Überpfändung

  • Für eine Kollegin, die leider noch nicht registrierte Userin ist, stelle ich mal folgenden Thread ein (den SV kann ich daher nur in den Grundzügen schildern; die Suchfunktion blieb übrigens ergebnislos):

    • Am 30.11.2007 wurde auf Ersuchen des "Finanzamts für Fahndung und Strafsachen" in B. eine Arresthypothek für das Land Niedersachsen eingetragen.
    • Nun liegt ein aktuelles Ersuchen des Finanzamts in G. auf Eintragung einer Zwangshypothek ebenfalls für das Land Niedersachsen vor (für dieselbe Blattstelle und dasselbe Grundstück).
    • Die Kollegin rügte mit Zwischenverfügung, dass einige der in der Anlage zu dem aktuellen Ersuchen aufgeführten Steuern und Nebenleistungen bereits bei der am 30.11.2007 eingetragenen Arresthypothek berücksichtigt wurden. Die Eintragung einer weiteren (Zwangs-)Hypothek im Rahmen der Zwangsvollstreckung auf demselben Grundstück wegen derselben Forderung sei unzulässig. Antrag und Forderungsaufstellung seien daher entsprechend zu korrigieren.
    • Nun entgegnet das Finanzamt G., man habe Rücksprache mit der Oberfinanzdirektion gehalten, das Ersuchen sei nicht zu beanstanden und man halte daran fest. Dabei beruft man sich auf den § 111h StPO, der sonst sinngemäß ins Leere laufe bzw. seinen Sinn verfehle.

    Hatte jemand schon einmal eine vergleichbare Konstellation?

    (In der Vergangenheit hatte ich so etwas mal mit zwei Zwangshypotheken. Das FA korrigierte seinerzeit das zweite Ersuchen.)

    5 Mal editiert, zuletzt von z.w.V. (20. Januar 2009 um 14:45)

  • Der StPO-Arrest dient allgemein der Rückgewinnungshilfe zugunsten aller Geschädigten einer Straftat. Ihm liegt keine konkrete Gläubigerforderung zugrunde sondern soll die Vermögensvorteile aus einer Straftat abschöpfen und zugunsten aller Geschädigten vor Vermögensverschiebungen sichern. Insbesondere die Regelungen des Auffangerwerbs (§ 111i StPO) bringen das klar zum Ausdruck. Das Rückgewinnungsverfahren sieht eindeutig vor, dass die Geschädigten einer Straftat - zu denen auch das Finanzamt gehören kann - selbst mit einer Zwangssicherungshypothek auf den Vermögensgegenstand Zugriff nehmen und im Falle der Zulassung einer Vollstreckung "als Geschädigter" vom Rang der Arresthypothek profitieren. Das Verbot der Doppelbelastung kann hier nicht greifen, weil sonst die Geschädigten einer Straftat keine Möglichkeit hätten, ihre Ansprüche geltend zu machen. Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen wird hier als Teil der Staatsanwaltschaft tätig und sichert für alle Geschädigten mittels StPO-Arrest. Das normale Finanzamt vertritt hingegen den Steuerfiskus als Geschädigten. Steuerhinterziehung ist oftmals nur eine von vielen Straftaten.

    Das Problem was deine Kollegin hat, kommt auf einer anderen Ebene zum Tragen: Liegt als Straftat allein eine Steuerhinterziehung vor und kann damit allein der Steuerfiskus Geschädigter sein, so erscheint die Anwendung des StPO-Arrests nicht zutreffend zu sein. Ist gibt zahlreiche OLG-Rechtsprechung zu dem Thema: Die mittlerweile wohl herrschende Meinung verweist den Steuerfiskus auf den AO-Arrest nach § 324 AO in solchen Fällen (dieser könnte auch nicht vom Finanzamt für Fahndung und Strafsachen erlassen werden). Dem AO-Arrest liegt eindeutig eine Steuerforderung zugrunde, so dass das Verbot der Doppelbelastung greift. Hier wäre eine 2. ZwaSi nicht möglich. Das Finanzamt müsste die Arresthypothek in eine ZwaSi umwandeln. Diesen Streit hat das Gericht allerdings beim Arrest zu prüfen.

    Fazit: Wenn das Gericht aber den StPO-Arrest genehmigt hat, kann das Doppelbelastungsverbot bei der anschließenden Vollstreckung eines Geschädigten nicht greifen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Exec:
    Im Namen meiner Kollegin bedanke ich mich für Deinen fundierten Beitrag, der hier sehr weiter geholfen hat! Dass es sich um eine nicht alltägliche und rechtlich auch nicht ganz einfache Thematik handelt, kann man wohl daraus ersehen, dass trotz reichlicher Hits nur eine einzige Antwort eingestellt wurde. (Die war dann aber sehr gut.)

    (Die Gesprächsteilnehmer in dem kleinen Kreis, in dem wir heute Morgen über das Problem diskutiert haben, waren übrigens von den Möglichkeiten des Rechtspflegerforums sehr angetan. Ich rechne in Kürze mit ein bis zwei weiteren Mitgliedern im Forum ...)

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