Urteilsanmerkungen/Kommentare

  • BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 15/13

    Bei einem erfolgreichen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft entspricht es nicht billigem Ermessen, dem Kindesvater allein aufgrund seines Unterliegens die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn dieser berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft hatte, weil die Kindesmutter Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt hatte.


    Das nennt man jetzt also Mehrverkehr......, und den hat man auch noch eingeräumt.......

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - I ZR 45/13

    Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. Nr. L 109 vom 6. Mai 2000, S. 29) in der zuletzt durch die Richtlinie Nr. 2013/20/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. Nr. L 158 vom 10. Juni 2013, S. 234) geänderten Fassung folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Dürfen die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellung den Eindruck des Vorhandenseins einer be-stimmten Zutat erwecken, obwohl diese Zutat tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2000/13/EG ergibt?

    Die Frage ist schon gut, aber diese mit so griffigen Bezeichnungen zu besetzen, :respekt:

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  • Vollstreckbarer Tabellenblattauszug bei isoliertem Bestreiten des Schuldners

    BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZB 93/13


    Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzliche unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen (Klarstellung zu BGH, WM 2003, 2342, 2343; WM 2007, 659 Rn. 8).


    siehe auch IX ZB 83/13 vom 3. April 2014


    Beachtenswert m. E. auch die Aussage in Rn. 18 (in beiden Entscheidungen), wonach dem Gläubiger, der keine Forderung aus vbuH angemeldet hat, nach Erteilung der Rsb ein Rechtsschutzbedürfnis auf Erteilung eines vollstreckbaren Tabellenauszugs fehlt.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • 1. Eine Ablehnung der Stundung bzw. Versagung der Restschuldbefreiung kommt nur in den in § 287 a II InsO geregelten Fällen in Betracht, nicht aber z.B. bei vorheriger Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 298 InsO (a.A. BGH, NZI 2013, 846 mit abl. Anm. Schädlich; BGH, ZVI 2013, 364 mit zust. Anm. Laroche).

    2. Dies gilt auch für vor dem 01.07.2014 beantragte Verfahren (a.A. BGH, NZI 2014, 416 m. Anm. Heike).

    AG Göttingen, Beschluss vom 30.04.2014 - 71 IK 48/14 NOM

    Jetzt bin ich ein bisschen sprachlos. Der ist doch noch gar nicht in Kraft. Und Göttingen erlässt schon Beschlüsse? :eek:

  • DAS habe ich mich auch gerade gefragt. :gruebel:

    Das liegt daran - wie ich jetzt herausgefunden habe - dass der betreffende Richter auch schon ganz viel über die Reform geschrieben hat in ZInsO und InsBüro (sich also als Autor betätigt hat).

    Ob er deswegen ein Gesetz anwenden darf, das noch gar nicht in Kraft ist, bleibt natürlich fraglich. Aber er hat´s halt schon mal übertragen. Sehr erstaunlich. Ich hätte ja nun angenommen, dass die vom BGH erfundenen Sperrfristen zumindest noch für Verfahren anzuwenden sind, die bis zum 30.06.2014 beantragt werden.

    Offenbar will uns Göttingen jetzt erklären, dass § 287 a InsO eine rückwirkende Klarstellung ist. :cool:

  • Die heute veröffentlichte Entscheidung des BGH vom 17.06.2014 - IX ZR 136/13 - enthält im obiter dictum auch die Klärung zu Fragen der Massezugehörigkeit von Rückzahlung der Mietkaution, Ansprüchen aus Nebenkostenabrechnungen sowie weitere Ausführungen zu Folgewirkungen bei Freigaben nach § 35 InsO.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die heute veröffentlichte Entscheidung des BGH vom 17.06.2014 - IX ZR 136/13 - enthält im obiter dictum auch die Klärung zu Fragen der Massezugehörigkeit von Rückzahlung der Mietkaution, Ansprüchen aus Nebenkostenabrechnungen sowie weitere Ausführungen zu Folgewirkungen bei Freigaben nach § 35 InsO.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Ist dem so ?

    Auf der ersten Hälfte meinte ich noch, da die 109er praktisch immer erfolgt
    > danke, das war es jetzt dann auch mit der vielfach nahezu "automatischen" NVT für die Mietkaution und die NK-Erstattungen.

