Pflichtverteidigervergütung nach Aufrechnung

  • Hallo!

    Mein Fall sieht so aus:

    Angekl. wird freigesprochen. Kosten und Auslagen trägt die Staatskasse. Verteidiger ist als Pflichtverteidiger beigeordnet.

    Der Verteidiger mach Wahlanqaltsgebühren iHv. 660,00 € geltend. Diese werden antragsgem. festgesetzt und ausgezahlt.

    Die StA rechnet mit einer GegenFdg. von 600,00 € auf. Eine Abtretungserkl. nach § 43 S. 2 RVG lag nicht vor.

    Nunmehr verlangt der Verteidiger Pflichtverteidigervergütung iHv. 540,00 €.


    Ich habe deswegen Bauchschmerzen, da die Staatskasse hier zweimal zur Kasse gebeten wird. Einmal hat der Angeklagte Glück gehabt: Seine Schuldner sind iHv. 600,00 € erloschen. Zum Zweiten bekommt der Verteidiger die Pflichtverteidigervergütung.
    Hätte der Verteidiger von Anfang an die Pflichtverteidigervergütung geltend gemacht hätte die StA nur mit 120,00 € (= Differenz-Wahlanwaltsvergütung) aufrechnen können. Dann kein Schaden! Jetzt aber Schaden iHv. 480,00 € (= 600,00 € - 120,00 €).

    Lieg ich mit meiner Meinung falsch? Hat jemand Rechtssprechung zu diesem Thema?

    Vielen Dank bereits im Voraus!

  • Hier wird das so gesehen, dass mit der Wahlverteidigervergütung auch die Pflichtverteidigervergütung festgesetzt wird und dass im vorliegenden Fall nur eine Aufrechnung über 120,00 € zulässig ist.
    Also der StA mitteilen, dass die Aufrechnung nur bzgl. 120,00 € wirksam ist die dann die Pflichtverteidigervergütung anweisen.

  • Dirk

    Das ist ja genau die Frage: Warum sollte die Aufrechnung nicht wirksam sein. Es standen sich zwei aufrechenbare Forderungen gegenüber. Mit der Aufrechnung ist die Forderung erloschen.... Kann ich eine wirksame Aufrechnung rückgängig machen? M.E. fehlt hierfür die Grundlage.

  • Da hast Du einen Fehler gemacht (Amtshaftung :D)

    Bei dieser Konstellation ist der Verteidiger vor Festsetzung aufzufordern,
    auf die Pflichtverteidigervergütung zu verzichten.
    Dies kann von ihm auch verlangt werden (LG Duisburg v. 23.08.2005 in JurBüro 8/2006).

    Hast Du denn den Revisor nicht angehört ? Der sollte das doch eigentlich wissen...

  • Habe leider keinen Zugriff auf die zitierte Entscheidung. Vielleicht könnte sie eingestellt oder per PN übermittelt werden? Was heißt eigentlich "bei dieser Konstellation"? :gruebel:

    Bezieht sich das auf Fälle, in denen eine Aufrechnung in Betracht kommt oder generell, wenn Wahlanwaltsvergütung beantragt wird, ohne vorher Pflichtverteidigervergütung geltend zu machen?

    Im ersteren Fall wird dies auch der Revisor nicht wissen (bei uns erklärt die Aufrechnung die Justizkasse).

  • Habt ihr kein JurBüro in der Bibliothek ?

    Das hat ja mit der Aufrechnung nichts zu tun. Werden
    Wahlanwaltsgebühren aus der Staatskasse beantragt, dann ist der Revisor vorher zu hören. Und der müsste dann sagen, dass der Verteidiger doch erst mal auf die Pflichtverteidigervergütung verzichten soll, oder dass ihm alternativ dann nur die Differenz ausbezahlt wird (wenn s denn eine gibt).

    Die Vorgehensweise von Dirk kann nicht richtig sein. Es handelt sich um zwei völlig verschiedene Ansprüche.




  • Grundsätzlich stimmt das mit der Aufforderung zum Verzicht. Ich habe aber - wenn ich es noch finde - eine AG und LG Entscheidung, die auch anders entscheiden hat und das für nicht zuläsig erklärt hat.

    Vielleicht finde ich sie noch ( keine Garantie)




  • BezRev. wurde gehört. Keine Einwände gg. KoF. Die Entscheidung des LG Duisburg ist eine Meinung. Eine gesetzliche Vorauss. für die KoF. ist der Verzicht auf die PV-Vergütung aber nicht. Eine örtliche RSP zu dem Thema Verzicht gibt es bei uns nicht.

  • Ja, das stimmt schon. LG - Entscheidungen kann man zitieren, wenn sie einem grad gelegen kommen. Andernfalls kann man sagen "dieser Ansicht wird hier nicht gefolgt" und schau n was das eigene LG sagt.

