ER + Terminsgebühr vor dem Sozialgericht

  • Hallo an alle ...

    Sachverhalt: Antrag von Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz (es wurde Gewährung vorläufiger Leistungen SGB II begehrt); daraufhin wurde unserer Mandantin vorläufig Leistungen bewilligt + Übernahme der außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach, Rechtsstreit wurde übereinstimmend für erledigt erklärt

    gegenüber Beklagten geltend gemachte Terminsgebühr wurde von der Beklagten auf 20,00 € reduziert, Begründung: Verfahren war weder umfangreich noch schwierig

    wir haben daraufhin Kostenfestsetzung beantragt mit Terminsgebühr 200,00 €, nach div. Schriftverkehr erging nunmehr KfB, Terminsgebühr wurde vollständig abgesetzt mit der Begründung, dass für ein ER- Verfahren eine Terminsgebühr nach 3106 nicht entsteht ...

    das kann doch nicht sein oder? kann mir jemand helfen ... bitte ganz schnell :-/ ...

    DANKE

  • Nachtrag: ich habe schon mehrere Beschlüsse zur Hand, nur wir haben dies schon alles dem Gericht vorgetragen, mehr fällt mir gar nit mehr ein ... ich verweise auf die letzten Schriftsätze, aber irgendetwas "Neues" muss ich ja sicherlich noch vortragen???? HILFÄÄÄÄÄ :) Bitte Bitte Bitte

  • eigentlich beides, zunächst hat die ARGE die TG auf 20 reduziert, das Gericht meinte dann sie ist ganz weggefallen ... habe schon aus diversen Beschlüssen zitiert und darauf abgestellt, dass die TG an der VG zu bemessen ist usw.

    das Gericht ist der Meinung, dass bei einem einstweiligen Rechtsschutz- Verfahren keine TG anfällt, genau über diesen Fall habe ich noch keine "Beispiel"- Entscheidungen gefunden ...

  • hm.. also mit der Gebührenhöhe wird es schwierig werden, wenn kein Termin vor dem SG stattgefunden hat. Aber durch das Anerkenntnis müsste in jedem Fall die TG entstanden sein.

    Gebührenhöhe:

    vgl: Gerold/Schmidt: zu Nr. 3106 VV RVG.

    Bei Anerkenntnis ohne Termin wird überwiegend abgelehnt, das Fehlen des Termins herabsetzend zu berücksichtigen: LG Düsseldorf AnwBl. 05, 722; LG Koblenz AnwBl. 05, 722.

    Wenn bei Wertgeb. für Anerkenntnis 1,2 TG aus vollen SW anfällt, so muss dass selbe für Betragsrahmen gelten: LG Aachen AnwBl. 05, 722.


    Etwas "heimische Rechtsprechung":
    Vielleicht hilft Dir meine Formulierung etwas weiter, allerdings gibts bei uns nur 20,00 € im EAO bei Untätigkeitsklage:

    Im übrigen wird eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG geltend gemacht, da diese dem Grunde nach für die Beendigung des Rechtsstreites durch angenommenes Anerkenntnis entstanden ist. Unter Verweis auf die Entscheidung des Sozialgerichtes Dessau-Roßlau vom 15.10.2007, Aktenzeichen: S 4 AS 655/07, ist davon auszugehen, dass ein unmittelbar nach Klageerhebung erlassener Widerspruchsbescheid mindestens konkludent ausdrückt, dass ein hinreichender Grund für die Nichtbescheidung des Widerspruches im Sinne des § 88 SGG nicht vorgelegen hat und dass eine dreimonatige Frist verstrichen ist. Diese Terminsgebühr kann je-doch nur in Höhe der Mindestgebühr geltend gemacht werden, da sich die Tätigkeit des Rechts-anwaltes nur auf die Entgegennahme des Widerspruchsbescheides beschränkt (Sozialgericht Stade, Beschluss vom 01.03.2007, Aktenzeichen: S 2 SF 4/06).

    Einmal editiert, zuletzt von Syrah (8. April 2009 um 12:17)

  • Nach der herschenden Rechtsprechung der Kostenkammern des Sozialgerichts Berlin entsteht eine "fiktive" Terminsgebühr gem. VV-RVG Nr. 3106 grundsätzlich nicht in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (u.a. Beschlüsse vom 30.1.2009 - S 165 SF 5/09 E und S 165 SF 7/09 E -), gleiche Auffassung das SG Hamburg (u.a. Beschluss vom 28.2.2006 - S 55 AS 1004/05 ER -) und das SG Lüneburg (Beschluss vom 26.4.2007 - S 4 SF 23/07 -). Das LSG Nordrhein-Westfalen sieht dieses anders (Beschluss vom 26.4.2007 - L 7 B 36/07 AS - in http://www.sozialgerichtsbarkeit.de) ebenso das SG Dresden (Beschluss vom 3.7.2007 - S 35 AS 1495/06 ER -.

    Auch hier ist keine Einheitlichkeit vorhanden, da sich das BSG nicht mit diesen Problemen beschäftigt.

  • Nach der herschenden Rechtsprechung der Kostenkammern des Sozialgerichts Berlin entsteht eine "fiktive" Terminsgebühr gem. VV-RVG Nr. 3106 grundsätzlich nicht in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (u.a. Beschlüsse vom 30.1.2009 - S 165 SF 5/09 E und S 165 SF 7/09 E -), gleiche Auffassung das SG Hamburg (u.a. Beschluss vom 28.2.2006 - S 55 AS 1004/05 ER -) und das SG Lüneburg (Beschluss vom 26.4.2007 - S 4 SF 23/07 -). Das LSG Nordrhein-Westfalen sieht dieses anders (Beschluss vom 26.4.2007 - L 7 B 36/07 AS - in http://www.sozialgerichtsbarkeit.de) ebenso das SG Dresden (Beschluss vom 3.7.2007 - S 35 AS 1495/06 ER -.

