Urteilsanmerkungen/Kommentare


  • Ich kriege das hier irgendwie nicht auf die Kette:

    Wie kann denn nach Eröffnung noch wirksam eine Forderung von vor Eröffnung eingeklagt werden? Kann mir mal bitte einer erklären, worum es hier eigentlich geht? :confused:

    Naja nun, der Schuldner wird ja durch die IE nicht zur Unperson. Wenn ihm eine Klage zugestellt wird, ist sie damit rechtshängig. Die Klage ist zwar, wenn es um eine Insolvenzforderung geht, unzulässig und müßte aus diesem Grund abgewiesen werden. Das weiß ja aber das Gericht nicht, das muß ihm der Schuldner schon sagen. Macht es der Schuldner wie offenbar hier und ignoriert die ihm zugestellte Klage, ergeht eben ein stattgebendes Versäumnisurteil und ein KFB. Der Schuldner hat also durch seine Passivität eine Neuverbindlichkeit in Gestalt der Prozeßkosten entstehen lassen. Und wegen der kann auch vollstreckt werden.


  • Ich kriege das hier irgendwie nicht auf die Kette:

    Wie kann denn nach Eröffnung noch wirksam eine Forderung von vor Eröffnung eingeklagt werden? Kann mir mal bitte einer erklären, worum es hier eigentlich geht? :confused:

    Naja nun, der Schuldner wird ja durch die IE nicht zur Unperson. Wenn ihm eine Klage zugestellt wird, ist sie damit rechtshängig. Die Klage ist zwar, wenn es um eine Insolvenzforderung geht, unzulässig und müßte aus diesem Grund abgewiesen werden. Das weiß ja aber das Gericht nicht, das muß ihm der Schuldner schon sagen. Macht es der Schuldner wie offenbar hier und ignoriert die ihm zugestellte Klage, ergeht eben ein stattgebendes Versäumnisurteil und ein KFB. Der Schuldner hat also durch seine Passivität eine Neuverbindlichkeit in Gestalt der Prozeßkosten entstehen lassen. Und wegen der kann auch vollstreckt werden.

    Okay, soweit so klar. :daumenrau

    Eine Kollegin hatte mir nun leider den Fall geschildert, dass der Schuldner (rechtsschutzversichert) damit, dass über sein Vermögen das Inso-Verfahren längst eröffnet ist, erst heraus kam, als bereits zwei Instanzen, eine Rückverweisung mit sich dann noch mal anschließender 2. Instanz "abgefrühstückt" waren. In der erneuten 2. Instanz vor Entscheidung erklärte er sich darüber. Selbst sein Anwalt schien nix gewusst zu haben - weil er ja offenbar alles aus der RSV erstattet bekam. Naja, hilft uns dann auch nicht weiter. :( Dann muss der Schuldner also konsequent bis zur KGE schweigen. Aber neeee, da kriegt er dann den Schnabel plötzlich auf... :(

  • BGH, Beschluss vom 20. Februar 2014 - IX ZA 32/13


    Vereinbart ein abhängig beschäftigter Schuldner mit dem Treuhänder, den Arbeitgeber des Schuldners entgegen gesetzlicher Vorschrift nicht über die Abtretung des pfändbaren Teils seiner Bezüge an den Treuhänder zu unterrichten, hat er den Treuhänder jeweils zeitnah, zutreffend und vollständig über die Höhe seiner Bezüge ins Bild zu setzen. Unterlässt er dies, kann ihm wegen Verheimlichens von der Abtretung erfasster Bezüge die Restschuldbefreiung versagt werden.

    :daumenrau

    Hat sich der BGH damit endgültig abgefunden, dass es halt geht. :D

  • Ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das ohne das Hinzutreten weiterer Umstände den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten erlaubt, liegt bei Grundstückskaufverträgen grundsätzlich erst ab einer Verkehrswertüber oder -unterschreitung von 90% vor.
    BGH, Urteil vom 24. Januar 2014 - V ZR 249/12

    Kann man diese Entscheidung zum § 138 I BGB auch für § 134 InsO verwursten?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 20. Februar 2014 - IX ZA 32/13


    Vereinbart ein abhängig beschäftigter Schuldner mit dem Treuhänder, den Arbeitgeber des Schuldners entgegen gesetzlicher Vorschrift nicht über die Abtretung des pfändbaren Teils seiner Bezüge an den Treuhänder zu unterrichten, hat er den Treuhänder jeweils zeitnah, zutreffend und vollständig über die Höhe seiner Bezüge ins Bild zu setzen. Unterlässt er dies, kann ihm wegen Verheimlichens von der Abtretung erfasster Bezüge die Restschuldbefreiung versagt werden.

