Amtswiderspruch und gutgläubiger Erwerb bei offensichtlicher Unrichtigkeit

  • Hallo zusammen!

    In folgendem Fall bin ich nicht sicher, ob ich einen Amtswiderspruch eintragen muss oder nicht:

    Eigentümer verstorben, als Erben habe ich die 2 Nichten A + B in Erbengemeinschaft auf Grund Erbscheins eingetragen.

    Danach erfolgte noch eine Erbauseinandersetzung und ich habe die selben A + B zu je 1/2 Anteil eingetragen.

    Nun fällt mir auf, dass es sich bei dem Grundbesitz um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt.
    Ein Hoffolgezeugnis liegt nicht vor.

    Also: Grundbuch ist unrichtig. Grundbuchamt hat die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen.

    Aber: Ist bereits ein gutgläubiger Erwerb erfolgt (Eintragung zu Bruchteilen nach Erbauseindersetzung)?

    Wenn ich das bejahe, ist jetzt kein Raum mehr für einen Amtswiderspruch.

    Wenn ich aber sage, ein gutgläubiger Erwerb war nicht möglich, da der Hofvermerk ja für jeden Grundbuchersichtlich ist? Dann muss ich auch konsequent sein und sagen, der Hofvermerk ist immer noch im Grundbuch eingetragen und auch jetzt ist ein gutgläubiger Erwerb an einen Dritten nicht möglich.

    Dann auch kein Amtswiderspruch!

    Nun ist die Frage, ob eine offensichtliche Unrichtigkeit des Grundbuchs vorliegt, an die sich kein gutgläubiger Erwerb anschließen kann. Oder geht das zu weit?

    Falls doch Amtswiderspruch:
    Kann ich nach der Folgeeintragung der Bruchteilseigentümer überhaupt noch einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung der Erbengemeinschaft vornehmen oder wird der Widerspruch eventuell gegen beide Eintragungen vorgenommen?

    Bin für jeden Hinweis dankbar!
    Viele Grüße
    Indy4

  • Die Eintragung der Erbengemeinschaft unterliegt nicht dem öffenlichen Glauben (Schöner/Stöber Rn. 349). Gegen diese Eintragung ist daher ein Amtswiderspruch nicht möglich.

    Die Eintragung von A + B erfolgte aufgrund eines Rechtsgeschäfts, an welches sich gutgläubiger Erwerb anschließen kann. Ein Amtswiderspruch kann eingetragen werden.

    Anschließend muss auf Vorlage eines Hoffolgezeugnisses nebst Grundbuchberichtigungsantrag (oder Feststellungsbeschluss, dass der Grundbesitz zur Zeit des Erbfalls kein Hof mehr war) sowie Löschung des Amtswiderspruchs hingewirkt werden.

  • Zur Hoffolge weiß ich nichts, aber wenn A und B von den vermutlich falsch eingetragenen A und B erworben haben, dann würde ich einen gutgläubigen Erwerb durch A und B verneinen. Die Erbengemeinschaft AB kann jedenfalls noch nicht gutgläubig erworben haben, da es keinen gutgläubigen Ersterwerb gibt.

    Da A und B nun aber an gutgläubige Dritte weiterveräußern können, ist ein Amtswiderspruch die gesetzliche Folge.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ein gutgläubiger Erwerb durch A und B als Bruchteilseigentümer war mangels Verkehrsgeschäft nicht möglich. Auf der Veräußerer- und Erwerberseite standen die gleichen Personen. Siehe Palandt § 892 Rn.6. M.E. können A und B aber jetzt zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers verfügen, trotz Hofvermerk.

  • Grundsätzlich wie die Vorposter.

    Allerdings muss das GB nicht unbedingt unrichtig sein. Es ist durchaus denkbar, dass der Grundbesitz bei Eintritt des Erbfalls kein Hof i.S.d. HöfeO mehr war. Die Hofeigenschaft kann nach § 1 Abs. 3 S. 1 HöfeO weggefallen sein. Die Hofeigenschaft wäre dann verloren, obwohl der Hofvermerk noch im GB steht.
    (Eine Löschung des Hofvermerks ist nur in den Fällen des § 1 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 S. 1 HöfeO konstitutiv.)

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ulf:
    danke für diesen Hinweis.
    Wollte auch gerade erwähnen, dass die reine Eintragung des Höfevermerks nicht zwingend die tatsächliche Rechtssituat. wieder gibt.

  • Ulf:

    In meinem Fall soll ein Feststellungsverfahren nach § 11 HöfeVfO eingeleitet werden. Wenn dabei herauskommt, dass bereits zum Zeitpunkt des Todes des Eigentümers kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr vorgelegen hat, wäre dann das Grundbuch ja (nachträglich) nie unrichtig gewesen.

    Würdest Du vor einem Ergebnis dann aber auch jetzt keinen Amtswiderspruch eintragen?

    Das Ergebnis kann ja auch anders ausfallen.

  • Ich würde in jedem Fall zunächst mit dem Lw-Richter sprechen (unter Hinweis auf die Problematik im GB) und ihn dazu befragen, für wie wahrscheinlich er es hält, dass beim Tode bereits kein Hof mehr bestand. Außerdem würde ich fragen, wann in etwa mit einer Entscheidung des Lw-Gerichts gerechnet werden kann.

    Vom Ergebnis dieser Unterredung würde ich dann wohl die Eintragung eines Widerspruchs abhängig machen.

    Ulf

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  • Ich bezweifle, dass ein nachfolgender Antrag bei Kenntnis des Grundbuchamts von der Grundbuchunrichtigkeit in jedem Fall vollzugsfähig ist.

  • Um den Folgevollzug seitens des Grundbuchamts zu verhindern, muss das Grundbuchamt wissen, dass die Verfügung durch den Nichtberechtigten vorgenommen wird. Bislang ist das nur eine Vermutung, denn das Grundbuch kann hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse auch richtig sein.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich meinte, dass es im Einzelfall darauf ankommt, welche konkreten Tatsachen der Eintragung des Widerspruchs zugrunde liegen. Das können auch Tatsachen sein, die dazu führen, dass das Grundbuchamt nicht mehr von der Rechtsinhaberschaft des vom Widerspruch Betroffenen ausgehen kann.

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