    Die Entscheidung wurde dem JurBüro von einer Revisorin mitgeteilt. Dachte die Revisoren tauschen sich untereinander aus, aber wahrscheinlich nur immer bezogen auf ein Bundesland. Gibt ja sogar ein Revísor - Forum.

    Das LG Duisburg argumentiert mit § 100 I 2 BRAGO...

  • Habt ihr kein JurBüro in der Bibliothek ?

    Das hat ja mit der Aufrechnung nichts zu tun. Werden
    Wahlanwaltsgebühren aus der Staatskasse beantragt, dann ist der Revisor vorher zu hören. Und der müsste dann sagen, dass der Verteidiger doch erst mal auf die Pflichtverteidigervergütung verzichten soll, oder dass ihm alternativ dann nur die Differenz ausbezahlt wird (wenn s denn eine gibt).

    Die Vorgehensweise von Dirk kann nicht richtig sein. Es handelt sich um zwei völlig verschiedene Ansprüche.



    Diese Vorgehensweise ist die übliche Praxis im größten Strafgericht Deutschlands. M. E. lässt sich auch nur über diese Konstruktion hier etwas retten. Ansonsten greift die Amtshaftung.



  • Wie macht ihr das dann technisch, wenn ein Pflichtverteidiger einen Antrag auf Festsetzung der Wahlanwaltsgebühren stellt ?

    Auslegen auch als Pflichtv.antrag und 2 KFB ? Oder nur einen KFB über Differenz ?

  • bei uns am Gericht:

    Festsetzung der Wahlanwaltsvergütung mit einem KfB wie beantragt (wenn die Gebühren entstanden und hinsichtlich der Höhe i. O.)



  • Diese Vorgehensweise ist die übliche Praxis im größten Strafgericht Deutschlands. M. E. lässt sich auch nur über diese Konstruktion hier etwas retten. Ansonsten greift die Amtshaftung.



    Wie macht ihr das dann technisch, wenn ein Pflichtverteidiger einen Antrag auf Festsetzung der Wahlanwaltsgebühren stellt ?

    Auslegen auch als Pflichtv.antrag und 2 KFB ? Oder nur einen KFB über Differenz ?[/quote]

    Ein KFB mit Zusatz, dass in dem Betrag auch die Pflichtverteidigervergütung enthalten ist. Dieses erfolgt auch ohne Antrag des Verteidigers. Falls Aufrechnung in Betracht kommt (ist durch uns zu prüfen), wird in der Auszahlungsanordnung (die nur in diesen Fällen gefertigt wird, ansonsten zahlen wir selbst aus) die Pflichtverteidigervergütung gesondert als nicht aufrechnungsfähig ausgewiesen.



  • Ein KFB mit Zusatz, dass in dem Betrag auch die Pflichtverteidigervergütung enthalten ist. Dieses erfolgt auch ohne Antrag des Verteidigers. Falls Aufrechnung in Betracht kommt (ist durch uns zu prüfen), wird in der Auszahlungsanordnung (die nur in diesen Fällen gefertigt wird, ansonsten zahlen wir selbst aus) die Pflichtverteidigervergütung gesondert als nicht aufrechnungsfähig ausgewiesen.[/quote]

    Ihr legt also einen eindeutigen Antrag des Freigesprochene auf Festsetzung von Auslagen (Wahlverteidigergebühren) als einen Antrag auf Festsetzung von Pflichtverteidigergebühren aus ?

    Das kann doch nicht richtig sein. Der antrag ist eindeutig und die Ansprüche sind in ganz anderen gesetzlichen Bestimmungen geregelt.

  • Die Lösung ist pragmatisch und bringt für alle Beteiligte nur Vorteile. Werden Wahl- und Pflichtverteidigervergütung gleichzeitig, aber getrennt beantragt, erfolgt natürlich auch getrennte Festsetzung.



    D.h. ihr setzt die vollen Pflichtverteidigergebühren und daneben die vollen
    Wahlanwaltsgebühren fest, wenn s der Anwalt so beantragt ?
    Oder weist Du dann den Antrag auf Wahlanwaltsvergütung teilweise zurück ?

  • so, habe nun 2 Entscheidungen von LG's die eine Abrechnung von Pflichtverteidigergebühren dann ablehnen, wenn zunächst WAV festgesetzt wurde und da aber die Aufrechnung stattgefunden hat.

  • also hier gibts auch nur die Variante, dass der Anwalt vorher auf die Pflichtverteidigergebühren verzichten muss

    legt er diesen Verzicht nicht vor (hatten wir einmal), wurde nur die Differenz festgesetzt

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