    :daumenrau

    Hat sich der BGH damit endgültig abgefunden, dass es halt geht. :D

    Sieht der Treuhänder im Fall eines abhängig beschäftigten Schuldners von der gesetzlich gebotenen Offenlegung der Abtretungsanzeige gegenüber dessen Arbeitgeber ab, hat er die vom Schuldner abzuführenden Beträge eigenverantwortlich zu berechnen und monatlich einzuziehen.
    Soweit kein kollusives Zusammenwirken vorliegt, können sich allenfalls Nachforderungsansprüche gegen den Schuldner oder Schadensersatzansprüche gegen den Treuhänder bei pflichtwidriger Berechnung der vom Schuldner abzuführenden Beträge ergeben.
    BGH, Beschluss vom 7. April 2011 - IX ZB 40/10

  • Beauftragt die spätere Insolvenzschuldnerin einen Rechtsanwaltmit der Vorbereitung und ordnungsgemäßen Stellung eines Insolvenzantrags underbringt der Rechtsanwalt diese Leistung unmittelbar und stellt den Zugang beiGericht durch persönliches Einlegen in den Nachbriefkasten sicher, so handelt essich um eine kongruente Leistung die dem Bargeschäftsprivileg unterfällt,sodass die eine Woche später erfolgende Zahlung des angemessenen und üblichenHonorars nicht im Wege der Anfechtung zurückgefordert werden kann.

    LG Würzburg, Endurt. v. 11. 11. 2013 - 92 O 2268/12

    Ja Mensch, echt ma, da hätte der Anwalt doch auch mal für lau arbeiten können, wenn er schon weiß, dass die Mandantin zahlungsunfähig ist. Das ist aber ´ne doofe anwaltsfreundliche Entscheidung. Geht gar nicht. :D

  • Beauftragt die spätere Insolvenzschuldnerin einen Rechtsanwaltmit der Vorbereitung und ordnungsgemäßen Stellung eines Insolvenzantrags underbringt der Rechtsanwalt diese Leistung unmittelbar und stellt den Zugang beiGericht durch persönliches Einlegen in den Nachbriefkasten sicher, so handelt essich um eine kongruente Leistung die dem Bargeschäftsprivileg unterfällt,sodass die eine Woche später erfolgende Zahlung des angemessenen und üblichenHonorars nicht im Wege der Anfechtung zurückgefordert werden kann.

    LG Würzburg, Endurt. v. 11. 11. 2013 - 92 O 2268/12

    Ja Mensch, echt ma, da hätte der Anwalt doch auch mal für lau arbeiten können, wenn er schon weiß, dass die Mandantin zahlungsunfähig ist. Das ist aber ´ne doofe anwaltsfreundliche Entscheidung. Geht gar nicht. :D

    Die Entscheidung ist einfach nur - ein anderes Wort fällt mir spontan gerade nicht ein - schlecht. Auch wenn ich den Anwalt hier zu einem gewissen Teil verstehen kann, schreit das Urteil aus Verwaltersicht geradezu nach einer Berufung!

    Mit folgendem Satz wird etwa eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO weggebügelt: "Da einem Insolvenzschuldner nicht verwehrt sein kann, anwaltliche Hilfe im Rahmen der Insolvenzantragstellung in Anspruch zu nehmen, scheidet eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht von vornherein aus." Habe ich so noch nicht gehört, warum wohl...? Denn wem kommt hier die anwaltliche Gegenleistung (ordnungsgemäßer Insolvenzantrag) zugute? Den Gläubigern? Oder nicht doch eher denen, die zur Antragstellung verpflichtet sind?!

    Richtig interessant wird das Urteil, wenn das Gericht ein Bargeschäft auch bei einer inkongruenten Deckung postuliert: "Soweit der Kläger einwendet, dass die Anfechtbarkeit nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO durchgreift, (..), ist die Anfechtbarkeit bereits durch § 142 InsO ausgeschlossen, da nach § 142 InsO die Anfechtbarkeit nur im Falle des § 133 Abs. 1 InsO durchgreift." Da hat wohl jemand nur den Paragraphen gelesen und dabei die ständige BGH-Rechtsprechung (etwa Urt. v. 15.11.2007 - IX ZR 212/06, Rn. 15 m.w.N.) hierzu übersehen?!

    Ich meine, wir werden von dieser Sache nochmal hören!

