2 Pflegschaften? oder Vormundschaft?

  • Hallo,

    habe vor ein paar Monaten eine Akte vom Familiengericht bekommen, in welcher das Ruhen der elterlichen Sorge (nur Vermögenssorge) festgestellt wurde, weil der Kindesvater mittelfristig in Haft sass bzw. noch sitzt.
    Es wurde ein Ergänzungspfleger für die Vermögenssorge (Berufsbetreuer) bestellt, weil auch noch Nachlassangelegenheiten abzuwickeln waren. Nachdem das nun erledigt ist, hat er die Aufhebung der Ergänzungspflegschaft beantragt. Ich habe die Akte an den Familienrichter vorgelegt und um Prüfung gebeten, ob das Ruhen aufgehoben werden kann. Dieser hat mir dann mitgeteilt, dass der Vater nach wie vor in Haft sitzt und angeregt wird, dass die Pflegschaft auf das Jugendamt oder auf die Pflegeeltern, welche bereits die Personenssorge haben, übertragen wird.

    Das Jugendamt hat nach erneuter Anhörung durch mich die Pflegeeltern vorgeschlagen.
    Ich habe mir nochmal die Familienakte kommen lassen, in welcher den Pflegeeltern die Personensorge übertragen wurde und festgestellt, dass das Familiengericht (mal wieder) die Akte nicht an das Vormundschaftsgericht gegeben hat, um die Pflegeeltern als Ergänzungspfleger für die Personensorge zu verpflichten. Es gibt also keine Pflegschaftsakte. Nun meine Frage: Wandle ich beide Pflegschaften in eine Vormundschaft um, wenn ich Personensorge und Vermögenssorge zusammen fasse? Das ist m.E. der richtige Weg oder ist es ein Problem, dass bzgl. der Vermögenssorge nur das Ruhen angeordnet ist und die Pflegeeltern eigentlich keine richtigen Pfleger für die Personensorge sind, weil sie nie eine Bestallungsurkunde erhalten haben??

    Wie würdet ihr vorgehen?

  • Eine Übertragung der elterlichen Sorge bzw. von Teilbereichen dieser ist nach § 1630 Abs. 3 BGB durch das Familiengericht möglich.

    Die Aushändigung einer Bestallung bzw. eine Verpflichtung ist in diesen Fällen nicht vorgesehen.

    Ich würde die Angelegenheit daher nochmal dem Famrichter vorlegen.

  • Eine Übertragung der elterlichen Sorge bzw. von Teilbereichen dieser ist nach § 1630 Abs. 3 BGB durch das Familiengericht möglich.

    Die Aushändigung einer Bestallung bzw. eine Verpflichtung ist in diesen Fällen nicht vorgesehen.

    Ich würde die Angelegenheit daher nochmal dem Famrichter vorlegen.


    wir wissen doch noch gar nicht, ob § 1630 BGB die Grundlage war :gruebel:

  • § 1630 Abs. 3 BGB war die Grundlage. Muss ehrlich zugeben, dass meine Kenntnisse im Familienrecht beschränkt sind. Haben hauptsächlich Betreuungen und bin ganz froh, wenn bald das "grosse Familiengericht" kommt.

    Was meint ihr jetzt zu meinem Fall? Umwandlung in eine Vormundschaft?

  • würde ich nicht machen, denn Du hast 2 verschiedene Verfahren- die Familienpflege nach § 1630 ist keine Pflegschaft nach dem BGB, also kein Ausweis, keine Verpflichtung und diese Pflegschaft kann jederzeit wieder aufgehoben werden, ebenso ist das mit der Pflegschaft zur Vermögenssorge, Aufhebung bei Wegfall des Grundes...
    also hast Du lediglich die Ergänzungspflegschaft zur Vermögenssorge als Verfahren

  • Ich verstehe den Beschluss nicht, wonach lediglich das Ruhen der Vermögenssorge festgestellt wurde.
    Die Verhinderung betrifft doch offensichtlich die gesamte elterliche Sorge.
    Mit der Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge enden die bis dahin für das Kind bestehenden Pflegschaften, § 1918 BGB.
    Ich würde daher prüfen, ob der Beschluss, in dem das Ruhen eines Teilbereichs der elterlichen Sorge festgestellt wurde, auf die gesamte elterliche Sorge ausgedehnt und somit eine Vormundschaft angeordnet werden muß. Die bisherigen "§1630er-Pflegeeltern" können dann zu Vormündern bestellt werden.
    Eine Ergänzungspflegschaft ist nur möglich, wenn das Kind unter elterlicher Sorge oder unter Vormundschaft steht, §1909 BGB.
    Daran fehlt es jedoch im Ausgangsfall.

