Urteilsanmerkungen/Kommentare

  • Das Anbieten eines sog. "flexiblen Nullplans" durchden Insolvenzberater eines Insolvenzschuldners stellt keinen ernsthaftenVersuch einer einvernehmlichen Schuldenbereinigung dar und erfüllt deshalb dieVoraussetzungen der Nr. 2504 ff. VV RVG nicht.

    OLG Stuttgart, Beschl. v. 28. 1. 2014 - 8 W 35/14

    :gruebel: Was soll der Berater denn dann anbieten, wenn nix da ist, um die Gebühren zu verdienen?


    Gar nichts. Ein Null-Angebot ist eben kein Angebot, sondern eine Farce. Der Berater soll sich einfach von dem Gedanken verabschieden, hier durch eine Farce noch weitere Gebühren zu verdienen und den Mandanten direkt zum Insolvenzgericht schicken.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ist aber ganz blöd, wenn der Verbraucher leider noch vorher eine Bescheinigung braucht, dass die Farce leider ergebnislos geblieben ist. Dann hätte wohl auch der BerH-Schein nicht mehr ausgestellt werden dürfen, wenn man dann meint, dass ein Null-Plan nicht gebührenwürdig ist.

  • Würde ich so sehen. Die Frage ist natürlich, ob der Beratungshilfeschein in Kenntnis der Tatsache ausgestellt wurde, dass für ein Angebot nichts vorhanden ist, oder ob das erst im Rahmen der Beratungshilfe herauskam.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Würde ich so sehen. Die Frage ist natürlich, ob der Beratungshilfeschein in Kenntnis der Tatsache ausgestellt wurde, dass für ein Angebot nichts vorhanden ist, oder ob das erst im Rahmen der Beratungshilfe herauskam.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Darf der Rpfl. das vor Ausstellung des Scheins prüfen? Kann es darauf ankommen? So langsam sollten die Gebühren dann echt aus dem RVG gestrichen werden. Braucht kein Mensch. Null-Pläne sind ja nun mal der totale Normalfall. Und der RA kann jetzt zusehen, wo er seine Kohle herkriegt, weil er nur einen Null-Plan anbieten konnte auf Grund der konkreten Situation "Mandant hatte nie was - hat nichts - wird nie was haben"?

  • Mal ganz im Ernst - und jenseits der im Grunde berechtigten Erwerbsinteressen der Rechtsanwälte:

    Wenn der Mandant nichts hat und nie was haben wird, dann ist es doch ein bloßer Formalismus, den zum RA zu schicken um dort einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan als Nullplan ausarbeiten zu lassen. Ich kann mir vorstellen, dass es Gläubiger gibt, die sich auf einen Nullplan einlassen - allerdings sind die nicht wirklich vernünftig. Null können die auch am Ende des Restschuldbefreiungsverfahrens haben oder auch gleich durch Nichtanmeldung quasi verzichten. Und wenn es für die gut läuft, dann passieren zwei Dinge: Zum einen klappt die RSB wegen eines Verstoßes nicht, zum anderen bekommt der Schuldner doch noch irgendwoher Geld (Erbschaft, Lotto ... selten, aber nicht ausgeschlossen).

    Wenn unter diesen Umständen der Schuldner beim RA einen Nullplan ausarbeiten lassen muss und der RA dafür aus der Staatskasse bezahlt wird, dann ist das nichts anderes als eine staatliche Subvention der Rechtsanwälte für eine (aus meiner Sicht) von vorne herein sinnlose Tätigkeit.

    Also: Der RA stellt fest, es gibt nichts für einen Plan, stellt dem Schuldner die Bescheinigung aus, dass ein wirtschaftlicher sinnvoller Plan nicht erarbeitet werden kann und gut ist.

    Da fehlt mir jetzt die Erfahrung: Würde eine solche Bescheinigung nicht aktzeptiert werden?


