Zwangsvollstreckung und Insolvenz

  • Hallo,

    ich bin Rpfl.in auf der Vollstreckungsabteilung und

    hier war gerade der Betreuer eines Schu und wollte Antrag auf monatl. Freigabe der unpfändbaren Beträge des Arbeitseinkommens nach §850 k ZPO stellen.

    Es ist Insolvenz über das Vermögen des Schu eröffnet. Kann ich jetzt trozdem nach § 850 k die unpfändbaren Beträge freimachen? In § 36 InsO wird nicht ausdrücklich Bezug auf § 850 k genommen.

  • Da § 36 InsO ausdrücklich nachträglich zum 01.12.2001 geändert wurde hat sich der Gesetzgeber wohl was dabei gedacht, den § 850k ZPO dort nicht aufzunehmen.

    Pfändet ein Insolvenzgläubiger nach Eröffnung, dann kann das Insolvenzgericht auf Antrag nach § 89 III InsO über die Maßnahme befinden.
    Was bleibt sind also alte Pfändungen, die vor Rückschlagsperre wirksam wurden und somit ein Absonderungsrecht begründen oder Neugläubiger, die mit Titel versehen gegen den Schuldner vorgehen wollen.
    In letzteren beiden Fällen ist für einen Antrag nach § 850k ZPO mangels Zuweisung in § 36 nicht das Insolvenzgericht sondern das Vollstreckungsgericht zuständig. Für Entscheidungen die das Arbeitseinkommen als solches betreffen wurde eine Zuweisung an das Insolvenzgericht vorgenommen.

    Fragen würde ich natürlich nach Gläubiger und Pfändung. Sollte eine unzulässige Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach § 89 InsO vorliegen, dann würde ich einen Antrag an das Insolvenzgericht anregen: einmalige Sache, ansonsten bei § 850k kommt die Akte wieder und wieder und wieder.....;)

  • Zitat von Harry

    In letzteren beiden Fällen ist für einen Antrag nach § 850k ZPO mangels Zuweisung in § 36 nicht das Insolvenzgericht sondern das Vollstreckungsgericht zuständig.



    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das so stimmen kann: Wenn § 36 I 2 InsO den § 850k ZPO nicht erwähnt, heisst das m.E. nicht notwendigerweise, dass wegen § 36 IV dafür nur eine andere Zuständigkeit, nämlich die des Vollstreckungsgerichts gilt. Näherliegend erscheint mir, dass im Insolvenzverfahren § 850k gar nicht anwendbar ist - entsprechend der Situation bei § 850b ZPO: Der wird in § 36 I 2 InsO auch nicht erwähnt; das bedeutet aber nicht, dass der IV oder ein Gläubiger nun beim Vollstreckungsgericht nach § 850b vorgehen kann, sondern, dass der Schuldner im Insolvenzverfahren seine 850b-Einkünfte behalten darf.

  • Aber welche Zuständigkeit könnte denn noch bestehen?

    Kontopfändung ist keine Pfändung von Arbeitseinkommen. Nur wenn auf das gepfändete Konto Arbeitseinkommen eingeht, dann soll das Arbeitseinkommen dort so gestellt werden, als wäre es direkt gepfändet worden.

    In der Insolvenz kann nur unpfändbares Einkommen auf dem Konto des Schuldners eingehen, sonst läuft etwas schief. Daher keine Berührung für das Insolvenzgericht in Sachen Konto.

    Was bleibt? Alte Pfändungen somti Absonderungsrecht, da gibt es dann § 850k, und meiner Ansicht nach Vollstreckungsgericht, oder neue Vollstreckung eines Neugläubigers, hat auch nichts mit der Insolvenz zu tun.

    Vollstreckender Insovlenzgläubiger läuft in den § 89 III, da gibt es kein Bedürfnis für § 850k.

    Also, die Fälle die für die Notwendigkeit einer Entscheidung nach § 805k besteht haben keine Insolvenzberührung, damit Vollstreckungsgericht.

