Interessenskollision

  • Hallo,
    ich habe gerade eine Anfrage seitens eines Insolvenzverwalters:
    In seinem Verfahren wurde eine Forderung ( 660.000 €) durch einen anderen Insolvenzverwalters, der mit ihm zusammen eine gemeinsame Praxis hat, angemeldet. Er bittet nun um Überprüfung, ob ich eine Interessenskollision sehe, wenn er diese Forderung prüft und ob ich dann für die Prüfung einen Sonderverwalter bestellen will.
    Ich habe nichts dazu gefunden, halte aber eine Interessenskollision nur aufgrund der gemeinsamen Bürotätigkeit nicht für gegeben.
    Was meint ihr?

  • Gesetzliche Bestimmungen zu der Frage gibt es meines Wissens nicht. Einen Anhaltspunkt können die Verhaltensrichtlichen des VID und die aktuelle Diskussion über die Berufsgrundsätze bieten.
    http://www.vid.de/vid/inhalt/verhaltensrichtlinien.php

    Wir machen es in vergleichbaren Fällen eigentlich schon mit Sonderverwalter, auch wenn es vielleicht im Einzelfall ein bisschen lächerlich erscheint. Und auch für andere Verwalterkanzleien habe ich schon Sonderverwalter bei der Forderungsprüfung gespielt (dabei berechne ich dann den Gutachter-Stundensatz und keine Mondgeschichten als Sonderverwalter-Honorar - vielleicht auch diesen Punkt ggf. vorher abklären).

    Für Sonderverwalter spricht m.E. folgendes: Es kann ja dazu kommen, dass der IV bei einer zweifelhaften Forderung bestreitet, aus Sicht des Gläubigers aber - objektiv - durchaus Anlass besteht, in die Feststellungsklage zu gehen. Wenn nun Gläubiger-IV und Schuldner-IV aus derselben Anwaltskanzlei sind, wer vertritt die dann im Rechtsstreit? Die eigene Kanzlei kann ja auf beiden Seiten eindeutig nicht tätig werden - klarer Interessenkonflikt. Ist aber die Situation bei der Forderungsprüfung so viel anders?

  • OK - pragmatische Lösung vielleicht wie folgt:

    Die beiden Verwalter interviewen, ob das Ergebnis der Forderungsprüfung völlig eindeutig ausfällt. Bejahen die Verwalter dies und nehmen eine etwaige Schadensersatzpflicht in Kauf, erst mal keinen Sonderverwalter einsetzen. Im Prüfungstermin den ggf. anwesenden Gläubigern (:wechlach: ) das Problem schildern und fragen, ob angesichts dessen die Einsetzung eines Sonderverwalters für erforderlich gehalten wird (was natürlich Kosten verursachen würde). Sehen auch die (nicht) anwesenden Gläubiger kein Problem, würde ich den Fall ohne Sonderverwalter durchziehen und wahrscheinlich kräht auch kein Hahn danach.

    Dass das jetzt abseits jeglicher rechtlich überzeugenden Argumentation ist, ist mir völlig klar. Aber man kann m.E. aus wirtschaftlichen und justizökonomischen Erwägungen für eine sinnvolle Lösung, die selbst im worst case keinen wirklich nennenswerten Schaden verursacht, mal Fünfe grade sein lassen.

  • aus dem anwaltlichen Berufsrecht dürfte es für die Forderungsprüfung keinen (offenkundigen) Interessenkonflikt geben, da beide nicht als Vertreter des Inso-Schuldners tätig werden, sondern als Partei Kraft Amtes. es bleibt allerdings ein Beigeschmack.

    Sollte sich ein Rechtsstreit daraus ergeben, können sich die Kollegen jedoch nicht selbst vertreten bzw Anwälte Ihrer Kanzlei damit beauftragen(eine Kanzlei kann nicht zwei Prozessgegener vertreten - Interessenkonflikt, Parteiverrat). Dann muss jeder einen anderen unabhängigen RA beauftragen.

  • Würde man bei 1.000,- € zu verteilender Masse auch noch einen Sonderverwalter zur Anmeldung oder zur Prüfung der Forderung heranziehen wollen, dann schmälert sich diese wieder um dessen Vergütung.
    Chick hat guten Vorschlag, einfach mal hören, was beide sagen.

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