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich hatte irgendwie im Hinterkopf, dass sich dieses Problem für Anträge ab 01.07.2014 nicht mehr stellt, weil Nullpläne als von vorneherein aussichtlos auch vorgerichtlich nicht mehr gemacht werden müssen. Jetzt habe ich aber die § 305ff vorwärts und rückwärts gelesen und finde nichts dazu? Das war doch aber ursprünglich mal geplant, oder hab ich das geträumt?

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Wenn unter diesen Umständen der Schuldner beim RA einen Nullplan ausarbeiten lassen muss und der RA dafür aus der Staatskasse bezahlt wird, dann ist das nichts anderes als eine staatliche Subvention der Rechtsanwälte für eine (aus meiner Sicht) von vorne herein sinnlose Tätigkeit.

    Trifft in gleicher Weise auch auf Schuldnerberatungsstellen zu.

    Da fehlt mir jetzt die Erfahrung: Würde eine solche Bescheinigung nicht aktzeptiert werden?

    Geht (leider) nicht, § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

    Die vereinfachte Version war beabsichtigt, wurde aber nicht umgesetzt.

  • Warum man das mit dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan nicht endlich mal gestrichen hat, erschließt sich mir nicht. Laut DESTATIS wird nur ein geringer Anteil der Verfahren so weggebügelt und da weiß man nicht, ob die dann doch nicht wieder hochploppen, weil der Schuldner einen Gläubiger vergessen hat und der durch Pfändung oder ähnlich als Akkordstörer den Plan zum Scheitern bringt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Für das Jahr 2013 gesamt: 89.207 Verbraucherinsolvenzverfahren mit 1.651 Schuldenbereinigungsplänen, macht 1,8%.

    Da ja jetzt in IK-Verfahren aus das Planverfahren zulässig ist, sollte man sich einmal ernsthaft Gedanken über den Sinn machen bei einer Tätigkeit, die zu fast 99% für die Tonne ist.

    siehe: Statistisches Bundesamt, Fachserie 2, Reihe 4.1, 12/2013

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Solange es aber die Vorschrift gibt und ein BerH-Schein erteilt wurde und die Gebühren dafür so sind, wie sie sind hat der RA Anspruch auf die Vergütung. Ich werde mir nachher mal in Ruhe die ganze Entscheidung ansehen, aber irgendwie erschließt sich mir das Ganze nicht.

    Dann darf kein RA mehr solche Mandate mehr annehmen und auf seinen BerH-Schein vertrauen? Sorry, das geht gar nicht.

  • Im ersten Überfliegen lese ich, dass zumindest die 99,96 € noch bezahlt wurden.... nur halt der Aufwand für die Erstellung des Plans nicht. Das ist komplett Wahnsinn. Es hängt am "ernsthaften Bemühen". Äh ja... was soll man sich denn bei ALG II ernsthaft bemühen? 30ct pro Gläubiger? :mad:

  • Ich kenne eigentlich keinen Rechtsanwalt, der einen solchen Job gern macht. Entweder man betrachtet das als pro bono Mandat oder man strebt die Fachanwaltschaft Insolvenzrecht an, ohne Verwalter zu sein und braucht die Fälle. Geld verdienen kann man damit jedenfalls nicht. In dem Fall, über den das OLG Stuttgart zu entscheiden hatte ging es um eine Vergütung von unter EUR 700,00. Dafür kann man als Anwalt in einer Großstadt nicht lange arbeiten, wenn man halbwegs wirtschaftlich denkt.

    Auch ich bin übrigens der Auffassung, dass die Pflicht zur Durchführung eines aussergerichtlichen Schuldnerbereinigungsverfahrens Mist ist. Wenn ich allerdings an meine Zeit in einer Verwalterkanzlei zurückdenke, wüsste ich nicht, wie der Job dort zu stemmen gewesen wäre, wenn nicht der vor Antrag tätige RA oder die Schuldnerberatung eine gewisse Ordnung in die Unterlagen gebracht hätte, sondern man uns die Schuhkartons auf den Tisch gestellt hätte.