  • Ich habe mich jetzt mal mit dem Inso-gericht in Verbindung gesetzt - der Schu. befindet sich in der RSB-Phase - das Thema gab's schon mal im Forum, aber keine richtige Lösung.

    Ist es nicht so, dass der Schu eh alle pfändbaren Teile des Arbeitseinkommens an den Treuhänder abgetreten hat und daher nur unpfändb. Teile auf's Konto eingehen? Dann dürfte 850 k doch überflüssig sein?

  • Zitat von Harry

    Aber welche Zuständigkeit könnte denn noch bestehen?



    Über SchuErinnerung nach § 766 entscheidet das InsGericht auch dann, wenn es um die Massezugehörigkeit eines anderen Gegenstands aus anderen Gründen (§ 36 I 1) geht (HK-Eickmann, 4. Aufl., § 36 Rz. 60). Fraglich ist lt. Eickmann nur, ob Ri oder RPfl. zuständig ist.

    M.E. auch einleuchtend, die Zuständigkeit nicht nach Gegenstand zu unterscheiden. Das InsGericht ist nun mal "näher dran", also liegt es nahe, dass es auch für alle Entscheidungen über Massezugehörigkeit von Gegenständen zuständig ist.

    Zitat von Harry

    In der Insolvenz kann nur unpfändbares Einkommen auf dem Konto des Schuldners eingehen, sonst läuft etwas schief. Daher keine Berührung für das Insolvenzgericht in Sachen Konto.



    Zwei Ausnahmen:

    1. Der Schuldner ist ein Ferkelchen und macht auf seinem Konto Sachen, von denen der IV nichts weiss/wissen soll (steht hier allerdings nicht zur Debatte)

    2. Ich mache mit meinen Schuldnern - soweit vertrauenswürdig - gelegentlich den deal, dass sie den pfändbaren Einkommensteil jeweils selbständig auf mein Anderkonto überweisen. Denn viele Arbeitgeber berechnen für die Bearbeitung der "Lohnpfändung" monatlich um die 10-20 €, die man dem Schuldner auf diese Weise sparen kann.

  • Hm, Erinnerung § 766, aber die müsste doch gegen die Pfändungsmaßnahme selber gerichtet sein und somit wieder in der Zuständigkeit des den Pfüb erlassenden Gerichts, somit Vollstreckungsgericht liegen.

    Übrigens: Ist er ein Ferkel, dann gehört es ihm nicht anders.
    Und der 2. Deal wird zugegebenermasen bei uns auch manchmal praktiziert, bislang aber nur mir bekannt in eröffneten Verfahren. Wird sich dann natürlich wohl auch in der WVP fortsetzen.

    Ich bin von der Zuständigkeit des Insogerichts nicht überzeugt, ausser es wäre ein § 89 III. § 766 muss ich mir noch mal in der Kommentierung ansehen.

  • Aus gegebenem Anlass hole ich diesen Thread noch einmal hevor :

    Was haltet Ihr von der Argumentation des AG Göttingen, Rpfleger 2001, 45 (Link funktioniert möglicherweise nur bei juris-Zugriffsberechtigung, Beschlussgründe sind im "Langtext" verfügbar) zur Frage der Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ab Insolvenzantragstellung ?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Inso-Verfahren aufgehoben und Schuldner in Restschuldbefreiungsphase:
    Soviel mir bekannt ist, hat der BGH hierzu noch nicht entschieden. Heidelberger Kommentar und Hamburger Kommentar zur InsO gehen von der Zuständigkeit des Vollstreckungsgericht aus. Grund: Inso-Verfahren aufgehoben.
    In der RSB-Phase wird ja nur noch das pfändbare Arbeitseinkommen vom Schuldner durch den Treuhänder vereinnahmt und der Inso-Beschlag ist weg.

  • Noch was theoretisches zu § 36 InsO bei laufendem Insolvenzverfahren:
    1. Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 ist für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Abs. 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt das Insolvenzgericht zuständig.