  • würde ich nicht machen, denn Du hast 2 verschiedene Verfahren- die Familienpflege nach § 1630 ist keine Pflegschaft nach dem BGB, also kein Ausweis, keine Verpflichtung und diese Pflegschaft kann jederzeit wieder aufgehoben werden, ebenso ist das mit der Pflegschaft zur Vermögenssorge, Aufhebung bei Wegfall des Grundes...
    also hast Du lediglich die Ergänzungspflegschaft zur Vermögenssorge als Verfahren



    Der Ansicht kann ich nicht zustimmen. Nach Großkommentaren (Sorger, Staudinger) wird für die Familienpflegschaft die Regelungen der §§ 1909 BGB analog angewendet. Somit also Führung durch das VormG mit allen Regelungen.

    Ich würde die Pflegschaften (nach Rücksprache mit dem Fam-Richter) zusammenfassen, da faktisch eine Vormundschaft besteht. Sollte der Richter Bedenken haben, dann halt ein VIII-Verf. mit dem Wirkungskreis Personen- und Vermögenssorge.

    Im übrigen eine Frage:

    Warum hat der Fam-Richter das Ruher der elt. Sorge festgestellt. Das ist Rpfl.-Zuständigkeit. Knast ist bei uns kein Grund für das Ruhen der elt. Sorge, da Vollmacht o. ä. mgl. ist.

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Weil er auch ungeeignet war und die Genehmigung des Familiengerichts zur Ausschlagung eines überschuldeten Nachlasses nicht weitergeleitet hat. Der Rechtspflegerkollege hat scheinbar schon gewusst, dass er es auch selbst machen kann, aber es trotzdem mal dem Richter vorgelegt mit der Hoffnung, dass er es nicht merkt.

  • würde ich nicht machen, denn Du hast 2 verschiedene Verfahren- die Familienpflege nach § 1630 ist keine Pflegschaft nach dem BGB, also kein Ausweis, keine Verpflichtung und diese Pflegschaft kann jederzeit wieder aufgehoben werden, ebenso ist das mit der Pflegschaft zur Vermögenssorge, Aufhebung bei Wegfall des Grundes...
    also hast Du lediglich die Ergänzungspflegschaft zur Vermögenssorge als Verfahren



    Der Ansicht kann ich nicht zustimmen. Nach Großkommentaren (Sorger, Staudinger) wird für die Familienpflegschaft die Regelungen der §§ 1909 BGB analog angewendet. Somit also Führung durch das VormG mit allen Regelungen.





    Dem kann ich mich nun wiederum nicht anschließen, da es sich bei den Pflegschaften des § 1630 Abs. 3 BGB um eine Pflegschaft besonderer Art handelt.

    Hierzu gab es im Forum auch schon mal einen Thread.

    Bei uns am Gericht gelangen jedenfalls entsprechende Verfahren bzw. Beschlüsse des Famgerichtes gar nicht mehr an das Vormundschaftsgericht, da bei diesem eben nichts veranlasst ist.

  • ja so ist es :daumenrau - Lektüre zu diesem Problem :
    Groß: Die Stellung der Pflegeeltern im Grundgesetz und im Zivilrecht FPR 2004 Heft 8, 411

  • Ich möchte diesen Thread nochmal aufgreifen und einen ähnlichen Fall vorstellen:

    Ich habe das Jugendamt als Amtsvormund aufgrund einer Entscheidung des FamG (Entzug der elterlichen Sorge der Km).

    Mittlerweile ist die Oma mütterlicherseits geeignet und bereit, die Personensorge für das Kind, welches sich in ihrem Haushalt befindet, zu übernehmen. Das Jugendamt ist damit einverstanden.

    Die Übertragung der Vermögenssorge auf die Oma kommt nicht in Betracht, da diese die e.V. abgegeben und diverse Schulden hat.

    Mein Problem nun:
    Ich habe eine Vormundschaft - möchte den Teilbereich Personensorge auf die Oma als Pflegerin übertragen und den Rest (Vermögenssorge) beim Jugendamt belassen.

    Nun bin ich über § 1794 BGB gestolpert, wo die Konstellation so ist, dass ein Vormund durch einen Pfleger in bestimmten Angelegenheiten der elterlichen Sorge beschränkt ist.

    Trifft dies auch auf meinen Fall zu oder wandele ich die Vormundschaft in eine Pflegschaft mit 2 Pflegern für 2 versch. Aufgabenkreise um?

    Käthi

  • Es handelt sich um einen Fall des § 1797 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Großmutter wird Vormund für die Personensorge, das Jugendamt bleibt Vormund für die Vermögenssorge. Das Jugendamt ist also in Bezug auf die Personensorge mit seinem Einverständnis aus dem Vormundsamt zu entlassen und die Großmutter ist insoweit als neuer Vormund zu bestellen. Die Großmutter erhält eine Vormundsbestallung für die Personensorge und die dem Jugendamt erteilte Bescheinigung ist zu berichtigen.