    Nach der zweiten Hälfte des Beschlusses fand ich das nicht mehr klar.

    Muss ich ein zweites Mal lesen.

    BGH
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…005&pos=0&anz=1

    in diesem Sinne: Au Revoir
    http://www.myvideo.de/watch/9561291/…_Sido_Au_Revoir
    http://www.myvideo.de/watch/9539762/Mark_Forster_Au_Revoir

    2 Mal editiert, zuletzt von zsesar (17. Juni 2014 um 19:46)

  • 1. Eine Ablehnung der Stundung bzw. Versagung der Restschuldbefreiung kommt nur in den in § 287 a II InsO geregelten Fällen in Betracht, nicht aber z.B. bei vorheriger Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 298 InsO (a.A. BGH, NZI 2013, 846 mit abl. Anm. Schädlich; BGH, ZVI 2013, 364 mit zust. Anm. Laroche).

    2. Dies gilt auch für vor dem 01.07.2014 beantragte Verfahren (a.A. BGH, NZI 2014, 416 m. Anm. Heike).

    AG Göttingen, Beschluss vom 30.04.2014 - 71 IK 48/14 NOM

    Jetzt bin ich ein bisschen sprachlos. Der ist doch noch gar nicht in Kraft. Und Göttingen erlässt schon Beschlüsse? :eek:


    Da bisheriges hierzu gesetzlich nicht geregelt, kann rechtliche Vorgriffsanwendung künftiger Gesetze auslegungsweise in Betracht gezogen werden (?)
    (habe keinen Zugriff auf die Entscheidung des AG Göttingen.)

  • Die heute veröffentlichte Entscheidung des BGH vom 17.06.2014 - IX ZR 136/13 - enthält im obiter dictum auch die Klärung zu Fragen der Massezugehörigkeit von Rückzahlung der Mietkaution, Ansprüchen aus Nebenkostenabrechnungen sowie weitere Ausführungen zu Folgewirkungen bei Freigaben nach § 35 InsO.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Auch nach dem zweiten Lesen ist mir ab Rd. 29 der BGH-Entscheidung nicht klar, wie mit der Mietkaution und den Nebenkostenguthaben umzugehen ist.
    (ab Rd. 34 nach lexetius.com - ergänzt)

    Ob sie nach der Enthaftungserklärung der Masse zustehen und ggf. vom Schuldner abzuführen sind, ist offen gelassen.

    Aber prozessual steht dem TH keine Durchsetzungsmöglichkeit gegen den Vermieter des Schuldners zu.

    Was ist jetzt diesbzgl. bitte durch diese Entscheidung im obiter dictum geklärt worden ?

    Einmal editiert, zuletzt von zsesar (19. Juni 2014 um 18:02)

  • Ich verstehe das jetzt so, dass ich künftig weder Mietkaution noch Betriebskostenguthaben einziehen darf. Die Enthaftungserklärung ist ja grundsätzlich abzugeben, wenn wir die Massen nicht mit möglichen Mietforderungen oder bei Auszug gar mit irgendwelchen Schadensersatzansprüchen des Vermieters belasten wollen. Also sind damit auch Kautionen, Genossenschaftsanteile und Betriebskostenguthaben für die Masse passé.

    Dann können sich ja Neugläubiger künftig drauf schmeißen. :cool:


  • 1. Ich verstehe das jetzt so, dass ich künftig weder Mietkaution noch Betriebskostenguthaben einziehen darf.

    2. Also sind damit auch Kautionen, Genossenschaftsanteile und Betriebskostenguthaben für die Masse passé.

    1. Dies siehst Du zu pauschal. Die Mietkaution ist nach Enthaftung weg. Betriebskostenguthaben, soweit diese entstanden sind vor Enthaftung fallen in die Masse, unter der Voraussetzung, dass sich der Schuldner diese Beträge nicht auf seine Stütze anrechnen lassen muss.

    2. Auch hier zu pauschal. Für Genossenschaftsanteile gilt die Sondernorm der §§ 66a 67c GenG. Das die Wohnungsbaugenossenschaften ihrem Klientel erzählen, dass die Genossenschaftsanteile quasi Kautionen darstellen, ist zwar nett aber unerheblich.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • 1. Ich verstehe das jetzt so, dass ich künftig weder Mietkaution noch Betriebskostenguthaben einziehen darf.