    Auch hier ist keine Einheitlichkeit vorhanden, da sich das BSG nicht mit diesen Problemen beschäftigt.



    gibt es einen Link zum Beschluss des SG Dresden?

  • Das SG Magdeburg hat ebenfalls die Entstehung einer Terminsgebühr nach der Nr.3106 Ziffer 3 VV RVG angenommen. Bei Bedarf suche ich auch Datum und AZ raus.

    Unabhängig von der Frage, ob diese Gebühr in ER-Verfahren entsteht (meines Erachtens tut sie das) ist die Frage der Höhe dieser "fiktiven" Terminsgebühr äußerst umstritten.

    Allein bei den Sozialgerichten in Niedersachsen differiert die Rechtsprechung zu diesem Thema zwischen der Mittelgebühr von 200,00 €, 100 €, 80,00 €, 50,00 € und 20,00 €. Nicht weniger unterschiedlich sind die eigentlichen Begründungen...

    Und wie schon richtig festgestellt wurde, ist bundessozialgerichtliche Rechtsprechung nicht zu erwarten. Und das ist mittlerweise ein aus meiner Sicht großes Problem, da es - wie ebenfalls bereits festgestellt - bei verschiedenen Landessozialgerichten hierzu unterschiedliche Auffassungen gibt.

    3 Mal editiert, zuletzt von Garfield (8. April 2009 um 21:21)

  • Ist mir gerade noch eingefallen: In der neusten Auflage des Gerold/Schmidt wird nunmehr auch die Position vertreten, dass Nr.3106 Ziffer 3 VV RVG auf in Eilverfahren entsteht. Randnummer 6 meine ich.

  • Zum Bemessung der "fiktiven" Terminsgebühr führ das SG Berlin in einem Musterbeschluss (Beschluss vom 2.2.2009 - S 165 SF 11/09 E -) folgendes aus:

    Grundsätzlich ist die Terminsgebühr unabhängig von der Verfahrensgebühr zu beurteilen (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK; SG Reutlingen, Beschluss vom 19.06.2007, Az.: S 3 KR 1396/07 A), damit dem Umstand Rechnung getragen werden kann, dass etwa eine sehr aufwändige schriftliche Vorbereitung zu einer extrem kurzen mündlichen Verhandlung geführt hat oder umgekehrt (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK). Maßgeblich ist insoweit nicht zuletzt die Dauer der Verhandlung (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.01.2007, Az.: L 19 B 13/06 AL).

    Bei der hier in Rede stehenden fiktiven Terminsgebühr kann die Dauer der Verhandlung denknotwendigerweise keine Rolle spielen (siehe auch SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05). Ein Abstellen auf die zeitliche Beanspruchung des Rechtsanwaltes würde nur die Festsetzung der Mindestgebühr rechtfertigen (so SG Aachen, Beschluss vom 18.02.2005, Az.: S 3 SB 178/04). Damit wird aber der Zweck der fiktiven Terminsgebühr, eine Erledigung des Rechtsstreites auch ohne mündliche Verhandlung ohne nachteilige Kostenfolge für den Rechtsanwalt attraktiv zu machen, unterlaufen (SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2006, Az.: S 4 SF 55/06). Die fiktive Terminsgebühr ist daher in den Fällen, in denen es nicht zur Durchführung eines Termins kommt, in Anlehnung an die Verfahrensgebühr bzw. die ihr zugrundeliegenden Kriterien festzulegen (SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2006, Az.: S 4 SF 55/06, SG Köln, Beschluss vom 02.11.2007, Az.: S 6 AS 231/06).“

    Für Berlin ist damit die Sache klar.:daumenrau Vieleicht hilft die Argumentationskette auch noch in anderen Bereichen.

  • Da halte ich mal dagegen: ;)

    Auch bei der Terminsgebühr nach der Nr.3106 Ziffer 3 VV RVG als Betragsrahmengebühr sind die Kriterien des § 14 Abs.1 RVG zu prüfen. Diese Prüfung kann sich jedoch - da tatsächlich kein Termin stattgefunden hat - nur auf einen fiktiven Termin beziehen. Dabei ist nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Gebührenminderung stattzufinden hat, nur weil kein Termin abgehalten wurde. Konkret muss aber festgestellt werden, in welcher Höhe ein Gebührenanspruch entstanden wäre, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hätte (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17.07.2008, L 1 B 127/08 SK, Sozialgericht Lüneburg, Beschluss vom 16.03.2009, S 12 SF 64/09). Im vorliegenden Fall wurde bereits ein Anerkenntnis abgegeben. Somit würde ein tatsächlicher Termin im Wesentlichen nur dazu dienen, die Annahme des Anerkenntnisses zu protokollieren. Die Kriterien des § 14 RVG könnten in einem solchen Termin regelmäßig nur als unterdurchschnittlich qualifiziert werden, woraus die Entstehung eines Gebührenanspruches nur im Bereich der Mindestgebühr resultieren würde. Zusammengefasst darf die Bewertung einer fiktiven Terminsteilnahme nicht zu einem anderen Ergebnis führen, als die Teilnahme an einem entsprechenden tatsächlichen Termin (so auch Löffler in SGb, Oktober 2008, S.620, 626 m.w.N.). Die Terminsgebühr nach der Nr. 3106 Ziffer 3 VV RVG ist daher in Höhe von 50,00 € als angemessen angesehen und in dieser Höhe festgesetzt worden (so auch Sozialgericht Hannover, Beschluss vom 15.02.2008, S 34 SF 13/08). Die anwaltliche Gebührenbemessung war insoweit als unbillig festzustellen.

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