Erhöhung pfandfreier Betrag wegen einmaliger Anschaffungen?

  • Hallo, ich hab das Forum durchsucht und dazu noch nichts gefunden:
    Bei mir häufen sich in letzter Zeit Anfragen von Schuldnern, ob für notwendige medizinische Anschaffungen (Hörgerät, Brille, Gebiss etc.) irgendwie der unpfändbare Betrag erhöht werden kann. Kostet eine Brille z.B. 500,- EUR und es fallen mtl. 250,- EUR pfändbare Beträge an, könnte der unpfändbare Betrag (theoretisch) für 2 Monate entsprechend erhöht werden? Könnte hier irgendwie 850 f anwendbar sein, wenn der Sch. nachweist, dass die Ausgabe notwendig ist und bei Anrechnung dieser notwendigen Ausgaben sein sozialhilferechtlicher höher ist? Das kommt mir alles ein bischen spanisch vor. Hat da jemand schon irgendwelche Erfahrungen gemacht?

  • Für 500 EUR für Brille fände ich echt dreist. Soll er zu Fielmann gehen, da hat Papi keinen Pfennig dazu bezahlt.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Für 500 EUR für Brille fände ich echt dreist. Soll er zu Fielmann gehen, da hat Papi keinen Pfennig dazu bezahlt.



    Das kam mir jetzt auch gerade in den Sinn.
    Allerdings wissen wir ja nicht, ob er irgendwelche speziellen Spezialgläser benötigt.

  • Ich häng mich hier mal dran.

    Ich habe einen Schuldner, der laut Sehhilfenverordnung vom Arzt eine neue Brille benötigt, da sich Dioptrien um mehr als 0,5 verschlechtert hat. Eine Gleitsichtbrille wird verordnet.
    Das gleiche bei seiner Frau. Diese arbeitet nicht. Also müssen diese Kosten auch von ihm finanziert werden.

    Schuldner hat sich jetzt ein Angebot erstellen lassen. Bei dem Optiker gibt es gerade beide Gläser zum Preis von einem. Trotzdem kostet der Spaß bei ihm noch 342,55 € (302, 26 € zahlt die Private Krankenkasse). Bei seiner Frau (da wird nix bezahlt) 648,85 €, zusammen 1.027,44 €.
    Pfändbar sind im Schnitt 200,00 €.

    Gläubiger tritt dem Antrag voll entgegen.

    Bin hin und her gerissen. Der Schuldner wird die Brille benötigen um arbeiten zu können und mit dem Auto sicher zur Arbeit zu kommen...

    Hatte jemand schon mal einen solchen Fall bzw. was meint ihr?

    Danke schonmal

  • Ich glaube nicht, dass der Beschluss anwendbar ist, weil es nicht um medizinische Behandlungsmethoden geht, sondern um Leistungen, die von der Krankenkassen (wohl aus Kostensenkungsgründen) nicht übernommen werden.

  • es wäre noch zu prüfen, ob IX ZB 35/08 die Jokerkarte ist, die man in diesen Fällen immer ziehen kann:

    Die Entscheidung hebt auf eine alternative Behandlungsmethode i.S.d. § 12 I SGB V ab, nicht notwendig oder nicht wirtschaftlich.

    Hier geht es aber um § 12 II SGB V, die Kasse zahlt, allerdings nur das, was sie zahlen darf, der Eigenanteil ist vom Patienten aufzubringen, was den Schuldner angeht.


    Rücke hiervon wieder ab, siehe unten

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (19. Mai 2011 um 09:32)

  • Ich sehe es ähnlich wie meine Vorschreiber. Das Urteil scheint mir nicht einschlägig zu sein.

    Allerdings weiß ich nicht, ob nicht trotzdem wegen der Begründung II. 2a) (S. 5 unten) "dass es bei den meisten Personen in vergleichbarer Lage nicht auftritt" verwehrt werden könnte. Dies ist ja eine Fallgestaltung, die jeden Brillenträger trifft (und ich weiss, wovon ich rede - bei mir wirds auch so teuer).

  • da hätte ich mal erst die ganze Entscheidung lesen sollen, dann muss man sich nicht peinlicherweise :oops: nachher selbst korrigieren:

    Weiter unten, Rn 12/13 auf der Seite des BGH führt dieser aus, dass bei Beziehern von Sozialhilfe der Eigenanteil schon bei den Regelsätzen eingepreist sei, sich jedoch in der Regel der Bezieher von pfändbaren Einkommen nicht besser stellen darf.

