grunddienstbarkeit

  • Hallo alle zusammen !

    Ich habe folgendes Problem:

    Eine Grunddienstbarkeit (Kanalleitungsrecht) wird am Grundstück Flst. 762 für die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 765/1 und 763/1 bestellt. Diese Grundstücke sind in verschiedenen Grundbuchblättern vorgetragen und gehören verschiedenen Eigentümern. Laut Bewilligung "gelten für das Gemeinschaftsverhältnis die Bestimmungen der §§ 1025 und 1024 BGB analog", das Gemeinschaftsverhältnis soll auch so im Grundbuch eingetragen werden.

    Ist die Eintragung dieses Gemeinschaftsverhältnisses möglich, bzw. hat jemand von euch auch schon mal einen solchen Fall gehabt ? :gruebel:

    Ich finde, daß hier die Eintragung nur dadurch erfolgen kann, daß die Berechtigten als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB, Mitberechtigte nach § 432 BGB oder als Berechtigte zu Bruchteilen eingetragen werden.


    P.S.: Der Notar wurde in einer Fortbildungsveranstaltung auf diese Möglichkeit hingewiesen, einschlägige Rechtssprechung bzw. ein Script sind aber zu diesem Fall nach seiner Aussage nicht vorhanden.

  • "Ursprung" dieser Auffassung ist wohl die im Bauer/v. Oefele, Bearbeiter Wegmann, GBO, 2.Auflage, unter § 47 Rn 82 vertretene Ansicht, dass die Gesamthandsgemeinschaft für mehrere herrschende Grundstücke nicht möglich sei, da Gesamthandsberechtigungen nur für natürliche oder juristische Personen begründet werden können, nicht aber für die jeweiligen Eigentümer verschiedener Grundstücke (so auch BeckOK BGB, Bamberger/Roth, § 1018 Rn 18). Zugleich vertritt aber Bauer/v.Oefele, a.a.O., § 47 Rn 83, die Auffasung, dass § 1025 BGB keine Aussage über das Berechtigungsverhältnis trifft. Dasselbe muss für § 1024 BGB gelten, der lediglich eine Ausübungsregelung darstellt, die ohne Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zum Eigentümer ist. M.A. ist eine Beanstandung gerechtfertigt (Rechtsfortbildung :daumenrau :daumenrau :daumenrau ).

  • m. E. ist eine differenzierte sicht geboten:

    § 1024 ist ausübungsregelung bei zusammentreffen mehrer konkurrierender GD, beinhaltet also kein gemeinschaftsverhältnis am selben recht. als interne ausübungsvereinbarung der mehreren mitberechtigten mögen diese das bei gemeinschaftlicher berechtigung aus nur einem recht untereinander entsprechend vereinbaren können. ein gemeinschaftsverhältnis im sinne von § 47 GBO ist es jedoch m. E. nicht.

    § 1025 lässt 2 auslegungen zu:

    1. es entstehen durch die grundstücksteilung des berechtigten grundstücks mehrere einzelne GD, dann würde hierfür § 1024 gelten; es läge keine gemeinschaft vor und damit würde auch kein gemeinschaftsverhältnis existieren. oder

    2. es bleibt bei einer GD, nur es entsteht kraft gesetzes eine gemeinschaftsberechtigung. diese ist nicht im grundbuch verlautbart, weil § 1025 das erst nachträgliche entstehen der gemeinschaft behandelt. in frage kommt das übliche: bruchteilsgemeinschaft, gesamthand, gesamtgläubigerschaft.

    m. E. ist alternative 2. vorzugswürdig, sie ist vom wortlaut des § 1025 (singular!) gedeckt und erklärt, warum durch die mehreren berechtigten die ausübung für das dienende grundstück nicht beschwerlicher werden darf: weil die summe der berechtigten nicht mehr rechte hat, als vorher der einzelne berechtigte. das liesse sich bei mehreren berechtigten je einer eigenen GD rechtsdogmatisch nur schwer herleiten.

    folgen für das gemeinschaftsverhältnis gem. § 47 GBO:

    § 1024 m. E. nicht eintragbar (nur als dinglicher rechtsinhalt zur ausübung der berechtigten untereinander), da regelungsgehalt keine gemeinschaft ist.