    2. Also sind damit auch Kautionen, Genossenschaftsanteile und Betriebskostenguthaben für die Masse passé.

    1. Dies siehst Du zu pauschal. Die Mietkaution ist nach Enthaftung weg. Betriebskostenguthaben, soweit diese entstanden sind vor Enthaftung fallen in die Masse, unter der Voraussetzung, dass sich der Schuldner diese Beträge nicht auf seine Stütze anrechnen lassen muss.

    2. Auch hier zu pauschal. Für Genossenschaftsanteile gilt die Sondernorm der §§ 66a 67c GenG. Das die Wohnungsbaugenossenschaften ihrem Klientel erzählen, dass die Genossenschaftsanteile quasi Kautionen darstellen, ist zwar nett aber unerheblich.

    Dem stimme ich im Grundsatz zu, mit einer Ergänzung zu 1:
    Wenn das NK-Guthaben zwar vor der Enthaftung entstanden ist, aber der Mieter ALG II bezieht, dann ist das NK-Guthaben trotzdem nicht Teil der Masse (so lese ich zumindest Rz. 31 des Urteils). Und weiter: Wenn es nach der Enthaftung entstanden ist, dann steht es weder der Masse noch den Neugläubigern zu. Egal ob vor oder nach Enthaftung: Es ist bei ALG II-Bezug schlicht unpfändbar.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Bei der Geltendmachgung von Ansprüchen aus Insolvenzanfechtung handelt es sich um eine Handelssache im Sinne des § 95 GVG, wenn das der Zahlung zugrunde liegende Geschäft eine Handelssache ist (Leits. d. Verf.).

    LG Osnabrück, Beschluss vom 24.07.2014, 3 O 1497/14

    Ich betreibe ja ungern Urteilsschelte, aber dieser Beschluss ist schlecht (und leider nicht anfechtbar, § 102 S. 1 GVG). Nur zu vermuten und keinesfalls zu unterstellen ist, dass sich die Einzelrichterin damit eine Entscheidung über die Insolvenzanfechtungsproblematik ersparen wollte.

    Die Einzelrichterin verweist für ihre obige Rechtsmeinung auf den HGB-Kommentar von Prof. Dr. Kindler bei Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aus 2009 (§ 352 Rn. 12), der schon damals die absolute Mindermeinung darstellte und sich gegen die herrschende Meinung (insb. BGH) positionierte. Eine Auseinandersetzung mit der Gegenansicht findet nicht einmal ansatzweise statt.

    Weiterhin herrschend dürfte die Ansicht sein, dass der Rückgewähranspruch nach Insolvenzanfechtung keine Handelssache darstellt:


    BGH NJW 1987, 2821
    MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 146 Rn. 36
    Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 143 Rn. 65
    Kübler/Prütting/Bork/Jacoby, InsO, Anh. § 143 Rn. 4
    Jaeger/Henckel, InsO, § 143 Rn. 172
    Nerlich/Römermann/Nerlich, InsO, § 129 Rn. 119
    Braun/de Bra, InsO, § 129 Rn. 48
    Haarmeyer/Wutzke/Förster, Präsenzkommentar InsO, § 143 Rn. 12
    Schmitz, EWiR 1999, 845
    App, DZWIR 2002, 217


    Leider gibt es immer mal solche Ausreißer wie den obigen Beschluss des LG Osnabrück, etwa vom LG Köln (Beschl. v. 18.04.2001 – 21 O 39/01) oder LG München I (Beschl. v. 29.06.1999 – 10 O 5741/99).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Tatsächlich ist der Beschluss leider nicht anfechtbar. Andererseits stellt sich die Frage, ob man als Partei des Rechtsstreits in Anbetracht der von Dir geäußerten - und nicht gänzlich fernliegenden - Vermutung nicht froh sein kann, vor einer anderen Kammer gelandet zu sein.

  • Andererseits stellt sich die Frage, ob man als Partei des Rechtsstreits in Anbetracht der von Dir geäußerten - und nicht gänzlich fernliegenden - Vermutung nicht froh sein kann, vor einer anderen Kammer gelandet zu sein.

    Im Grundsatz ein richtiger Gedanke. Aber Du kennst unsere hiesigen Handelskammer-Richter nicht... Dann lieber eine "unwillige", aber vielleicht verständige Zivilkammer.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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