  • Ich hänge mich hier mal ran:

    In einer Vormundschaftssache bezüglich eines unbegleiteten ausl. Minderjährigen ist das Jugendamt Amtsvormund. Nun gestaltet sich in diesem Fall das Asylverfahren schwierig, weil der Jugendliche in seiner Heimat verfolgt, misshandelt etc wurde. Jedenfalls traut sich der Amtsvormund das nicht zu und würde gerne für dieses Asylverfahren eine Ergänzungspflegschaft eingeleitet haben mit einer Rechtsanwältin als Ergänzungspflegerin.

    Wie gestaltet sich das rechtlich? Eigentlich müsste ich dem Vormund dann ja erst einmal diesen Teil entziehen und dann Pflegschaft anordnen... Oder geht das ganze nicht?? Oder wäre das auch ein Teil von § 1797 Abs. 2 BGB?

  • Die Bestellung eines E-Pflegers neben dem Vomund geht theoretisch, wie sich aus § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt. Dummerweise ist das JA nicht verhindert, sondern fühlt sich dem Asylverfahren nicht gewachsen. Die Voraussetzung für die Einrichtung einer E-Pflegschaft ist also nicht gegeben.
    Dann soll es einen RA als PB des Mündels nehmen, der RA kann über PKH/VKH/Beratungshilfe abrechnen.

  • Die Bestellung eines E-Pflegers neben dem Vomund geht theoretisch, wie sich aus § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt. Dummerweise ist das JA nicht verhindert, sondern fühlt sich dem Asylverfahren nicht gewachsen. Die Voraussetzung für die Einrichtung einer E-Pflegschaft ist also nicht gegeben.
    Dann soll es einen RA als PB des Mündels nehmen, der RA kann über PKH/VKH/Beratungshilfe abrechnen.



    Das sehe ich genauso.
    Was spricht denn dagegen, dass das JA als Vormund einen Rechtsanwalt in einer schwierigen Angelegenheit beauftragt? Müsste es z.B. für das Mündel einen Rechtsstreit vor einem Landgericht führen, dann wäre doch auch ein RA zu beauftragen.

  • Fehlt dem Vormund für einen bestimmten Aufgabenkreis nach eigener Feststellung die Eignung, teilt er dies dem Familiengericht mit, welches den Schutzauftrag für den UMF hat. Das Familiengericht hat dann für die Bestellung eines geeigneten Vormundes Sorge zu tragen. In der Regel schlägt das JA einen bereiten und geeigneten Mitvormund aus dem Kreis spezialisierter Anwälte vor. Aufgabenkreis: Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten. Es liegt ein besonderer Grund für die Übertragung der Vormundschaft auf mehrere Vormünder vor. § 1775 BGB

    Neben dem Aspekt der Eignung ist auch die Interessenskollision aus Sicht der Mündel nicht von der Hand zu weisen. Für Außenstehende ist nicht nachvollziehbar, wieso der Amtsvormund seine AUfgabenwahrnehmuing nicht mit dem Ausländeramt abstimmt. (In der Regel entspricht dies auch dem Wunsch der Behördenleitung.) Erst Recht kann ein minderjähriger Flüchtling das verstehen, der keine funktionierende Verwaltung und REchtssprechung erlebt hat.

    Eine Regelung über Beratungskostenhilfe und PKH ist nicht ausreichend, weil die außergerichtlichen Anteile deutlich überwiegen.

  • Moosi, der von dir geschilderte Werdegang ist natürlich ein Weg, sicherlich auch der goldrichtige. Hier ist nach Sachverhaltsschilderung ein Ergänzungspfleger beantragt worden. Das war zu widerlegen. Aber falsa demonstratio non nocet.

    In Anbetracht deiner Äußerung
    "Für Außenstehende ist nicht nachvollziehbar, wieso der Amtsvormund seine AUfgabenwahrnehmuing nicht mit dem Ausländeramt abstimmt. (In der Regel entspricht dies auch dem Wunsch der Behördenleitung.)"
    sehe ich aber weniger den wichtigen Grund im Sinne des § 1775 BGB in der mangelnden Kompetenz des Jugendamtes, sondern in dem Interessenkonflikt - Vertretung des Jugendlichen durch das Jugendamt gegenüber dem unter dem gleichen Dach angesiedelten Ausländeramt.

  • Da bin ich mit Dir völlig einer Meinung.

    Die Ergänzungspflegschaft ist meiner Erfahrung nach in diesen Konstellationen deswegen ungeeignet, weil in der Regel die Rechtsgebiete Asyl- und Ausländerrecht vor Eintritt der Geschäftsfähigkeit nicht zum Abschluss gebracht werden können. Sachdienlich ist nur eine Vormundschaft.

    Wenn unser Familiengericht für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nicht regelmäßig geeignete Mitvormünder (RÄe mit besonderen Fachkenntnisen) außerhalb des JA bestellen würde, würde unser JA keine Vormundschaften für unbegleitete mj Flüchtlinge mehr übernehmen.

    Für den Mit-Amtsvormund bleibt eine Menge Arbeit, seine Mündel im Schnellverfahren in die Jugendhilfesysteme zu integrieren.

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