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Das nicht. Aber sollen die Anwaltskosten für Vorbereiten und Stellen des Insolvenzantrages wirklich die Masse belasten? Es geht - wohlgemerkt - gar nicht mehr um den Versuch einer Sanierung, sondern nur darum, dass der Insolvenzantrag richtig und vollständig ist. Daher sehe ich hier Geschäftsführer und/oder Gesellschafter in der Pflicht.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • So kenne ich mein liebes Landgericht Würzburg :D. Leider habe ich das Oberlandesgericht Bamberg, welches für die Berufung zuständig wäre, auch nicht immer als verwalterfreundlich erlebt.

    Man kann darüber diskutieren, ob die Antragstellung den Gläubigern, die ansonsten leer ausgegangen wären, zu Gute kommt. Interessant wäre auch das Argument, ob eine Gläubigerbenachteiligung(sabsicht) vielleicht deshalb ausgeschlossen ist, weil mit dem Antrag ein Verfahren der Gläubigergleichbehandlung eingeleitet werden soll. Allerdings stellt sich die Frage, ob dies einen vom Insolvenzschuldner bezahlten Anwalt erfordert. Vor ESUG hätte ich das mit dem Argument, dass es doch bei Regelinsolvenzverfahren nur eines Dreizeilers bedarf, immer verneint. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Verbraucher sollten über Beratungshilfe und die Schuldnerberatungsstellen jedenfalls ausreichend abgesichert sein.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Verbraucher sollten über Beratungshilfe und die Schuldnerberatungsstellen jedenfalls ausreichend abgesichert sein.

    Da hab ich auch keine Bedenken. Leider kann ich i-wie nicht erkennen, ob die Würzburger Entscheidung eine zum IK oder zum IN ist. :gruebel:

    Selbst als GF einer GmbH oder Gesellschafter sollte man sich anwaltlicher Hilfe bedienen dürfen, oder nicht? Ein nicht korrekter / unvollständiger Inso-Antrag hat Folgen. Manchmal ist ja vielleicht auch nicht alles richtig, was das Inso-Gericht so an Unterlagen und Informationen verlangt. Muss der GF/Gesellschafter sich da allein durchwühlen müssen?

    Womit wir wieder bei dem Malermeister wären, der seinen Mahnbescheid allein ausfüllen sollte, weil er doch Unternehmer ist - der braucht kein Inkassobüro. Und wenn er sich eins nimmt, sind die Kosten nicht erstattungsfähig.


    Also muss der GF/Gesellschafter juristisch total fit sein und alles allein machen müssen?

  • Natürlich kann sich der Geschäftsführer anwaltlicher Hilfe bedienen; aber diese muss er selbst - und nicht die insolvente Gesellschaft - bezahlen. Im Übrigen wird durch die Rechtsprechung von einem Geschäftsführer schon eine weitgehende Geschäftserfahrung erwartet.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Natürlich kann sich der Geschäftsführer anwaltlicher Hilfe bedienen; aber diese muss er selbst - und nicht die insolvente Gesellschaft - bezahlen. Im Übrigen wird durch die Rechtsprechung von einem Geschäftsführer schon eine weitgehende Geschäftserfahrung erwartet.



    Ja gut, das mag ein weites Feld sein. Er müsste dann also - falls er privat auch schon ´ne arme Sau ist - PKH kriegen? Ich würde nicht in allen Fällen drauf setzen, dass weitgehend Geschäftserfahrung bei jedem GF vorliegt. Wir gucken mal, ob die Entscheidung rechtskräftig wird.

  • Leider kann ich i-wie nicht erkennen, ob die Würzburger Entscheidung eine zum IK oder zum IN ist. :gruebel:

    Da hab ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Bei einer natürlichen Person als Schuldner gibt es ja für diese Fälle Beratungshilfe. Hier geht es um ein IN-Verfahren einer GmbH:


    "Am 06.08.2009 beauftragte die Insolvenzschuldnerin durch ihre beiden Geschäftsführer den Beklagten als Rechtsanwalt der Kanzlei B. & P. einen Insolvenzantrag vorzubereiten, der eventuell gestellt werden sollte." (LG Würzburg, Urt. v. 16.12.2013 - 92 O 2268/12)




    Meine Argumentation zielte - wie auch Gegs - darauf ab, dass die Kosten für die anwaltliche Hilfe hier nicht die GmbH und damit die Masse belasten sollten, sondern den Gesellschafter/Geschäftsführer. Der GmbH kommt die Beratung jedenfalls nicht mehr zugute, so dass ich Gläubigerbenachteiligung und kein Bargeschäft annehmen würde.

    Ich bin auch gespannt auf die Berufung. Wie AndreasH gestern treffend bemerkte, wird es gerade in derartigen Grenzfällen spannend, wie der jeweilige Senat das sieht... Zu AndreasH kommt die Sache (leider) nicht.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Hat jemand die Würzburger Entscheidung vorliegen; in juris habe ich sie leider nicht finden können.

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