    § 1025 in der 1. vorstehend dargestellten alternative: ebenfalls keine gemeinschaft, daher kein zulässiges gemeinschaftsverhältnis.

    § 1025 in der 2. vorstehend dargestellten alternative: es existiert ein herkömmliches gemeinschaftsverhältnis, welches wg. nachträglicher entstehung nur nicht im GB verlautbart ist. für eine neueintragung nicht einschlägig, denn hier ist das gemeinschaftsverhältnis von vorneherein zu benennen.

    fazit: m. E. ist ein übliches gemeinschaftsverhältnis gem. 47 GBO anzugeben.

    dies ferner und insbesondere gestützt durch die allgemeinen grundsätze des typenzwangs und der typenfixierung im GB-verfahren. analoge verhältnisse sind danach nicht vorgesehen, somit unzulässig.

  • Zitat All:

    Ich finde, daß hier die Eintragung nur dadurch erfolgen kann, daß die Berechtigten als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB, Mitberechtigte nach § 432 BGB oder als Berechtigte zu Bruchteilen eingetragen werden.

    Ebenso BayObLG MittBayNot 2002, 289 m. Anm. Mayer.

  • Danke für eure Antworten,

    werde nochmal mit dem Notariat Rücksprache halten und ggf. Zwischenverfügung erlassen. Über das Ergebnis werde ich wieder berichten.

  • Die Angabe von 1025 und 1024 BGB soll von einem Notar Amann vehement vertreten werden. Eine Fundstelle habe ich nicht, nur einen Auszg.

    Amn bezeichnet die Berechtigung nach § 428 BGB als unsinnig, aber (wohl gewohnheitsrechtlich) zulässig.
    Mitberechung nach § 432 BGB: Nicht unsinniger als 428 BGB aber umstritten.

    Modifizierte Gesamtberechtigung analo §§ 428, 432 BGB: Fraglich ist m.E., ob die Kombination sinnsteigernd wirkt.

    Nähere Begründungen für die harsche Kritik liefert Amann nicht.

    §§ 1025, 1024 BGB analog: ME sachgerecht (so Amann)
    Was der Gesetzgeber in § 1025 BGB anordnet, kann als anfängliches Gemeinschaftsverhältnis nicht unzulässig sein.

    Soweit Amann, dagegen spricht meiner Meinung dass § 1025 in keiner Weise ein Gemeinschaftverhältnis regelt. Es bestimmt das Erlöschen für einen Grundstücksteil.
    Leider wird das gasnze .

  • Diese Meinung sagt doch nur, dass das was als nachträgliches Gemeinschaftsverhältnis (durch Teilung) möglich ist, auch als anfängliches Gemeinschaftsverhältnis zulässig sein muss.

    Wird in BayOblG MittBayNot 02,288 angedeutet

  • Ich hab dasselbe Problem aufm Tisch und werde mich dagegen entscheiden. Amann steht mit seiner Meinung nach meinen Recherchen ziemlich allein da und ich bin der Ansicht, man kann sich nicht einfach ein neues Berechtigungsverhältnis basteln. Egal ob die bestehenden nun befriedigend sind oder nicht.
    Im Übrigen schließe ich mich meinen Vorrednern an.