    Also nur auf diese Vorschriften erstreckt sich die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts bezüglich dieser Zwangsvollstreckung.

    2. Die materiellrechtliche Frage der Massezugehörigkeit eines Gegenstandes muss im Wege des Prozesses, sei es durch Feststellung- Leistungs- oder Unterlassungsklage des Schuldners gegen den Vewalter ausgetragen werden (Stichwort: Aussonderungsstreit). Das Insolvenzgericht ist seiner Stellung und Aufgabe nach zur endgültigen und verbindlichen Klärung solcher Fragen nicht berufen.
    Beispiel: Der IV lässt sich vom EB eine vollstreckbare Ausf. erteilen und nimmt mittels GerVollz. einen Gegenstand dem Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung weg. Schuldner legt § 766 ZPO ein mit Begründung der Gerichtsvollzieher durfte Gegenstand nicht wegnehmen. Nach § 148 ist hier das InsO-Gericht für § 766 zuständig. Aber dieses Entscheidung erwächst nicht in Rechtskraft hinsichtlich der Massezugehörigkeit des Gegenstandes. Dies kann nur in einem besonderen Verfahren vor dem Prozessgericht geklärt werden.



  • Danke Kurt, da muss ich auch noch die Sache aufgreifen:

    Besteht wie so oft Unklarheit, ob eine Sache massezugehörig ist oder nicht und kommen wir auf dein Beispiel oben zurück, so wäre dort nach einer statthaften Erinnerung der Gegenstand (zunächst) dem Schuldner zu belassen (die Vollstreckung einzustellen/aufzuheben) bzw. herauszugeben.

    Um die Rechtslage endgültig zu klären, müsste dann (negative) FK erhoben werden.

    Gar zu oft jedoch ergeben sich diese Fragen, vor allem auch hinsichtlich der (Un)pfändbarkeit des schuldnerischen KFZ. Verweigert der Schuldner die Herausgabe und beruft sich auf Unpfändbarkeit: Ist es dann möglich, beim Insolvenzgericht einen (klarstellenden) Beschluss nach § 36 zu erwirken, der feststellt, dass das KfZ pfändbar ist und damit zur Insolvenzmasse gehörig. Damit würde sich der Schuldner (meistens!!) zufrieden geben und weiteres Aufbegehren sparen.

    ;)

    Wie löst ihr solche Probleme ?

  • Gar zu oft jedoch ergeben sich diese Fragen, vor allem auch hinsichtlich der (Un)pfändbarkeit des schuldnerischen KFZ. Verweigert der Schuldner die Herausgabe und beruft sich auf Unpfändbarkeit: Ist es dann möglich, beim Insolvenzgericht einen (klarstellenden) Beschluss nach § 36 zu erwirken, der feststellt, dass das KfZ pfändbar ist und damit zur Insolvenzmasse gehörig. Damit würde sich der Schuldner (meistens!!) zufrieden geben und weiteres Aufbegehren sparen.

    ;)

    Wie löst ihr solche Probleme ?



    Das Insogericht kann doch nur in den Fällen des § 36 IV InsO (und somit in Fällen des § 36 I 2 InsO) entscheiden. Das "berühmte" KFZ dürfte aber eher unter § 811 ZPO fallen. Und dafür gibt es im Streitfalle nur die Klage.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • @Ernst
    Bei Gegenständen im Besitz des Schuldners, die der Schuldner für unpfändbar, der IV jedoch für massezugehörig hält, wird immer der Schuldner den schwarzen Peter, d.h. die Rechtsmittellast haben, denn der IV kann (und muss ggf.) nach § 148 II InsO vorgehen. Angesichts dieser Möglichkeit würde ich als Gericht einen "Klarstellungsbeschluss" o.ä. auf Antrag des IV ablehnen.

  • Ich habe einen PfüB-Antrag wegen Kindesunterhalt vorliegen.

    Es wird aus einem Urteil vom 20.03.2007 nach der Regelbetragsverordnung vollstreckt.