    Doch die Jokerkarte ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hallo zusammen,

    ich hänge mich mal hier dran: Ich habe ebenfalls einen Antrag auf Erhöhung des pfandfreien Betrages um einmalig 900,00 Euro für den Monat Juli (eingegangen am 11.07.2017).
    Begründung: Der Schuldner muss, um weiter am Arbeitsleben teilnehmen zu können, an einem begleitenden Praktikum teilnehmen, welches von Mo-Fr am Wohnort ist, jedoch an vier Terminen (2x Juli und 2x März 2018) ca. 300km vom Wohnort entfernt. Nun war er beim TÜV und dort sind Mängel aufgetreten, eine Weiterfahrt wurde untersagt - eine Reparatur wurde fällig.
    Aufgrund der Schwerbehinderung (80%) und die ärztliche Versorgung ist der Schuldner auf das Fahrzeug angewiesen und natürlich auch, um das Praktikum außerhalb wahrnehmen zu können. Deshalb beantragt er nun die Erhöhung des pfandfreien Betrages einmalig in Höhe des in Rechnung gestellten Betrages der Werkstatt von ca. 900,00 €, da all dies eine besondere Belastung darstellt.

    Was meint ihr dazu??

  • Hallo zusammen,

    ich hänge mich mal hier dran: Ich habe ebenfalls einen Antrag auf Erhöhung des pfandfreien Betrages um einmalig 900,00 Euro für den Monat Juli (eingegangen am 11.07.2017).
    Begründung: Der Schuldner muss, um weiter am Arbeitsleben teilnehmen zu können, an einem begleitenden Praktikum teilnehmen, welches von Mo-Fr am Wohnort ist, jedoch an vier Terminen (2x Juli und 2x März 2018) ca. 300km vom Wohnort entfernt. Nun war er beim TÜV und dort sind Mängel aufgetreten, eine Weiterfahrt wurde untersagt - eine Reparatur wurde fällig.
    Aufgrund der Schwerbehinderung (80%) und die ärztliche Versorgung ist der Schuldner auf das Fahrzeug angewiesen und natürlich auch, um das Praktikum außerhalb wahrnehmen zu können. Deshalb beantragt er nun die Erhöhung des pfandfreien Betrages einmalig in Höhe des in Rechnung gestellten Betrages der Werkstatt von ca. 900,00 €, da all dies eine besondere Belastung darstellt.

    Was meint ihr dazu??

    Ich hätte Bedenken, den vollen Betrag zu Lasten der Gläubiger freizugeben. Es wäre interessant zu wissen, wie hoch das pfändbare Einkommen ist, wie viele unterhaltsberechtigte Personen zu berücksichtigen sind und wie hoch der pfändbare Betrag ist.

    Ich würde den Betrag so ausrechnen, als wäre das Einkommen um 900,00 € vermindert und dann den unpfändbaren Betrag festsetzen.

  • Also wenn die Rechnung 900 EUR beträgt und man einmalig die Pfändungsfreigrenze so erhöht haben will, damit 900 EUR mehr herauskommen, um die Rechnung "neutral" für einen selbst zu bedienen, dann müsste der Schuldner, falls ohne weitere Verpflichtungen, mind 2.400 netto verdienen, bei nur einer Verpflichtung mind. 3.370 EUR, damit sich der entsprechende Betrag dreht. Da komme ich in Sphären, wo man überlegen kann, ob er dass nicht auch ohne Antrag stemmen kann.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der Schuldner ist geschieden, es bestehen keine Unterhaltsverpflichtungen. Pfändbar sind ca. 165 EUR.
    Der Schuldner hat ausdrücklich eine einmalige Erhöhung des Betrages in der Höhe der Werkstattrechnung beantragt.

  • Der Schuldner ist geschieden, es bestehen keine Unterhaltsverpflichtungen. Pfändbar sind ca. 165 EUR.
    Der Schuldner hat ausdrücklich eine einmalige Erhöhung des Betrages in der Höhe der Werkstattrechnung beantragt.

    Dann kommen doch für eine (nur) einmalige Erhöhung nur die 165,00 € in Frage oder denkst Du darüber nach 165,00 € so lange zu erhöhen, bis der Betrag von 900,00 € erreicht ist?

  • Der Schuldner ist geschieden, es bestehen keine Unterhaltsverpflichtungen. Pfändbar sind ca. 165 EUR.
    Der Schuldner hat ausdrücklich eine einmalige Erhöhung des Betrages in der Höhe der Werkstattrechnung beantragt.

    Ist der denn anwaltlich vertreten? Eventuell wird man den Antrag schlichtweg entsprechend auslegen müssen, wenn einerseits "einmalig" mit dem Ergebnis 165,00 € beantragt, andererseits aber erkennbar ist, dass der Schuldner eigentlich eben die 900,00 € der Rechnung meint.

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