    Unabhängig von allen juristischen Fragen finde ich es übrigens erschreckend, dass an einem OLG mit Uralt-Kommentierungen gearbeitet wird (etwa MünchKomm-InsO, 2. Aufl.; Nerlich/Römermann, Stand 2011). Ein Blick in den OPAC zeigt übrigens, dass etwa der dritte Band des MünchKomm in 3. Auflage im OLG Stuttgart steht.

  • Dabei ist die Vorlage eines Nullplanes oder Fastnullplanes zulässig, IX ZB 97/12.

    Scheint das OLG nicht zu interessieren. Ist wohl - wenn man der ZInsO folgt - nicht das erste Mal, dass so entschieden wurde. Die Anmerkungen im Artikel entsprechen in etwa meinen Gedanken. Bislang ist das OLG wohl auch allein mit dieser "Idee". Bleibt hoffentlich so. Obwohl es ja sonst eh kaum noch BerH für Schuldenbereinigungsverfahren gibt. Vermutlich überholt sich das sowieso bald alles von selbst.

  • Bei mir häufen sich diese "Ausreißer" quer durch die Republik inzwischen. An Begründungen mangelt es selbstverständlich. Die Entscheidung ist schliesslich nicht anfechtbar und ein negativer Kompetenzstreit wird im Zweifel beim eigenen Gericht nicht eingeleitet. Allenfalls kommt noch mal sowas wie enstprechend der Entscheidung des Gms-OBG oder sowas.

    BTW, gibt es eigentlich ausser Bückeburg (und bis vor kurzem Fulda) noch Landgerichte, bei denen keine Kammer für Handelssachen eingerichtet ist?

  • 1.Für die Kosten(last)entscheidungen nach § 26a InsO ist derInsolvenzrichter zuständig.

    2.Eine Zuständigkeit des Rechtspflegers ist nur über einenZuweisungsbeschluss nach § 7 RPflG herstellbar. Der darauf basierendeFolgebeschluss ist in der Zuständigkeitsfrage anfechtbar. OhneZuweisungsbeschluss ist der Folgebeschluss nichtig.

    AG Hamburg, Beschl. v. 4. 2. 2015 - 67c IN 500/14

    Hat diese Entscheidung mal jemand gelesen? Da scheinen sich ja tatsächlich die beiden Hamburger Insolvenzrichter drüber zu streiten. Da nimmt Herr Frind erstmal schön ein andere Hamburger Entscheidung auseinander :eek:. Naja, wenn man das zur Selbstbew... braucht...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Es wurde zu diesem Thema auch ein Aufsatz in der der Zinso 2015 Nr. 3 S. 74 - 75 veröffentlicht:
    Das 714 €-Problem von Rechtsanwalt Dr. Dirk Hentrich, Erfurt


    Jetzt in ZInsO 2015, S 489ff:

    Die Bildung von Rückstellungen für zukünftig anfallende Verfahrenskosten – au revoir § 298 InsO? von Dipl.-Rechtspfleger (FH) Stefan Lissner, Konstanz

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Es wurde zu diesem Thema auch ein Aufsatz in der der Zinso 2015 Nr. 3 S. 74 - 75 veröffentlicht:
    Das 714 €-Problem von Rechtsanwalt Dr. Dirk Hentrich, Erfurt


    Jetzt in ZInsO 2015, S 489ff:

    Die Bildung von Rückstellungen für zukünftig anfallende Verfahrenskosten – au revoir § 298 InsO? von Dipl.-Rechtspfleger (FH) Stefan Lissner, Konstanz

    Warum erbost sich der Autor so? :gruebel: Im Insolvenzverfahren wird auch zuerst die Staatskasse bedient. Er tut ja so, als würden die Gläubiger jetzt plötzlich wahnsinnig benachteiligt. Immerhin ist es doch irgendwie logisch, dass die Kosten aus der vorhandenen Masse - also dem Geld des Schuldners - bezahlt werden. Werden Gutachtenkosten und Verfahrenskosten auch. Was ist daran so kompliziert, dass nun halt auch die WVP-Kosten zurückgestellt werden (was ja offenbar gar nicht so selten vorkam)?

    "Sieg der Staatskasse"? Warum nicht Sieg des Steuerzahlers?

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