    Gepfändet werden soll das Konto des Schuldners sowie das Einkommen bei der Agentur für Arbeit.

    Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolge durch Beschluss vom 01.20.2004. Der Beschluss wurde durch die Geschäftstelle dem Vorgang beigefügt.

    Kann der PfüB hinsichtlich der Pfändung bei dem Kreditinstitut erlassen werden, oder wäre der diesbezügliche Antrag wegen § 89 abs. 1 InsO zurückzunehmen / zurückzuweisen?

    Hinsichtlich der Pfändung bei der Arbeitsagentur dürfte, da die verschärfte Pfändung beantragt wurde, die Pfändung nach § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO doch zulässig sein.

    Da man sich ja auch zu seiner Unsicherheit bekenn soll, hoffe ich auf eine Antwort von Euch.

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Die Pfändung wegen der Unterhaltsansprüche ist nur in den Teil des Arbeitseinkommens (hier m.E. analog : in das ALG) zulässig, der dem Differenzbetrag des Selbstbehalts des Schuldners und dem für alle (nach § 850c ZPO) pfändbaren Betrag entspricht, § 89 II 2 InsO. Die Pfändung des Kontos ist nach § 89 InsO unzulässig.

    the bishop :kardinal:

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  • Ich kann nur Bishops Meinung bestärken. Konto ist eindeutig Insolvenzmasse (es sei denn freigegeben; aber dafür müßte der Gläubiger etwas vortragen). Ich würde mit der Gläubigerin fernmündlich sprechen bzw. zwischenvfg..

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  • Möchte jetzt Ausgangsfall etwas abwandeln:
    Insolvenzeröffnung, auf dem Bankkonto befinden sich sagen wir mal 500,00 EUR Guhaben. Es ist keine Vollstreckung eines Gläubigers vorhanden.

    Schuldner kommt auf Inso-Gericht und möchte von InsO-Gericht Entscheidung dass IV/Treuhänder die 500,00 EUR an ihn sagen wir mal nach § 850 k ZPO herauszugeben hat.

    Habe Schuldner an IV/Treuhänder verwiesen und ihm empfohlen, gegenüber dem IV/TH nachzuweisen wie Guthaben zustande kam und von was er lebt.

    Schuldner kommt wieder und sagt IV/TH gibt nichts frei, obwohl er, der Schuldner nachgewiesen habe, dass er die 500,00 EUR aus Sozialleistungen hat, weil er davon seit ca. 6 Monaten lebt (liegt unter Pfänd.Grenze nach 850 c ZPO). Schuldner legt Kontoauszüge und Nachweise zu Hartz IV/Arbeitslosengeld vor.


    IV/TH bleibt stur und sagt diese 500,00 EUR sind Masse und fertig. Anruf des Inso-Gerichts bei IV/TH hilft nichts. Schuldner tobt.

    Nach § 36 InsO in diesem Fall m.E. Inso-Gericht nicht zuständig, sondern Prozessgericht. § 850 k ZPO in 36 InsO nicht aufgeführt.

    Chick, Harry wie seht ihr das??

  • Ich mische mich ja nur ungern ein, aber :

    Kurt : s.o. #2, #3

    Das Prozessgericht kann doch wohl m.E. für ein Verfahren nach § 850k ZPO im laufenden Insolvenzverfahren nicht zuständig sein ?

    (ggf. kann man über eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts, welches einen Pfüb erlassen hat, diskutieren, was chick aber m.E. mit zutreffender Begründung ablehnt - und das sage ich nicht nur im eigenen Interesse als Vollstreckungsrechtspfleger ;) ...)

    M.E. müsste man bei einer "unzulässigen" Beeinträchtigung des Schuldners durch die Insolvenzeröffnung und Nichtanwendbarkeit des § 850k ZPO im Insolvenzverfahren den Antrag des Schuldners als Einwendung gegen die Massezugehörigkeit ansehen. Hierüber muss m.E. das Insolvenzgericht entscheiden.

    the bishop :kardinal:

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