  • Was an einer Regelung "analog" § 1024 BGB stört, ist die Tatsache, dass § 1024 BGB kein Gemeinschaftsverhältnis enthält, sondern lediglich einen Anspruch auf gerichtliche Regelung, der im Prozesswege durchzusetzen wäre (=Klage auf räumliche und zeitliche Abgrenzung, vgl Staudinger/Ring, Dreizehnte Bearb. 1994, § 1024 Rn 2). Ferner kommt hinzu, dass es strittig ist, ob eine gerichtliche Regelung überhaupt eintragungsfähig ist (Staudinger/Ring, a.a.O., § 1024 Rn 4). Der Sinn und Zweck des § 47 GBO, Art und Inhalt der Gemeinschaft zu verlautbaren, wird mit einer solchen Regelung nicht erreicht; eingetragen wird kein Berechtigungsverhältnis, sondern nur ein Anspruch auf ein noch zu regelndes Berechtigungsverhältnis, wobei die Erfüllung des Anspruchs nicht eintragungsfähig ist (strittig). Ein irgendwie geartetes Berechtigungsverhältnis iSv § 47 GBO wird nicht verlautbart.
    Was an einer Regelung "analog" 1025 BGB stört, ist zum einen, dass § 1025 keine Aussage über ein Berechtigungsverhältnis trifft, sondern nur über das Fortbestehen als Gesamtgrunddienstbarkeit. Dass die Ausübung im Zweifel nur in der Weise zulässig ist, dass sie für den Eigentümer des belasteten Grundstücks nicht beschwerlicher wird, dürfte als Eintragung gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoßen. Insoweit enthält das Gesetz nur eine Auslegungsregel, aber keine definitive Regelung über Art und Inhalt der Gemeinschaft.

  • Ich stimme Harald zu.

    Dass das Gesetz beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen regelt, wie im Hinblick auf das ursprüngliche Berechtigungsverhältnis zu verfahren ist, lässt nicht den zulässigen Umkehrschluss zu, dass der Inhalt der gesetzlichen Regelung auch als ursprüngliches Berechtigungsverhältnis in Betracht kommt. Denn die §§ 1024 und 1025 BGB sind ja nur aus der "Not" der fehlenden rechtsgeschäftlichen Vereinbarung im Hinblick auf das Berechtigungsverhältnis bei nachträglichen Veränderungen des Grundstücksbestandes geboren. Damit können diese Vorschriften aber auch keine Ausage darüber treffen, welches rechtsgeschäftlich vereinbarte Berechtigungsverhältnis ursprünglich zulässig ist.

  • Hallo zusammen!
    Ein kleiner Nachtrag von mir noch. Mein Notar hat nun den Antrag zurückgenommen und besinnt sich wieder auf Herkömmliches.

  • Hallo zusammen!

    Nur zur Information:

    Es hat zwar lange gedauert, aber das Landgericht hat nun die Beschwerde des Notars gegen meine Zwischenverfügung zurückgewiesen :daumenrau .

    Nach dem Beschluss des LG ist ein Berechtigungsverhältnis nach §§ 1024, 1025 BGB analog bei einer Ersteintragung einer Grunddienstbarkeit nicht ausreichend bestimmt i.S.v. § 47 GBO. Zulässig sind laut LG nur Gesamtberechtigung (§ 428 BGB), Mitberechtigung (§ 432 BGB), Bruchteilsberechtigung (§§ 741 ff BGB) oder eine modifizierte Gesamtberechtigung (§§ 428, 432 BGB).

  • Diese Entscheidung sollte man (z.B. im Rpfleger) veröffentlichen lassen, weil ihr über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukommt.

  • Hallo,

    ich soll an einer SE-Einheit (Nr. 4) eine Grunddienstbarkeit (Kamintürduldungs- und Betretungsrecht) für die jeweiligen Eigentümer der SE-Einheiten Nr. 1,2 und 3 als Gesamtberechtigte nach § 472 BGB eintragen.

    Die Eintragung der GDB an einer SE-Einheit ist ja durchaus möglich (Schöner/Stöber 15. Auflage Rn 1117, 2952). Nur das Berechtigungsverhältnis?????

    Ich kenne bei GDB'ten nur § 428 BGB und § 432 BGB.

    Kann jemand helfen?

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